Vernetzt Euch: Ausflug nach Eitorf

Vorbemerkung: Dies ist nicht nur ein ganz normaler Eintrag, sondern gleichzeitig Teil eines Experiments: Wenn man auf den verlinkten Begriff im Text klickt, kommt man zu einem Eintrag eines anderen Bloggers/Bloggerin, wo wiederum ein Begriff verlinkt ist, der zu einem anderen Blogeintrag führt. Macht man das neun Mal, landet man wieder bei mir. Viel Spaß!

30 Minuten mit der S-Bahn, und man ist in der schönsten Gegend, wo man wandern und Naturereignisse bewundern kann. Kopf an Hintern an Kopf an Hintern an Kopf … kommt mir irgendwie bekannt vor. Man steht da und wartet darauf, daß der Chef erscheint und einen auspressen will – gut, ein schiefes Bild, aber wenn man die Qualen der Lohnarbeit kennt, kommt man auf sowas.

Hier ist man bar aller irdischen Probleme: Im Begräbniswald Eitorf. Natürlich nur, wenn man zu den Verstorbenen gehört. Überhaupt bin ich der Meinung, daß es Verstorbenen gut geht: Sie haben den unerquicklichen Akt des Sterbens hinter sich und brauchen sich keine Sorgen mehr zu machen. Sorgen machen sich nur die Angehörigen. Wer trauert, bedauert in erster Linie sich selbst. Damit will ich nicht sagen, daß Trauer egoistisch ist: Der Tod ist ein Affront, so empfinde ich das jedenfalls, wenn ein geliebter Mensch aus dem eigenen Leben einfach so verschwindet, ist das ein Schlag, den man erstmal verwinden muß, manche schaffen es nie. Der Verstorbene selbst hat nichts mehr damit zu tun. Neulich sah ich in der Zeitung bei den Todesanzeigen eine Erinnerungsanzeige: Zum 11. Todestag, für immer Dein! – stand da. Das macht der Angehörige vermutlich jedes Jahr. Aber ob er wirklich glaubt, die Seele seiner Frau sitzt im Himmel und liest den Kölner Stadtanzeiger? Wohl kaum, das macht er für sich – was übrigens auch völlig in Ordnung ist, er muß ja niemandem irgendetwas beweisen oder sich rechtfertigen.
Um mit dem Verlust klarzukommen, ersinnen die Menschen die verschiedensten Rituale, die den Vorgang erleichtern sollen. In Deutschland ist das – wie sollte es anders sein – gesetzlich geregelt und heißt „Friedhofsverordnung“. Noch vor gar nicht langer Zeit mußte ein Verstorbener ordentlich auf einem der kommunalen Friedhöfe beerdigt werden. Die Verordnung gilt eigentlich noch immer, allerdings hat man die Bedeutung des Begriffs „Friedhof“ erweitert, inzwischen sind auch bei uns See- oder, wie hier, Waldbestattungen erlaubt.

Der Begräbniswald in Eitorf ist der erste öffentlich-rechtliche Begräbniswald Deutschlands und nennt sich „Oase der Ewigkeit Deutschland GmbH“ – die Ewigkeit dauert hier 30 Jahre, es sei denn, jemand verlängert den Vertrag. Die Vertragskonditionen sind nach Stufen geregelt: Wer seine Asche einfach so zwischen den Bäumen verstreuen läßt, braucht bloß 590 Euro zu bezahlen. Wer an einem Gemeinschaftsbaum ohne Urne unter der Erde bestattet werden will, inklusive Namensschildchen am Baum, bezahlt 698 Euro, die Luxusvariante, ein eigener Baum inklusive vier Ascheplätze für Familienmitglieder kostet 1.890 Euro – gegen die durchschnittlichen Bestattungskosten auf einem normalen Friedhof von 6.000 Euro immer noch ein Schnäppchen.
Ich halte es mit dem Philosophen Epikur: „Das schauerlichste Übel also, der Tod, geht uns nichts an; denn solange wir existieren, ist der Tod nicht da, und wenn der Tod da ist, existieren wir nicht mehr.“ Ich hätte nichts dagegen, wenn mit meiner Asche im Winter die Gehwege sicherer gemacht würden.

