Schweinisches

Euch allen ein frohes neues Jahr! Gut, ich möchte nicht wissen, wie oft mir das in den letzten Tagen nachgerufen wurde, ohne daß es die Leute so meinten. Sie wünschten mir natürlich auch nichts Schlimmes an den Hals, aber z.B. die Kassierer im Supermarkt, wo jeden Tag ein paar tausend Leute durchlaufen, was für ein Interesse haben die daran, wie ich die nächsten zwölf Monate verbringe? Gar keins, das hat man ihnen in der Kassiererschulung nur so beigebracht, immer schön grüßen.
Aber bei mir kommt es von Herzen, keiner zwingt mich dazu.

Das Brillengeschäft dekoriert mit Schweinen, und da es kein Discounter ist (das erkennt man an den Champagner-Flaschen), müssen sie silbern und riesig sein. „Wenn die aus Marzipan wären …“, sagte meine Begleiterin sehnsüchtig. Wikipedia weiß, das schon bei den Griechen und Römern derjenige als wohlhabend und angesehen galt, der viele Schweine hatte – ob man das auf Brillen ummünzen soll? Mir reichen eigentlich zwei.

Bei diese kleinen Schweinchen könnte man eher auf den Gedanken kommen, der Schenker wünscht einem nicht allzuviel – „Schwein gehabt“ sagte man im Mittelalter zu demjenigen, der einen Wettkampf verloren hatte und als Trostpreis ein Schwein erhielt.

Bei den Germanen galt das Schwein als Symbol für Fruchtbarkeit und Stärke. Aha – schöne Schweinerei. Ich hatte Silvester auch Schwein, in Form von Kassler. Alle Vegetarier heulen auf, aber Grünkohl ohne Kassler, das geht einfach nicht.

Angenehme Tage

Was für eine gute Idee: Ein Adventskranz mit integriertem Mülleimer. Da kann man schön gleich alles entsorgen, was man vom Gabentisch nicht braucht. Das Geschenkpapier, meine ich natürlich. Was habt ihr denn gedacht? Zufällig kommt mir die Frage in den Sinn, ob eigentlich noch Krawatten verschenkt werden? Wahrscheinlich nur in Beamten- und Politikerkreisen, Banker und Manager fallen mir auch noch ein, aber sonst …
Noch ein Tipp für die Männer: Frauen lieben es gar nicht mehr, wenn Küchenmaschinen auf dem Gabentisch liegen – es sei denn, sie haben sie selbst gekauft, als Geschenk für ihren Mann. Wie es sich mit der klassischen Kittelschürze verhält, weiß ich nicht, allerdings rate ich auch hier eher ab, die Wahrscheinlichkeit ist groß, daß sie mit dem Papier in der Tonne entsorgt wird.

Allen Freunden und Lesern dieses Blogs geruhsame Festtage!

Museum Ludwig (2)

„We don’t have any feeling about them at all, even when we are doing them. It just keeps us busy. It’s something to pass the time.“ (Andy Warhol zu seinen Werken, zitiert nach ‚Die Zeit‘ Nr. 48, 21.11.13)
Vor ein paar Tagen brachte so ein Zeitvertreib des Popart-Künstlers Andy Warhol auf einer Versteigerung 105 Millionen Dollar ein, allerdings ist das Bild 2,67 Meter hoch und 4 Meter breit. Das dreifache Portrait von Jacqueline Kennedy ist dagegen viel kleiner und wäre wahrscheinlich billiger zu haben, das ist ja beim Metzger auch nicht anders, ein großer Schinken ist teurer als ein kleiner. Aber es steht eh‘ nicht zum Verkauf, und um Warhol geht’s hier auch gar nicht. Sondern um die Frau daneben, die immer im Museum ist, wenn ich auch da bin. Als ich sie zum ersten Mal sah, dachte ich mir nichts dabei, im zweiten Augenblick jagte sie mir ein Schrecken in die Glieder: Sie ist gar nicht echt.

