Aluminiumfrau Nr.13

Ja, wer hockt denn da?

„Aluminiumfrau Nr. 13“ heißt die Skulptur aus dem Jahr 2003 von Thomas Schütte. Sie steht vor einem der beiden Ausgänge des „Museum Ludwig“. Immer, wenn ich daran vorbeikomme, bleibe ich einen Augenblick stehen und betrachte die unterschiedlichen Reflektionen, die je nach Wetter und Lichtverhältnis anders sind.

Ihre Rückenansicht gibt Rätsel auf: Hatte sie einst Flügel, die man ihr abgeschnitten hat? Ein ehemaliger weiblicher Engel, den die Leidenschaft zu einem Menschen gemacht hat, wie in Wim Wenders Film?

Manchmal scheint sie jedenfalls zu weinen …

Karneval

Ich war drauf und dran, zum Schutz die Polizei zu rufen, nicht wegen der Narren an sich, sondern wegen selbstmörderischer öffentlicher Selbstbezichtigung: Sie riefen laut „Kölle Helau!“ Kölle Helau!!! Das geht ja nun gar nicht, hier heißt es „Alaaf!“ Karneval, verehrte Helau-Düsseldoofies, ist eine ernste Sache, der Kölner versteht da keinen Spaß und kann SEHR ungemütlich werden, wir hoffen, ihr seid auf dem Weg zum Bahnhof – TSCHÖÖ!!

Ich habe mir übrigens auch schon eine Fahrkarte für die ‚tollen‘ Tage gekauft.

Gereonsdriesch

Von einer Tränke (=Driesch) ist hier im Schatten der romanischen Kirche St. Gereon nichts mehr zu sehen, stattdessen ein großer Kopf, bei dem man den Eindruck hat, er sei beim Transport vom Lastwagen gefallen – ein ungewöhnliches Denkmal, aber es fällt auf. Der Heilige Gereon war der Anführer der Thebäischen Legion in römischen Diensten, deren Angehörigen sich im zweiten Jahrhundert lieber hinrichten ließen, als ihrerseits Christen zu töten, stattdessen reizten sie den römischen Kaiser zusätzlich mit einem Bekenntnis zum Christentum. Ihre Leichen, so die Legende, wurden hier in einen Brunnen geworfen. Der Name Gereon wurde aber erst ca. 500 Jahre später bekannt, wahrscheinlich hatte jemand die Idee, einfach mal bei Wikipedia nachzuschauen. Wieder 300 Jahre später, 1067, hatte der damalige Erzbischof eine Traumvision: Er solle nach den Gebeinen der Märtyrer graben. Geträumt, getan: Man fand in Kirchennähe einen Haufen von Knochen, die fortan als Reliquien verehrt wurden – Reliquienverehrung ist vor allem eine lukrative Angelegenheit, sie ziehen Pilger in die Stadt und man kann Handel mit ihnen treiben. Heute weiß man, daß irgendwann nach dem 6. Jahrhundert ein Friedhof an dieser Stelle war, der später in Vergessenheit geriet.

Kommerz-Hotel am Breslauer Platz

Nördlich des Hauptbahnhofes, quasi am Hinterausgang, liegt der Breslauer Platz. Nach hinten raus ist es ja oft nicht so schön, so auch hier: Viel Verkehr, Parkplätze, ein riesiger Busbahnhof, viel uneinheitliche Zweckarchitektur des schlechtesten Geschmacks – da dachte man sich in den 70er Jahren: Nun ist es auch egal, und setzte diesen häßlichen Betonklotz hierhin, wie ein freistehender fauler Zahn in einem maroden Gebiß steht er mitten auf dem Platz. Der Name hat mich schon immer irritiert: Kommerz-Hotel: Kommen Sie herein, hier werden Sie nach Strich und Faden ausgenommen? Knete, Kohle, Pinkepinke – Hauptsache, wir werden reich? Immerhin, da weiß man, was einen erwartet.