Angenehme Tage

Was für eine gute Idee: Ein Adventskranz mit integriertem Mülleimer. Da kann man schön gleich alles entsorgen, was man vom Gabentisch nicht braucht. Das Geschenkpapier, meine ich natürlich. Was habt ihr denn gedacht? Zufällig kommt mir die Frage in den Sinn, ob eigentlich noch Krawatten verschenkt werden? Wahrscheinlich nur in Beamten- und Politikerkreisen, Banker und Manager fallen mir auch noch ein, aber sonst …
Noch ein Tipp für die Männer: Frauen lieben es gar nicht mehr, wenn Küchenmaschinen auf dem Gabentisch liegen – es sei denn, sie haben sie selbst gekauft, als Geschenk für ihren Mann. Wie es sich mit der klassischen Kittelschürze verhält, weiß ich nicht, allerdings rate ich auch hier eher ab, die Wahrscheinlichkeit ist groß, daß sie mit dem Papier in der Tonne entsorgt wird.

Allen Freunden und Lesern dieses Blogs geruhsame Festtage!

Vorweihnachtliche Impressionen

In der Stadt kann man zur Zeit der Weihnachtsinszenierung nicht entkommen. Es muß Weihnachtsstimmung entstehen, damit die Leute kaufen – die Tageszeitung hat heute bereits Alarm geschlagen, daß die Umsätze hinter denen des letzten Jahres zurückbleiben. Ein Wochenende hat man noch, die Geschäftsleute beten zum Heiligen Penunzius.

An den Besuchern kann es nicht liegen: Eine eigentlich wichtige vierspurige Straße zwischen Dom und St. Andreas wird jedes Wochenende abgesperrt, damit die Busse die Millionen zahlungskräftigen Gäste aus Benelux und Großbritanien unbeschadet und möglichst nah an Weihnachtsmarkt und Einkaufmeile abladen können.

Frauen machen auch mit beim stimmungsvollen Verkleiden, jedenfalls wenn sie sich nicht wehren können.

Zig Poller, die den Bürgersteig von der Straße trennen, tragen eine Weihnachtsmütze – ob da jemand ein Gesetz erlassen hat? „Im Dezember haben alle Straßenpoller rote Zipfelmützen zu tragen. Eine Zuwiderhandlung wird mit einer einstündigen Zwangsbeschallung von „Odufröhliche“ bestraft.“ Gut, da wäre ich auch einer der ersten, der ein Mütze kauft.

Über Köln verteilt gibt es 111 öffentliche Krippen, die man auf dem sogenannten Krippenweg ablaufen soll (zwischendurch natürlich schön viel Essen und Trinken und Geschenke einkaufen und im Hotel übernachten – süßer die Kassen nie klingeln). Angeblich ist diese Krippe, die 2005 zum ersten Mal zu sehen war, die beliebteste: Das zu 90% zerstörte und abgebrannte Köln 1945. Da freut man sich doch besonders, wie gut es einem inzwischen geht, stärkt sich mit einem Hamburger und einen Kaffee to go, bevor man zum Weihnachtsmarkt schlendert, erstmal eine Bratwurst essen.

LED-Birnchen machen es möglich: C&A versucht die Aufmerksamkeit der potentiellen Kunden mit künstlichen Schneeflocken zu fangen.

Einem Gast der „Christmas Avenue“, des ersten schwul-lesbischen Weihnachtsmarktes, hat die Wurst offenbar nicht geschmeckt – ob ihm von den metallisch glänzenden Folien, in die alle Buden hier eingepackt sind, schlecht geworden ist?

Eine knappe Woche noch, dann ist erstmal wieder Ruhe … bis Syilvester. Und dann „freuen“ wir uns schon wieder auf Karneval (wo sind meine Ohrstöpsel?).