Das heißt, echt ist sie schon, aber nur als Skulptur. Der Bildhauer Duane Hanson ist in seiner Kunst ein sogenannter Hyperrealist. Die „Dame mit der Umhängetasche“ ist schon dreimal hingefallen und hat sich den Arm gebrochen, weil sie im Gedränge nicht ausweichen konnte, zweimal hat sie der Künstler selbst verarztet – und sie dabei gleich altern lassen.

Im Museum Ludwig

Im Depot eines eines Museums sind oft mehr Werke vorhanden, als die Ausstellungsräumen zeigen (können). Als der neue Direktor des Museum Ludwig Philipp Kaiser (sein Vorgänger hieß Kasper König, kein Scherz) die Bestände sichtete, kam ihm die Idee, einen Teil des Besitzes endlich mal zu zeigen, die Ausstellung trägt den Titel „Not yet titled“. Die wenig subtile, aber dennoch eindrucksvolle begehbare Installation von Barbara Kruger ist hier zum ersten Mal zu sehen.

Zum Kunstwerk gehören noch Lautsprecher, aus denen ein ständiges Gewisper zu hören ist – Hetz- und Hasstiraden, habe ich gelesen. Man versteht nicht viel, aber der Tonfall macht es deutlich.

Spontan fällt mir eine auflagenstarke deutsche Tageszeitung dazu ein – obwohl, der Begriff Zeitung ist eigentlich ein Euphemismus, Drecksblatt wäre viel treffender.

Neumarkt

Auf dem Neumarkt macht eine große, weiße Halbkugel durch ihr Strahlen auf sich aufmerksam: „Große Freiheit – liebe.lust.leben“ heißt eine interaktive Ausstellung, die in den angrenzenden sechs Containern von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gezeigt wird.

Es geht um Geschlechtskrankheiten und ihre Vermeidung durch die Benutzung von Kondomen. Dabei geht es nicht nur um Aids und HIV, sondern um alle „STI“: Sexual transmitted infections, auf deutsch: Sexuell übertragbare Erkrankungen, deren es einige gibt. Wer weiß zum Beispiel, daß Chlamydien keine Blumen sind, sondern gemeine Bakterien, die über Geschlechtsverkehr übertragen werden und unter anderem eine Ansteckung mit Aids erleichtern?

Die Ausstellung ist hauptsächlich für junge Leute konzipiert: Überall kann man Knöpfe drücken, kleine Filmchen sehen, sich in einer Fotobox aufnehmen lassen usw., damit die Aufmerksamkeit der ritalingedopten Jugendlichen von heute nicht flöten geht. Die Sprache und Angebote sind ein wenig ‚ranschmeißerisch‘: „… an einer Notrufsäule können originelle Sprüche für die Benutzung eines Kondoms abgerufen werden und in einer Greenbox kannst Du einen STI-Rap performen und als Dein persönliches Musikvideo aufnehmen.“ Supercool, man, gimme five!
Na gut, wenn’s hilft …

Heute ist ja mit dem 11.11. die Karnevalssession angebrochen, eine Zeit, in der nicht nur erlaubt ist, sich tagsüber zu besaufen und sich ständig hektisch im 4/4-Takt zu bewegen oder weinerlich-sentimentale Lieder zu singen, sondern in der die wilde Herumvögelei angeblich keine Grenzen kennt, da ist so eine Ausstellung doch genau zur richtigen Zeit an Ort und Stelle. Dachte ich jedenfalls. Nun lese ich, daß sie bereits letzten Samstag geschlossen wurde.

Draußen prahlten ein paar Jugendliche lautstark damit, wieviele Kondome sie „geklaut“ hatten, ein Mädchen hatte eine ganze Handvoll. In einem Container war wohl eine Schale, in der man sich bedienen konnte, gedacht war wahrscheinlich, daß die Besucher sich jeweils eins mitnehmen. Aber gut, wenn man der Jugend das Gefühl gibt, sie gingen ein illegales Abenteuer ein, wenn sie sich mit Kondomen eindecken, ist das Ziel ja erreicht.

Domplatte

Vielleicht sollte man noch ein paar mehr Warnhütchen aufstellen, und Warnschilder mit der Aufschrift: Vorsicht, Propaganda!
Das Kölner Erzbistum feiert sich, 1700 Jahre, so alt ist kein anderer Verein. Aber es gibt kein Kölsch und kein Kabänes, sondern Selbstlobhudeleien auf der Domplatte. Wer das tatsächlich lesen will, was da kleingedruckt steht, muß sich weit nach unten beugen oder in die Knie gehen – und ist damit genau da, wo die katholische Kirche die Menschen schon immer haben wollte: Gebeugt und auf den Knien.

Herbstimpressionen

Eindeutig Herbst, aber noch so warm, daß man in kurzen Hosen im Park spielen kann.

Ich gehe ja wochentags nicht oft durch die Stadt und ihre Parks. Heute, bei meinem Genesungsspaziergang durch den Grüngürtel, hörte ich, daß das permanente Grundrauschen vom Autoverkehr noch viel lauter ist als am Wochenende. Wer genau hinschaut, sieht die Autoschlangen zwischen den Baumstämmen.

Mensch, Tier, Natur – daneben eine Arbeitsmaschine, die von kleinen Organismen am Laufen gehalten wird. Wer hat die da hingestellt? Können nur Außerirdische sein, oder?

Am „kitti chai“ in der Ehrenstr. sitzen noch viele bis in den Abend hinein im T-Shirt. Das thailändische Essen da ist übrigens gut und günstig, alles frisch gemacht, zu Preisen zwischen 6 – 9 Euro bekommt man eine volle Mahlzeit, die relativ gesund ist, viel besser, als in den vielen Burger-Läden drumherum. Innen ist es allerdings so laut wie in einer Disko – okay, ich übertreibe, aber sehr laut, und wenn man wieder auf der Straße steht, hat man nicht nur taube Ohren, sondern nimmt den Geruch der offenen Küche in seinen Klamotten mit nach Hause.

Ein paar schöne warme Tage kommen noch. Ich freu mich darauf.

Breite Str.

So schnell geht das: Erst im August des letzten Jahres ist der ProMarkt mit viel Pomp in die neuen Räume der Ladenstadt „Opernpassage“ gezogen, nun wird das Geschäft schon wieder aufgegeben. Der Handelskonzern Rewe, dem die Elektrofachhandelskette gehört, möchte sie offensichtlich gern loswerden: Von den ursprünglich 70 Märkten sind mindestens 27 an Konkurrenten verkauft worden, in den meisten anderen findet zur Zeit ein Räumungsverkauf statt, und der Internethandel wurde eingestellt. Viel wurde da wohl sowieso nicht verkauft, den als Grund für die Aufgabe wurde die Konkurrenz im Internet genannt. Vermutlich hat da wieder jemand im Management den Internethandel unterschätzt, sowas passiert ja auch in anderen Branchen: Musik, Bücher, Kleidung usw. Darunter zu leiden haben allerdings nicht die, die die neuen Geschäftsfelder verpennt haben, sondern die Angestellten, die jetzt ihre Jobs verlieren.

Hohenzollernring

Ein typischer Fall von Schmarotzermarketing: Da wird der öffentlichen Skulptur „Ruhender Verkehr“ von Wolf Vostell aus dem Jahr 1969 (hier habe ich davon erzählt) eine passgenaue Reklameplane übergezogen, um für ein neues Auto zu werben. Einfallsreich und pfiffig, mag man denken, aber wo kommen wir hin, wenn das Schule macht, Originalkunstwerke für kommerzielle Werbung zu verändern? Man stelle sich vor, man läuft nichtsahnend durch den Louvre und wird plötzlich mit einer Zahnpastareklame konfrontiert:

Neusser Str./Ring

Wenn in Köln die Plastikbecher fallen, ist Herbst, und die Kollegen vom Abfallwirtschaftsbetrieb legen selbst am Sonntag Sonderschichten ein.

Gestern war Kölnmarathon, wie jedes Jahr Anfang Oktober. Das zauberte uns ein Lächeln ins Gesicht, da braucht es eigentlich keine Aufforderung, denn die Stadt ist für Autos zum größten Teil lahmgelegt.