Ausflug zum Drachenfels (2)

Hier ist er, der Drache, der dem Ort seinen Namen gegeben hat. Es soll der sein, der in der Nibelungensage von Siegfried erlegt wurde. Genau erklärt wird das in diesem Kasten:
„… un dä kütt dä Drache …“ usw., viel habe ich nicht verstanden, die Kinder wollten mich nicht nach vorn lassen.

Die Burg Drachenfels wurde bereits 1634 während des 30jährigen Kriegs geschleift, die Wände der Ruine stehen also bereits seit 380 Jahren – das nenn ich Baukunst.

Anders dieses Gebäude, das im Volkmund auch „Neuschwanstein vom Rhein“ genannt wird: Schloß Drachenfels wurde erst 1882 auf halber Höhe des Berges gebaut und kann von Glück sagen, daß es noch steht. Der Bauherr war Baron Stephan von Sarter, ein reich gewordener Börsenspekulant, der seinen Adelstitel aufgrund seines Reichtums bekommen hatte. Wenn man in eine höhere Liga aufsteigt, möchte man natürlich auch die entsprechenden Insignien vorweisen können, warum also nicht ein Schloß, in dem er mit seiner Jugendliebe wohnen wollte. Die verstarb leider vor Fertigstellung, sodaß er nie einzog. Die späteren Besitzer richteten ein Museum und ein Restaurant ein, in den 30er Jahren bezog ein katholisches Jugendheim das Gebäude. Dann übernahmen die Nazis, um Führungsnachwuchs heranzuziehen, bis die Amerikaner es besetzten, um ein Oberkommando einzurichten – als sie wieder gingen, nahmen sie mit, was nicht niet- und nagelfest war.

Anschließend, bis 1960, wurde hier die „Pädagogische Reichsbahnzentralschule“ eingesetzt, dann ließ der Eigentümer das Schloß verkommen – ratet mal, wer das war: Das Land Nordrhein Westfalen. Im Jahr 1971 erbarmte sich ein Unternehmer und kaufte es für 500.000 DM – Auftritt Paul Spinat!

Wer denn kleinen Film gesehen hat, weiß nun auch, woher die goldenen Hirsche kommen. Paul Spinat gab gern Orgelkonzerte in seinem Schloß, selbst seine Frau hielt ihn für einen Meister des Instruments – bis man ihr zeigte, daß die Orgel eine Attrappe war und die Musik von einem versteckten Tonband kam. Ende der 80er Jahre war Paul Spinat finanziell so klamm, daß er das Schloß an das Land zurück verkaufte, für 8 Millionen DM! Offenbar hat es im NRW-Landtag schon immer gute Betriebswirtschaftler gegeben. Als Spinat 1989 starb, ließ das Land das Schloß erstmal wieder zwei Jahre lang vor sich hingammeln und entschloß sich dann 1991 für eine Sanierung, die 20 Jahre dauern sollte. Na bravo! – das ist nicht zuviel für ein Gebäude, das ursprünglich in drei Jahren errichtet wurde, wenn der Sanierer eine öffentliche Behörde ist.

Seit 2011 kann nun auch das gemeine Volk das Schloß besichtigen, allerdings soll man nochmal 6 Euro Eintritt zahlen – für etwas, das uns als Steuerzahler sowieso schon gehört. Ich bin nicht geizig, aber das ärgert mich so, daß ich noch nicht drin war.

Direkt vorm Eingang zum Schloßpark befindet sich die Zwischenstation der Zahnradbahn, aber wir laufen lieber zurück, etwas abseits der Touristenströme, durch den Wald über den Nachtigallenweg …

… direkt zum Bahnhof von Königswinter, der übrigens an Trostlosigkeit kaum zu überbieten ist. Ich war noch nie in der Stadt selbst, der Bahnhof ist wahrlich keine Einladung.

Ausflug zum Drachenfels (1)

Die „Petersberger Zahnradbahn“ gibt es gar nicht mehr, wer heute auf den Petersberg will, um das „Grand Hotel“ zu besuchen, hat ein Auto oder ist Wanderer.

