„Von diesen Stunden eine wird deine letzte sein“ – wie jetzt, heute? Von den zwölf, die da abgebildet sind? Nein, keine Sorge, irgendeine ist gemeint, der Spruch bedeutet: Bedenke, daß du sterblich bist, hau vorher ordentlich auf den Putz, laß die Sau raus, es könnte die letzte sein. Gut, das ist natürlich auch Quatsch, es bedeutet: Bedenke, daß du sterblich bist, und führe also dein Leben in Demut und Bescheidenheit und vor allem ohne (kirchlich definierte) Sünde, denn nach deinem Tod entscheidet sich, ob du in die Hölle kommst, „nur“ ins Fegefeuer (das muß doch ein Sadist gewesen sein, der sich sowas ausdenkt, oder?) oder in den Himmel.
Die „Armen Schwestern vom Heiligen Franziskus“, in deren Klostergarten das Sgraffito zu sehen ist, sind aber ganz munter und gehen – zumindest an diesem Tag der offenen Tür – der Sünde des pekuniären Gewinnstrebens nach: Sie verkaufen Kaffee und Kuchen und betreiben einen Flohmarkt. Ich habe ein bißchen in den Bücherkisten gestöbert und dabei Erstaunliches entdeckt: Neben einem Anti-Jesus-Brevier gab es viele Bücher von Konsalik: „Liebesnächte in der Taiga“, „Die Tochter des Teufels“, „Ein heißer Körper zu vermieten“ – ein interessanter indirekter Blick in die Bestände der Klosterbibliothek.
Der Aachener Rathausplatz – weit und offen, durch die Gastronomie am Rand, aber auch durch die Sitzplätze um den großen Brunnen bevölkert und genutzt:
Eine lebendige Athmosphäre, ein Platz, der trotz seiner Größe funktioniert (ein Negativbeispiel: Der Kölner Neumarkt an einem normalen Tag).
Printen gehören zu Aachen wie der Lebkuchen zu Nürnberg. Ich mag sie nicht besonders gern. Wer will, kann mal reinbeißen, aber ich übernehme keine Verantwortung für Zähne und Bildschirm.
Vielleicht schmecken sie besser, wenn man sie in Kaffee taucht? Wir haben es nicht ausprobiert.
Uns steht der Sinn nach Herzhaftem: In einem kleinen Restaurant am Hühnermarkt kann man gut und günstig essen.
Sehen und gesehen werden …
… wer es ruhiger mag, geht eine Ecke weiter.
Viele Geschäfte sind bereits geschlossen, was uns nicht stört, im Gegenteil, wir fahren ja nicht von Köln nach Aachen, um da einzukaufen. Aber man kann daran den sehr viel beschaulicheren Charakter der 200.000-Einwohner-Stadt erkennen. Der Esoterik-Laden verführt meine Begleiterin, einen Stimmungsring zu kaufen: Er kann die Farbe wechseln, je nach Stimmung des Trägers. Ich habe ihn anprobiert, der Ring behauptet, ich sei ruhig und gelassen. Das stimmt – Zauberei!
Auch das ist Aachen-Altstadt – solche Überraschungen kenne ich aus allen Städten, die im 2. WK zerbombt worden sind. Hier war ca. 65% des Wohnraums zerstört.
Ein paar Meter jenseits des Altstadtrings erkennt man, wieso trotz der vielen Studenten kaum Fahrradfahrer unterwegs sind: Es ist einfach zu hügelig. Manchmal denke ich, ich bin im Harz.
Ein schönes Beispiel klassizistischer Herrschaftsarchitektur, welcher Fürst hat hier gewohnt? Jetzt beherbergt es, einer Demokratie würdig, eine Jugendherberge mit Jugendzentrum für die Stadt … wer hat das geglaubt? Aufzeigen! Was ist mit dem Weihnachtsmann, gibt es den auch? Ja? Ah ja, verstehe. Das Gebäude wird natürlich weiterhin von Herrschaften genutzt, von der Aristokratie heutiger Zeit: Dem Geldadel. Es beherbergt das Casino.
Etwas abseits der touristischen Pfade: Der Willy-Brandt-Platz. Auch lebendig, angenehm unaufgeregt und normal. Das darf natürlich auf keinen Fall so bleiben, deshalb …
… werden alle Häuser abgerissen und ein neuer Konsumtempel errichtet. Müssen Stadtplaner eigentlich auch einen Kurs „Zerstörung von Lebensqualität durch architektonische Verschandelung“ in ihrem Studium besuchen?
Ob der Laden die (rein finanzielle) Umfeldaufwertung überleben wird?
Die leicht pompöse Brunnenskulptur öffnet und schließt übrigens ständig ihre Blätter – ein bißchen unheimlich.
Ein Nachmittag in einer Stadt, da bekommt man nur einen ersten Eindruck, aber der war gut. Vielleicht kommen wir mal wieder, um ein Museum zu besuchen. Bis dann.
Ende.