Ausflug nach Aachen (2)

„Von diesen Stunden eine wird deine letzte sein“ – wie jetzt, heute? Von den zwölf, die da abgebildet sind? Nein, keine Sorge, irgendeine ist gemeint, der Spruch bedeutet: Bedenke, daß du sterblich bist, hau vorher ordentlich auf den Putz, laß die Sau raus, es könnte die letzte sein. Gut, das ist natürlich auch Quatsch, es bedeutet: Bedenke, daß du sterblich bist, und führe also dein Leben in Demut und Bescheidenheit und vor allem ohne (kirchlich definierte) Sünde, denn nach deinem Tod entscheidet sich, ob du in die Hölle kommst, „nur“ ins Fegefeuer (das muß doch ein Sadist gewesen sein, der sich sowas ausdenkt, oder?) oder in den Himmel.

Die „Armen Schwestern vom Heiligen Franziskus“, in deren Klostergarten das Sgraffito zu sehen ist, sind aber ganz munter und gehen – zumindest an diesem Tag der offenen Tür – der Sünde des pekuniären Gewinnstrebens nach: Sie verkaufen Kaffee und Kuchen und betreiben einen Flohmarkt. Ich habe ein bißchen in den Bücherkisten gestöbert und dabei Erstaunliches entdeckt: Neben einem Anti-Jesus-Brevier gab es viele Bücher von Konsalik: „Liebesnächte in der Taiga“, „Die Tochter des Teufels“, „Ein heißer Körper zu vermieten“ – ein interessanter indirekter Blick in die Bestände der Klosterbibliothek.

Der Aachener Rathausplatz – weit und offen, durch die Gastronomie am Rand, aber auch durch die Sitzplätze um den großen Brunnen bevölkert und genutzt:

Eine lebendige Athmosphäre, ein Platz, der trotz seiner Größe funktioniert (ein Negativbeispiel: Der Kölner Neumarkt an einem normalen Tag).

Printen gehören zu Aachen wie der Lebkuchen zu Nürnberg. Ich mag sie nicht besonders gern. Wer will, kann mal reinbeißen, aber ich übernehme keine Verantwortung für Zähne und Bildschirm.

Vielleicht schmecken sie besser, wenn man sie in Kaffee taucht? Wir haben es nicht ausprobiert.

Uns steht der Sinn nach Herzhaftem: In einem kleinen Restaurant am Hühnermarkt kann man gut und günstig essen.

Sehen und gesehen werden …

… wer es ruhiger mag, geht eine Ecke weiter.

Viele Geschäfte sind bereits geschlossen, was uns nicht stört, im Gegenteil, wir fahren ja nicht von Köln nach Aachen, um da einzukaufen. Aber man kann daran den sehr viel beschaulicheren Charakter der 200.000-Einwohner-Stadt erkennen. Der Esoterik-Laden verführt meine Begleiterin, einen Stimmungsring zu kaufen: Er kann die Farbe wechseln, je nach Stimmung des Trägers. Ich habe ihn anprobiert, der Ring behauptet, ich sei ruhig und gelassen. Das stimmt – Zauberei!

Auch das ist Aachen-Altstadt – solche Überraschungen kenne ich aus allen Städten, die im 2. WK zerbombt worden sind. Hier war ca. 65% des Wohnraums zerstört.

Ein paar Meter jenseits des Altstadtrings erkennt man, wieso trotz der vielen Studenten kaum Fahrradfahrer unterwegs sind: Es ist einfach zu hügelig. Manchmal denke ich, ich bin im Harz.

Ein schönes Beispiel klassizistischer Herrschaftsarchitektur, welcher Fürst hat hier gewohnt? Jetzt beherbergt es, einer Demokratie würdig, eine Jugendherberge mit Jugendzentrum für die Stadt … wer hat das geglaubt? Aufzeigen! Was ist mit dem Weihnachtsmann, gibt es den auch? Ja? Ah ja, verstehe. Das Gebäude wird natürlich weiterhin von Herrschaften genutzt, von der Aristokratie heutiger Zeit: Dem Geldadel. Es beherbergt das Casino.

Etwas abseits der touristischen Pfade: Der Willy-Brandt-Platz. Auch lebendig, angenehm unaufgeregt und normal. Das darf natürlich auf keinen Fall so bleiben, deshalb …

… werden alle Häuser abgerissen und ein neuer Konsumtempel errichtet. Müssen Stadtplaner eigentlich auch einen Kurs „Zerstörung von Lebensqualität durch architektonische Verschandelung“ in ihrem Studium besuchen?

