Christopher Street Day

Der Christopher Street Day (CSD) vor einer Woche war eine ziemlich nasse Angelegenheit. Das schien den Teilnehmenden aber nicht viel ausgemacht zu haben: Am Umzug (90 Festwagen und 200 Fußgruppen) waren 60.000 Menschen beteiligt, und am Weg standen ungefähr eine Million Besucher, habe ich gelesen. Der CSD in Köln ist europaweit eine der größten Veranstaltungen dieser Art. Für mich ist das ja nichts, er erinnert doch sehr an Karneval im Sommer, allerdings ohne Kamelle und Karnevalsmusik. Die Musik, die lautstark gespielt wird, ist allerdings nicht viel besser, viel Techno-Musik und irgendwelche blöden Hits – „Geh ins Gymmie, werde skinny, mach daraus eine Show / Wir sind pretty im Bikini, das ist Bauch, Beine, Po“ und so weiter.

Aber wir haben das beim Spazierengehen nur am Rande wahrgenommen, man kann dem gut aus dem Weg gehen, und wenn die Beteiligten feiern wollen und Spaß daran haben – warum nicht. Die Schützenfeste haben ihre Umzüge, an Fronleichnam tragen katholische Christen auf Prozessionen Leichenteile durch die Straßen, Karneval belästigt die Einwohner über Monate, da ist es doch in Ordnung, wenn die LGBTQ-Gemeinde an einem Tag im Jahr mit Freude und Spaß für ihre Rechte demonstriert. Denn das ist dieser Umzug auch: Eine Demonstration, offensichtlich eine mit wachsender Notwendigkeit. Im Vergleich zum Vorjahr haben die Übergriffe auf queere Menschen 2024 deutschlandweit ungefähr um 50 Prozent zugenommen. Die Stimmung gegen Diversität hat weltweit zugenommen, nicht nur in autokratischen Staaten wie Rußland oder Ungarn. In den USA werden Gelder zur Diversitätsforschung unterschiedslos gestrichen und bestimmte Wörter im öffentlichen Bereich geächtet. Firmen, Behörden und Hochschulen, die sich diesem Diktum nicht beugen, müssen mit Nachteilen rechnen. Kölns größter Arbeitgeber, die Autofirma Ford, hat zum ersten Mal seit Jahren auf Geheiß der Mutterfirma in den USA seine Unterstützung des CSD gestrichen, und das ist kein Einzelfall, auch andere Firmen in Deutschland, die bisher CSD-Paraden unterstützten, wollen plötzlich nichts mehr damit zu haben.

Ein Tag nach dem CSD wurde in Köln-Kalk eine neue Gesamtschule unter katholischer Trägerschaft für 1.000 Schülerinnen und Schüler von Erzbischof Kardinal Woelki eröffnet. Im Vorfeld forderte die Schulleitung alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auf, zu dieser Feierlichkeit auf „provokative Kleidung“ zu verzichten – als Beispiel wurde eine Krawatte in Regenbogen-Farben genannt (der Regenbogen ist ein Symbol für Freiheit, Diversität und Toleranz). Als sich das herumsprach, schmuggelten erzürnte Eltern Regenbogensymbole in die Schule, auf Ansteckern, Taschen und Fähnchen. Schülerinnen, die von Lehrern damit erwischt wurden, wurden aufgefordert, das unverzüglich zu entfernen, eine Regenbogenfahne, die aus einem Fenster hing, wurde nach einer Stunde entfernt, und eine Seelsorgerin, die Sticker mit dem Regenbogensymbol verteilte, wurde der Schule verwiesen. „Das Erzbistum Köln rühmt sich eines <<innovativen, ganzheitlichen Bildungsverständnisses – offen für Kinder aller sozialen und religiösen Hintergründe>>“, zitiert der Stadtanzeiger. Und Erzbischof Kardinal Woelki wünscht sich, „grade jenen Kindern Perspektiven zu eröffnen, die in unserer Gesellschaft oft übersehen werden. “ Und so gibt das Erzbistum allen Kindern, die im nächsten Schuljahr an der neuen Schule anfangen, eine Lehrstunde mit auf den Weg, wofür die Katholische Kirche schon immer stand: Eine Einführung in Heuchelei, Doppelmoral, Intoleranz und Kadavergehorsam.

Der CSD ist das natürlich auch: Ein gutes Geschäft. Wer noch ein schönes Souvenir braucht als Erinnerung, dem gefällt vielleicht eine dieser Figuren fürs Badezimmer.

Neumarkt

Liebe Leute, kürzlich bin ich in Rente gegangen, habe also endlich Zeit im Überfluß. Deswegen geht es jetzt hier weiter – mal schauen, ob das überhaupt noch jemanden interessiert.

Kürzlich waren wir auf einer stadthistorischen Führung auf dem Neumarkt, es ging um die Veränderung der Randbebauung des Platzes durch die Jahrhunderte. Als die junge Führerin gefragt wurde, was denn das für eine Statue sei, die da vor dem Eingang des Kunsthauses Lempertz steht, hatte sie keine Ahnung. Ich hätte sofort einspringen können, aber verpasste den Augenblick. Ich habe es hier noch nicht erwähnt, aber ich bin eigentlich gelernter Kunsthistoriker, und während meiner Studienzeit habe ich mal eine kleine Hausarbeit über die Plastik geschrieben. Wir sollten uns irgendein Kunstwerk aus einem Kölner Museum aussuchen, und ich wählte die 110 cm hohe Replik der Statue, die damals im Wallraf-Richartz-Museum stand (und wohl auch noch immer steht).

