Buchhandlung am Neumarkt

Wenn man früher in Bahnhofsbuchhandlungen in gewissen Zeitschriften blätterte, konnte es passieren, daß der Kassierer einen anschnautzte: „Erst zahlen, dann lesen!“ Allein der Ton sorgte schon dafür, daß man sich ertappt fühlte und die Zeitschrift schnell zurück legte, andererseits: Man muß doch wissen, wofür man sein Geld ausgibt und sich erstmal informieren. Jedenfalls habe ich mir die Computerzeitschrift dann immer woanders gekauft.

Ganz anders heutzutage in der „Mayerschen“. In der mehrgeschossigen Buchhandlung stehen überall gemütliche Sofas und Sessel herum, in die man sich mit einem Stapel Bücher fläzen kann. Es gibt auch Tische mit Leselampen, wer das lieber hat, und, zu meinem besonderen Vergnügen, Liegen mit CD-Player und Kopfhörer. Wenn man an Regentagen frei und keine Lust auf irgendwas hat, kommt man einfach hierher, schnappt sich einen Bildband oder ein paar Krimis und ein paar CDs aus der „Zweitausendeins“-Abteilung und freut sich – mit einem Blick nach draußen – daß man sich nicht wie die anderen im Regen abhetzen muß.

PS: „Zweitausendeins“ ist ein Verlag und Buch- und CD-Versand mit nur wenigen eigenen Läden, deshalb geht er verstärkt „Partnershop“-Verträge mit anderen Buchhandlungen ein. Was man dort bekommt, ist meist von guter Qualität und ganz außerordentlich günstig.

Samstag in der Altstadt

„Ballermann am Rhein“ titelte neulich die hiesige Tageszeitung. Ich habe es überprüft, und tatsächlich, es stimmt: Samstagabend in der Altstadt, es wimmelt von Touristen – und Junggesellengruppen, bzw. Junggesellinnengruppen. Um die Letztgenannten geht es: Meist uniformierte junge Leute (gleichfarbige T-Shirts mit Aufdrucken wie: „XY heiratet – wir saufen!“, oder drollige Hüte) begleiten jeweils einen oder eine, der/die demnächst heiraten will. Die Noch-Junggesellen müssen irgendwas machen, meistens tragen sie einen Bauchladen mit Kleinigkeiten (Kau- und andere Gummies, Taschentücher und Tampons, Zigaretten etc.) zum Verkauf und belästigen damit andere Passanten. Einige haben auch ein Megaphon, und wenn sich jemand bereit zeigt, dafür zu zahlen, singen sie ein Lied. Mir bot mal eine junge Frau an, ich sollte mir für ein paar Euro ein Stück aus ihrer Leggins herausschneiden, die Schere hatte sie dabei. Ich habe dankend abgelehnt.

In der halben Stunde, die ich durch die Altstadt streifte, begegneten mir ständig solche Gruppen, ich brauchte nicht lange zu suchen, die Anzahl war im zweistelligen Bereich.

Zum Teil haben sie schon eine mehrstündige Bahnfahrt hinter sich und währenddessen bereits ordentlich getankt. In der Stadt geht’s weiter, einer der Begleiter trägt die Schnapsflaschen, ein anderer das Bier. Wenn sie dann keine Lust mehr haben, die anderen Leute mit ihren Anliegen zu nerven, fallen sie in die Kneipen ein, um weiter zu saufen, und da sie ja schon den ganzen Tag dabei sind, hat das oft unangenehme Begleiterscheinungen: Sie sind laut, pöbelig, verzehren nicht viel, und das, was sie zu sich nehmen, ist nicht selten der Tropfen zuviel: „Und da wird dann über die Möbel gekotzt“, sagt ein Wirt in dem erwähnten Artikel. Das alles führt dazu, daß die anderen Gäste ausbleiben – und damit auch das Geld, das sie normalerweise ausgeben. Dazu kommt, daß die JungesellInnengruppen meistens keine Hotelzimmer buchen, da wird gefeiert (=gesoffen), so lange es geht, und mit dem ersten Zug in der Früh fährt man wieder nach Hause. Bei warmem Wetter schläft man vielleicht ein paar Stunden im Rheinpark.
Wenn es ums Geld geht, hört der Spaß natürlich auf: Einige Wirte haben bereits grundsätzlich Lokalverbot für diese Gruppen ausgesprochen, und Politiker bemerken ein „Imageproblem“. Kann ich verstehen: Die Altstadt ist dafür da, den Touristen das Geld aus der Tasche zu ziehen – wie soll das gehen, wenn die eine Hälfte die Getränke selbst mitbringt oder am Kiosk kauft und im Park übernachtet und die andere Hälfte angewidert fortbleibt angesichts der Ballermannatmosphäre?