Ob der Laden die (rein finanzielle) Umfeldaufwertung überleben wird?

Die leicht pompöse Brunnenskulptur öffnet und schließt übrigens ständig ihre Blätter – ein bißchen unheimlich.

Ein Nachmittag in einer Stadt, da bekommt man nur einen ersten Eindruck, aber der war gut. Vielleicht kommen wir mal wieder, um ein Museum zu besuchen. Bis dann.

Ende.

Ausflug nach Aachen (1)

Neulich, an einem Sonnabendnachmittag, war ich in Aachen. Die Altstadt ist klein und gemütlich, viele kleine Plätze finden sich rund um dem Dom …

… in dessen Oktogon, also einem achteckigen Rundbau, mit freischwebender Kuppel wir hier blicken. Die Kirche galt lange als architektonisches Wunderwerk, selbst heute kann man sich noch nicht zur Gänze erklären, wie die das eigentlich gemacht haben, ohne daß sie zusammenkracht. Es war Karl der Große, der sie um 800 erbauen ließ.

Die eindrucksvollen Mosaike sind allerdings jüngeren Datums (spätes 19. Jahrhundert). Der Ort, auf dem sich die heutige Stadt befindet, war aus einem bestimmten Grund schon immer besiedelt, der Name der Stadt weist selbst darauf hin: Aachen kommt vermutlich vom altgermanischen „ahha“ (wie „acha“ ausgesprochen) und bedeutet „Wasser“: Hier gibt es heiße Quellen, die bis zu 74 °C heiß werden können, was auch einer der Gründe war, wieso Karl der Große, der bis dahin wie seine Vorgänger ein nomadisierender Herrscher war, sich hier ansiedelte (die anderen waren Wälder, die eine gute Jagd versprachen, und – nicht zuletzt – die geostrategische Lage des Ortes).

Die Stadt wuchs und gedieh und wurde zur Krönungsstadt: Alle „deutschen“ Könige wurden hier bis 1531 gekrönt, über 30 Herrscher saßen auf dem Karlsthron, den man noch heute besichtigen kann. Ein Blick in den gotischen Anbau mit seinen gewaltigen Glasfenstern (die höchsten gotischen in ganz Europa): Warum stehen da zwei pompöse Reliquiare? Meine Begleiterin hatte sogleich eine Vermutung: Karl der Große war so groß, daß er in einen Schrein nicht hineinpaßte, weshalb man nun von Karl dem Zerstückelten sprechen müsse. Klingt naheliegend, stimmt aber nicht: Im hinteren Schrein liegen die Gebeine Karls (ab einem bestimmten … äh, Alterungsprozeß läßt sich da ja einiges zusammenschieben), der vordere wird Marienschrein genannt und enthält die sogenannten vier großen Aachener Heiligtümer, als da sind: Ein Kleid der Jesus-Mutter Maria, eine Windel von Jesus, sein Lendentuch, das er am Kreuz getragen hat, und das Enthauptungstuch von Johannes dem Täufer, also das Tuch, in dem der abgeschlagene Kopf des Mannes begraben war. Alle sieben Jahre werden die Heiligtümer während eines Festes, genannt Heiligtumsfahrt, aus dem Schrein geholt und …

… auf dem Katschhof der Allgemeinheit vorgeführt und strahlen dann irgendwie irgendwas ab, was gut für einen sein soll. Im Rahmenprogramm wird eine Jungfrau durchgesägt Kein Scherz, früher wurden trichterförmige Hörner verkauft, mit denen man nur einen Ton erzeugen konnte (eine frühe Form der Vuvuzela), die man entsprechend in die Höhe halten mußte, um von den Strahlen (oder was weiß ich) möglichst viel aufzufangen. Besonders Findige hielten konvexe Spiegel an Stangen hoch, in der Überzeugung, daß es auf sie abstrahlte, wenn sie dann selbst hineinsahen.
Von den Heiligtümern wird nur das Kleid entpackt, die anderen Gegenstände müssen durch eine Verpackung wirken, und damit man weiß, was was ist, sind sie mit verschiedenfarbigen Bändern umwickelt. Die Bänder für die Windel sind sinnigerweise gelb und nicht braun – man kann also aufatmen.
Natürlich hat man inzwischen herausgefunden, daß sämtliche Textilien aus späteren Jahrhunderten stammten, aber auf die Feier von Lug und Betrug mag man trotzdem nicht verzichten, man macht das schon so lange, außerdem kommen die Leute doch trotzdem, bringen viel Geld in die Stadt, und vielleicht weiß es der ein oder andere Depp ja auch nicht und das Brimborium festigt seinen Glauben an die Kirche.
Will noch jemand wissen, was die drei „kleinen“ Heiligtümer sind? Ein Gürtel von Maria, ein Gürtel von Jesus und sein Geißelstrick, ein Schnürsenkel, eine Schnabeltasse – da muß ein cleverer Sammler am Werk gewesen sein, der diese Dinge frühzeitig gehortet hat.

