Wiener Platz

Plätze so zu gestalten, daß man Lust hat, auf ihnen zu verweilen, das kriegt man in Köln nicht hin, und das ist vielleicht auch gar nicht beabsichtigt. Wo Leute sich konsumfrei versammeln, entstehen vielleicht Ideen, mit deren Auswirkungen man sich lieber nicht beschäftigen möchte. Immerhin hat man es in den 90er Jahren geschafft, daß der Verkehr nicht mehr rundherum braust, sondern „nur“ noch an zwei Seiten, aber er ist deswegen nicht weniger geworden. Und so zeigt eine Meßstation mit schöner Regelmäßigkeit, daß der zulässige Grenzhöchstwert der Feinstaubbelastung um das anderthalbfache überschritten wird. Feinstaub, das klingt so harmlos – was ist das überhaupt? Feinstaub, das sind kleinste Teilchen, die von uns eingeatmetet werden, sich im Körper festsetzen und Unheil anrichten. Die Weltgesundheitsbehörde (WHO) schätzt, daß aufgrund von Feinstaub ca. 3 Millionen Menschen pro Jahr vorzeitig sterben.

Der Feinstaub, von dem hier die Rede ist, wird in erster Linie durch Dieselfahrzeuge erzeugt. Was tut die Stadt, die die Meßstation ja extra hier aufgestellt hat, gegen diese lebensbedrohenden Luftverpester? Fahrverbote gegen Autos, die mit Diesel angetrieben werden, scheinen sinnvoll. Das kommt aber für den Kölner Umwelt-Dezernenten gar nicht in Frage: Die Geschäfte von Speditionen und Taxis, die die Hauptverursacher dieser Umwelterschmutzung sind, würden darunter leiden, so nicht, meine Damen  und Herren, das komme ja, wörtlich, einer „Zwangsenteignung“ gleich. Der Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer sieht es ähnlich drastisch: „Das gesellschaftliche Leben bräche zusammen.“ Tja, da kann man wohl nichts machen, ein paar Tote, in Deutschland allein 35.000/Jahr, müssen da in Kauf genommen werden, damit die Geschäfte nicht gestört werden.

Die Stadtverwaltung hat eine andere kreative Idee zur Beseitigung dieses Mißstands: Wenn die Meßstation ständig zu hohe Werte anzeigt, ist genau die das Problem: Die Meßstation. Also plant man, die Ampelschaltungen in der Umgebung neu zu programmieren: Immer dann, wenn die Station nahe einer kritischen Feinstaubbelastung kommt, werden die Ampeln so geschaltet, daß sie mit verlängerten Rotphasen den Verkehr von der Station abhalten – der Ausstoß an Feinstaub ist der selbe, aber er wird nicht mehr gemessen! Hurra – Problem gelöst! (- kein Scherz). Auf die Idee, zur Erlangung besserer Meßwerte die Meßstation einfach woanders hinzustellen, zum Beispiel in den Königsforst, oder sie im Rhein zu versenken, ist noch keiner gekommen – aber das ist wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit.

"Deutzer Zentralwerk der schönen Künste"

Vor einer Woche war die 11. lange Theaternacht, über 200 Veranstaltungen an über 40 Orten konnte man besuchen. Wenn man zu 200 Veranstaltungen geht, kostet der Eintritt jeweils nur 10 Cent, wir haben allerdings nur zwei geschafft. Das Schöne ist, daß zum Teil ungewöhnliche Orte bespielt werden, in die man sonst ohne Weiteres nicht hineinkommen würde.

Im ehemaligen Verwaltungsgebäude der Firma Klöckner-Humboldt-Deutz, das die beiden Künstler „raum13“ übergangsweise nutzen dürfen, trugen junge SchauspielerInnen Textauszüge aus Marcel Prousts Roman „Eine Liebe von Swann“ vor.

Das Gebäude ist riesig, die Aufführung fand in verschiedenen Räumen statt, das Publikum (ca. 8 Zuschauer) dackelte hinterher. Die Darbietung war … najaa, andere junge Leute schmeißen im Studentenviertel betrunken leere Flaschen auf die Straße, da ist es auf jeden Fall besser, sich im Theaterspielen zu versuchen. Alle Texte wurden abgelesen. Es war viel Text, aber sollte man nicht erwarten können, daß Schauspieler ihre Texte auswendig aufsagen, wenn nicht sogar mit mimischem und gestischem Spiel begleiten?

Außerdem möchte ich mal eins mit Nachdruck klarstellen: Wenn ich ins Theater gehe, bin ich nur und ausschließlich Konsument. Ich möchte NICHT in die Aufführung integriert oder sonstwie angesprochen werden, jedenfalls nicht ohne meine vorherige Einwilligung und ohne entsprechende Entlohnung. Revolutionär das Publikum aus seiner passiven Rolle zu befreien oder zu zwingen mag vor 50 Jahren provokativ gewesen sein, mich kann man damit nur sehr verärgern. Hier wurden die Zuschauer an den selben Tisch gebeten, an dem die Schauspieler ihre Texte ablasen und dabei Sekt tranken und rauchten. Ich rechnete schon damit, selbst was vorlesen zu müssen – spätestens dann hätte ich mich darüber beschwert, wieso die Gäste nichts zu trinken bekommen.

Das ehemalige Gelände von Klöckner-Humboldt-Deutz ist übrigens riesig, hier ist die Wiege der weltweiten massenhaften Umweltverschmutzung Automobilisierung, denn hier wurde der Otto-Motor erfunden, der noch heute alle Autos in Bewegung setzt.