Der Dargestellte ist der auch schon zu seinen Lebzeiten bekannte und beliebte französische Schriftsteller Honoré de Balzac (1799 – 1850). Er war erster Vorsitzender einer Schriftstellervereinigung, die Anfang der 1890er Jahre den Auftrag gab, eine Statue zu seinen Ehren aufzustellen. Die Wahl fiel schließlich auf den zu seiner Zeit nicht unumstrittenen Bildhauer Auguste Rodin (1840 – 1917), der versprach, das Werk zügig zu gestalten. Er gab sich viel Mühe, las erst das ganze Werk (die aus 91 Romanen bestehende „Comédie Humain“) und reiste an den Geburtsort des Schriftstellers. Nach mehreren Vorstudien …

… beispielsweise diese hier in vermutlich doch recht naturalistischer Ansicht (Foto aus Wikipedia), wurde die drei Meter hohe Endversion erst nach mehreren Jahren 1897 in Gips fertiggestellt – und von der Schriftstellervereinigung prompt abgelehnt. Rodin nahm das Modell wieder in sein Atelier. Erst 22 Jahre nach seinem Tod, also 1939, wurde ein Bronzeabguss gefertigt und an einer Pariser Straßenkreuzung aufgestellt. Rodin gilt inzwischen als einer der bedeutendsten Bildhauer der Vormoderne. Die Version, die jetzt in Köln steht, ist einer der wenigen Abgüsse des Originalabgusses.

Und was soll das, wieso steht die hier? Haben Balzac oder Rodin irgendeine Beziehung zu Köln, weshalb man sie hier besonders ehren möchte? Nein, nicht im Geringsten. Der Grund ist folgender: Der Neumarkt, das Herz Kölns, hat ein Drogenproblem. Der Platz und die Nebenstraßen sind Treffpunkt für Drogenabhängige und Dealer. Die bevorzugte Droge, die hier gehandelt wird, ist inzwischen Crack, nicht mehr, wie noch vor wenigen Jahren, Heroin. Die Wirkung von Crack ist nicht weniger verheerend als von Heroin, allerdings nach seiner Einnahme viel kürzer, weshalb die Süchtigen schnell wieder auf der Suche sind nach neuem erbetteltem Geld und neuen Deals. Die Leute sind völlig heruntergekommen, liegen verlottert und mit zum Teil offenen Wunden in Hauseingängen, auf dem Platz und in den Nebenstraßen – und liefern so natürlich keinen schönen Anblick, weder für die Einheimischen noch für die Touristen. Deshalb ist man bemüht, die Gegend aufzuwerten, die Aufenthaltsqualität soll sich bessern. Man hat also einen neuen Brunnen angelegt und auf dem Platz ein mobiles Café eröffnet. Und als weitere Aufwertungsmaßnahme hat man der Besitzerfamilie des Kunsthauses Lempertz bereits im Jahr 2022 erlaubt, diese Plastik aufzustellen, die sich in ihrem Besitz befindet. Soweit ich das beobachtet habe, zeigen sich die Drogenabhängigen und die Dealer davon gänzlich unbeeindruckt.

Die städtische Kommission, die alle zwei Jahre beurteilen soll, ob sich das Kunstwerk auch gut macht an dieser Stelle, kommt zu einem positiven Urteil, moniert lediglich, daß der Standort, da so am Rand halb versteckt, nicht optimal sei.

Dem kann ich nur zustimmen.

Hier folgt jetzt eine Abschrift meiner Hausarbeit aus dem Jahr 1992. Falls sie euch interessiert.

1. Beschreibung

Auguste Rodins (1840 – 1917) Denkmal für den Dichter Honoré de Balzac (1799 – 1850) ist im Wallraf-Richartz-Museum Köln als Bronzeguß der Endfassungsstudie mit einer Höhe von 110 cm zu besichtigen. Die Standfigur steht auf einer quadratischen Sockelplatte. Der Dichter ist in einem kuttenähnlichen Mantel dargestellt, der fast den ganzen Köper bedeckt; die Ärmel hängen leer an den Seiten herab, die Arme scheinen ausgestreckt unter dem Mantel gekreuzt zu sein und vor der Mitte des Körpers die Mantelöffnung zuzuhalten.

Da der Mantelsaum den Boden berührt und nur Teile der Füße freiläßt, die durch ihre Stellung einen Schritt nach links andeuten, entstehen sich nach oben bis zu den Schultern verbreiternde Umrißlinien, die von der pyramidalen Kopfform zusammengeführt werden. Im unteren Bereich fällt der Mantel in zum Teil weichen Kurvenfalten um die erahnbaren, einen Keil bildenden Beine, wird aber nach links durch die hart modellierte und ein wenig freistehende Kante der Mantelöffnung abgeschlossen, die einen Ausgleich zu der etwas schräg nach hinten gebeugten Gestalt bildet.

