Urlaub im Schwarzwald (11): Freiburg (3)

Das „Haus zur kleinen Meise“ – rechts das Schaufenster mit dem Wein gehört schon zum „Haus zur großen Meise“. 1565 gab es in Freiburg eine Verordnung, nach der alle Häuser Namen tragen mußten. Wie die Namen wohl zustande gekommen sind? Sagt der eine Stadtbeamte zum anderen: „Der hat doch ’ne Meise, der da wohnt.“ Der andere antwortet: „Und der Nachbar erst, der hat noch eine viel größere!“ Was es damit genau auf sich hat, weiß ich leider nicht, aber ich vermute, die Verordnung diente der Orientierung und der (amtlichen) Übersicht. Recht früh – in Köln wurden Hausnummern zur genauen Kennzeichnung erst durch die Franzosen Anfang des 19. Jahrhundert eingeführt.

Auf dem Rathausplatz wartet eine Hochzeitsgesellschaft auf die Brautleute. Da wir nicht eingeladen sind, gehen wir  …

… auf den Schloßberg. Auf halber Höhe gibt es einen großen Biergarten …

… mit schönem Blick auf Stadt, Land und Münster …

… und in die Wohnungen anderer Leute. Na, sowas macht man aber nicht … allerdings, wer da wohnt, muß sich darüber bewußt sein, daß der ganze Biergarten Einblick hat.

A propos Münster: Da müssen wir natürlich auch hoch. Wer das Schild nicht liest am Eingang und sein Geld vergißt, muß nach 209 Stufen Aufstieg in einer engen Wendeltreppe nochmal nach unten gehen, denn die Kasse für den Eintritt befindet sich erst hier oben.

Schöner Ausblick auch von hier.

In einer anderen Kirche gibt es Glauben kompakt – das ist ja schon mal ein Fortschritt: Falls man z.B. den Glauben verloren hat, kann man in dem kleinen Heftchen kurz nachlesen, was zu tun ist. Dann hat man ihn eventuell wiedergefunden und kann erstmal ein Bier trinken gehen. Wenn man ihn nicht wiedergefunden hat, natürlich auch.

Eine viel sinnvollere Sache ist diese Veranstaltung auf dem Kartoffelmarkt: Eine öffentlich geförderte Initiative zur Leseförderung aus Österreich tourt durch ausgewählte Städte, stellt für ein paar Tage zwei gut bestückte Büchertürme auf und lädt ein, es sich mit einem Buch auf den Sitzkissen bequem zu machen. Abends gibt es Lesungen und Musik. Die Bücher sind aktuell und neuwertig und wurden von den Verlagen kostenlos zur Verfügung gestellt. Da nicht vorgesehen ist, daß die Leute die Bücher mitnehmen können, habe ich gefragt, wie groß der Schwund ist: Sehr gering, so die Auskunft, im Gegenteil, beim Zusammenpacken würden sie oft feststellen, daß Bücher dazugekommen sind.

Unser Bundespräsident soll die Veranstaltung übrigens auch unterstützen, fällt mir gerade ein.

So langsam denken wir an die Rückreise. Vielleicht sollten ich ein kleines Mitbringsel kaufen, Kirschkuchen in einer Dose ist transportsicher.

So ein Schnarchklopfer kann praktisch sein, allerdings bin ich mit meinen Freunden und Kollegen nicht so intim, als daß ich wüßte, wer ihn tatsächlich brauchen könnte.

Ach, ich spare das Geld, und wenn ich in Rente bin, kaufe ich mir diese Wohnung – Freiburg ist eine Stadt, in der ich sehr gut leben könnte.

So, das war’s, die Reise ist leider zu Ende. Spaß hat es gemacht, was ich natürlich in erster Linie meiner Begleitung zu verdanken habe. Vielleicht klingt es banal, aber vereist nur mit jemandem, mit dem ihr euch gut versteht, dann wird es immer ein guter Urlaub, egal, was passiert.

Ende.

Urlaub im Schwarzwald (10): Freiburg (2)

Vor sechs Jahren habe ich das Bild schon einemal gezeigt, und so …

… sieht es da heute aus. Seht ihr den Unterschied? Was? Auf dem zweiten läuft inzwischen eine Frau? Nein, der Mohr ist verschwunden, entweder er ist der political correctness zum Opfer gefallen, oder die Kaffeesorte hat gewechselt.