Im Zuge des Baus der neuen U-Bahn, die hier eine Haltestelle bekommt, soll der Platz komplett neu gestaltet werden, das blaue Musicalzelt rechts im Hintergrund z.B. hat nur noch eine Schonfrist bis 2011, und der Busbahnhof wird ins Rechtsrheinische verschoben. Ob das Kommerz-Hotel auch abgerissen wird, weiß man noch nicht, immerhin ist es ein typisches Gebäude seiner Zeit und dadurch ein Architekturdenkmal. Vielleicht sollte man Christo beauftragen, es dauerhaft zu verhüllen mit silbrigem Stoff, das würde mir gefallen. In hundert Jahren kann man es dann wieder auspacken und darüber staunen, was man früher schön fand.

Wallraf-Richartz-Museum

Das Wallraf-Richartz-Museum beherbergt die weltweit umfangreichste Sammlung mittelalterlicher Malerei, zeigt aber auch zahlreiche Bilder bis ca. 1900. Der Neubau (Architekt: Oswald Mathias Ungers) von 2001, hochangesehen unter Architekten, ist ein häßlicher Klotz, von innen aber sehr schön. Leider darf man keine Fotos machen, deshalb nur eins aus der Eingangshalle und dem Treppenhaus.

Daß es überhaupt zu einem Neubau gekommen ist, verdankt sich der wiederholten ‚Erpressung‘ des Kunstsammlers Peter Ludwig, der übrigens mit seinen Sammlungen 19 Museen in Europa bestückt hat. Der ehemalige Schokoladenfabrikant bot der Stadt an, aus seiner Leihgabe von Gemälden der Russischen Avantgarde und der Pop Art eine Schenkung zu machen, wenn die Stadt ein neues Museum baut. So entstand 1986 ein großes Gebäude direkt neben dem Dom, in das man auch gleich die neue Philharmonie integrierte. Etwa zehn Jahre später das selbe Spiel: Ludwig erklärte sich bereit, der Stadt hunderte Werke von Pablo Picasso zu schenken – wenn sie ein neues Gebäude für die Sammlung des Wallraf-Richartz-Museums baut. Das Museum am Dom heißt nur „Museum Ludwig“, ohne jeden Zusatz, aber warum sollte man einem Mann diese Eitelkeit nicht gönnen, der zusammen mit seiner Frau so viel für die Kultur getan hat.

Alt St. Alban am Quatermarkt

Über die Kirchenruine Alt St. Alban berichtete ich hier bereits, die Renovierungsarbeiten sind nun abgeschlossen. Wie ich inzwischen erfahren habe, hat man sich nach dem 2. WK deswegen nicht für einen Wiederaufbau entschlossen, weil es einfach nicht mehr genug Gemeindemitglieder gab für die vielen Kirchen im Innenstadtbereich. Die Ruine war lange Zeit „Zentrale Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland für die Toten der Weltkriege“, eine Funktion, die seit 1993 die „Neue Wache“ in Berlin innehat. Die beiden Figuren sind Kopien der Skulpturen „Die trauernden Eltern“ von Käthe Kollwitz und wurden in der Werkstatt Ewald Matarés von dessen Meisterschülern Joseph Beuys und Erwin Heerich nachgebildet.

Beim Festakt zur 1,5 Millionen Euro teueren Renovierung im September dieses Jahres sagte der damalige Oberbürgermeister Schramma : „Wir leben nicht allein vom Handel, vom Karneval und von zahlreichen Events. Wir leben auch von den Impulsen, die aus der Stille kommen. In einer bewegenden Stadt ist Alt St. Alban ein bewegter und bewegender Ort, ein Ort der Erinnerung, eine Stätte der Mahnung, ein Raum für Trauer, ein Platz des Gedenkens, eine Zugangsmöglichkeit der Seele, ein Ort der Sehnsucht nach Frieden.“ Bewegenwollende und bewegte Worte eines bewegten Bewegers. Und schön für die Seelen, die dank ihrer Luftigkeit durch die Gitter ein und aus gehen können. Menschen aus Fleisch und Blut müssen leider draußen bleiben, allenfalls bei Führungen dürfen sie den kostspieligen Boden betreten. Aber gucken kann man immer.