Die Kantenlinie verläuft schräg nach oben zur rechten Schulter, ab ca. der Mitte des Köpers, wo sie sich mit der Kante des komplementären Mantelteils kreuzt, in den Kragen übergehend, der durch einen scharfen Knick leicht absteht.

Die vertikalen Linien des Gewandes werden ab der Körpermitte durch die angedeutete Haltung der Arme und durch die einen dreieckigen Halsausschnitt freilassenden Hemd- und Mantelkragen in einer Gabelung zu den leicht angespannten, hochgezogenen Schultern geführt.

Der hohe Mantelkragen, der auf der Rückseite der Figur fast bis zur Mitte des Hinterkopfes reicht, scheint an einigen Stellen mit den langen Haaren zu verfließen. Der Kopf ist nach links gedreht und leicht nach hinten geworfen. Das wirre, zum Teil blockhafte, die Verdichtung der Mantelstruktur aufnehmende Haar bildet über der linken Stirnseite einen Wirbel, der einen Teil der Stirn freigibt und die Haare strähnig nach vorn und zur Seite leitet. Stark hervorspringende, auf die Nasenwurzel hin angeschrägte Stirnwülste und gratige Augenbrauen „überdachen“ tiefliegende Augenhöhlen. Unter der kantigen Nase sind geschwungener Oberlippenbart, wulstiger Mund und geformtes Kinn. Wangen und – sofern man davon überhaupt reden kann – Hals sind eine voluminöse, teigige und zerklüftete Masse.

Die scharfen Kanten der Falten besonders des rechten Ärmels unterstützen den vertikalen, nach oben strebenden, gespannten Charakter der ganzen Gestalt.

Die raue, unebene, zum Teil zerklüftete Oberfläche und die scharfkantigen Falten und Linien, die abrupte Wechsel von Höhen und Tiefen an der Oberfläche verursachen, schaffen einen sehr reichhaltigen Wechsel von Licht- und Schattenzonen, die sich bei sich ändernder Beleuchtung, bzw. beim Herumgehen um die Plastik ebenfalls beständig ändern. Aufgrund dieser malerischen Behandlung spricht man von einer impressionistischen Plastik.

Der Bronzeguß ist die Nr. 11 einer auf zwölf Exemplare begrenzten Auflage von 1961 und wurde 1962 dem Wallraf-Richartz-Museum geschenkt.

2. Deutungsansatz

Die Plastik zeichnet sich aus durch harmonisch zueinander gestellte Gegensätze, deren Spannungen sich dem Betrachter mitteilen: Die unruhige, reichhaltige Licht- und Schattenwechsel produzierende, malerisch gestaltete Oberfläche ist gegensätzlich zur blockhaften, wuchtigen Geschlossenheit der Gestalt. Die gespannte Beugung nach hinten, der verhaltene Schritt, die Drehung des Kopfes und das angespannte Vorziehen der Schultern stehen in ihrer Andeutung des Momenthaften im Kontrast zur felshaften Schwere, die die Haltung zugleich majestätisch, nachdenklich und souverän erscheinen läßt.

Rodin selbst sagt zu seiner Arbeitsweise: „Er (der Bildhauer) muß die geistige Ähnlichkeit zum Ausdruck bringen können, darauf kommt es allein an. Der Bildhauer muß hinter der Ähnlichkeit der Maske die der Seele suchen. Kurz, alle Züge müssen ‚ausdrucksvoll‘ sein, das heißt, sie müssen helfen, seelisches Leben anschaulich zu machen.“

Wir müssen uns also, nach Rodin, Balzac als eine der Persönlichkeiten vorstellen, deren vermutete innere Zerissenheit, verbunden mit außerordentlicher Schöpfungskraft zu jener Vorstellung von Genialität führt, die schon seit einigen Jahrhunderten und auch heute noch vorherrschend ist. Tatsächlich entspricht dies dem Bild eines Zeitgenossen Balzacs: „Sein Äußeres war so ungepflegt wie sein Genie. Er war eine Elementargestalt: großer Kopf, wirres Haar, das auf Kragen und Wangen fiel wie eine Mähne, die niemals von einer Schere gelichtet wurde, stumpfe Züge, dicke Lippen, ein sanfter, doch feuriger Blick … Er war dick, schwer, breit an der Basis und breitschultrig: Hals, Brust, Leib, Schenkel, Gliedmaßen waren mächtig. Ausladend (…), doch ohne jede Schwerfälligkeit: die Seele war so groß, daß sie all das leicht, heiter, wie eine weiche Hülle trug.“ (Alphonse de Lemartine)

Angesichts der Schwierigkeiten, die Rodin Zeit seines Lebens mit dem Ringen um neue Formen und Inhalte und der entsprechend mangelnden öffentlichen Anerkennung seines Werkes hatte, halte ich die folgende Annahme, die immer wieder in der Literatur über Rodin auftaucht, für wahrscheinlich: Rodin habe sich während seiner Arbeit an dem Denkmal immer mehr mit Balzac identifiziert. Stimmt diese Vermutung, so kann man die Plastik hinsichtlich des ja darzustellenden Wesens auch als geistiges Selbstbildnis bewerten.