Aber Deutschlands älteste Zahnradbahn, die ebenfalls vom Rheinstädtchen Königswinter auf den Drachenfels fährt, die gibt es noch. Natürlich kann man auch hochlaufen oder einen Esel mieten. Angeblich ist der Drachenfels der meistbestiegene Berg Deutschlands, ach, was sag ich – Europas! – oder der ganzen Welt? Gut, genaue Zahlen gibt es nicht, und man nimmt an, daß die Schätzung aufgrund der Personen zustandekommt, die von oben nach unten geguckt haben; wie sie die ca. 321 Meter allerdings hochgekommen sind, will man gar nicht so genau wissen.

Bereits um 1800 wurde das Rheintal durch englische Romantiker wie Lord Byron entdeckt und besungen, worauf sich eine stetig wachsende Tourismusindustrie entwickelte. In der Nachkriegszeit war es angeblich für jede Kölner Familie ein Muß, wenigstens einmal jährlich mit dem Ausflugsschiff nach Königswinter zu fahren, um auf dem Drachenfels mitgebrachten Kartoffelsalat und Bockwurst zu verzehren (so weit ist es gar nicht, man kann sogar den Dom sehen, wenn man genau hinsieht). Da muß viel los gewesen sein, selbst am Fuße des Berges gab es eine Vielzahl von Weinstuben und anderen Vergnügungsstätten.


Foto von Wolkenkratzer

In den 70ern ging die weinselige und lukrative Volksbelustigung zu Ende, die Leute hatten anderes zu tun. Da man das nicht wahrhaben wollte, spendierte das Land NRW ein neues Ausflugslokal in einem Architekturstil, den man sinnigerweise „Brutalismus“ nennt.


Foto von Claus Moser, CC-Lizenz

Wenn Einheimische in der Folge vom Monstrum vom Drachenfels redeten, meinten sie nicht den Drachen, sondern eben dieses Gebäude. Es verfiel nach und nach, wie viele Gebäude aus den 70ern und 80ern, die nicht richtig gewartet werden, weil man sparen will – bis es nicht mehr geht und man zwischen den Optionen Abriß oder aufwendiger Sanierung steht. Hier hat man beides gemacht (was kostet die Welt!), 2007 aufwendig und kostenreich saniert, 2011 dann abgerissen.

Und so sieht es heute aus: An das Gebäude aus den 30er Jahren wurde ein kleiner Glaskubus gesetzt, die Scheußlichkeit aus den 70ern wurde komplett beseitigt, stattdessen …

… gibt es nun Außengastronomie und schön viel freie Fläche.

Was sich leider im Vergleich zu früher nicht geändert hat, ist die (Minder-)Wertigkeit des Speisenangebots: Der Kuchen sieht sehr nach industrieller Fertigung aus, wer das nicht will, muß Pommes mit Currywurst oder Pommes mit Chicken Nuggets essen. Ein vegetarisches Gericht gibt es auch: Pommes ohne alles. Immerhin ist auch eine Linsensuppe mit Bockwurst im Angebot, die hausgemacht aussieht und schmeckt.

Die Kinder freut das natürlich – Pizza mit Spaghetti und Pommes belegt wäre wahrscheinlich der Renner.

Fortsetzung folgt.

Ausflug ins Siebengebirge (4)

Wie angenehm der Weg hinunter vom Petersberg (jedem, der mir schwer atmend entgegenkam, streckte ich innerlich die Zunge aus: Ätsch, ich war schon oben).

Immer dem blauen Zeichen nach führt der Weg über die Mondwiese, kurz darauf – wieder bergauf, den Geißberg hinauf. Täusche ich mich, oder grinsen die entgegenkommenden Wanderer unverschämt?

Die Mühe hat sich gelohnt: Ein schöner Blick ins Rheintal …

und auf den Drachenfels, wo einst der Drache gewohnt haben soll, den Siegfried aus der Nibelungensage getötet hat.

Genug gestaunt – der Magen gähnt, der ausgezehrte Körper schreit nach Kalorien – wo, bitte, ist die nächste Gaststätte? 800 Meter nur, bergab zum Milchhäuschen, das so heißt, weil von hier aus früher die Versorgung der umliegenden Güter mit Milchprodukten geregelt wurde.

