Das sind, man glaubt es kaum, Knochen, menschliche Knochen, die fein in Mosaiken an alle vier Wände genagelt wurden. Die „Goldene Kammer“, wie man diesen kleinen Raum nennt, befindet sich in St. Ursula, eine der 12 großen romanischen Kirchen Kölns, nicht weit vom Bahnhof entfernt.
Zur Heiligen Ursula habe ich schon mal etwas geschrieben, deshalb zitiere ich mich der Einfachheit halber selbst:
„Die Heilige Ursula von Köln, eine von drei Patronen der Stadt, war der Legende nach eine bretonische Königstochter, die, bevor sie den englischen Königssohn heiraten wollte, eine Pilgerfahrt nach Rom unternahm, erst mit dem Schiff nach Basel, dann weiter mit der Kutsche. Bei der Rückfahrt begleitete sie der Papst, nett, denn dann konnte man unterwegs den Bräutigam treffen, heiraten und schön feiern. Dazu kam es nicht, denn kurz vor Köln wurde die Reisegruppe von den Hunnen festgenommen und ermordet – angeblich wollte der Hunnenführer Ursula heiraten (kann man das glauben?), aber die sträubte sich, also wurde sie mit einem Pfeil erschossen, ebenso wie die 11 Jungfrauen in ihrer Begleitung.“
„Als man bei Köln im 12. Jahrhundert ein Gräberfeld entdeckte mit Knochen von einer unüberschaubaren Menge, wurden aus den 11 Jungfrauen irgendwie 11.000 – in einem Dokument war von „XI.M.V“ die Rede, was man mit „11 martyres virgines“ (=11 jungfräuliche Märtyrerinnen) oder auch mit „11 milia virgines“ (=11 Tausend Jungfrauen) übersetzen kann. Wie man inzwischen weiß, stammen die Knochen aus der Zeit der römischen Colonia, aber für das Geschäft mit den Reliquien war es natürlich viel besser, die Knochen alle als heilig zu deklarieren.“ (Zitat Ende)
Nachdem der Papst den schwunghaften Handel mit den Reliquien verboten hatte, dachte man sich in Köln etwas anderes aus: Man verkaufte nun nicht mehr die Knochen, sondern für viel Geld die Reliquiare, also Aufbewahrungsbüsten für Reliquien, und als Zugabe gab es ein paar Knochen „geschenkt“. Irgendwann ging das Geschäft wohl zurück, es blieben jedenfalls genug Gebeine übrig, um 1643 als Stiftung eines Politikers die „Goldene Kammer“ zu füllen.
Die Kammer ist nicht ständig geöffnet, aber wenn man Glück hat, erwischt man auch außerhalb der Öffnungszeiten jemanden, der einen kurz hineinläßt. Der Eintritt beträgt ein paar Euro, ob einem allerdings dafür auch Sünden erlassen werden, kann ich nicht garantieren.
Hi Videbitis,
ach was??! Das wusste ich noch gar nicht.
Danke sehr… 🙂
Schaut interessant aus. Werde ich sicher mal rein schauen.
LG mosi
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Diesen verspielten Umgang mit den Gebeinen finde ich gruselig. Wenn am Jüngsten Tag die Toten auferstehen, humpelt so mancher auf einem Bein, weil das andere in St. Ursula angenagelt ist. Auch eine Prozession aus den 11.000 unvollständigen Jungfrauen wollte ich lieber nicht sehen.
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Schön schaurig, dieses Mosaik aus Knochen. Aber es hat natürlich was. Jedenfalls ist es ansehnlicher als die nicht annähernd so liebevoll aufgeschichteten Knochen in den Katakomben von Paris.
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Ja, mußt Du Dir bei Gelegenheit mal ansehen, pervers zwar, aber auch beeindruckend.
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Stimmt, daran habe ich noch gar nicht gedacht. Von Philip K. Dick gibt es einen Roman, da kehrt sich die Zeit um. Aus dem Grund werden Leute abgestellt, den ehemaligen Toten zu helfen, aus den Särgen und Gräbern herauszukommen. Sie stehen also auf den Friedhöfen Wache, und immer, wenn es irgendwo klopft, fangen sie an zu graben, die Erwachten würden ja sonst sofort nach kurzer Zeit gleich wieder ersticken. Die so Geretteten werden dann über die Jahre immer jünger, aber das nur nebenbei.
In einem solchen Fall müßte man die Knochen auf jeden Fall von den Wänden herunternehmen, vielleicht finden sie dann automatisch wieder zueinander.
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Sie verlieren durch ihre künstliche Anordnung etwas an Schrecken, aber schaurig ist es trotzdem, das stimmt.
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