Dom, innen

Gestern Abend kam ich auf meinem Streifzug durch die Stadt am Dom vorbei, der tatsächlich noch offene Türen hatte. Klar, 2. Advent, da kann man schon mal ein paar mehr Messen halten als üblich. Der größte Teil der Kirche war für die Gottesdienstbesucher abgesperrt, versteh ich, wenn man seinen religiösen Bedürfnissen nachgehen will, hat man keine Lust, sich von der internationalen Touristenschar dabei beglotzen zu lassen. Der Pfarrer stand gerade auf der Kanzel und verkündete Weisheiten: Die Adventszeit sei mitnichten eine Vorbereitungszeit auf Weihnachten in dem Sinne, daß schon mal ordentlich vorgefeiert werden könne. Diese Feierei, die Abwesenheit der Kontemplation auf den eigentlichen Gehalt von Christi Geburt könne dazu führen, daß die Wiederkunft des Messias sich verzögere … Wie bitte? In den letzten 2000 Jahren wurden Millionen von Menschen hingerichtet, abgeschlachtet oder sonstwie getötet, viele davon in Christi Namen oder mit kirchlichem Segen, der höchste Wert des Lebens, nämlich das Leben selbst, wurde und wird mit Füßen getreten, und der Messias kommt deshalb beleidigt erst später zurück, weil die Leute klebrigen Glühwein saufen, fette Bratwürste in sich hineinstopfen und ihr Geld für Überflußartikel zum Fenster hinauswerfen? Das ist der Grund? Ich glaube, auf so einen können wir gut verzichten, vielen Dank, Herr Pfarrer, für die Aufklärung.

0 Gedanken zu “Dom, innen

  1. Ich bin schon ganz vergenderisiert und dachte beim Lesen der Überschrift doch tatsächlich, Du würdest Dich mit gendermainstreaming bei Domen beschäftigen oder so ähnlich. Nichtsdestotrotz hat das Lesen sich natürlich gelohnt. Wenn ich mal wieder eine Entschuldigung für eine Verspätung brauche, habe ich jetzt eine. Was man dem Gesalbten durchgehen lässt, muss für meinereine schon lange gelten.

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  2. Ich war schon so lange nicht mehr dort, daß ich vergesse habe, wie’s dort aussieht. Sollte es mich mal nach Köln verschlagen würde ich um eine Führung bitten, gerne auch spitzen Kommentaren 😉

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  3. Ich bin begeistert! Ja, habe mir gerade einmal ein wenig die EXIF angeschaut. Ruhiges Händchen hast Du aber schon. :yes:

    Ich brauche immer eine Kirchenbank oder dergleichen. Ok, ich bin auch schon älter. ;D

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  4. Warum gehen eigentlich Atheisten in eine Kirche? Und warum feiern diese Weihnachten, es gibt doch den 1. Mai oder … äh … ;o) Leben und Leben lassen, auch in Namen von Atheisten (Hitler und Lenin) sind viele gestorben (man denke an die akt. Verfahren um die Rote Khmer), wenn schon denn schon.

    Tolle Fotos, heute „klingelt“ der Decke Pitter, auch mit der Cam dabei?

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  5. Ob Christen oder Atheisten ermorden oder ermordet werden, ist doch ganz egal. Wenn es einen Erlöser, Heiland, Messias gibt, der da kommen soll und trotz dieser Taten nicht kommt, dann mag es dafür Gründe geben, die ich nicht beurteilen kann. Wenn aber der Pfarrer behauptet, der kommt deshalb nicht, weil die Leute in der Adventszeit zu viel Glühwein trinken, er bleibt also nicht weg trotz all der Greuel, die sich Menschen antun, sondern wegen unbotmäßiger Feierei zur Weihnachtszeit, dann ist dieser Heiland ein merkwürdiges Wesen. Oder der Pfarrer ist ein Spinner und hat keine Ahnung.