Fortsetzung folgt.

Ausflug zum Drachenfels (2)

Hier ist er, der Drache, der dem Ort seinen Namen gegeben hat. Es soll der sein, der in der Nibelungensage von Siegfried erlegt wurde. Genau erklärt wird das in diesem Kasten:
„… un dä kütt dä Drache …“ usw., viel habe ich nicht verstanden, die Kinder wollten mich nicht nach vorn lassen.

Die Burg Drachenfels wurde bereits 1634 während des 30jährigen Kriegs geschleift, die Wände der Ruine stehen also bereits seit 380 Jahren – das nenn ich Baukunst.

Anders dieses Gebäude, das im Volkmund auch „Neuschwanstein vom Rhein“ genannt wird: Schloß Drachenfels wurde erst 1882 auf halber Höhe des Berges gebaut und kann von Glück sagen, daß es noch steht. Der Bauherr war Baron Stephan von Sarter, ein reich gewordener Börsenspekulant, der seinen Adelstitel aufgrund seines Reichtums bekommen hatte. Wenn man in eine höhere Liga aufsteigt, möchte man natürlich auch die entsprechenden Insignien vorweisen können, warum also nicht ein Schloß, in dem er mit seiner Jugendliebe wohnen wollte. Die verstarb leider vor Fertigstellung, sodaß er nie einzog. Die späteren Besitzer richteten ein Museum und ein Restaurant ein, in den 30er Jahren bezog ein katholisches Jugendheim das Gebäude. Dann übernahmen die Nazis, um Führungsnachwuchs heranzuziehen, bis die Amerikaner es besetzten, um ein Oberkommando einzurichten – als sie wieder gingen, nahmen sie mit, was nicht niet- und nagelfest war.

Anschließend, bis 1960, wurde hier die „Pädagogische Reichsbahnzentralschule“ eingesetzt, dann ließ der Eigentümer das Schloß verkommen – ratet mal, wer das war: Das Land Nordrhein Westfalen. Im Jahr 1971 erbarmte sich ein Unternehmer und kaufte es für 500.000 DM – Auftritt Paul Spinat!

Wer denn kleinen Film gesehen hat, weiß nun auch, woher die goldenen Hirsche kommen. Paul Spinat gab gern Orgelkonzerte in seinem Schloß, selbst seine Frau hielt ihn für einen Meister des Instruments – bis man ihr zeigte, daß die Orgel eine Attrappe war und die Musik von einem versteckten Tonband kam. Ende der 80er Jahre war Paul Spinat finanziell so klamm, daß er das Schloß an das Land zurück verkaufte, für 8 Millionen DM! Offenbar hat es im NRW-Landtag schon immer gute Betriebswirtschaftler gegeben. Als Spinat 1989 starb, ließ das Land das Schloß erstmal wieder zwei Jahre lang vor sich hingammeln und entschloß sich dann 1991 für eine Sanierung, die 20 Jahre dauern sollte. Na bravo! – das ist nicht zuviel für ein Gebäude, das ursprünglich in drei Jahren errichtet wurde, wenn der Sanierer eine öffentliche Behörde ist.

Seit 2011 kann nun auch das gemeine Volk das Schloß besichtigen, allerdings soll man nochmal 6 Euro Eintritt zahlen – für etwas, das uns als Steuerzahler sowieso schon gehört. Ich bin nicht geizig, aber das ärgert mich so, daß ich noch nicht drin war.

Direkt vorm Eingang zum Schloßpark befindet sich die Zwischenstation der Zahnradbahn, aber wir laufen lieber zurück, etwas abseits der Touristenströme, durch den Wald über den Nachtigallenweg …

… direkt zum Bahnhof von Königswinter, der übrigens an Trostlosigkeit kaum zu überbieten ist. Ich war noch nie in der Stadt selbst, der Bahnhof ist wahrlich keine Einladung.

Ausflug zum Drachenfels (1)

Die „Petersberger Zahnradbahn“ gibt es gar nicht mehr, wer heute auf den Petersberg will, um das „Grand Hotel“ zu besuchen, hat ein Auto oder ist Wanderer.

Aber Deutschlands älteste Zahnradbahn, die ebenfalls vom Rheinstädtchen Königswinter auf den Drachenfels fährt, die gibt es noch. Natürlich kann man auch hochlaufen oder einen Esel mieten. Angeblich ist der Drachenfels der meistbestiegene Berg Deutschlands, ach, was sag ich – Europas! – oder der ganzen Welt? Gut, genaue Zahlen gibt es nicht, und man nimmt an, daß die Schätzung aufgrund der Personen zustandekommt, die von oben nach unten geguckt haben; wie sie die ca. 321 Meter allerdings hochgekommen sind, will man gar nicht so genau wissen.

Bereits um 1800 wurde das Rheintal durch englische Romantiker wie Lord Byron entdeckt und besungen, worauf sich eine stetig wachsende Tourismusindustrie entwickelte. In der Nachkriegszeit war es angeblich für jede Kölner Familie ein Muß, wenigstens einmal jährlich mit dem Ausflugsschiff nach Königswinter zu fahren, um auf dem Drachenfels mitgebrachten Kartoffelsalat und Bockwurst zu verzehren (so weit ist es gar nicht, man kann sogar den Dom sehen, wenn man genau hinsieht). Da muß viel los gewesen sein, selbst am Fuße des Berges gab es eine Vielzahl von Weinstuben und anderen Vergnügungsstätten.


Foto von Wolkenkratzer

In den 70ern ging die weinselige und lukrative Volksbelustigung zu Ende, die Leute hatten anderes zu tun. Da man das nicht wahrhaben wollte, spendierte das Land NRW ein neues Ausflugslokal in einem Architekturstil, den man sinnigerweise „Brutalismus“ nennt.


Foto von Claus Moser, CC-Lizenz

Wenn Einheimische in der Folge vom Monstrum vom Drachenfels redeten, meinten sie nicht den Drachen, sondern eben dieses Gebäude. Es verfiel nach und nach, wie viele Gebäude aus den 70ern und 80ern, die nicht richtig gewartet werden, weil man sparen will – bis es nicht mehr geht und man zwischen den Optionen Abriß oder aufwendiger Sanierung steht. Hier hat man beides gemacht (was kostet die Welt!), 2007 aufwendig und kostenreich saniert, 2011 dann abgerissen.

Und so sieht es heute aus: An das Gebäude aus den 30er Jahren wurde ein kleiner Glaskubus gesetzt, die Scheußlichkeit aus den 70ern wurde komplett beseitigt, stattdessen …

… gibt es nun Außengastronomie und schön viel freie Fläche.

Was sich leider im Vergleich zu früher nicht geändert hat, ist die (Minder-)Wertigkeit des Speisenangebots: Der Kuchen sieht sehr nach industrieller Fertigung aus, wer das nicht will, muß Pommes mit Currywurst oder Pommes mit Chicken Nuggets essen. Ein vegetarisches Gericht gibt es auch: Pommes ohne alles. Immerhin ist auch eine Linsensuppe mit Bockwurst im Angebot, die hausgemacht aussieht und schmeckt.

Die Kinder freut das natürlich – Pizza mit Spaghetti und Pommes belegt wäre wahrscheinlich der Renner.

Fortsetzung folgt.

Vernetzt Euch: Ausflug nach Eitorf

Vorbemerkung: Dies ist nicht nur ein ganz normaler Eintrag, sondern gleichzeitig Teil eines Experiments: Wenn man auf den verlinkten Begriff im Text klickt, kommt man zu einem Eintrag eines anderen Bloggers/Bloggerin, wo wiederum ein Begriff verlinkt ist, der zu einem anderen Blogeintrag führt. Macht man das neun Mal, landet man wieder bei mir. Viel Spaß!

