Urlaub in Würzburg (2)

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Fast ein Drittel der 125.000 Einwohner Würzburgs sind Studenten, von denen viele Mitglieder von Studentenverbindungen sind, die Stadt gilt als eine Hochburg von Burschenschaften, von denen ca. die Hälfte schlagende Verbindungen sind, d.h., ihre Mitglieder versuchen, sich mit Säbeln gegenseitig Schmisse ins Gesicht zu schneiden, die dann mit Stolz getragen werden. Tja, es gibt idiotische Rituale, die nie eingehen.

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Gesoffen wird bei diesen Veranstaltungen wahrscheinlich auch wie seit eh und je, aber man bleibt unter sich. Hier ist (noch) nicht viel los …

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… am nächsten Tag um so mehr: Ein Weinfest, getrunken wird natürlich der berühmte Frankenwein.

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Da man für den Rest des Jahres nicht auf das Getränk verzichten will – einen guten Grund, das Glas zu heben, gibt es immer – ist es inzwischen Brauch, sich auf der steinernen Brücke gegen Abend ein, zwei Schoppen zu genehmigen. Der „Abend“ beginnt bereits am frühen Nachmittag, der Wein kommt aus einer Zapfanlage – eine Goldgrube für die beiden Weinstuben.

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Wir haben es auch ausprobiert, aber wirklich abends – nicht übel, eine angenehme Stimmung.

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Wer keinen Wein mag, kann auch Seelen kaufen, im Angebot. Es soll ja immer wieder Leute geben, die ihre Seele verkaufen, in der Politik häufig anzutreffen – hier gibt’s billig Nachschub. Tatsächlich sind hier Bioeiskugeln gemeint. Merkwürdig, aber lecker.

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Eine „living doll“ zählt die mageren Einkünfte, ich befürchte, es wird nicht reichen, weder für Seelen noch für Wein.

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Etwas weiter stomabwärts, beim „Alter Kranen“ (ist klar, wieso das so heißt, oder?), sitzen die Studenten gern, so erzählt man uns, trinken Bier aus Flaschen und …

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… verputzen wagenradgroße Pizzas, die man oberhalb der Promenade in einem weitläufigen Biergarten kaufen kann.

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Wer seine Ruhe haben will, findet hier einen Platz: Die Altstadt ist von einem Grüngürtel umgeben, da, wo früher die Stadtmauer stand, hat man nach der Schleifung Parks angelegt, allerdings, ähnlich wie in Köln, in unterschiedlicher Breite und sehr oft von Ausfallstraßen durchbrochen, so daß kein sehr einheitlicher Eindruck entsteht (das schönste Beispiel eines solchen Grüngürtel habe ich in Krakau gesehen).

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Aber trotzdem schön. An einer Stelle gibt es mehrere Stelen, mit denen die Stadt ihren Stolz auf die vielen Nobelpreisträger ausdrückt, 14 an der Zahl, die hier an der Universität gelehrt haben.

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Wilhelm Conrad Röntgen war 1901 der erste von ihnen, der den Nobelpreis bekommen hat. Das Zitat braucht einen nicht zu wundern, wenn man weiß, daß Röntgen nie einen Schulabschluß gemacht hat – daß er später in Zürich studieren konnte, verdankte er den dortigen Zulassungsbestimmungen: Er bestand eine Aufnahmeprüfung.

Fortsetzung folgt.

Urlaub in Würzburg (1)

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Nach unserer Wanderung auf dem Goldsteig verbrachten wir zur Erholung noch ein paar Tage in der schönen Stadt Würzburg. Vorn im Bild sieht man gleich den Grund, weshalb sich hier Menschen angesiedelt haben: Es gab eine Furt, d.h. eine flache Stelle, durch die man den Main relativ bequem überqueren konnte. Die Stadt ist zwar bereits über 1.700 Jahre alt …

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… was man von der Bebauung aber nicht behaupten kann: Würzburg gehörte zu einer der über 100.000-Einwohner-Städte, die von den Engländern im 2. WK zu fast 90% zerstört wurden (als Antwort auf die Bombadierung englischer Städte durch Nazi-Deutschland).

