Am Museum

Pinocchio muß lügen lügen lügen – sonst hat er die Spinne auf dem Schoß. Tragisch. Dabei ist er doch gar kein Verkäufer und hat auch sonst mit Wirtschaft und Politik nichts zu tun, das Lügen macht ihm eigentlich keinen Spaß. „Nein, ich bin kein Plagiat,“ hat er gerade einem Journalisten in die Feder diktiert, das hält die Nase für eine kurze Zeit lang.

Die Figur mit dem Titel „Tagedieb“ ist von der Künstlerin Cosima von Bonin, die gerade eine Ausstellung im Museum Ludwig bestückt.

An der Domplatte

Was schenkt man Leuten nur zum Fest, die schon alles haben? Irgendwas „Lustiges“ oder was „Originelles“, was die Beschenkten gleich nach dem Ereignis bei Ebay oder im Müll verkloppen. Damit das nicht passiert, gibt es diesen Artikel: Eine Tasche, die so schwer ist, daß selbst Elefanten sie nicht tragen können. Bei Ebay sucht man sowas vergebens, denn wie will man die verschicken? Mit einem Gabelstapler?

Dom, innen

Gestern Abend kam ich auf meinem Streifzug durch die Stadt am Dom vorbei, der tatsächlich noch offene Türen hatte. Klar, 2. Advent, da kann man schon mal ein paar mehr Messen halten als üblich. Der größte Teil der Kirche war für die Gottesdienstbesucher abgesperrt, versteh ich, wenn man seinen religiösen Bedürfnissen nachgehen will, hat man keine Lust, sich von der internationalen Touristenschar dabei beglotzen zu lassen. Der Pfarrer stand gerade auf der Kanzel und verkündete Weisheiten: Die Adventszeit sei mitnichten eine Vorbereitungszeit auf Weihnachten in dem Sinne, daß schon mal ordentlich vorgefeiert werden könne. Diese Feierei, die Abwesenheit der Kontemplation auf den eigentlichen Gehalt von Christi Geburt könne dazu führen, daß die Wiederkunft des Messias sich verzögere … Wie bitte? In den letzten 2000 Jahren wurden Millionen von Menschen hingerichtet, abgeschlachtet oder sonstwie getötet, viele davon in Christi Namen oder mit kirchlichem Segen, der höchste Wert des Lebens, nämlich das Leben selbst, wurde und wird mit Füßen getreten, und der Messias kommt deshalb beleidigt erst später zurück, weil die Leute klebrigen Glühwein saufen, fette Bratwürste in sich hineinstopfen und ihr Geld für Überflußartikel zum Fenster hinauswerfen? Das ist der Grund? Ich glaube, auf so einen können wir gut verzichten, vielen Dank, Herr Pfarrer, für die Aufklärung.

Neumarkt

Auf dem Weihnachtsmarkt gibt es jede halbe Stunde frische Mandeln. Das nenn ich wirklich frisch. Aber was ist mit den alten? Werden die weggeworfen? Dann hätte ich gern davon eine Tüte. Oder (frei nach Horst Evers): Ich hätte gern eine Tüte von den Mandeln, die in einer halben Stunde entsorgt werden, und nehme sie gern jetzt schon mit.

An einem Stand gibt es rostige Schrauben und Muttern … damit Vatern Heiligabend was zu tun hat? Falls ihm langweilig wird, kann er auch hineinbeißen, denn sie sind aus Schokolade.

17 Euro für eine Tüte Pralinen, im „Angebot“! Soll das heißen, sie sind billiger als normal? Oder nur, daß man sie halt anbietet? Und was ist dann mit dem anderen Zeug? Das bieten sie nicht an, sondern behalten es für sich. Gemein.

Eine Eisprinzessin mit Lichtgeweih schwebt anmutig durch die Menge – keine schlechte Leistung, wenn man bedenkt, daß sie auf Stelzen stöckelt.

Brückenstr.

„Erstaunlich ist, wie jung er geblieben ist, erfrischend, von pikanter Süße mit leicht salzigen Noten: ein fast jugendlicher Senior, lebenslustig und springlebendig.“
Wer jetzt glaubt, hier sei von mir die Rede, dem/der danke ich herzlich. Tatsächlich ist ein 30jährigen Whisky gemeint.

„Hier müßte man mal 100 Euro übrig haben, zum Verprassen“, sagte meine Begleiterin. Weit würde man damit aber nicht kommen, der Whisky allein kostet bereits 159 Euro.
„Manufactum“ hat Ende der 80er Jahre als Versandhandel angefangen, inzwischen gibt es in einigen Großstädten ein paar Läden. Als Gegenentwurf zur Plastik- und Wegwerfgesellschaft wird hier auf traditionell hergestellte Waren aus Naturstoffen Wert gelegt, und neuerdings haben sie auch eine Lebensmittelabteilung …

… und einen kleinen Imbiß.

Teilweise findet man hier Sachen, die man das letzte Mal vor Urzeiten bei seinem Opa gesehen hat. Hier gibt es übrigens nichts, was es nicht gibt: Klamotten, Möbel, Küchenutensilien, Bürobedarf, ausgewählte Bücher, Gartengeräte usw.