Barbarossaplatz

Als ich vor knapp 30 Jahren nach Köln gezogen war, war ich überrascht, daß alle Gaststätten pünktlich um 1.00 Uhr die Rollläden herunterließen. Die Straßen waren leer, nur vereinzelt torkelten ein paar Zecher über die Bürgersteige. Selbst in der Stadt, aus der ich kam, gab es zum Wochenende längere Öffnungszeiten. Wie ich inzwischen weiß, gab es durchaus Spelunken, wo hinter dem Rolladen kräftig weiter gebechert wurde, und wenn man zu den Eingeweihten gehörte, konnte man sich mit einem Klopfzeichen Einlaß verschaffen. Aber die meisten Kneipen, Szenelokale und auch die Touristenfallen in der Altstadt waren sorgsam darauf bedacht, um 1 Uhr alles geschlossen zu haben, da half kein Betteln und kein Flehen. Damals fand ich das total provinziell – heute sehne ich mich manchmal danach zurück. Heutzutage wird die ganze Nacht gefeiert, die Kneipen und Discos schließen erst in den frühen Morgenstunden, auch viele Imbisse haben sich angepaßt. Daß ein Geschäft aber überhaupt nicht mehr schließt am Wochenende, ist neu. Wann gibt es endlich den ersten 24-Stunden-Supermarkt? Nur für den Fall, daß ich mal morgens um 5 Hunger bekomme auf einen Joghurt.

Sachsenring

Immer wieder sieht man seit kurzer Zeit dieses „wilde“ Plakat – wild deshalb, weil kein Verantwortlicher angegeben ist und bei der Stadt wohl auch nicht um Erlaubnis gefragt wurde. Außerdem kleben sie überall, nur nicht an Plakatwänden und Litfaßsäulen. Die Gestaltung folgt einem großen Vorbild, das ich zufällig und aus aktuellem Anlaß neulich im TV gesehen habe:

Meistens wird der als Nestbeschmutzer beschimpft, der auf den Schmutz hinweist, nicht der, der ihn verursacht hat. Edward Snowden hätte jedes Asyl verdient für seine Aufklärung, daß es in Deutschland aber so weit kommt, darf bezweifelt werden, unsere Politiker sind viel zu feige, gegen die Amerikaner selbstverständliche demokratische Grundsätze durchzusetzen, wenn es denen ungelegen kommt. Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr.

Mediapark

Manchmal hört man ja den Spruch: Das ist so blöde, daß es schon wieder gut ist! Ich kann das meistens schlecht nachempfinden, blöd bleibt für mich blöd, auch wenn ich kurz darüber lachen muß. Was ich aber durchaus verstehe, ist, wenn jemand sagt: Das ist so blöde, das muß man gesehen haben. „Muß“ man natürlich auch nicht, aber ich weiß, was damit gemeint ist.

Insgesamt wird in Deutschland ein Umsatz von bis zu 5 Milliarden Euro mit Weihnachtsmärkten gemacht. 5.000.000.000,00 Euro pro Jahr! Da ist es verführerisch, noch ein paar Märkte mehr aufzumachen, wie z.B. hier im Mediapark.

Der Mediapark wurde von 1987 bis 2004 auf einem alten Bahngelände errichtet, und der Platz, den die hochgezogenen Gebäude umstehen, ist so, wie viele Plätze, die nicht gewachsen, sondern am grünen Tisch geplant worden sind: Unwirtlich, kalt und zugig. Wäre nicht in einem Gebäude der Cinedom mit seinen vielen Kinosälen untergebracht, man wüßte kaum, was man in dieser Gegend sollte. Stilbewußt hat man also die Weihnachtsbäume der Umgebung angepaßt.

Der Weihnachtsmarkt steht unter dem Motto … irgendwas mit „alpin“. An einer Bude gibt es Manner-Waffeln, an einer anderen Wiener Würstl, und in der lauten großen Bretterbude (oder nennt man das „Hüttn“?) wahrscheinlich „a Gaudi“, oder was der Kölner sich darunter so vorstellt.

Während von einer Bühne Volkmusik erklingt – allerdings lateinamerikanische, da hat wohl jemand bei der Buchung der Truppe nicht aufgepaßt – werfen wir einen Blick auf ein typisch Weanerisches Kaffeehaus – und ergreifen die Flucht.

Holzmarkt

Und hier, persönlich von mir ausgewählt und preisgekrönt: Der dümmste und absurdeste Weihnachtsmarktartikel, den ich je gesehen habe. Was soll man damit bloß machen? Als Kaminholz ist es doch ein wenig teuer …

Für 12 Euro kann man wahlweise den Dom abfackeln – ach, ich weiß nicht, ich glaube, darauf verzichte ich auch.

