Zülpicher Str.

Ich habe nur schwarze Socken, das erspart mir das Sortieren nach dem Waschen. Ich werfe sie durcheinander in die Schublade, was die Socken allerdings zu Verhaltensweisen verleitet, die ich keineswegs billigen kann: Manchmal bleibt eine einzelne Socke übrig. Die Socken nutzen offenbar meine laisser-faire-Haltung aus und zeugen Junge. Da ich mit solchen Sauereien nichts zu tun haben möchte – Sockenorgien in meiner ! Schublade – schmeiß ich den Nachwuchs schnell weg, in der Hoffnung, das wäre nur ein Ausrutscher, aber es dauert nicht lange, und ich halte wieder so ein unerwünschtes Exemplar in Händen. Was mach ich nur – ich kann doch nicht für jede Socke eine eigene Schublade anschaffen, um das unzüchtige Treiben zu beenden!

Eine junge Designerin hatte neulich einen anderen Verdacht: Die Socken gehen auf Wanderschaft, verlaufen sich dann und sind auf fremde Hilfe angewiesen. Wer eine einzelne Socke in seiner Schublade hat, kann hier in den Laden gehen und schauen, ob er das Gegenstück dazu findet und das vereinte Paar mitnehmen. Bleibt nur zu hoffen, daß die dann nicht vor lauter Wiedersehensfreude gleich wieder loslegen …

Tag des guten Lebens

Sonntag vor einer Woche war es mal wieder so weit: Der „Tag des guten Lebens“ fand zum dritten Mal statt, diesmal nicht im Stadtteil Ehrenfeld (ich berichtete), sondern in Sülz, einem Viertel nahe der Universität. Veranstalter ist die Initiative „Agora Köln„, bestehend aus 131 Umweltorganisationen, wissenschaftlichen Einrichtungen und Unternehmen.

Alle Straßen wurden für Autos abgesperrt, stattdessen durften die Anwohner und (hauptsächlich) nichtkommerzielle Organisationen die Straßen nutzen: Flohmärkte veranstalten, einfach einen Tisch mit Kaffee und Kuchen für die Nachbarschaft aufstellen oder über nachhaltige Projekte informieren.

Wer wollte, konnte auch als Besucher kreativ sein (Jeder Mensch ist ein Künstler, Joseph Beuys) und mit Kindern malen oder …

… bei einem spontan gebildeten Chor mitsingen oder …

… sich passiv Live-Musik anhören …

… die an vielen Ecken dargeboten wurde.

Hier stellt sich ein noch relativ junges Projekt vor: wirnachbarn.com versucht, über die Gestaltung einer virtuellen Nachbarschaft Leute einander näher zu bringen, die in der realen Nachbarschaft leben. Klingt nicht schlecht, aber ob es funktioniert, wird erst die Erfahrung zeigen.

Die Zukunft des Verkehrs – auch ein großes Thema. In Köln hat man z.B. festgestellt, daß immer mehr Menschen mit dem Fahrrad fahren. Das Auto verliert unter den jungen Leuten immer mehr an Bedeutung als Statussymbol, stattdessen gewinnen praktische Perspektiven: Wie komme ich am schnellsten zum Ziel, womit habe ich am wenigsten Parkplatzsorgen usw. Die Verkehrsplanung trägt dem aber kaum Rechnung: Anstatt die Innenstadt für Autofahrer unattraktiver zu machen, um den umweltfreundlicheren Bewegungsmitteln Platz zu verschaffen, versucht man umständlich, Verkehrswege für Autos zu optimieren – ein zweckloses Unterfangen, wie die täglichen Staus zeigen. Man schafft es ja noch nicht einmal, alle Schlaglöcher zu stopfen.

Irgenwann kriegen wir Hunger – wenn wir ein Kind dabei hätten, könnte ich mir hier einen Apfel besorgen lassen.

Macht nichts, gegenüber gibt es ein leckeres indisches Gericht: Gut gewürzte Linsen mit Reis, Kartoffelsalat und Joghurt. Wer jetzt stöhnt: Immer diese Ökos mit ihrem Gemüse, dem sei gesagt: Es gab auch anderes …

… z.B. Schinken und Blutwurst (uah!).

Sehr angenehm, sehr relaxt, so ein Tag des guten Lebens. Meinetwegen könnte man das noch öfter machen als nur ein Mal im Jahr.

Sülzgürtel

Vor ein paar Jahren haben australische Forscher untersucht, ob Schafe wirklich so dumm sind wie man ihnen nachsagt. Sie schickten 60 von ihnen in ein Labyrinth und stellten fest, daß die Schafe sich bereits nach drei Tagen immer besser zurecht- und aus dem Irrgarten herausfanden. Nach sechs Wochen trieb man sie wieder in das Labyrinth, und siehe da, die Schafe hatte nichts vergessen. Um nun herauszufinden, ob sich die Tiere nur instinktiv verhielten oder wirklich etwas gelernt hatten, verabreichte man ein paar von ihnen ein Mittel, das die Gedächtnisleistung trübte, mit dem Resultat, daß sie deutliche Orientierungsschwierigkeiten hatten.
Daß das so ist, wissen die selbsternannten Hirten der christlichen Kirchen schon seit Jahrhunderten: Damit die Gläubigen nicht selbst herausfinden aus dem Labyrinth von Schuld und Sühne, muß man ihnen stetig die Vernunftfähigkeit mit der Androhung von Strafe, Verdammnis und ewigen Höllenqualen eintrüben. Das funktioniert immer noch recht gut, weshalb die Pfaffen überhaupt kein Problem damit haben, den Gläubigen mit diesem Kirchenrelief offen zu zeigen, für was sie sie halten: Für dumme, abgerichtete Schafe.

Berrenrather Str.

Hier wurde letzte Woche eine 5-Zentner-Bombe gezündet, entschärfen ging nicht, das war zu gefährlich. „Das arme Gebäude, schaut nur wie es nun aussieht!“, könnte man jetzt denken, aber das hat tatsächlich nichts abgekriegt, sondern sah schon immer so aus (es ist eine Kirche, hier habe ich mal davon erzählt). Der Bereich wurde in einem Radius von 500 Metern abgesperrt, die Anwohner evakuiert.

Das war gar nicht so einfach, denn dieses Gebäude steht in umittelbarer Nachbarschaft zum Fundort: Das dreiflügelige Uni-Center (von dem ich hier schon mal erzählt habe). Jeder Balkon ist eine Wohnung, hier allein wohnen 2.000 Menschen. 5.000 Anwohner insgesamt mußten ihre Wohnungen verlassen. Eigentlich war bereits gegen 23 Uhr alles bereit zur Sprengung, wenn nicht immer wieder irgendwelche Hohlköpfe die Absperrungen ignoriert hätten, um eine bessere Sicht zu bekommen. So verzögerte sich die Sprengung bis nach 1 Uhr, die Sperrung wurde gegen 1.30 Uhr wieder aufgehoben. Abgesehen davon ist alles glimpflich verlaufen.

Palanter Str.

Lange wird man nicht mehr draußen sitzen können beim neuen Weinlokal im schönen Stadtteil Sülz. Gegessen habe ich hier noch nicht, aber die Leute sind nett, die Speisekarte nicht hochpreisig, muß ich bei Gelegenheit mal ausprobieren.

Das ist ein „Aperol Spritz“, ein Modegetränk aus Italien: Weißwein oder Prosecco, gemischt mit Mineralwasser und einem Likör, der ein bißchen wie Campari schmeckt. Doch, kann man trinken. Hier kostet er angemessene 4,50, in der Innenstadt darf man gern mal 7,50 Euro dafür bezahlen. Verrückt! Ich bleibe bei Bier oder Grauburgunder.

Luxemburger Str.

„Schon gehört? Osterspey macht dicht!“ „Was?! Um Gottes Willen, das geht doch nicht!!“ Diese Sätze hat man wahrscheinlich in den letzten Wochen öfter im Viertel gehört. Das Café gibt es bereits seit 1919 und hatte einen sehr guten Ruf, was sich nicht zuletzt darin ausdrückte, daß man zum Wochenende nur mit viel Glück einen Sitzplatz ergattern konnte, und selbst für „Kuchen zum Rausholen“ sollte man nicht zu spät erscheinen. Zur allgemeinen Erleichterung hat ein Mitglied der Familie Hirsch übernommen, die mehrere Cafés in Köln betreibt und einen ausgezeichneten Ruf hat.

Ich war gestern am späten Nachmittag da, die besten Sachen waren natürlich schon weg, aber das Stück Schwarzwälder Kirsch war lecker. Meine Begleiterin erzählte, daß heißer Kakao, den man normalerweise in Cafés („95 Prozent!“) bekommt, in der Regel nach heißem gesüßtem Wasser schmeckt – hier nicht, hier schmeckt er so, wie man es erwarten kann.

Das Foto unten ist aus Rücksicht auf die Gäste, die gerade eben noch da waren, kurz vor Ladenschluß aufgenommen worden.

Im Himmelreich

… war ich gestern, einem neuen Café in der Zülpicher Str. Ganz nett, unten findet man auch Sessel und Sofa, große familiengerechte Tische, auf der Balustrade eine große Sitznische mit vielen Kissen neben normalem Mobiliar.

Kaffee und Kuchen sind gut, daneben gibt es noch ein paar herzhafte Snacks, allerdings keinen Alkohol – braucht man auch nicht, das Café schließt eh um 18/19 Uhr. Einen empfindlichen Nachteil hat es allerdings: Es ist sehr laut hier, als ob in einer Halle alle gleichzeitig reden.

Auf dem Weg zum Klo noch ein frommer Wunsch – hat er doch sowieso, der Tag, schon immer.