… und, wie gesagt, vieles, was man heute kaum noch kennt. Das ist zum Beispiel eine Wärmflasche (95,00 Euro) …

… und das eine kupferne Badewanne (3.200,00 Euro). Geiz ist hier natürlich nicht geil, man muß kein Hartz-IV-Empfänger sein, um sich die meisten Dinge nicht leisten zu können. Das Schöne ist: Das Meiste braucht man auch nicht. Ich habe in diesem Laden jedenfalls noch nie etwas gekauft, aber ich schlendere gern durch die Räume und bestaune die handgemachten Waren wie in einem Museum.

Wer weiß, vielleicht kaufe ich mir mal so einen Gänsekiel (5,80 Euro), den kann ich zwar auch nicht gebrauchen, aber er ist einigermaßen erschwinglich und sieht schön aus. Für das dazugehörige Tintenfäßchen muß man aber gleich wieder 38 Euro berappen, dafür ist es mundgeblasen.

Ach übrigens, kleine Ironie des Schicksals: Seit 2008 gehört die Firma „Manufactum“ dem Otto-Versand.

Breite Str. / Brüsseler Str.

„Die US-Zeitschrift „Fortune“ erklärte die Post-it zu einer der wichtigsten Erfindungen des 20. Jahrhunderts – zusammen mit dem Kühlschrank, der Boeing 707 und der Compact Disc.“, steht bei Wikipedia. Schön, daß es verantwortungsbewußte Menschen in Wirtschaft und Handel gibt, die das zu würdigen wissen.

Der Klebezettel ist übrigens eine Serendipity-Erfindung, ähnlich wie Amerika oder der Teebeutel.

Zeughausstr.

Ein Ford Taunus 17m, auch gern „Badewanne“ genannt, nicht etwa, weil es hineinregnete, sondern wegen seiner schlichten Form: Kein Chromschnickschnack, keine Heckflossen, stattdessen eine „Linie der Vernunft“, wie es in der Werbung hieß. Knapp 700.000 Stück würden davon Anfang der 60er Jahre verkauft. Als Jugendlicher bin ich mal in einem mitgefahren, soweit ich mich erinnere, war es ein gemütliches Auto, hinten hatte man viel Platz auf weichen Polstern, und weich war auch die Federung der Karosserie, fehlte eigentlich nur das Tuten von Dampfschiffen, und die Illusion einer Seefahrt wäre perfekt gewesen.
Und wieso steht ein Exemplar davon im Kölnischen Stadtmuseum? Na, ist doch klar: Er fährt nicht nur mit Benzin, sondern auch mit Kölsch. Schließlich wurde er in den Kölner Fordwerken erfunden und hergestellt.

Mediapark

Solang es noch geht, genießen die Leute die Sonne, die Kinder sollen sich im Freien auspowern, dann machen sie abends nicht so viel Krach.

Auf dem kleineren Teil des Mediaturms gibt es eine Aussichtsplattform im 30. Stock, die zum Restaurant „Osman30“ gehört, von der man nicht fotografieren darf. Ich konnte es erst nicht glauben, aber nein – streng verboten. Nachher spricht sich das noch herum und Krethi und Plethi kommt und trinkt nur Kaffee, nee nee nee, soweit kommt’s noch! Hier werden ausschließlich 3-Gänge-Menüs für 44 Euro serviert.

Brüsseler Platz / Breite Str.

Ich liebe diese sonnigen Herbsttage, wenn auch der Wind manchmal unerwartet kühl ist und man ständig Klamotten für alle klimatischen Eventualitäten mit sich herumschleppen muß.

Hier hat man das Vertrauen auf Kundschaft längst verloren, die Saison ist abgeschlossen.

Dabei sind die Kölner hart im Nehmen: Kapuze auf, schon haben die Ohren es wieder schön warm und man kann sich fühlen wie im Hochsommer.

Ich – äh – bin ja nicht von hier und suche mir lieber einen Innenraumplatz im Paradies: Café Fromme in der Breite Str. Wieso war ich noch nie hier? Der Kuchen …

… ist von einer solchen Qualität – das verdirbt einen geradezu für alle anderen Cafés. Auch wenn ich mal wieder woanders bin, bestelle ich wahrscheinlich einen Milchkaffee und ein Stück Apfelkuchen von Fromme, ist egal, wie sie ihn beschaffen. Und wenn sie mir nicht behilflich sein wollen, geh ich eben wieder, das haben sie dann davon.

Apostelnkloster

Ich bin kein Freund von „Coffee to go“, ich sitze lieber irgendwo und trinke Kaffee aus einer Tasse oder einem Glas statt aus einem Pappbecher. Aber wenn ich einen kaufen wollte, würde ich es wahrscheinlich hier tun: Der Kaffee ist fair gehandelt, und man kann sicher sein, daß nicht diese unsäglichen Kaffee-Pads benutzt werden.

Tatsächlich hatte ich selbst mal die Idee, an stark frequentierten Plätzen einen solchen Stand zu eröffnen, lange bevor es sowas gab. Zumindest gedanklich bin ich also Avantgarde, und ich fände es nett, wenn man mich als geistigen Urheber am Gewinn beteiligen würde. Aber ich befürchte, die Welt ist ungerecht.