Hier wohnte in seinen späten Lebensjahren der humanistische Gelehrte Erasmus von Rotterdam. Mit 73 mußte er vor den Reformatoren in Basel fliehen und kaufte sich hier ein Haus. Wie es heißt, verstanden Erasmus und die Freiburger sich nicht gut. Der Gelehrte korrespondierte mit allen Geistesgrößen Europas, verkehrte an Königshöfen und war weithin geachtet – und mußte sich nun in diesem provinziellen Kaff zurechtfinden, das um 1500 nicht mehr als 6.000 Einwohner zählte. Er schrieb über seine neue Heimat: „Hier herrscht große Unreinlichkeit. Durch alle Straßen läuft ein künstlich geführter Bach. Dieser nimmt die blutigen Säfte von Fleischern und Metzgern auf, den Gestank aller Küchen, den Schmutz aller Häuser, das Erbrochene und den Harn aller, ja sogar die Fäkalien von denen, die zuhause keine Latrine haben. Mit diesem Wasser werden die Leintücher gewaschen, die Weingläser gereinigt, ja sogar die Kochtöpfe!“(Wikipedia)

Auch heute sollte man das Wasser nicht trinken, aber das versteht sich ja von selbst.

An Erasmus‘ Haus hängt ein Wasserspeier, der eine bestimmte Krankheit abwehren sollte.

Ganz anders dieser Wasserspeier am Freiburger Münster, über den mehrere Geschichten erzählt werden: In der einen stellt er einen Armen dar, der von einem Reichen kein Almosen bekam, in einer anderen wollte ein Steinmetz einem Bürger, der ihm die Hand seiner Tochter verwehrt hatte, zeigen, was er von ihm hielt.

„Das Krokodil … sieht euch und uns und denkt sich viel,“ steht da in einem Gedicht. Aha. Solange es nicht beißt …

Viele kleine Läden gibt es in den Gassen, natürlich für die Touristen …

… aber auch für die und dank der vielen Studenten, die die Stadtatmosphäre beleben – manchmal sehr zum Verdruß der anderen Bewohner: Hier am Augustinerplatz treffen sich Studenten bei gutem Wetter bis in die Nacht hinein, bringen günstiges Essen und Flaschenbier mit und produzieren Lärm. Solche städtischen Problemzonen kenne ich auch aus Köln und Berlin.

Nicht jeder kann sich eben leisten, in einer der zahlreichen Gaststätten sein Geld zu lassen. Die Studierenden, die man hier trifft, gehören zur Bedienung.

Sudierende der Geisteswissenschaften antworten auf die Frage, was sie denn mal machen wollen, gern: „Irgendwas mit Medien.“ Hier hat es jemand mal auf den Punkt gebracht.

Ein Gastro-Tipp: Hier, beim Inder in der Konviktstr., hat es uns so gut geschmeckt, daß wir sogar zweimal da waren.

Uff – so spät schon, 2×2+3 vor 3×4, ich glaube, ich muß ins Bett.

Fortsetzung folgt.

Urlaub im Schwarzwald (9): Freiburg (1)

Im Anschluß an die Wanderung erholten wir uns noch ein paar Tage in Freiburg, der schönen Stadt der Bächle (was es damit auf sich hat, habe ich hier schon einmal beschrieben).

Beliebt besonders bei Kindern sind diese kleinen Bächleboote …

… die oft in Behindertenwerkstätten hergestellt werden und die man in speziellen Spielzeuggeschäften kaufen kann (vorsicht: Nicht durch die falsche Tür gehen).

Da treffen sich dann die Generationen und führen interessante Gespräche: „Also: Sollen wir das Boot nochmal zu Wasser lassen, oder sollen wir nicht lieber ein Bier trinken gehen.“ – „Ich … ich weiß nicht …“ – „Aber Du weißt schon, daß Aufklärung der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit ist. Unmündigkeit, sagt Kant, ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn ihre Ursache nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen!“ – “ Ja, aber Kant sagt auch: Aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden. Nur die Annäherung zu dieser Idee ist uns von Natur auferlegt. Und außerdem bin ich erst vier Jahre alt!“

Nee – diese Freiburger! Passend dazu haben sie mitten in der Stadt ein neues Gebäude errichtet, das der Vernunftsbildung dienen soll, als Architektur faszinierend ist, aber leider in die Stadt überhaupt nicht hineinpaßt.

Schräge Wände, die sich in alle Himmelsrichtungen neigen …

… und aus dunklem Chromstahl und dunklen Fenstern sind, in die man nur hineinsehen kann, wenn drinnen jemand das Licht anmacht …

… was zu immer neuen Mustern führt, wenn man drumherum geht.

Wenn die Sonne richtig steht, werden Fassaden und Zimmer erhellt, in die sonst kein Sonnenstrahl käme, aber auch motorisierte Teilnehmer des Straßenverkehrs werden zeitweise derart geblendet, daß die Fassade dieses Kolosses im Frühjahr und Herbst teilweise mit Sonnensegeln abgedeckt werden müssen.