Heute ist es eine Gaststätte mit großer Terrasse mitten im Wald, man kann hier auch Räume und Rasenflächen für größere Feiern mieten.

Wie man sieht, beherrscht der Koch nicht nur die rheinische Küche, sondern ist auch bewandert in der Zubereitung internationaler Spezialitäten. Mir hat’s geschmeckt.
Nun noch ein halbstünstiger Fußmarsch bergab nach Königswinter – der Zug scheint auf uns gewartet zu haben – adios, Siebengebirge. Insgesamt ein gelungener 1. Mai, auch wenn mich der Muskelkater, dieses Monstrum, noch nach drei Tagen plagt.

Ausflug ins Siebengebirge (3)

Auf dem Petersberg steht das Bundesgästehaus, in dem besonders die Bonner Republik hochrangige Gäste beherbergte, aber auch die Berliner Regierung nutzt das Haus. Bekannte Gäste waren z.B. die Queen, Gorbi und die Clintons. Schöne Aussicht hatten sie.

Als wir ankamen, fiel uns der Himmel auf den Kopf – jedenfalls teilweise.

Also schnell hinein in die Gaststätte, leider war kein Tisch mehr frei. Das Personal in grauen Anzügen war so nett und ließ uns im Eingangsbereich stehen, bis der kleine Minutensturm vorüber war.

Es gab aber auch Gäste, die so ausgehungert waren, daß nichts sie von ihren Tellern vertreiben konnte. Sobald es wieder einigermaßen trocken war, machten wir uns auf den Weg zum Geißberg.

Ausflug ins Siebengebirge (2)

„Wissen Sie, wie man zur Abtei Heisterbach kommt?“ „Folgen Sie uns, wir gehen in die Richtung,“ sagte der Vorstand der Kleinfamilie, die wir fragten. Also hinterher – hier wären wir freiwillig garantiert nicht lang gegangen.

Befremdliche Zeichen im Feld – wo sind wir hier? Alienlandeplatz? Sollen wir von Däniken anrufen? Ist die Familie vielleicht eine Gruppe von Außerirdischen, die uns ins Ungewisse führen, eine Falle? Wären wir doch bloß zu Hause geblieben, unvernünftige Abenteuerlust …

Ah – da sind wir ja, nochmal Glück gehabt (ist doch ein bißchen unheimlich, diese Natur). Die Abtei wurde Anfang des 19. Jahrhundert an ein Abbruchunternehmen verkauft – schade, der Rest läßt eine sehr reizvolle Verbindung von spätromanischem und frühgotischem Stil vermuten. Hier findet gleich ein Open-air-Gottesdienst statt – also schnell weg.

Zum Einkehren ist es noch zu früh, also gleich weiter in Richtung Petersberg – wer hat den Kompaß?

Aaaah – diese Luft, die Stille, das zarte helle Grün – herrlich!! Ich glaube, ich muß erstmal eine rauchen.

Ausflug ins Siebengebirge (1)

Der Rheinsteig ist ein gut beschilderter Wanderweg von Bonn nach Wiesbaden und 320 km lang – für den geübten Wanderer kein Problem. Der ungeübte Spaziergänger allerdings sucht sich eine kurze Route, verläuft sich trotz der neuen Schilder ein paar Mal, kommt so auf gut 10 km und ist froh, daß überall gutorganisierte Gastronomiebetriebe zu finden sind.

Man fährt also mit dem Zug nach Niederdollendorf, das am Rande des rheinischen Siebengebirges liegt, einer Hügel- und Waldlandschaft, und geht nach Oberdollendorf (allein wegen der Namen muß man diese Orte gern haben). Dort stehen nicht nur jede Menge  putzige und offenbar frisch renovierte Fachwerkhäuschen, sondern auch riesige Gartenzwergsonderanfertigungen:

Auf dem Weg zu einer Kirchenruine kriegt der Großstädter das Maul nicht wieder zu vor lauter Staunen über so viel Natur – und verläuft sich prompt.

Freundliche Menschen helfen, wo sie können – wieder zurück, am Acker links, dann rechts, dann …

Ja, liebe Kinder, hier kommen die Kartoffeln her – jedenfalls theoretisch.