„Niemals mehr als 10 bis 12 Fotos pro Eintrag, mehr interessiert kein Schwein“, rät mir meine innere Stimme, und normalerweise halte ich mich daran. Heute werden es ausnahmsweise ein paar mehr.
Es ist verwunderlich, wie wenig die Heidelberger aus ihrer Flußlage machen, diese paar Tische bilden den einzige Biergarten am Neckar, den ich hier gesehen habe, mit willkürlichen Öffnungszeiten.
Stattdessen eine vielbefahrene Fernstraße, die den Fluß von der historischen Altstadt trennt. Es gab mal Pläne, die Straße zu untertunneln und oben eine Promenade einzurichten, aber wer soll die Millionen dafür aufbringen? Die Stadt hat kein Geld, wie überall.
Auf der anderen Neckarseite gibt es ein paar Wiesen direkt am Wasser, die im Sommer von Studenten und Schülern genutzt werden. Kioske gibt es nicht, also werden die Getränke und alles andere vom Supermarkt mitgebracht, die Reste läßt man praktischerweise einfach liegen, wie zu Hause auch, wo es allerdings eine Angestellte mit dem Namen „Mama“ gibt, die alles wieder aufräumt und damit einer sozialen Inkompetenz Vorschub leistet, die leider überall in der Öffentlichkeit zu beobachten ist.
Auf dem Weg zum Schloß überrascht uns ein Regenschauer – eine hochwillkommene Abkühlung. Auf ein paar hundert Meter hat man die Fußgängerzone um über die Hälfte abgesperrt, in den ersten Tagen ist nicht ersichtlich, warum, und wir haben die anliegenden Geschäfte in Verdacht, die Passanten näher an die Schaufenster drücken zu wollen. Aber dann haben wir doch noch zwei Arbeiter gesehen mit kreischenden Geräten. Wahrscheinlich hatten sie eine lange Anfahrt aus Schilda.
Ein weitläufiger Schloßpark, sehr schön. Und wohin schauen die Leute?
Nach da, Richtung Stadt. Der Regen hat die Sicht etwas diesig gemacht. Moment – steht da einer?!
Ja, tatsächlich. Auch eine Ruine muß geputzt werden. Später haben wir gesehen, daß er gesichert ist.
In einem Springbrunnen liegt – na, wer wohl? Bacchus, der Gott des Weines und des Rausches? Nee – das soll Vater Rhein sein. Ha! Das finde ich ja fast ein bißchen unverschämt, als Kölner, aber dann denke ich an Karneval und muß zugeben: Eine schmeichelhafte Allegorie.
In der „taz“ habe ich mal ein Foto von einem Fenster mit einem Schild daneben gesehen, auf dem Schild stand: „Hier kotzte Goethe.“ Daß nicht jeder Schritt, den Goethe gegangen ist, mit einer würdigenden Tafel bedacht wird, grenzt an ein Wunder. In Heidelberg war er acht Mal, daß reicht für eine Büste. Man weiß genau, wo er jeweils geschlafen hat.
Das Schloß sieht irgendwie nicht bewohnt aus …
… und ist es auch nicht. Ludwig XIV., der Sonnenkönig aus Frankreich, hat es kaputt gemacht, dann wurde es nur teilweise wieder hergerichtet, damit man die Besucher aussaugen kann: Allein, um auf den Hof zu kommen, muß man 6 Euro zahlen, eine Besichtigung der Räume kostet nochmal 4 Euro extra.
Im Gemäuer ist auch ein Apothekenmuseum untergebracht – warum jetzt, weiß man nicht, aber egal.
Kann man es erkennen? Das ist das „Heidelberger Fass“, 219.000 Liter passen da hinein. Das Riesenfass ist das vierte seiner Art, die drei Vorgänger leckten, und als dieses sich auch als undicht erwies, benutzte man es nicht mehr. Es diente eh nur der Angeberei, um zu zeigen, was für ein toller Hecht der Kurfürst war, obendrauf konnte man tanzen, sowas hatte nicht jeder.
Ah – sehr erfrischend und wirklich lecker, das alkoholfreie Weizen von „Heidelberger“, und das Glas ist auch schön, am liebsten würde ich mir eins klauen.
Irgendwann hat hier mal ein kinderloser Schloßherr gewohnt, der auf der Suche nach einem Nachfolger auf eine hirnrissige Idee gekommen ist: Wer es schaffe, diesen Ring am Haupttor durchzubeißen, solle sein Erbe sein. Natürlich haben sich viele Leute daran die Zähne ausgebissen, aber eine Hexe hätte es fast geschafft – die Kerbe im Türring zeugt davon.
Direkt neben dem Schloß kann man mit der ältesten Standseilbahn Deutschlands den Königstuhl (so heißt der Berg) hinauffahren (schon wieder 7 Euro *grummel*) – ganz ehrlich? Muß man nicht unbedingt.
Und noch ein Superlativ: Die größte Pferdeskulptur der Welt, das „S-Printing Horse“ von Jürgen Görtz. Es symbolisiert angeblich verschiedene Prozesse in einer Druckerei – wieso hat es aber nur drei Beine? Wegen der oft holprigen Berichterstattung in der Presselandschaft?
Zum Schluß noch ein Gastrotipp: Solltet ihr jemals in Heidelberg sein, besucht unbedingt das „Red“ in der Poststr.: Es ist ein vegetarisches Restaurant. Man bedient sich an einem reichhaltigen Buffet und bezahlt nach Gewicht, was man auf dem Teller hat.
So unglaublich lecker – ich wünschte, wir hätten in Köln so einen Laden, ich würde nur noch da essen.
Das letzt Foto auf der Speicherkarte. Im Hintergrund sieht man den Neckar blinken. In dieser Kneipe hat mir die Kellnerin übrigens ein Heidelberger-Bierglas geschenkt. Toll!
Ende.