Quelle Schramma: Presseamt Köln.

Im Olivandenhof

Im Olivandenhof gibt es keine Elefanten zu besichtigen (die Bezeichnung geht auf das mittelalterliche Franziskanerkloster „ad olivas“=“zu den Oliven“ zurück, das hier mal stand), aber falls man sich auf die Pirsch machen will, um sie in freier Wildbahn zu beobachten, ist man hier richtig: Über vier Etagen werden ausschließlich Outdoor-Artikel angeboten.

Passen die grünen Flossen besser zur Farbe des Schnorchels, oder doch lieber die blauen, und wie sieht das im Wasser aus? Kein Problem, einfach mal anprobieren – die Jury sitzt schon in den Startlöchern. Irgendwo soll es auch eine Regenkammer geben, in der man ausprobieren kann, wie wasserabweisend die Regenjacke wirklich ist …

Christopher Street Day

In Köln war am Wochenende Christopher Street Day (wer nicht weiß, was das ist, klicke bitte hier). Freitagabend ging’s schon los, Samstag war Straßenfest und Veranstaltungen auf drei Bühnen, am Sonntag zusätzlich eine Parade, ein Umzug mit Festwagen, aufgekratzten Menschen und viel lauter Musik.

Ungeachtet der Tatsache, wie wichtig dieser Tag für das schwul-lesbische Selbstverständnis ist, ist es heute vor allem eins: Ein riesiger Rummel. Menschenmassen schieben sich zwischen Freß-, Bier- und Verkaufsbuden durch, und aus allen Richtungen wird man mit Musik bedröhnt. Auf der Hauptbühne trällern Vicky Leandros und Daniel Küblböck (neben vielen anderen) Lieder – wer kann mir den schlechten Musikgeschmack der Community erklären?

Auf einer Bühne wurden die drei Oberbürgermeisterkandidaten zu Schwulenthemen befragt, am 30. August ist Wahl, da will natürlich jeder eine gute Figur machen, und alle finden alles Schwule ganz ganz super. Der Kandidat von der FDP, ein bekennender Schwuler, weiß genau, daß er keine Chance hat, gewählt zu werden, aber wenn man überall mitreden will, muß man sich aufstellen lassen, das war ja bei Guido Westerwelle auch nicht anders. Der Kandidat von der CDU Peter Kurth, ein bekennender Schwuler, kommt eigentlich aus Berlin, war dort maßgeblich am Berliner Bankenskandal beteiligt (laut Wikipedia), hat also gute Voraussetzungen, im Kölschen Klüngel zu bestehen. Falls er nicht gewinnt, will er zurückgehen nach Berlin, das muß man verstehen, der junge Mann möchte Karriere machen und kuckt sich noch um. Nachdem CDU-Oberbürgermeister Schramma wegen des miesen Managements angesichts des Zusammenbruchs des Historischen Archivs zurückgetreten war/wurde, hat man lange nach einem neuen Kandidaten gesucht, aber keinen gefunden – welch seltene Einsicht einer Partei, keine angemessenen Kandidaten zu haben für das höchste Amt der Stadt. Der Kandidat der SPD Jürgen Roters, ein kein bekennender Schwuler … oh je, wie soll man diese Scharte auswetzen? Er erzählt, daß er schon damals, als er noch Polizeipräsident war und zu einer Zeit, als das Rathaus sich noch weigerte, gleiches zu tun, angeordnet hatte, zum CSD die Regenbogenfahne zu hissen. Uiuiui – donnerwetter, eine Fahne! Fast tut er mir Leid angesichts der Peinlichkeit, daß er versucht, mit dieser Uraltgeschichte zu punkten – aber Fremdschämen ist abgeschafft, kein Pardon.

Sind diese Damen Politik-begeistert? Nee …

… es ist der Rhythmus der weltbekannten Trommelgruppe „Queerelas“.

Schön bunt ist es ja, aber …

… nichts für ungut, ich ziehe mich langsam zurück.

Folgendes Fotos verrät, worum es (auch) geht, jedenfalls in Köln: