Maximinenstr.

Wenn man den Hauptbahnhof nach hinten raus, also zum Breslauer Platz, verläßt und nach links Richtung Eigelstein läuft, kommt man an Rundbogenvertiefungen unter den Gleisanlagen vorbei, in denen Autos parken. Hier stinkt es so sehr nach Pisse, daß man sich nicht lange aufhalten will, man geht schnell vorbei oder steigt in sein Auto und verschwindet. Vo einiger Zeit dachte man sich bei der Bahn wohl, daß sich dieser unwirtliche Ort aufhübschen ließe, wenn man ihm einen frischen Anstrich verpaßt. Unter den Anstreichern muß sich eine kunstinteressierte Person befunden haben, denn sie entdeckte ein Kunstwerk: Ein Graffito des weltberühmten Künstlers Naegeli, bekannt auch als der „Sprayer von Zürich“.

Anstatt das Werk (hier eine von mir fototechnisch gereinigte Version) nun einfach übertünchen zu lassen, entschloß man sich bei der Bahn, drumherum zu malen. Bravo! Soviel Verstand hätte ich denen gar nicht zugetraut. Von Harald Neageli habe ich hier schon einmal erzählt, wer mehr wissen will, klickt sich einfach dorthin.

Marzellenstr.

Dieser Aushang an einem indischen Restaurant ist eine gute Werbung, diese Grundsätze sollten sich auch Mitarbeiter anderer Gaststätten zu Herzen nehmen. Besonders in Kölner Brauhäusern hat man garantiert noch nie etwas davon gehört und würde es auch als Affront empfinden, daß man als Gast Freundlichkeit erwartet. Daß allerdings Mahatma Gandhi auch mal Gestronom war, ist mir neu.

Gerade, als wir die Speisekarte des „Jaipur“ studierten und uns entschlossen hatten, hier mal einzukehren, kam der Restaurantbetreiber vor die Tür, um einen Zettel aufzuhängen, auf dem mitgeteilt wurde, daß das Restaurant schließt, da der Hausbesitzer nach 20 Jahren den Mietvertrag nicht verlängert hatte. Man kann nicht immer Glück haben.

Wir kamen ins Gespräch und wurden eingeladen, noch einen letzten Blick ins Restaurant zu werfen. Die Angestellten waren bereits dabei, die Dekoration abzubauen. Der Betreiber erzählte uns, daß er plante, ein neues Lokal ein paar Häuser weiter in der selben Straße zu eröffnen, allerdings mit viel weniger Plätzen. Wir werden das beobachten.

Apostelnkloster

Und was ist das? Ein Wunder! Ein Platz in der Innenstadt, auf dem kein Weihnachtsmarkt veranstaltet wird! Hoffentlich greift niemand diese Entdeckung als Idee auf – der Kölner Stadtanzeiger scheint mein Blog mitzulesen, wie dieser ‚investigative‘ Bericht vom 28.11.2014 zeigt. Ich hatte bereits am 21.05.2014 davon erzählt.

Wenn jemand seine Weihnachtsgans vermißt – die hat sich über die Tage eine Wohnung in Köln gemietet. Unvorsichtigerweise sieht sie aus dem Fenster, aber ich verrate nicht, wo.

Ich wünsche euch allen angenehme freie Tage und einen guten Rutsch! Bis nächstes Jahr.

Roncalli-Platz

Wer die Weihnachtsmarktkultur satt hat, braucht deswegen auf Kultur nicht zu verzichten: Im „Römisch-germanischen Museum“ läuft eine interessante Ausstellung, in der ich zwar noch nicht war, die ich aber bestimmt besuchen werden. Die „Archäologie der Moderne“, das sind Begriffe, die nicht zusammengehörig scheinen, Archäologie, darunter stellt man sich richtig alte Dinge vor, z.B. Grabungen nach Behausungen der Neandertaler, um zu erfahren, wie sie gelebt haben (böse Zungen behaupten, dafür würde ein Spaziergang durch Düsseldorf ausreichen). Aber auch in jüngerer Zeit ist viel verschüttet worden.