Im Jahr 2006 ist die heutige Deutz AG in einen Vorort gezogen, und seitdem stehen die großen Maschinen-, Lager- und Verwaltungshallen und -gebäude leer, oder werden zum Teil übergangsweise fremdgenutzt, das meiste rottet aber vor sich hin. Kölns größtes zusammenhängendes Brachgebiet von historisch außerordentlicher Bedeutung und mit schützenswerter Industriearchitektur, aber die öffentliche Hand hat kein Geld, was Interessantes daraus zu machen, und ich befürchte, irgendwann ist alles so verrottet, daß das ganze Gelände platt gemacht wird, um Platz zu schaffen für geistlose Zweckarchitektur.

Kölnpfad, Etappe 5

Der Kölnpfad ist eine gekennzeichneter Wanderweg rund um Köln und ist 171 Kilometer lang – locker an einem Tag zu schaffen, wenn man früh genug losgeht. Quatsch natürlich: Er ist in elf Etappen unterteilt, und der Start-/Endpunkt einer jeden Etappe ist durch öffentliche Verkehrsmittel erreichbar.

Letztes Jahr bin ich schon zwei Etappen gelaufen, diesmal geht es los im nördlichen Merkenich. In der Nähe der Ford-Werke liegt der Fühlinger See, eine weitläufige alte Kiesgrube mit Schwimmbad, Angelsee und einer Regattastrecke von über 2 km Länge. 1998 wurde hier die Ruderweltmeisterschaft abgehalten.

Auf der gesamten Strecke sind gut sichtbar Markierungen an allen Abzweigungen angebracht, aber zur Sicherheit haben wir einen Wanderführer und eine Karte dabei. Nicht immer läuft man durchs Grün, Wälder, Felder und Auen – immer wieder muß man an mehr oder weniger breiten Straßen entlanggehen, oder man passiert Industriegebiete, bevor man wieder in ein kleines Wäldchen geführt wird.

Natürlich wird dafür gesorgt, daß man unterwegs nicht verhungert, im Buch werden streckennahe Futterstellen empfohlen. Der Biergarten der „Kantine“ hat leider noch geschlossen, vielleicht ist es noch zu früh. Macht nix – weiter geht’s.

Wir landen am Rhein, nun ist es nicht mehr weit bis Mühlheim auf der anderen Seite. Am Niehler Hafen müssen wir aber erstmal über die Molenbrücke …

… um auf die Rheinwiesen zu kommen.

Freundinnen, die sich wichtige Dinge erzählen, die nicht für fremde Ohren geeignet sind …

… Platz genug haben sie jedenfalls.

Hurra! Ziel erreicht, nach ca. 18 Kilometern qualmen die Füße, aber es gibt eine angemessene Belohnung: Das rechtsrheinische Mülheim ist jetzt nicht gerade ein Viertel, in dem ich mich viel herumtreiben würde, es gibt einfach keinen Grund – außer vielleicht einen: Das „Café Vreiheit“ hat ausgezeichnetes, preisgünstiges Essen in Bio-Qualität (sein Biergarten liegt im Schatten einer evangelischen Kirche, aber das muß einen ja nicht stören).

Anrheiner in der Hafenstr.

Ein Riesenhof, um das Auto zu parken, aber das Haus kaum tief genug, um ein Bett hineinzustellen – ja, wer wohnt denn da? Das Geheimnis ist schnell gelöst: Niemand, oder besser gesagt: Nur fiktive Personen. Dieses Haus ist eine Filmfassade auf dem Gelände, wo die Außenaufnahmen für die WDR-Endlosserie „Die Anrheiner“ gedreht werden, die es nun schon über zehn Jahre gibt (ich muß gestehen, daß ich noch nicht eine vollständige Folge davon gesehen habe). Wie ich gelesen habe, sind auch einige Häuser bespielbar, obwohl die meisten Innenaufnahmen im Studio gedreht werden.

Köln am Strand

Wenn Köln schon nicht am Mittelmeer liegt, dann holt man sich den Strand und die Palmen eben in die Stadt. Liegestühle, Beachvolleyball, Kinderspielzeug sind vorhanden, die Gastronomie bietet Kuchen und Gegrilltes und neben Longdrinks auch alle anderen denkbaren Getränke, und von fern klingt sanft das Meeresrauschen … gut gut, das natürlich nicht, ab und zu tutet ein Lastkahn, das war’s auch schon. Aber zumindest gibt es ein Planschbecken, in das man zur Abkühlung seine Füße hängen kann.

Irgendjemand hat mir was von 4 Euro Eintritt erzählt, der auf den Verzehr angerechnet werde (die Anlage ist in Privatbesitz), aber davon war gestern nichts zu sehen. Die rechtsrheinische Lage garantiert lange Sonneneinstrahlung (sofern vorhanden), und abends gibt es manchmal Livemusik.

EDIT: Wird seit 2012 nicht mehr betrieben.

Hafenstr.

No ice in no sunshine. Ein Winterdienst ist nicht vorgesehen. In der Tonne könnte man vielleicht ein Feuer entfachen, um sich an ihm zu wärmen. Aber hierhin verschlägt es nicht einmal Obdachlose, außerdem sind wir nicht in New York. In der Nähe lag übrigens das Hausboot der Kelly Family, lange haben sie es allerdings nicht ausgehalten.