3. Werkgenese / Rezeption

Im Jahre 1885 schrieb die „Société des Gens de Lettres“ einen Wettbewerb für ein Grabmal ihres ersten Präsidenten, Honoré de Balzac (1799 – 1850), aus. Den Zuschlag erhielt der Bildhauer Chapu, der vor Vollendung des Werkes 1891 starb. Der Wettbewerb wurde erneut ausgeschrieben und der Auftrag unter besonderem Einsatz des Präsidenten der „Société“, Emile Zola“, Rodin erteilt.

Rodin machte bis zur vorliegenden Endfassung ca. fünfzig plastische Studien für Kopf, Akt- und Gewandgestalt nach sämtlich erreichbaren Bildnissen Balzacs und nach Modellen, deren jeweilige Figur der des Dichters ähnelte. Darüber hinaus studierte er nicht nur sein Werk und Leben, er ging sogar so weit, bei dessen Schneider einen Umhang in Balzacs Maßen anfertigen zu lassen. Eine besondere Schwierigkeit erwuchs vor allem daraus, daß des Dichters unförmiges Erscheinungsbild allem klassischen Regelmaß widersprach, weshalb er bisher fast nur in Sitzhaltung dargestellt worden war.

Das Modell der Endfassung in Gips (das Vorlage der hier besprochenen Plastik ist) wurde 1898 im „Salon Nationale des Artistes“ ausgestellt und von der „Société“ abgelehnt.

Das große, 300 cm hohe Gipsdenkmal steht im Musée Rodin in Paris. Erst 1939 wurde ein 300 cm großer Bronzeguß in Paris an der Kreuzung Boulevard Raspail / Boulevard Montmartre aufgestellt.

Die Ablehnung der „Société des Gens de Lettre“ begleitete eine Pressefehde, die Rodin schließlich enttäuscht veranlaßte, nicht auf Einhaltung seines Vertrages zu bestehen. So zog er zurück, was er selbst für eins seiner besten Werke hielt.

Dem Publikum war das Werk zu unähnlich, unfertig, unausgearbeitet. Man bemängelte allgemein das Fehlen zeitgenössischer Kleidung, bezeichnete den Dominikanermantel (in einem solchen pflegt Balzac nachweislich zu arbeiten) als „Sack“, der des großen Dichters nicht würdig sei.

Spaziergänge (und Rosenmontag) in Zeiten von Corona (16)

Seit ungefähr 25 Jahren fliehe ich zur Karnevalszeit aus Köln, und das hätte ich auch in diesem Jahr getan, wenn es nicht noch im Dezember gehießen hätte, daß alle Festivitäten auch in der diesjährigen Session wegen Corona ausfallen würden. Und nun finde ich mich mitten in der „Brauchtumszone“ und muß sechs Tage Feierei überstehen. Gut, es gibt Schlimmeres, viel Schlimmeres, man braucht ja nur den Fernseher anzumachen, also will ich nicht meckern. Der Rosenmontagszug sollte ja erst, wie ich bereits erzählt habe, durch das Müngersdorfer Stadion ziehen, wurde dann aber wegen des Ukraine-Krieges abgesagt. Stattdessen fand heute eine Antikriegsdemonstration statt, teilweise auf dem ursprünglich geplanten Zugweg durch die Stadt, 250.000 Menschen sollen mitgemacht haben. Ich war in der Stadt und habe ein paar Eindrücke gesammelt.

Oben auf dem Schild steht übrigens „Make FasteLOVEend not war“ – Fastelovend ist kölsch und bedeutet Fastnacht.

Eine Auswahl der Mottowagen, die normalerweise im Rosenmontagszug durch die Gegend gezogen werden – oben drauf stehen dann enthemmte Karnevalisten und schmeißen harte Gegenstände in die Menge – , stehen über die Innenstadt verteilt auf Plätzen. Gar nicht schlecht, ich habe sie mir gern angesehen. So sollten sie das immer machen, und wenn sie dann noch, wie in diesem Jahr, auf die elende Karnevalsmusik verzichten … aber damit ist kaum zu rechnen.

„Zick eröm“ heißt: Die Zeit ist um. Die Uniform ist abgelegt, die Personalie ist neu besetzt und übt noch.

Die selbe Partei – anderes Personal. Der arme Armin, an dessen Untergang …

… dieser Herr aus dem süddeutschen Freistaat nicht ganz unschuldig ist.

Der zur Zeit meistgehaßte Politiker versucht mit Gewalt, die Welt nach eigenen Vorstellungen zusammenzuzimmern. Die Darstellung ist ein wenig verharmlosend, die Figur müßte mit Blut besudelt sein.

Apropos Putin: Wer sich über die geschichtlichen Hintergründe seiner Politik informieren will, sollte sich die französische Dokumentation „Putin – Die Rückkehr des russischen Bären“ von 2021 in der ARTE-Mediathek ansehen, es lohnt sich.

Rote Funken, so heißt eine Karnevalsgesellschaft, hier habe ich schon mal eine lustige Geschichte über sie erzählt.

Wer plötzlich Hunger kriegt – die Mästlokale sind nicht weit, hinten rechts.

Fußballweltmeisterschaft im Winter, weil die FIFA sich von dem autoritären Regime in Katar hat schmieren lassen, wie es heißt.

Es gibt einen schönen Pokal zu gewinnen.