30 Minuten mit der S-Bahn, und man ist in der schönsten Gegend, wo man wandern und Naturereignisse bewundern kann. Kopf an Hintern an Kopf an Hintern an Kopf … kommt mir irgendwie bekannt vor. Man steht da und wartet darauf, daß der Chef erscheint und einen auspressen will – gut, ein schiefes Bild, aber wenn man die Qualen der Lohnarbeit kennt, kommt man auf sowas.

Hier ist man bar aller irdischen Probleme: Im Begräbniswald Eitorf. Natürlich nur, wenn man zu den Verstorbenen gehört. Überhaupt bin ich der Meinung, daß es Verstorbenen gut geht: Sie haben den unerquicklichen Akt des Sterbens hinter sich und brauchen sich keine Sorgen mehr zu machen. Sorgen machen sich nur die Angehörigen. Wer trauert, bedauert in erster Linie sich selbst. Damit will ich nicht sagen, daß Trauer egoistisch ist: Der Tod ist ein Affront, so empfinde ich das jedenfalls, wenn ein geliebter Mensch aus dem eigenen Leben einfach so verschwindet, ist das ein Schlag, den man erstmal verwinden muß, manche schaffen es nie. Der Verstorbene selbst hat nichts mehr damit zu tun. Neulich sah ich in der Zeitung bei den Todesanzeigen eine Erinnerungsanzeige: Zum 11. Todestag, für immer Dein! – stand da. Das macht der Angehörige vermutlich jedes Jahr. Aber ob er wirklich glaubt, die Seele seiner Frau sitzt im Himmel und liest den Kölner Stadtanzeiger? Wohl kaum, das macht er für sich – was übrigens auch völlig in Ordnung ist, er muß ja niemandem irgendetwas beweisen oder sich rechtfertigen.
Um mit dem Verlust klarzukommen, ersinnen die Menschen die verschiedensten Rituale, die den Vorgang erleichtern sollen. In Deutschland ist das – wie sollte es anders sein – gesetzlich geregelt und heißt „Friedhofsverordnung“. Noch vor gar nicht langer Zeit mußte ein Verstorbener ordentlich auf einem der kommunalen Friedhöfe beerdigt werden. Die Verordnung gilt eigentlich noch immer, allerdings hat man die Bedeutung des Begriffs „Friedhof“ erweitert, inzwischen sind auch bei uns See- oder, wie hier, Waldbestattungen erlaubt.

Der Begräbniswald in Eitorf ist der erste öffentlich-rechtliche Begräbniswald Deutschlands und nennt sich „Oase der Ewigkeit Deutschland GmbH“ – die Ewigkeit dauert hier 30 Jahre, es sei denn, jemand verlängert den Vertrag. Die Vertragskonditionen sind nach Stufen geregelt: Wer seine Asche einfach so zwischen den Bäumen verstreuen läßt, braucht bloß 590 Euro zu bezahlen. Wer an einem Gemeinschaftsbaum ohne Urne unter der Erde bestattet werden will, inklusive Namensschildchen am Baum, bezahlt 698 Euro, die Luxusvariante, ein eigener Baum inklusive vier Ascheplätze für Familienmitglieder kostet 1.890 Euro – gegen die durchschnittlichen Bestattungskosten auf einem normalen Friedhof von 6.000 Euro immer noch ein Schnäppchen.
Ich halte es mit dem Philosophen Epikur: „Das schauerlichste Übel also, der Tod, geht uns nichts an; denn solange wir existieren, ist der Tod nicht da, und wenn der Tod da ist, existieren wir nicht mehr.“ Ich hätte nichts dagegen, wenn mit meiner Asche im Winter die Gehwege sicherer gemacht würden.

Ausflug nach Hombroich

Letzten Sonntag war ich mal wieder auf einer Insel, der Museumsinsel Hombroich in der Nähe von Neuss.

Auf dem weitläufigen Areal, das seit den 80ern von einem kleinen verwilderten Park in mehreren Stufen zur heutigen Größe entwickelt wurde, stehen zehn Gebäude, die meisten beherbergen Kunstwerke.

Moderne Kunst wird angenehm neben alten Skulpturen aus China oder der Khmer-Kultur gezeigt. Beschriftungen gibt es nicht, auch kein Wachpersonal, oft ist man ganz allein mit den Werken und kann sie in aller Ruhe auf sich wirken lassen.