Es ist die neue Universitätsbibliothek, die zur Zeit noch im Probebetrieb läuft. Eigentlich sollte sie bereits seit zwei Jahren fertig sein, nun ist die offizielle Eröffnung in den nächsten Monaten – hier wie überall, Hamburg, Berlin, Köln usw., und auch die Kosten sind natürlich nicht bei den Anfangs veranschlagten 32 Mio. Euro geblieben, sondern auf 53 Mio. gestiegen.

Natürlich ist mir sowas lieber, als wenn sie da einen rein funktionalen Kasten hingesetzt hätten. Daß allerdings städteplanerische Aspekte, also die Einbindung eines Gebäudes in sein Umfeld, anscheinend so gar keine Rolle spielen, finde ich merkwürdig.

Innen sieht auf den ersten Blick alles sehr gut aus. Zwar ist die Bibliothek immer noch Magazinbibliothek, d.h., der größte Teil des Bestandes muß bestellt werden (insgesamt 3,6 Mio Medieneinheiten), aber in vier Lesesälen gibt es 1.200 Arbeitsplätze …

… und zusätzlich 500 Arbeitsplätze im sogenannten Parlatorium, das ist ein Bereich ohne Zugang zu Büchern, in dem also auch gegessen und getrunken werden darf und in dem die Studierenden auch mal laut sein dürfen. Kürzlich habe ich gelesen, daß man festgestellt hat, daß immer mehr Studierende und Schüler ihre Bibliothek als Arbeitsplatz nutzen wollen, was zu einem Ansturm führt, den alte Bibliotheken kaum bewältigen können. Mir wäre sowas früher nie eingefallen, ich war nie länger auf dem Campus als nötig und habe die Literatur mit nach Hause genommen, zu Kaffee und Sofa. So ändern sich die Zeiten.

Und bei schönem Wetter sitzt man draußen auch gut.

Fortsetzung folgt.

Urlaub in der Schweiz – Freiburg im Breisgau

Jaha – immer mit der Ruhe, ich weiß, daß Freiburg nicht in der Schweiz liegt. Jeder Urlaub geht einmal zu Ende – auf dem Rückweg haben wir noch ein paar Tage in Freiburg in Baden-Württemberg verbracht, einer der schönsten Städte, die ich bisher in Deutschland gesehen habe.

Die Innenstadt ist komplett autofrei (blöd, daß ausgerechnet auf diesem Foto eins zu sehen ist … Polizei!!), nur Straßenbahnen kreuzen manchmal den Weg.

Auch hier wurde viel zerstört im 2. WK, ein paar alte Gebäude stehen aber noch, und beim Wiederaufbau hat man darauf geachtet, die neuen Gebäude in den alten Maßen zu errichten.

Die Freiburger Bächle gibt es schon seit über 800 Jahren, sie dienten der Bereitstellung von Brauchwasser, der Abfallbeseitigung und als Löschwasserquelle, heute sind sie ein Wahrzeichen der Stadt und gehören eben dazu. Einer Sage zufolge soll jeder, der aus Versehen in einen Bach hineintritt, später in seinem Leben eine Freiburgerin / einen Freiburger heiraten. Ich bin in einen hineingestolpert, der aber kein Wasser führte, ich glaube, dann gilt das nicht.

Im Sommer kann man wunderbar die Füße darin kühlen, während man seine absolut-super-total wichtigen Telefongespräche führt.

Nee – dies Freiburger! – reden nicht gerade um den heißen Brei herum, sondern sagen wie es ist!

Und damit es auch alle wissen, schreibt man es eben an die Wand: In diesem Haus wohnt ein … – genau.

Und sofort sucht man auch hier die Anspielung, dabei ist es wahrscheinlich ganz harmlos.

Das habe ich tatsächlich irgendwo gelesen: Die Freiburger sollen nicht gerade Vorbilder in Autoritätshörigkeit sein. Sympathisch.

Hierdurch geht’s zum Münsterplatz …

… auf dem an sechs Tagen der Woche Markt ist. Etwas irritierend ist, daß hier gleich vier Würstchenbuden nebeneinander ihre gegrillten Waren anbieten. Vier!

Amerikanische Firmen müssen sich den Gegebenheiten, hier dem mittelalterlichen Martinstor, anpassen, das hat man auch selten.

Neben dem Tor wirbt ein Mohr politisch unkorrekt für Kaffee – ob sich wirklich jemand dadurch diskriminiert fühlt?

„Zum rauen Mann“ heißt das Restaurant, in dessen erstem Stock dieser Herr saß.

Ein Platz zum Ausruhen und Rückschau halten: Das war’s, liebe Freunde, die Reise ist vorbei. Wenn man fast drei Wochen unterwegs war, freut man sich auch wieder auf sein Zuhause.

Fortsetzung folgt. Ende