„Zeit der Aufklärung“ lautet hier das Motto. Der Kölner Erzbischof Kardinal Meisner führte einen Aktenordner mit der Beschriftung „Brüder im Nebel“, in dem er die Akten mit den ihm gemeldeten Mißbrauchsfällen versteckte. Sein Nachfolger Kardinal Woelki versprach eine lückenlose Aufklärung …

… gab dann aber ein Gutachten, das er selbst beauftragt hatte, nicht frei. Der Fall wurde von zwei aus Rom geschickten „Visitatoren“ untersucht, und zur Strafe wegen seiner Verwicklungen wurde Woelki für fünf Monate in Urlaub geschickt. Können die mich vielleicht auch mal bestrafen? Aschermittwoch soll er wieder zurückkommen, allerdings will ihn hier keiner mehr haben, nichtmal seine eigenen Kollegen und Mitarbeiter.

Arm her!

Die wirtschaftliche Weltmacht, die nur darauf wartet, Putin unter die Arme greifen zu können – um ihn dadurch von sich abhängig zu machen.

Kölner Lokalpolitik. Allerdings sind die Verwaltungen in anderen Großstädten vermutlich auch nicht besser.

Lukaschenko mit Putin im Nacken, der die Strippen zieht – bereits überholt, Putin hat sich inzwischen unverblümt als Täter gezeigt, die „Zeitbombe“ ist schon hochgegangen.

Zum Schluß mal etwas Positives. Meine Begleiterin fragte neulich: Wenn die Leute mehr kiffen und weniger saufen, ob die Feierei dann wohl leiser wird? Also weniger Gegröhle, weniger Dreck in den Straßen, mehr Besinnlichkeit? Kann sein, die Blase entlastet diese Droge auf jeden Fall.

Spaziergänge in Zeiten von Corona (11)

Ach nee, was war das schön – und schon ist es wieder vorbei. Glühwein bekommt man an den zahlreichen Fensterverkaufsständen nur noch bis 16 Uhr, und ab Mittwoch ist es auch damit vorbei. Nach meinen Beobachtungen ist es da eigentlich immer recht gesittet zugegangen, allerdings gab es hier und da große Menschentrauben, die von der Polizei aufgelöst werden mußten.

Nun zu etwas völlig anderem: Neulich stand auf dem Roncalliplatz (wie von mir angekündigt) ein weiteres Werk von dem Künstler Dennis Josef Meseg, die Installation heißt „Broken“ (das andere: Hier klicken).

Wieder sind es in Flatterband eingewickelte Schaufensterpuppen, 222 an der Zahl, diesmal – bis auf eine Ausnahme – nur weibliche. Die vorherrschende Farbe ist Orange, und überwiegend sind die Puppen beschriftet mit Wörtern wie „gesperrt“, „bedroht“, „geschlagen“ und andere, in mehreren Sprachen.

Auf einem Info-Zettel gibt es dazu folgende Erklärung: „Es gibt wenige rote Fäden, die sich so zerreißfest durch die gesamte Menschheitsgeschichte ziehen wie die physische und psychische Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Kein Krieg, dessen Sieger nicht die Frauen der Verlierer verschleppt, vergewaltigt und ermordet hätten. Keine Religion, die Frauen nicht als Wurzeln allen Übels einstuft oder zumindest als dem Manne unterlegen. […] Orange […] ist die Farbe der Freiheit, der Freude und Geborgenheit, der emotionalen Wärme. Deshalb hat die alljährlich von UN Women durchgeführte Kampagne ‚Orange the World‘ eben diese Farbe für ihren Feldzug gegen das unausgesetzte, vielfältige Leid der Frauen erwählt.“

Ich weiß nicht recht, was ich davon halten soll, daß für zwei völlig unterschiedliche Aussagen die selben zwei Mittel eingesetzt werden, nämlich Schaufensterpuppen und Flatterband. Das Werk neulich zu Corona leuchtete mir unmittelbar ein. Hier ist vor allem die schiere Menge bemerkenswert, aber auf die Aussage kommt man ohne zusätzliche Information nur schwer. Die Absicht des Künstlers ist ehrenwert, die Umsetzung erscheint mir dagegen wenig originell.

Das Thema ist allerdings ein Skandal, der täglich in den Nachrichten dokumentiert werden sollte: Jeden dritten Tag wird in Deutschland eine Frau von ihrem (Ex-)Partner umgebracht, und in der übrigen Welt wird das nicht anders sein, eher schlimmer. In Deutschland gibt es dazu eine sehr merkwürdige und auch skandalöse Rechtsprechung: Wird eine Frau von ihrem Partner getötet, weil sie den Entschluß gefaßt hat, sich von ihm zu trennen, gilt das als strafmildernd und wird als Totschlag gewertet, als wolle man sagen: Er hat es ja nicht so gemeint, es ist halt mit ihm durchgegangen, als das, was doch ihm gehört, also seine Frau, sich selbständig machen wollte.

Kein schönes Adventsthema, aber, angesichts des Lockdowns und der Feiertage, leider aktueller denn je. Nicht die Straßen sind unsicher für Frauen und Kinder, es sind die Wohnungen.

PS: Hier klicken, um eine Petition gegen Femizide zu unterschreiben.