Altes China neben …

… einem Werk des Franzosen Yves Klein.

Ein eigener Pavillion beherbergt die großformatigen Arbeiten von Norbert Tadeusz.

Köpfe aus der Khmer-Kultur, ca 1000 Jahre alt (ungefähr einen halben Meter hoch).

Im Park gibt es natürlich auch Außenskulpturen, schließlich lebt und arbeitet der Künstler Anatol Herzfeld hier.

Diesen Steinkreis nennt er „Kirche“.

Die Steine tragen archaisch anmutende eingeritzte Zeichnungen.

Das „Parlament“ mit 27 Stahlstühlen ist gerade leer – das ist ja im Bundestag auch oft nicht anders, daß kaum jemand da ist.

Dafür stehen die Wächter zwischen den Bäumen und passen auf, daß nichts Böses passiert.

Um das ganze Gelände zu erkunden, braucht man ungefähr zweieinhalb bis drei Stunden. Zwischendurch kann man sich in der Caféteria stärken, Speisen und Getränke sind im Eintrittsgeld (15 Euro) enthalten.

Und das gibt es, wovon man soviel essen darf, wie man will: Zweierlei Vollkornbrot, Butter, Schmalz, Pellkartoffeln, Backofenkartoffeln mit Kümmel, hartgekochte Eier, Rosinenbrot, Apfelmus und Rübenkraut, frische Äpfel. Und Wasser, Kaffee und Tee. Karen Duve behauptet in ihrem Buch „Anständig essen“, daß ein zu großes Angebot Streß verursachen kann. Die Gefahr besteht hier nicht, alles ist lecker und völlig ausreichend. Das einzige, was stört, ist das Besteck aus Holz. Nächstes Mal bringe ich mir Messer und Gabel von zu Hause mit.

Ein sehr schöner Ausflug – ich komme wieder, keine Frage!

Wer noch mehr Bilder sehen möchte, klickt einfach hier.

Ausflug zur Sieg

Da ist die Siegmündung. Wo? Na da, davorn links. Zugegeben, nicht besonders spektakulär, die Sieg verläuft nämlich ca. anderthalb Kilometer parallel zum Rhein, bevor sie sich quasi hineinschleicht in den größeren Fluß. Im 18. Jahrhundert hatte man mal einen Durchbruch gemacht, so daß die Sieg im rechten Winkel auf den Rhein traf, aber durch die veränderte Strömung wurde soviel Geröll in den Rhein gespült, daß sich das Flußbett verflachte, was nicht gut war für die Schiffahrt, und auch nicht für die Überschwemmungsgebiete. Tja, wie so oft wußte die Natur es besser, so daß man den Lauf schnell wieder geändert hat.

Man steigt in Köln bei mir in der Nähe in die Straßenbahn 16, fährt eine halbe Stunde nach Süden und steigt am Stadtrand von Bonn in Hersel wieder aus. Nach einem halbstündigen Spaziergang landet man an der Rheinfähre, die einen für 1 Euro auf die andere Seite nach Mondorf bringt.

Und von Mondorf ist es gar nicht weit zur Siegaue, einer unter Naturschutz stehenden Auenlandschaft, wohl eine der letzten naturbelassenen Rheinmündungen. Sehr schön!

Auf dem Siegdamm gehen sogar die Engel spazieren – hier sind wir richtig.

Motorsport ist auf der Sieg auf der ganzen Länge von 155 km verboten – gut für die Tiere, aber auch gut für uns.

Immer mal wieder gibt es kleine mit Muskelkraft betriebenen Fähren, um Spaziergänger und Fahrradfahrer überzusetzen. Auch ein Umweltschutzhinweis darf nicht fehlen: Kinder bitte nicht im Wasser entsorgen, sondern schön wieder mitnehmen!

Gleich neben der Fähre ist ein riesiges Biergarten-Restaurant. Dafür, daß der Kuchen aufgetaut aus industrieller Herstellung kommt, schmeckt er gar nicht schlecht, und auch der Kaffee ist passabel (ein Hoch auf den Kaffeevollautomaten). Gern werden hier auch deutsche Nationalgerichte bestellt, also Chicken-Nuggets mit Fritten, oder paniertes Schweinefleisch, von einer glasigen braungefärbten Soße übergossen, in der gummiartige Champignonscheiben schwimmen, auch bekannt als Jägerschnitzel.

