Letzten Samstag am Rudolfplatz – wir waren gerade in der Nähe einkaufen – plötzlich ein großes Polizeiaufgebot, ein Mannschaftswagen nach dem anderen rauschte mit lautem Getöse an uns vorbei. Es war etwas passiert, was es so hier noch nicht gegeben hat: Zwischen 150 und 200 junge Männer sind auf der vierspurigen Straße vor dem Rudolfplatz übereinander hergefallen, um sich gegenseitig zu verprügeln. Die Polizei war sehr schnell zur Stelle – man hatte wohl schon von dem Plan gehört, wußte nur nicht, wo – die ganze Prügelei hat wohl keine Minute gedauert, dennoch blieb ein Schwerverletzter zurück, der blutend und ohnmächtig auf der Straße lag. Von den Flüchtenden wurden in den umliegenden Straßen über 50 festgenommen.
Wie sich herausstellte, sind die jungen Männer Anhänger gegnerischer Fußballclubs, die verabredet hatten, sich vor einem Freundschaftsspiel vom 1. FC Köln und Schalke 04 zu dieser Schlägerei zu treffen. In der Zeitung steht, daß solche Treffen wohl schon öfter stattgefunden haben, aber immer irgendwo auf einem Acker, unbeobachtet von unbeteiligten Personen.
Männlichkeitsrituale in ihrer primitivsten Form, weit unterhalb auch jeder Ritualentwicklung im Tierreich, in dem Rituale immer einen bestimmten übergeordneten Zweck haben. Die lebensgefährlichen Prügeleien der jungen Männer dienen nur einer tumben Aggressionsabfuhr im Gruppenverband – der Versuch einer Männlichkeitsselbstinzenierung, deren Umsetzung ein solch hohes Maß an Dummheit zeigt, daß es kaum zu fassen ist. Deshalb wird auch gutes Zureden oder Appelle an die Vernunft nichts nützen. Was soll’s, könnte man meinen, wenn blöde junge Männer sich im gegenseitigen Einvernehmen krankenhausreif schlagen und bereit sind, die Folgekosten zu übernehmen – bitte sehr. Aber dann bitte wieder auf dem Acker. Was ein solches Phänomen über die Zivilisiertheit und Kultur einer Gesellschaft aussagt, steht auf einem anderen Blatt.