Spaziergänge in Zeiten von Corona (10)

Lange Zeit war nicht klar, ob der Weihnachtsmarkt am Schokoladenmuseum mit einem eigens erstellten Hygienekonzept nicht doch öffnen könnte, aber seit der Verlängerung des kleinen Lockdowns steht fest: In diesem Jahr gar keine Weihnachtsmärkte.

Dennoch braucht man auf weihnachtliche Stimmung nicht zu verzichten: Vereinzelt stehen Buden auf Plätzen, verkaufen Schokofrüchte, Lebkuchenherzen und Mandeln.

Hier gibt es sogar Glühwein.

In einigen Vierteln gibt es Glühweinwanderwege (Quelle Abb.). Der durchs Studentenviertel dauert 20 Minuten, allerdings nur, wenn man nirgendwo stehen bleibt.

Da die Kneipen und Restaurants eigentlich geschlossen sind, machen sie einen sogenannten Fensterverkauf. Hier bei „Oma Kleinmann“ kann man sogar ein Schnitzelbrötchen bestellen.

Der Glühwein ist sehr viel besser als das Billiggesöff, das man normalerweise auf Weihnachtsmärkten bekommt. Hier schmeckt man echte Gewürze heraus. Der Nachteil: Aus Hygienegründen gibt es die Getränke nur in Pappbechern.

Der Kölner Express erklärt derweil mit „Experten“ (aus welchem Bereich, weiß man nicht), wie es weitergeht mit der Pandemie: Die Leute stellen sich auf die Domplatte, dann spritzt der Impfstoff oben aus den Türmen, und zack! – alle sind immun. Hallelujah! Die katholische Kirche verspricht sich davon eine Zunahme der christlichen Sektenmitgliederanzahl … oder wie? Jedenfalls – beim Express trinkt man offensichtlich ganz gern mal ein paar Tetrapacks Glühwein. Wenn man gleich zum Frühstück damit anfängt, hat man am Abend eine Palette davon vernichtet. Irgendwo muß das Zeug ja hin.

Spaziergänge in Zeiten von Corona (9)

Auf dem Neumarkt stand neulich eine Kunstinstallation, die so sinnfällig ist, daß jeder sofort weiß oder ahnt, wie sie zu verstehen ist.

111 in Absperrband eingewickelte Gestalten, alle in gebührendem Abstand zueinander – das trifft wohl zur Zeit das Lebensgefühl vieler.

Die Installation trägt den Titel „It is like it is“ und ist ein Mahnmal zur – man muß es ja kaum extra erwähnen – Coronakrise.

Auf einem Informationszettel steht folgendes: „‚It is like it is‘ zeigt auf berührende Weise den hohen Stellenwert der Kunst. Schon im Alltag wichtig und wertvoll, ist sie gerade jetzt ein kostbares Element im Überlebenskampf der Gesellschaft. Denn sie verbindet, wo keine Verbindung mehr besteht, und sie särkt unsere Zuversicht, weil sie sichtbar macht, was als gesichtsloser, düsterer Spuk durch unsere Gedanken geistert.“ Dem kann ich vorbehaltlos zustimmen.

Der Künstler heißt Dennis Josef Meseg und ist Student (Bildhauerei) an der „Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft“.

Kleiner Tipp für die, die in der Nähe wohnen: Am Sonntag, den 29.11., gibt es eine weitere, noch umfangreichere Installation des Künstlers auf dem Kölner Roncalliplatz (gleich neben dem Dom) zu sehen.

Gamescom (2)

In besonders beliebten Computerspielen wird gemordet und gemetzelt, wie man es sich in seinen kühnsten und widerlichsten Albträumen nicht ausmalen kann: Da werden bevorzugt in dystopischen Landschaften reihenweise Leute mit Maschinenpistolen und -gewehren niedergemäht, die ihrerseits einem nach dem Leben trachten. Es kommen alle Waffen vor, die man sich vorstellen kann, Körperteile fallen ab, Blut spritzt literweise. Was so abschreckend klingt, nehmen die Gamer ganz cool, im Gegenteil, je schrecklicher und ausgefeilter, desto besser. Nun hat sich glücklicherweise nicht bewahrheitet, was zu Beginn der Computerspieleentwicklung befürchtet wurde: Aus den Gamern ist keine Horde brutaler Amokläufer geworden, und das ist auch für die Zukunft nicht zu befürchten. Daß auch Amokläufer diese Spiele auf ihren Computern hatten, läßt einen Umkehrschluß nicht zu. Tausende spielen diese Spiele, ohne je zu vergessen, daß es sich um Spiel handelt, und nicht um die Wirklichkeit – ich lese mit Vergnügen Kriminalromane und vergesse dabei auch nie, daß es Romane, also ausgedachte Geschichten sind. Wie mir Computerspieler glaubhaft versichert haben: Man braucht sich keine Sorgen zu machen, daß sie den Unterschied zwischen Fiktion und Realität eines Tages nicht mehr auseinander halten können. In der Gamerszene ist das eine Selbstverständlichkeit, die sich aber bis zu einer „Firma“, die die ganze Stadt mit Plakaten überschwemmt und sogar einen eigenen Messestand auf der Gamescom hat, noch nicht herumgesprochen hat.