Abenteuer Wildnis: Auf dem Rückweg müssen zwei Nebenarme der Sieg überquert werden, doch beide Brücken waren überschwemmt! Unter Lebensgefahr mußten wir auf dem Geländer balancieren – was wir natürlich mit Bravour erledigten. Pah! Vielleicht noch irgendwo ein Löwe, mit dem ich kämpfen soll? Kein Problem!

Es waren aber nur diese Tiere da, und eigentlich bin ich ja auch friedlich. Und, ehrlich gesagt, angenehm müde und schlapp – einer der ersten langen Märsche in diesem Sommer, ich hoffe, es werden noch viele folgen.

Ausflug nach Berlin (Nachtrag)

Was meint ihr, wie alt ist diese junge Frau? Um die 20, würde ich schätzen.

Auf ihrem Schoß hält sie allerdings einen jungen Mann, ihren soeben hingerichteten, ca. 30-jährigen Sohn.

Und tatsächlich verursachte diese Diskrepanz zur Zeit der Entstehung der Pietà (=Beweinung Christi) einen kleinen Skandal, den Michelangelo, der Bildhauer, aber dadurch entkräften konnte, daß Maria doch eine zeitlose jungfräuliche Mutter Gottes sei. Wie nicht anders zu erwarten, sind die katholischen Würdenträger darauf reingefallen, wohl auch, weil sie eigentlich sehr beeindruckt waren von dieser überlebensgroßen Figurengruppe (wenn die Marienfigur aufstehen würde, wäre sie über zwei Meter groß).

Michelangelo war gerade Mitte 20, als er sie um 1500 aus einem Block schlug. Da man nicht glauben konnte, daß ein so junger Mann ein solches Werk schaffen kann, signierte er es nachträglich, was die Anziehungskraft auf Pilger noch vergrößerte. Die „Römische Pietà„, wie sie genannt wird (Michelangelo begann später noch andere Pietàs), ist im Petersdom zu besichtigen, allerdings nur hinter Panzerglas, weil ein Verwirrter 1972 mit einem Hammer ein paar „Korrekturen“ angebracht hat.

Dieses Exemplar ist ein Abguß einer Kopie, die im Vatikanischen Museum steht. 1977 ist er entstanden, das Material ist eine Mischung aus gemahlenem Carraramarmor und Polyesterharz.

In dieser Kirche ist die Pietà „versteckt“: Wenn man die Straße „Unter den Linden“ Richtung Alexanderplatz läuft, sieht man auf der rechten Seite die St.-Hedwigs-Kathedrale, gar nicht zu verfehlen. Unten ist ein Kapellenkranz, und in einer dieser Kapellen steht sie.

Irgendwo habe ich gelesen, daß es nicht mehr viele Abgüsse geben soll, aber ich habe die Quelle verloren. Nachbildungen in anderen Größen gibt es natürlich massenhaft.

Ausflug nach Berlin (4)

Berlin hat nicht nur mehrere Opern, unzählige Theater, Museen und Galerien, sondern auch, verglichen mit anderen deutschen Städten, die höchste Dichte an Außenkunst.

Graffiti-Kunst, oder Streetart, wie man heute etwas verallgemeinender sagt, ist in den Augen der Einen sinnlose, vandalisierende Schmiererei, die die Städte verschandelt, in den Augen der Anderen Kunst, deren regelmäßige Entfernung durch die Ordnungskräfte eine Kulturzerstörung ist.

Natürlich ist das Kunst, was hier entsteht, völlig unabhängig davon, wie man sie beurteilt, allerdings eine, deren relativ kurze Dauer dem Werk von vornherein innewohnt, denn die Künstler wissen, daß ihre Kunst meistens illegal ist, man könnte sogar sagen: Die Illegalität und die oft nur kurzfristige Verweildauer sind (meistens) Bestandteile dieser Kunst.

Und deswegen haben die Künstler auch oft kein Problem damit, wenn ihre Werke selbst da, wo das Sprayen geduldet ist, nach einiger Zeit von anderen Künstler übermalt werden, wie hier am Anne-Frank-Zentrum.

Das heißt natürlich nicht, daß es nicht viele Werke gibt, denen man eine lange Dauer wünscht.

Wer noch mehr Streeart sehen möchte, schaut einfach in mein Streetart-Blog.

Ende.