Urlaub

Ich bin für eine Woche nicht da, Urlaub mit der Deutschen Bahn. Hinkommen scheint kein Problem zu sein, die Rückkehr ist allerdings ungewiß. Mal schauen, wieviele Nächte wir in Nürnberg auf dem Bahnhof verbringen müssen. Drückt mir die Daumen.

Bis bald!

Goldene Kammer

Das sind, man glaubt es kaum, Knochen, menschliche Knochen, die fein in Mosaiken an alle vier Wände genagelt wurden. Die „Goldene Kammer“, wie man diesen kleinen Raum nennt, befindet sich in St. Ursula, eine der 12 großen romanischen Kirchen Kölns, nicht weit vom Bahnhof entfernt.

Zur Heiligen Ursula habe ich schon mal etwas geschrieben, deshalb zitiere ich mich der Einfachheit halber selbst:
„Die Heilige Ursula von Köln, eine von drei Patronen der Stadt, war der Legende nach eine bretonische Königstochter, die, bevor sie den englischen Königssohn heiraten wollte, eine Pilgerfahrt nach Rom unternahm, erst mit dem Schiff nach Basel, dann weiter mit der Kutsche. Bei der Rückfahrt begleitete sie der Papst, nett, denn dann konnte man unterwegs den Bräutigam treffen, heiraten und schön feiern. Dazu kam es nicht, denn kurz vor Köln wurde die Reisegruppe von den Hunnen festgenommen und ermordet – angeblich wollte der Hunnenführer Ursula heiraten (kann man das glauben?), aber die sträubte sich, also wurde sie mit einem Pfeil erschossen, ebenso wie die 11 Jungfrauen in ihrer Begleitung.“

„Als man bei Köln im 12. Jahrhundert ein Gräberfeld entdeckte mit Knochen von einer unüberschaubaren Menge, wurden aus den 11 Jungfrauen irgendwie 11.000 – in einem Dokument war von „XI.M.V“ die Rede, was man mit „11 martyres virgines“ (=11 jungfräuliche Märtyrerinnen) oder auch mit „11 milia virgines“ (=11 Tausend Jungfrauen) übersetzen kann. Wie man inzwischen weiß, stammen die Knochen aus der Zeit der römischen Colonia, aber für das Geschäft mit den Reliquien war es natürlich viel besser, die Knochen alle als heilig zu deklarieren.“ (Zitat Ende)

Nachdem der Papst den schwunghaften Handel mit den Reliquien verboten hatte, dachte man sich in Köln etwas anderes aus: Man verkaufte nun nicht mehr die Knochen, sondern für viel Geld die Reliquiare, also Aufbewahrungsbüsten für Reliquien, und als Zugabe gab es ein paar Knochen „geschenkt“. Irgendwann ging das Geschäft wohl zurück, es blieben jedenfalls genug Gebeine übrig, um 1643 als Stiftung eines Politikers die „Goldene Kammer“ zu füllen.

Die Kammer ist nicht ständig geöffnet, aber wenn man Glück hat, erwischt man auch außerhalb der Öffnungszeiten jemanden, der einen kurz hineinläßt. Der Eintritt beträgt ein paar Euro, ob einem allerdings dafür auch Sünden erlassen werden, kann ich nicht garantieren.

Wetterbericht

Der Samstag so warm und sonnig wie im Sommer …

… selbst die Löwen schnurren selig im Blücherpark.

Am nächsten Tag: Voller Herbst. Kühl, regnerisch, diesig, wie hier am Stadtrand in Köln-Mengenich.

Auf der Domplatte führt man derweil seine Haustiere spazieren (wieso fällt mir das jetzt ein: Ist Herbstzeit nicht auch Schlachtzeit?).

Lichtkammer auf dem Roncalliplatz

Nanu – der Dom und seine Umgebung stehen auf dem Kopf? Das sieht ja aus wie in einer Lochkamera. Stimmt, in genau einer solchen befinden wir uns.

Der schwarze Kasten auf dem Roncalliplatz ist eine riesige „Camera Obscura“: Der Künstler Martin Streit hat hier zwei Container aufeinandergestellt und im oberen in der dem Dom zugewandten Seite ein Loch gebohrt, vor dem sich im Inneren mit ein wenig Abstand eine durchscheinende Leinwand befindet, die der Besucher von hinten betrachten kann. Die Reflektionsstrahlen des Doms fallen nun durch das Loch gerade hinein, so daß auf der Leinwand ein umgekehrtes Bild entsteht. Genauso funktioniert übrigens auch das menschliche Auge, das Bild, das auf der Netzhaut abgebildet wird, steht auch auf dem Kopf.

Initiiert hat die Installation das Katholische Bildungswerk anläßlich des 850jährigen Jubiläums der Unterbringung der angeblichen Gebeine der sogenannten „Heiligen Drei Könige“ in Köln – Rainer Will, stellvertretender Leiter des katholischen Bildungswerks, schwadroniert mühsam: „Beide laden dazu ein, anders hinzuschauen. Hier die nach innen projizierte, auf den Kopf gestellte schemenhafte Außenwelt, die die Erde in den Himmel stellt und den Himmel herunterholt auf die Erde. Dort der reich verzierte Schrein, dessen einziger Sinn darin besteht, auf die Berührung von Himmel und Erde im Menschen hinzuweisen.“ (KStA vom 29.08.14) Die Welt so zu manipulieren, wie es im eigenen Machtinteresse ist, und den Menschen das als die Wirklichkeit vorzugaukeln, darin war die katholische Kirche schon immer gut. Über die Wirklichkeit der angeblichen Gebeine der sogenannten „Heiligen Drei Könige“ habe ich hier schon einmal ausführlich erzählt.