Die Bundeswehr wirbt mit den Sprüchen „Multiplayer at its best!“ und „Mehr Open World geht nicht!“ um Nachwuchs. „Multiplayer“ bedeutet in der Gamerszene, daß mehrere Spieler vernetzt in einem Spiel spielen, und „Open World“ ist ein Trend in der Spieleentwicklung, der den Spielern innerhalb einer Spielwelt mehr Bewegungsfreiheit erlaubt. Die Bundeswehr ist also der Meinung, wer Spaß daran hat, mit Kumpels exotische Gegenden zu erforschen und auf alles zu ballern, was sich bewegt, der kann das doch viel besser in den afghanischen Bergen und Wüsten oder in einem afrikanischen Dschungel tun. Nee, was ist das für ein Spaß in der kämpfenden Truppe, und Bezahlung gibt es noch dazu. Und wenn man abgeschossen wird, gibt’s einen Reset-Button und man kann von vorn anfangen – oder etwa nicht?

Nicht die Gamer sind naiv – die Bundeswehr ist es, die Schein und Sein offenbar nicht unterscheiden kann und ihre Einsätze für spielerischen Zeitvertreib hält. Jedenfalls verkauft sie sich so.

Gamescom (1)

Videbitis: „Guten Tag. Bin ich verbunden mit dem Ministerium für unnütze Ausgaben?“
Dr. Gibaus: „Guten Tag. Ministerialdirigent Dr. Gibaus am Apparat. Was kann ich für Sie tun?“
V.: „Ich habe da mal eine Frage zur Gamescom in Köln in der letzten Woche. Da wurden am Rhein an Brücken, Pontons und einigen Häusern blaue Neonröhren angebracht …“
Dr. G.: „Ja, eine sehr schöne Arbeit, das hat viel Spaß gemacht, das für nur fünf Tage umzusetzen.“
V.: „Genau, für nur fünf Tage Neonröhren am Rhein, und der Spaß hat 250.000 Euro gekostet.“
Dr. G: „Wir hätten gern mehr ausgegeben, aber Sie wissen ja, wie das ist.“
V.: „Nein. Woran lag’s? Der Ministerpräsident Erwin Laschet und Oberbürgermeisterin Reker haben sich doch ganz begeistert gezeigt. Und sogar die Staatsministerin für Digitales aus der Hauptstadt war anwesend.“
Dr. G.: „Armin. Armin Laschet. Erwin ist der, der in Wuppertal eine Herrenbutike eröffnen will. Gut, kann man sich für Armin auch gut vorstellen (hehe) … Zu Ihrer Frage: Die Politiker haben natürlich nur die allergeringste Ahnung, worum es da geht, nur irgendwas mit Computern und Spielen. Sie sehen allerdings die steigenden Besucherzahlen: 370.000 in diesem Jahr, mehr als jemals zuvor, über 1.000 Aussteller, 70 Prozent davon aus dem Ausland, und die müssen alle essen und trinken, viele übernachten in der Stadt, alle fahren mit der KVB – was das für Geld in die Stadt spült … sagenhaft! Wie damals mit den Knochen, für die sie den Dom gebaut haben. Und da der Vertrag zwischen der Kölner Messe und den Betreibern demnächst ausläuft und neu verhandelt werden muß, haben die Politiker große Sorge, daß die Gamescom abgeworben wird. Hat Köln ja auch gemacht vor zehn Jahren, vorher war sie in Leipzig.“
V.: „Und die Neonröhren …“
Dr. G.: “ … sind ein Zeichen an alle Besucher, wie gern wir sie haben, und daß wir bereit sind, was für sie zu tun.“
V.: „Ja, aber hätte man das Geld, immerhin eine Viertelmillion, nicht woanders besser … denken Sie doch nur an die vielen maroden Schulen in Köln, wo sogar die sanitären Anlagen dermaßen hinüber sind, daß die Kinder lieber aufs Trinken verzichten oder zum Pinkeln nach Hause gehen.“
Dr. G: „Schlimm. Aber das sollte man nich gegeneinander aufrechnen. Schwimmbäder und Theater werden auch subventioniert, da könnte man auch mit verstopften Klos kommen.“
V.: „Das stimmt, aber Schwimmbäder und Theater dienen der körperlichen und geistigen Ertüchtigung, während die zusätzliche Beleuchtung des Rheinufers reine Dekoration ist.“
Dr. G.: „Und deswegen ist es ja auch eine Aktion unseres Ministeriums. Sonst wäre die Angelegenheit ja bei der Kultur, oder der Gesundheit, oder was weiß ich.“
V.: „Was macht Ihr Ministerium denn sonst noch?“
Dr. G.: „Viel müssen wir nicht machen. Leider erleben wir immer wieder, wie andere Ministerien Ausgaben tätigen, die eigentlich in unser Ressort fallen. Allerdings haben wir einen großen Vorteil: Unsere Vorhandensein rechtfertigt sich durch sich selbst. Oder können Sie mir eine Abteilung nennen, die für uns finanzielle Mittel bereitstellt, außer dem Ministerium für unnütze Ausgaben? Wenn es uns also nicht gäbe, dann gäbe es uns gar nicht. Und das kann ja nun keiner wollen, schließlich verdienen wir unseren Lebensunterhalt hier. Wir fördern den Braunkohleabbau, den Straßen- und Brückenbau durch Naturschutzgebiete, und zur Not haben wir noch ein paar hübsche Autobahnbrücken, die wir anschlußlos in die Gegend stellen können. Und dann müssen wir uns ja wieder Aktionen für die nächste Gamescom ausdenken.“
V.: „Ah ja. Danke für die Auskunft. Auf Wiederhören.“

Breite Str.