    Danke. Gern wäre ich dabei gewesen, aber die Arbeit erlaubt leider nur Ausflüge in die Innenstadt am Wochenende.

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  6. Da stimme ich Dir zu, es gibt Deppen und merkwürdige Wesen! Ich kenne aus Erfahrung (als Kind aus Polen ausgewandert) auch positive Seiten der Kirche, dort gab es eine ideologiefreie Zone, das waren die Kirchen (siehe auch Wendezeit in der DDR). Ich habe dann in den 80ern insbesondere LehrerInnen erlebt die die DDR als das bessere Deutschland lobten, während viele aus der DDR flüchteten. Aus dieser Erfahrung mein Motto (welches gut zu Köln passt): „Leben und Leben lassen“

    Nur mit Fundis egal welcher Richtung habe ich so meine Probleme ob braun, rot oder wie auch immer (wie hat der Spiegel in den 90ern über die Rechte Szene in der DDR geschrieben: Zu viel Rotlich macht braun!). Interessant finde ich, dass gerade heute wieder viele Nikolaus feiern (siehe auch große Veranstalltung im Stadtgarten in diesem Jahr) und nicht den Weihnachtsman, heute ist wieder Tradition (auch plötzlich bei denen die alles anders bzw. besser machen wollten) gefragt, die neuen Spiesser? Ich habe auf der Schule meines Patenkindes plötzlich Eltern gesehen, die vor der Tür eine Tibet-Flagge hängen hatten und sonst kein gutes Wort an Christen lassen (welche für sie alles Kreuzritter sind) plötzlich mit den Kindern ein Nikolauslied angestimmt haben und Weihnachten feiern, sogar Advent! Darum meine leicht provozierende aber auch ironische Frage: „Warum feiern Atheisten Weihnachten?“ ;o)

    Und bei diesen Herrn stimme ich Deiner Meinung zu (Himmel lass Hirn runter), nur sollten wir auch so viel respekt Kirchen und Christen zollen wie wir anderen zum Teil auch Trend- und Wellnessreligionen zugestehen und nicht in dieses typische „Alles Kreuzritter“ verfallen während wir z.B. den Dalai Lama loben; viele haben bestimmt nicht die GEO-Reportage in den 90ern über den Dalai Lama gelesen (und GEO ist wirklich kein Dalai Lama-kritisches Blatt) als ein GEO-Reporter diesen auf den vielen Auslandsreisen begleitet hat, es residierte in Luxushotels mit Laufband, ist Träger einer Milgauss (die Marke mit dem Krönchen ;o) also doch nicht ganz so „unweltlich“. Im gleichen Atemzug kritisierten viele Paul den II. das er Träger einer Uhr dieser Marke war. Kritik, hat nicht nur eine Sichtweise ;o)

    Also an alle in Köln: Einen schönen Advent und schöne Weihnachten egal wie ihr es feiert und allen anderen eine schöen Zeit! :o)

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  7. Ich als Atheist gehe gern in Kirchen, weil es meist großartige Gebäude sind, auch wenn sie oft größenwahnsinnig anmuten und eher Zeugnisse von rein menschlichem Hochmut sind, als von Gottesfürchtigkeit und Demut. Aber das blende ich dann aus. Ich schätze Kirchen auch als Orte der Stille, wenn nicht gerade irgendein unfreiwillig komischer Hobbykabarettist auf der Kanzel steht. 😉 Aber mir ist natürlich durchaus klar, daß eine Kirche nicht nur Architektur ist, sondern auch ein Ort religiöser Riten, die ich zu respektieren habe, ganz egal, was ich davon grundsätzlich halte.

    Genau wie Du bin ich auch gegen Fundamentalisten, aber ich finde es immer schwierig, ein Verhalten gegen ein anderes aufzurechnen: Nur weil z.B. der Dalai Lama kritisch zu betrachten ist, macht das ja die Untaten anderer Religionen nicht besser.

    Danke für Deinen Besuch, Dir auch angenehme Feiertage.

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