Appellhofplatz

Ich bin geneigt, diese Außengastronomie für die ungemütlichste, farbloseste und unwirtlichste von ganz Köln zu halten. Daß das dazugehörige Café ausgerechnet „Talltree“ heißt, hielt ich bisher für einen schlechten Witz, für eine Verhöhnung der Besucher angesichts der Baumarktbäumchen, die da stehen. Inzwischen habe ich aber gelernt, das „Talltree“ eine Kette ist, so wie die anderen Caféketten, die mit ihren geflavourten Getränken die Kaffeehauskultur in Verruf bringen (Kaffee mit Vanillesirup – uah!). Immerhin: „Talltree“ verarbeitet Fairtrade-Produkte aus biologischem Anbau. Vielleicht sollte ich meine Vorurteile einfach mal vergessen … ach nee, das Auge trinkt mit: Die Selbstbedienung schreckt mich nicht, aber das Café liegt im „Hinterhof“ des Vierscheibenhauses des WDR, da gibt es gar nicht weit weg wirklich schönere.

Hohe Str., Ecke Schildergasse

Togo ist ein kleines Land in Westafrika und in Deutschland in letzter Zeit dadurch besonders aufgefallen, daß es überall Kaffee aus diesem Land zu kaufen gibt. Und nun hat mitten in der Stadt an der meistfrequentierten Stelle der Kölner Konsummeile auch noch ein Spezialitätengeschäft aus diesem Land aufgemacht? Weit gefehlt! „Coffee/Cafe togo“ ist ein Pappbecher mit Deckel, in dem eine braune Flüssigkeit schwimmt, die mehr oder weniger nach Kaffee schmeckt, und er ist deswegen „to go“, weil man ihn im Gehen trinken soll oder kann, damit man keine Zeit verliert, die Millionen wollen schließlich irgendwie verdient werden, und wer weiß, wieviel Gewinn einem schon wieder durch die Lappen gegangen ist, während man müßig in einem Café sitzt.

„Rewe to go“ ist nun kein Supermarkt, den man im Vorbeigehen kaufen kann, sondern ein – aufgepaßt – „Convenience Shop“, bitte nicht verwechseln mit einer „Public Convenience“, das ist eine öffentliche Bedürfnisanstalt (und liegt somit am anderen Ende der Verwertungskette). Im Shop gibt es nur „Convenience-Produkte“, ungefähr 1000 verschiedene, also natürlich Getränke aller Art, auch Gebäck, Süßigkeiten, kleine abgepackte Salate mit Dressing im Extradöschen, Sandwiches, aber auch Suppen, Nudelgerichte und Eintöpfe, die man sich direkt im Shop in einer Mikrowelle heiß machen kann. Toll! Und alles „to go“. Während man sich eine Miniportion heiße Nudeln Bolognese mit einer Plastikgabel in den Mund schiebt, ist man schon wieder auf dem Weg in sein Büro, wirft unterwegs noch schnell einen Blick in die neusten Auslagen von H&M und C&A und Kack & Fuck und freut sich über die eingesparte Zeit, hurra. Lebensqualität „to run away“ – die Afrikaner können wirklich nichts dafür.

Am Ring

„Welche Deppen kaufen sich eigentlich solch ein Auto?“, frage ich mich jedesmal, wenn ich eine Stretchlimousine sehe. Das ist natürlich gar kein schöner Zug an mir, wildfremde Menschen als Deppen zu bezeichnen. Aber die Autos sind bestimmt sehr teuer in der Anschaffung, im Verbrauch sowieso, innen sieht es aus wie in einem Puff, und seine Möbel kann man auch nicht damit transportieren. Und wie man einen Parkplatz finden will, wenn man abends damit von der Arbeit nach Hause kommt, ist mir völlig schleierhaft. Gut, das nächste Vorurteil, was mir dazu einfällt, ist: Wer das fährt, braucht nicht zu arbeiten und hat einen eigenen Stellplatz auf seinem Villengrundstück. Aber auch diese Leute wollen mal zum Shoppen oder Angeben in die City, und selbst, wenn sie da einen Platz finden, müssen sie sechs Parkuhren gleichzeitig füttern.

Des Rätsels Lösung: Stretchlimousinen sind in der Mehrzahl Mietautos, die man zu bestimmten Anlässen mitsamt Chauffeur buchen kann. Zwischen 80 und 280 Euro pro Stunde (sic!) muß man dafür aufbringen, wobei man wohl getrost davon ausgehen kann, daß bei den unteren Preisen noch jede Menge Zusatzkosten versteckt sind (Anfahrt, Benzin etc.). Und schon hat sich meine Meinung, die ich anfangs äußerte, gewandelt: Nicht die Halter der Stretchlimousinen sind die Deppen …

Neumarkt

Über den Neumarkt, Kölns zentralen Platz, habe ich hier schon mal berichtet. Daß der Platz eine riesige Verkehrsinsel ist, auf der nicht eine Bank steht (von der Straßenbahnhaltestelle mal abgesehen), ist eine Schande, daß aber sämtliche Bäume gefällt werden sollen, wenn man den Verkehr auf eine Seite des Platzes konzentriert, halte ich für ziemlich krank, selbst, wenn man dann neue, junge Bäume pflanzen will.

Und hier noch ein Nachtrag zum Litfaßsäulenbericht von neulich: Eine Kölschbrauerei versucht, interaktiv zu sein. Susi, Mausi, Poldi, Niekoll und Kevin, alle sollen ihre Namen eintragen. „Isch liibe Gaffel un dat Schantall. K.“, darf ein eingeborener Bürger darauf schreiben, gern auch anonym und ganz in der Tradition von „Blootworsch, Kölsch un lecker Mädsche“.
Ich liebe ja belgische Fritten mit Mayonnaise. Eine Freundin liebt Meerschweinchen (allerdings unfrittiert). Interessiert das jemanden? Gut, dann schreibe ich das auch auf die Litfaßsäule.

Ehrenstr.

„Kauf Dich glücklich“ – sinnigerweise hat man vor den Laden gleich das gestellt, was dabei herauskommt: Müll.

Jahrelang war hier früher eine Puppenklinik, in deren Geschäftsräumen man auch das hier kaufen und ansehen konnte. Jetzt werden hier Schuhe, trendige Taschen und teure Klamotten angeboten – wie in zig anderen Läden, die sich in unmittelbarer Nähe befinden. Die Puppenklinik ist umgezogen in eine Gegend, wo man die Miete noch bezahlen kann. Schade.

Breite Str.

Wo viele Menschen leben, da gibt es natürlich auch viele merkwürdige Leute. Neulich in der Straßenbahn saß hinter mir ein noch ganz junger Mann, der heftig und mit steigender Lautstärke mit jemandem diskutierte, der nicht da war. Inzwischen denke ich meist bei vermeintlich Selbstgespräche führenden Mitbürgern, daß sie telefonieren, war hier aber nicht so. Manchmal läuft einem ein laut schimpfender Mann über den Weg, oder eine furchtbar wütende Frauen schreit den Himmel an, während sie ihre Einkäufe nach Hause trägt, etc.

An das Fußgängerzonenplakat oben hat jemand einen DIN-A4-Zettel mit kryptischen Informationen geklebt. Kann sich jemand einen Reim darauf machen?

Apostelnkloster

Der Kabarettist Jürgen Becker erzählte gern folgende Geschichte: Als der erste Bundeskanzler der BRD Konrad Adenauer einmal in einer Rede vor dem Deutschen Bundestag gönnerhaft sagte: „Auch in der SPD gibt es wertvolle Leute.“, rief der SPD-Abgeordnete Arndt wütend dazwischen: „Das zu beurteilen liegt nicht in Ihrem Ermessen!“ Darauf Adenauer: „Beruhigen Sie sich, Herr Arndt, Sie habe ich doch gar nicht gemeint.“

Die Statue des ehemaligen Oberbürgermeisters von Köln (1917-1933, 1945) ganz in der Nähe des Neumarktes wurde 1995 aufgestellt. 500.000 DMark hat sie gekostet, Geld, das unter der Schirmherrschaft von Helmut Kohl, dem selbsternannten Enkel Adenauers, privat gesammelt wurde. Der Bildhauer Hans Wimmer erhielt den Auftrag, verstarb aber vor Fertigstellung. Der Kopf fehlte noch, er wurde von Gerd Weiland, einem Schüler Wimmers, modeliert.

Werbung in der Innenstadt

Köln hat 710 Litfaßsäulen, die insgesamt in jeweils zehn Tagen von über 119 Millionen Menschen zu Fuß, im Auto oder im Bus/Bahn passiert werden – so jedenfalls die Angaben der Firma, die die Säulen vermarktet. Da Köln nur 1 Millionen Einwohner hat, rennt jeder Kölner, die Touristen mal nicht berücksichtigt, ca. 12 Mal am Tag an einer Litfaßsäule vorbei. Ganz schön aufdringlich, die Dinger, aber ich mag sie trotzdem, weil sie meine Neugier wecken, gern laufe ich drumherum, um zu erfahren, welche Veranstaltungen annonciert werden. Ganz anders, als diese riesigen Werbeflächen, deren Plakate alle paar Sekunden im Inneren rotieren, um einem aggressiv gleich mehrere Überflußartikel anzudienen.

Aufgestellt wurden die erste Litfaßsäulen von dem Berliner Ernst Litfaß im Jahre 1854, sie dienten neben der Werbung anfänglich auch amtlichen Verlautbarungen.

Eine Fläche von der Größe eines Din-A-1-Plakates kostet übrigens 87 Cent pro Tag bei einer Mindestmietdauer von 10,5 Tagen, also ungefähr 9 Euro pro Säule; wer eine ganze Säule mietet, muß ca. 24 Euro pro Tag bezahlen, und wer es edel möchte und eine beleuchtete Säule ordert, 35 Euro pro Tag. Litfaßsäulen und andere Werbeflächen gehören im Amtsdeutsch zur „Stadtmöblierung“. Wer Interesse hat: Ich habe auch noch Möbelstücke, die für Werbezwecke zur Verfügung stehen, z.B. die Kleiderschrankinnenwand. Da gehen zwar keine 119 Millionen Menschen durch, aber dafür ist es auch viel billiger. Wie wär’s?

Man kann eine Litfaßsäule auch für andere Dinge als Werbung nutzen, wie dieser beliebte Crèpe-Verkaufsstand zeigt.