Zu keiner Zeit sieht man die deutsche Nationalflagge so oft wie zur Zeit einer Fußballweltmeisterschaft. Ich habe schon Autos gesehen, die waren dermaßen damit verziert, mit sechs Wimpeln an den Scheiben und an den Außenspiegeln und den Stoßstangen mit entsprechenden Überziehern geschmückt, daß ich erwartete, daß nun mindestens der Bundepräsident im Fond des Wagens sitzt und huldvoll winkt. Ich schlage also vor, daß man die Flagge in „Fußballnationalflagge“ umbenennt. Der Bundespräsident muß sich dann natürlich entsprechend anpassen und sich Fußballpräsident nennen, das käme bestimmt sehr vielen Leuten entgegen. Steinmeier – ein ehrenwerter Mann – ist dann freilich nicht mehr die richtige Personalie. Ich schlage Toni Schumacher vor: Nein, nicht, weil er aus Köln kommt, sondern weil er immer genau das sagt, was er gerade denkt, das spricht doch wirklich für ihn, vom Inhalt mal ganz abgesehen. Die Fußballnation mag das, weshalb er zur Zeit oft in Talkshows auftritt und viel beklatscht wird. Was ein Bundespräsident sonst so von sich gibt, ist sowieso ohne Belang. Und der Toni würde sich garantiert über Pfeffer- und Salzstreuer in den Bundesfarben freuen, auch wenn das bedeutet, daß er sich sein Essen aus sechs verschiedenen Mühlen würzen muß – jedenfalls, wenn gerade Weltmeisterschaft ist und alle Leute zugucken. Sonst natürlich nicht, so blöd ist der nun auch wieder nicht.

Was macht eigentlich der allseits beliebte Jogi Löw nach dem frühen Ausscheiden der Nationalmannschaft, heute Abend? Die Pfeffer- und Salzmühlen sind nicht personengebunden … gut, man weiß nicht genau, wo der gerade wieder seine Hände gehabt hat.

Konrad-Adenauer-Ufer

Am Wochenende fand in Köln die 20. Bierbörse statt. „Bierbörse“ – das hat mit einem Börsengeschehen soviel zu tun wie ein Wochenmarkt, nämlich gar nichts. Aber als in den 80er Jahren die erste Bierbörse in Leverkusen veranstaltet wurde, fand man das wohl schick, und inzwischen ist der Begriff sogar patentrechtlich geschützt.

Bierbörsen gibt es zur Zeit in über 20 Städten, allerdings nicht innerhalb einer Art Tournee, sondern als Franchise-Modell, es kann also durchaus vorkommen, daß mehrere Bierbörsen von verschiedenen Veranstaltern gleichzeitig stattfinden. Die Kölner Bierbörse fand in diesem Jahr direkt am Rhein statt – für uns ein Grund, sofort hinzugehen.

Angeboten werden hauptsächlich Biere von kleineren Brauereien aus dem In- und Ausland: Neben Klosterbrauereien gibt es Produkte aus dem Craft-Beer-Bereich, oder Biere, die eher lokal erfolgreich sind, wie das hervorragende Störtebeker-Bier aus Stralsund an der Ostsee. Belgische Biere sind stark vertreten – ich halte es ja für leicht pervers, aber es gibt Leute, die sowas gern trinken: Kirschbier, Schokoladenbier, Himbeerbier usw. Zum ersten Mal dabei war in diesem Jahr ein Stand der irischen Guinness-Brauerei – das mag ich zwar auch nicht, aber wo es das gibt, gibt es meist auch das nicht ganz so dunkle, sehr süffige und würzige Kilkenny. Sehr lecker!

Wirklich herrlich, hier zu sitzen – an dem einen Ende, zum Dom hin, war es so voll wie auf einem Jahrmarkt, zum anderen leerte es sich zusehends, mir völlig unverständlich, weshalb die Leute sich nicht mehr verteilen, aber sei’s drum, um so besser für uns. Auf der anderen Rheinseite sieht man übrigens den „Sitz des Blöden“ – nein nein, nicht das Weiße Haus …

… sondern die Freunde von Känguruhoden und anderen Unappetitlichkeiten.

Die großen Brauereien haben offenbar kein Interesse, sich an einem solchen Markt zu beteiligen, und das ist auch ganz gut so. Kölsch bekam man auch nicht – ich habe es nicht vermißt. Der Sänger der Heavy-Metal-Band „Iron Maiden“ sagte neulich, er habe einige seiner schlimmsten Katertage „dieser Plörre“ zu verdanken. Ich finde das ungerecht. Kölsch ist nicht gleich Kölsch – unter den vielen Marken fallen mir zumindest drei ein, die man recht gut trinken kann (wenn man kein Pils bekommt). Der Sänger weiter: „Die Hölle ist ein Ort, an dem es nur Männer gibt, die Kölsch trinken und wo am Ende eines spannenden Fußballspiels immer die Deutschen gewinnen.“ Nun – zumindest über Letzeres braucht er sich seit gestern keine Sorgen mehr zu machen.