Zwischen 80.000 und 90.000 Euro kostet das Kunstwerk, davon übernimmt die katholische Kirche 15.000, den Rest zahlt der Künstler aus eigener Tasche, keine Ahnung, wie der das stemmt. Ich habe ihm jedenfalls zwei Euro gespendet.

Samstag in St. Gereon

Nanu – was ist denn da los in der Kirche St. Gereon? Was? Aber nein, wir sind überhaupt nicht neugierig, aber man muß doch schnell mal nach dem Rechten schauen.

Ah ja – eine Hochzeit. Es gibt gesellschaftliche Rituale, die ich für sinnvoll halte, Begräbnisfeiern zum Beispiel, aber kirchliche Hochzeiten? Ich habe keine Ahnung, ehrlich gesagt, die Tendenz geht eher Richtung: Nein, sind sie nicht.

Egal, wir wünschen viel Glück, möge das weitere Leben ebenso bunt sein wie die Bekleidung der interkulturellen Gästeschar.

Tipsgasse

Eine Straße mitten in der Kölner Altstadt, in der keiner wohnt: Die Tipsgasse hat keine Hausnummern, und die Häuser haben keine Türen, wo jemand hineingehen kann. Mit 16 Metern Länge ist sie die kürzeste Straße der Stadt. Im 18. Jahrhundert hieß sie noch „Tievesgäßchen“, was vielleicht ein Stummelname von „Matthäus“ ist – von „Thäus“ zu „Tieves“ ist es nicht so weit.

Breslauer Platz

2008 entschloß sich der Stadtrat, den Platz hinter dem Hauptbahnhof neu zu gestalten. Da er nicht so kahl aussehen sollte, entschied man sich dafür, einen Brunnen anzulegen. Letztes Jahr nun war der Platz fertig (hier erzählte ich davon), der Brunnen allerdings fehlte. Man hatte ihn glatt vergessen, angeblich, denn die unterirdischen Leitungen waren vorhanden. Nützte nichts, ein Brunnen war beschlossen, ein Brunnen mußte her, und da ist er nun. Von den ursprünglich veranschlagten Kosten in Höhe von 280.000 € sind nun 340.000 € geworden, das kennt man ja, da taucht dann plötzlich noch ein Kabel oder eine Schraube auf, die man in der Kalkulation vergessen hatte. Sieben Strahlen, pro Strahl also ca. 49.000 € – im Durchschnitt, denn der kleine war ja vermutlich billiger als der große.

Verkehrskonzept

Ach, wie nett: Wir Urlaubsheimkehrer werden mit einem kleinen Musikfestival begrüßt. Allerdings hat man noch 335.000 Gäste von außerhalb dazu eingeladen, die sich aber hauptsächlich auf der „Gamescom“, der weltweit größten Computerspielmesse, aufhalten. Oder irgendwo sonst in der Stadt verloren gehen:

Köln hat seit ein paar Monaten einen Baustellenkoordinator. Ich weiß nicht, ob er schon dafür verantwortlich ist, aber wenn, dann hat er ganze Arbeit geleistet. Von den insgesamt 40 Straßenbaustellen, die am letzten Wochenende für eine Verkehrsberuhigung sorgten, waren die wichtigsten direkt in der City. Wenn die Besucher der „Gamescom“ mit dem Auto zum Musikfest wollten, mußten sie über die Deutzer Brücke, die vorsorglich schon mal einspurig verengt wurde.

Ca. 1 Kilometer vor dem Ziel wurde die Straße dann komplett gesperrt und der Verkehr in große Staus nach links abgeleitet – der Anfang einer umfangreichen Stadtrundfahrt, die von den jeweiligen Navigationsgeräten vermutlich mit der Aufforderung „Wenden bei der nächsten Gelegenheit“ begleitet wurde.

Da man diese Dienstleistung den Benutzern des öffentlichen Nahverkehrs natürlich nicht vorenthalten wollte, sperrte man auf der gleichen Strecke die Straßenbahngleise, für eine Station sollten die Reisenden auf den sogenannnten Schienenersatzverkehr umsteigen – Ortsunkundige, die nur „Aussteigen“ mitbekamen, landeten dann auf dem Kölner Altstadtfest (=Weihnachtsmarkt ohne Weihnachtsartikel) statt auf dem Musikfestival. Es gibt Leute, die behaupten, daß sei auch so beabsichtigt gewesen, schunkeln statt rocken, aber das ist nur eine böse Unterstellung. Jedenfalls: Tausende Leute irrten durch Köln, suchten ihre Wege und lernten so die Stadt und ihre Geschäfte kennen. Ein voller Erfolg vom Amt für Tourismus.