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Aber man hat sich Mühe gegeben beim Wiederaufbau, der Verlauf vieler Altstadtgassen und -straßen ist gleich geblieben, und neben einigen Bürgerhäusern wurden besonders die prunkvollen Kirchen und andere architektonisch bedeutsame Herrschaftsgebäude originalgetreu rekonstruiert.

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Wenn man durch die Gassen läuft und sich an jeder Ecke eine der vielen Kirchen zeigt …

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… kommt es einem merkwürdig vor, wenn man plötzlich solche Schaufenster sieht.

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Man wird schier erschlagen von Katholizismus …

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… ein Eindruck, der während unseres Aufenthalts vermutlich dadurch verstärkt wird, da gerade das Kiliani-Fest stattfindet: Ständig gibt es Umzüge mit unzähligen Blaskapellen, die so dicht nacheinander aufmarschieren, daß sich eine kakophonische Musikmischung ergibt, die so absurd ist, daß es schon wieder Spaß macht, zuzuhören. Wenn dann noch sämtliche Kirchen zugleich ihre Glocken läuten, versteht man sein eigenes Wort nicht mehr – ein Erlebnis, das ich so auch noch nicht hatte.

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Hier ist er: St. Kilian mit seinen beiden Begleitern, erschaffen von Tilman Riemenschneider (von dem später noch die Rede sein wird) …

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… und hier sind ihre Köpfe, die als Reliquien verehrt werden und zum Kilianifest ein bißchen durch die Stadt getragen und im Dom angebetet werden dürfen. Kilian war ein Bischof aus Schottland, der hier im 7. Jahrhundert mit seinen Begleitern missionierte. Die Legende erzählt, er habe den bereits getauften Herzog dazu überreden wollen, sich wieder von seiner Ehefrau zu trennen, da diese die Witwe seines Bruders war. Ja – und? – möchte man da fragen: In der damaligen Zeit galt das nach katholischer Lehre als Blutschande, keine Ahnung, was man sich da vorstellte. Als ihr Mann auf Reisen war, ließ Gailana, die Ehefrau, die drei Geistlichen ermorden und ihre Leichen im Hof neben dem Dom verscharren – abgereist, hieß es offiziell. Historisch betrachtet ist die ganze Geschichte höchst fragwürdig, man weiß nicht mal sicher, ob es einen Bischof Kilian überhaupt gegeben hat, aber egal, solche Legenden beleben die Wirtschaft und festigen die Macht der katholischen Fürsten, da will man nicht so genau nachfragen (mit den Gebeinen der Heiligen drei Könige in Köln und der Windel Jesu in Aachen verhält es sich ja auch nicht anders).

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Maulaffen waren im Mittelalter tönerne, kopfförmige Kienspanhalter: Im „Maul“ steckte ein Stück Holz, der Kienspan, den man angzündet als Leuchtmittel vor sich her tragen konnte. „Maulaffen feilhalten“ bezeichnet noch heute jemanden, der mit dümmlichem Gesichtsausdruck (und evt. offenem Mund) nutzlos in der Gegend herumsteht. Um 1900 soll es einen Bäcker in Würzburg gegeben haben, der oft genau so geguckt hat, weshalb freche Studenten ihn „Maulaffenbäck“ nannten – und nach dem wiederum ist nun die Weinstube benannt.

Fortsetzung folgt.

Der Sound vom Goldsteig und von Würzburg

Auch in diesem Jahr waren wir, meine Begleiterin und ich, wieder wandern, auf dem Goldsteig in der bayerischen Oberpfalz, 180 Kilometer in acht Etappen. Hinterher waren wir noch ein paar Tage in Würzburg. Bevor ich euch anhand von 2.000 Fotos genauestens in Flora und Fauna der Gegend einführe, zeige ich euch ein paar Filmeindrücke mit Originalsound, viel Spaß: