Ein Haufen Fanpost erreicht mich: Was denn nun los gewesen sei in Köln am 11.11. Ich sag’s euch: Nicht viel. Natürlich war ich als rasender Reporter unterwegs, um alles genau zu dokumentieren. Der Rathenauplatz, ein kleiner Park im Studentenviertel, war wie jedes Jahr zu den Karnevalsausschreitungen komplett umzäunt und bewacht, da er sonst gern von den Saufenden als großes Klo benutzt wird.
Allerdings, wie man ein paar Meter weiter sehen kann: Völlig umsonst, kein Wildpinkler zu sehen. Das ist die Hauptstraße des Studentenviertels, einer der Feierhotspots der Stadt. Wenn die Sauferei beginnt, ist es so voll, daß die Straßenbahn ihre Fahrten einstellt, und sein Auto sollte man vorher unbedingt woanders parken. Kneipe neben Kneipe, durchsetzt mit Imbissen – alle geschlossen oder mit Außer-Haus-Verkauf. Alkoholtrinkverbot in der Öffentlichkeit und Alkoholverkaufsverbot für 24 Stunden, selbst im Supermarkt bekam man kein Bier. An der Ecke standen ein paar Ordnungskräfte und warteten … und warteten …
Später habe ich gehört, daß 53 Ordnungswidrigkeiten aufgenommen wurden – gegen Falschparker.
Auf dem Ring, wie in der ganzen Innenstadt, viel Polizei. Ist ihnen doch zu gönnen, daß sie auch mal eine ruhige Kugel schieben können.
Am Zülpicher Platz, dem Eingang zum Studentenviertel, war ein großer LED-Bildschirm mit wechselnden Motiven angebracht, alle mit der Aussage: Heute nicht, kein Singen, Saufen, Herumgrölen, Wildpinkeln, In-Hauseingänge-Kotzen und -Kacken. Och, wie schade. Gut, da stand nur Singen, aber das andere war mitgemeint.
Da! Erwischt, doch ein paar Unermüdliche, allerdings auf Fahrrädern. Als ich da so herumstand, hörte ich mit einem Ohr, wie sich zwei von ihnen mit Passanten unterhielten: Man war sich einig, so ein Quatsch, wegen einer Erkältung den ganzen Karneval abzusagen, gestorben werde immer, das sei doch überhaupt kein Unterschied, und da jetzt so ein Aufhebens wegen eines Schnupfenvirus‘ … usw. Das höre ich öfter: Stirbt doch gar keiner, höchstens ein ganz paar, wenn das nicht Beweis genug ist für finstere Machenschaften im Hintergrund. Können die Leute nicht lesen? Haben sie vielleicht kein Internet, können nicht mit einer Suchmaschine umgehen?
Das ist ein Screenshot von einer Tabelle, die die Anzahl der Gestorbenen in Europa seit 2017 anzeigt. Die schwarze gestrichelte Linie ist der erwartete Verlauf, der sich aus dem Durchschnitt vorhergehender Jahre ergibt, die durchgehende blaue zeigt den tatsächlichen Verlauf. Zwischen der 8. und der 14. Woche 2020 (Mitte Februar bis Ende März/Anfang April) schnellt die Kurve nach oben: Statt der erwarteten 53.600 starben in der 14. Woche 89.000 Menschen. Coronaleugner, was ist da wohl passiert? Plötzliche Flugzeugabstürze? Unfälle? Eine spontane Suizidwelle? Dank der Regierungsmaßnahmen europaweit normalisierte sich die Übersterblichkeit zwischen der 14. und der 23. Woche (Anfang Juni) langsam. In der 36. Woche (Anfang September) ging es wieder los, bis zur 45. Woche (Anfang November) stieg die Todeskurve wieder an, und wenn man nicht darauf reagiert hätte, würde sie wahrscheinlich heute noch steigen. (Quelle: https://www.euromomo.eu/graphs-and-maps)
In den USA sind zwischen März und heute über 250.000 Menschen an und mit Corona gestorben. Aber – ist das ein Argument? In den USA feiert man doch gar keinen Karneval.