Beim Bau einer Berliner Ubahn hat man vorm Roten Rathaus ein im 2. WK verschüttetes Kellergewölbe entdeckt. Dort hatten die Nazis Skulpturen der klassischen Moderne (also ca. vom ersten Drittel des 20. Jahrhunderts) deponiert, die sie als entartet klassifiziert und aus den Museen entfernt hatten. Seitdem galten sie als verschollen, nun sind sie wunderbarerweise wieder da und bis April in Köln zu besichtigen. Ergänzt wird die Ausstellung durch Funde aus Köln, denn auch hier macht man immer wieder Entdeckungen: „… ein erst kürzlich entdecktes Depot von Kölner Karnevalsorden, berichten eher auf humorvolle Weise von ihren ehemaligen Besitzern.“, heißt es auf der Seite des Museums. Ah ja … gut, ich freu mich auf die Kunstwerke aus Berlin.

PS: Der traurige Pferdekopf erinnert mich spontan an zwei unschöne Szenen aus zwei Filmen – wer weiß, welche ich meine?

In der Philharmonie

Neulich war ich mal wieder in der Philharmonie, immer wieder ein Ereignis. Wo meistens große Orchester Meisterwerke der klassischen Musik spielen, gab es an diesem Abend ein Konzert …

… der dänischen Sängerin und Pianistin Agnes Obel, die von einer Geige und einem Baß unterstützt wurde. Eine so kleine Besetzung und auch die Art der Musik sind an diesem Ort oft nicht unproblematisch: Ich habe hier mal ein Konzert der Jazzsängerin Cassandra Wilson und Band gesehen, der Saal und die Musik paßten überhaupt nicht zusammen, da hätte ich mir das Konzert in einer Kneipe oder einem kleinen Saal gewünscht, in dem man mit einem Bier in der Hand herumlaufen kann. Anders bei Agnes Obel: Ihre angenehme Stimme und die leicht melancholischen, schönen Lieder füllen den Raum, es macht gar nichts, daß man an seinen Stuhl gefesselt ist, die Musik zieht einen in ihren Bann.

Hier ein Beispiel von der CD „Aventine“, die ich jedem empfehle, der noch nach einem Weihnachtsgeschenk sucht (sich selbst kann man ja auch beschenken, ich mache das andauernd).

Ehrenstr.

Nun habe ich doch neulich von memento-mori-Motiven erzählt, da läuft mir dieses über den Weg, riesig groß in einem Schaufenster. Hier werden Jeans und Birkenstock-Sandalen verkauft. Hm, was wollen sie uns damit sagen? „Bedenke, daß du sterblich bist, unsere Jeans erinnern dich daran“ – aber auf welche Weise? Kneifen die im Schritt? Dann kaufe ich lieber woanders. „Mit Birkenstock-Sandalen ins Jenseits“ – also ich weiß nicht, viele Leute finden die ja tothäßlich, aber ich finde sie sehr bequem, ans Sterben habe ich nie gedacht, wenn ich sie getragen habe.

Das Modelabel heißt „MTWTFSS“, das wtf in der Mitte ist die Abkürzung für „what the fuck“, frei übersetzt: Was soll der Scheiß! Ja, liebe Leute, das fragen wir uns auch, aber wenn ihr es nicht mal wisst … ah ja, Wikipedia klärt auf: Die Buchstaben sind die Anfangsbuchstaben der englischen Wochentage. Schön, wieder was, was man schnell vergessen kann.

Bahnhofsvorplatz

Der Weihnachtsmann enttarnt! In Wirklichkeit ein junger Typ, hätte ich nicht gedacht. Wie aus der Verwaltung der weihnachtlichen Werkstätten zu erfahren ist, haben die Rentiere sich mit den Auslieferungsfahrern der Paketzustelldienste solidarisiert und sind auf unbestimmte Zeit in den Streik getreten. Alle Geschenke müssen nun mit der Rikscha ausgeliefert werden, und ob das bis zum 24. zu schaffen ist, steht in den Sternen. Wundert euch also nicht, wenn in diesem Jahr nichts unterm Weihnachtsbaum liegt. Macht nichts, denn – mal ehrlich – wir haben alle sowieso zu viel Kram.

Alle Jahre wieder …

… des Wahnsinns fette Beute: Verkaufsoffener Sonntagnachmittag.

30 Weihnachtsmänner, die auf ihren Rollern kreuz und quer durch die Stadt knattern.

Ein Weihnachtsmarktstand, der Haarakrobatik anbietet. Ich weiß nicht genau, was das ist, frage mich aber, ober der Standinhaber Opfer seiner Kunst geworden ist.

Da will der ungebremste Konsument Weihnachtsgeschenkekäufer mal schön schoppen gehen, da sitzen diese nichtsnutzigen Elemente ausgerechnet vor dem schönen Weihnachtsbaum und verderben die glühweinselige Stimmung! Polizei!!

Zum Ausklang stille Weihnachtsmusik mit gefühlvollen Bildern aus der Hand des Meisterregisseurs Videbitis (keine Angst, es sind nur 44 Sekunden).

Ausverkauf

Der Casino-Betreiber Westspiel hat sechs Standorte, vier davon in NRW, an denen Spielbanken versuchen, den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen. Da die Leute inzwischen lieber übers Internet ihr Geld zum Fenster hinauswerfen, schreibt nur eine der Spielbanken schwarze Zahlen, die anderen verursachen nur Schulden. Was macht ein Unternehmen in einer solchen Situation? Es eröffnet einen weiteren Laden, eine Spielbank im Zentrum von Köln – so funktioniert kapitalistische Logik. Wenn man es schafft, möglichst viele Kölner spielsüchtig zu machen, gibt’s vielleicht bald wieder fette Gewinne. Nur – wie finanziert man sowas? Man verkauft, was man so an wertvollen Sachen herumstehen hat, z.B. zwei Bilder des Pop-Art-Künstlers Andy Warhole, „Triple Elvis“ und „Four Marlons“. Beide Bilder brachten bei der Versteigerung in New York ca. 120 Millionen Euro, wovon nach Abzug der Gebühren 108 Mio. an den ehemaligen Besitzer gehen. Der Bagger kann schon mal bestellt werden.

Das eigentlich skandalöse an der Sache ist, daß die Bilder uns gehören, uns, den Bürgern des Landes NRW, denn Westspiel ist eine 100%ige Tochter des Landes NRW. Der Landtag läßt also zu, daß zur Sanierung von Haushalten Kunstwerke im Besitz der öffentlichen Hand verhökert werden. Gut, mag man jetzt denken, so’n oller Triple-Elvis, man wäre doch verrückt, den für so viel Geld nicht herzugeben. Allerdings muß es ja nicht dabei bleiben: Einmal Blut geleckt, könnte nun jeder Bürgermeister einer Stadt mit einem Museum den begehrten Bestand verkaufen, Dürer, Rembrandt, van Gogh, Picasso, übrig bleibt dann nur das Drittklassige – was für NRW recht ist, muß für andere billig sein.

Der Finanzminister von NRW versteht die ganze Aufregung nicht: Die Firma Westspiel sei ein eigenständiger Betrieb und könne mit ihrem Besitz machen, was sie wolle. Merkwürdig ist allerdings, daß die Adresse der Überweisung für das Geld aus New York die NRW-Landesregierung ist, und noch merkwürdiger, daß das Geld nicht in voller Höhe an die angeblich eigenständige Firma Westspiel weitergegeben wird – 28 Millionen Euro der ersteigerten Summe fließen in den Landeshaushalt NRW.

„Single Elvis“ und „Double Elvis“ oben auf dem Foto hängen im Museum Ludwig in Köln und stehen nicht zum Verkauf – noch nicht. Die Landesregierung behauptet, daß sei jetzt mal eine Ausnahme gewesen. Aber wie man hört, sichten bereits zwei weitere landeseigene Betriebe ihre Kunstbestände auf mögliche Verkaufbarkeit: Die Nachfolgerin der Landesbank WestLB namens Portigon und der öffentlich-rechtliche WDR.

Mesdames et Messieurs, faites vos jeux!

Verfall

Bröckeldom

Oh je! – der Dom bricht zusammen, neulich stand es in der Zeitung: Allein im Monat November sind an zwei verschiedenen Stellen Gesteinsbrocken aus den Wänden gefallen, glücklicherweise ist niemand getroffen worden. Es braucht einen harten Kopf, um von 1,5 Kilo Domgestein, das von einer Höhe von 39 Metern fällt, nicht erschlagen zu werden. „Zufall“, sagt der stellvertretende Dombaumeister, daß das zweimal in so kurzer Zeit passiere – so zufällig, wie die Titanic auf einen Eisberg getroffen ist. Der Zufall macht, was er will, auch fünfmal hintereinander, dann kommt noch das Alter des Bauwerks hinzu, Klimaerwärmung, Vogelkacke, Gottes Zorn über Kardinal Meisners Heucheleien – angeblich brauchen die Besucher des Domweihnachtsmarktes auf dem benachbarten Roncalliplatz sich keine Sorgen zu machen. Ich rate zu einem gewissen Sicherheitsabstand!