Venloer Str.

Ein Café/Kneipe, wie ich es von früher kenne: Das Mobiliar sieht aus wie von Haushaltsauflösungen zusammengeklaubt, insgesamt herrscht der Stil der Stillosigkeit vor, etwas, was ich mit Lockerheit und Gelassenheit verbinde. Mir gefällt sowas, ich finde es gemütlich im „Weltempfänger“. Es gibt selbstgemachten Kuchen, sehr lecker, und vegetarische Suppen und Salate, auch aus eigener Herstellung. Und kinderfreundlich ist man hier natürlich auch – muß man heutzutage sein, sonst kommt die Moralpolizei. Wenn Kinder laut sind, ist das kein Lärm, das ist per Gesetzt so festgelegt (kein Scherz). Wenn Kinder also in einem Café lärmen äh, Geräusche mit einer hohen Schallintensität verursachen, dann darf ein Elternteil leise bitten: „Bitte, Luca-Finn-Elias, wärst du so lieb und spielst etwas leiser mit Lara-Maya-Mia? Mama und Papa wollen sich unterhalten.“ Wenn Maximilian-Ben-Jonas dann laut „Nee!“ brüllt, hat sich die Angelegenheit erledigt, da kann man nichts machen. Und man darf sich auch nur klammheimlich freuen, wenn die Kleinfamilie 10 Minuten später das Café verläßt, sonst ist man ein Kinderfeind.

Aachener Str.

Wenn der innere Grüngürtel von Köln wirklich ein Gürtel wäre, der eine Hose halten soll, dann würde die ständig auf den Fußknöcheln hängen. Der Grüngürtel wid nämlich überall da durchschnitten, wo der Autoverkehr es nötig macht, zum Teil mit einer sechsspurigen Straße und zusätzlichen Straßenbahngleisen in der Mitte. Da man für Fußgänger, Jogger und Wanderer trotzdem ein zumindest einheitlich erscheinendes Gebiet schaffen wollte, sorgte man für unkomplizierte Übergänge – sollte man jedenfalls vermuten. Hier am vielbesuchten Aachener Weiher kann man die ersten drei Fahrspuren mit Hilfe einer Fußgängerampel überqueren. Dann allerdings soll man ca. 500 Meter stadteinwärts gehen, an der Kreuzung die anderen Spuren überqueren, und wieder 500 Meter zurück gehen, zum Anschlußpunkt des Grüngürtels – ein kleiner Umweg von ca. einem Kilometer.

Das macht natürlich kein Mensch, wie man an dem breit ausgetretenen Trampelpfad im Gras sehen kann, selbst Fahrräder und mehrsitzige Kinderwagen werden über die Absperrung und die ungesicherten Gleise und Fahrspuren gehoben. Diese Gefahrenquelle für Unfälle hatte man bereits bei der Einrichtung der Ampelanlage gesehen – man ist ja nicht dumm. Das war vor 38 Jahren (in Worten: achtunddreißig). Gut, man hat ja auch viel zu tun, erst ist Karneval, dann gehen alle in Urlaub, dann kommt eine Erkältung, und schon ist das Jahr wieder um. Nun hat man endlich ein wenig Zeit gefunden, aber, oh je, da steht in ein paar Metern Entfernung so ein kleines Betonhäuschen der Straßenbahn, das ganz eventuell die Sicht ein bißchen behindern könnte – das geht natürlich gar nicht, viel zu gefährlich, wenn da was passiert, nicht auszumalen! Eine Umsetzung kostet nochmal 80.000 Euro zusätzlich, die muß der Rat erst bewilligen, aber dann, bis Juni/Juli könnte man fertig sein – ich vermute, im Jahr 2051.

Lindenstr.

Labude, Labude … woher kenne ich diesen Namen? Ah – ich weiß: Labude heißt der beste Freund von Fabian. Er hat sich selbst aufgrund eines bösen Scherzes, den sich jemand mit ihm geleistet hat, umgebracht. Also jetzt nicht wegen des Scherzes, sondern weil er nicht wußte, daß es einer war. Fabian ist die Hauptfigur im gleichnamigen Roman von Erich Kästner aus dem Jahr 1931, seinem Erstling. Die Handlung spielt – in Berlin – genau zu der Zeit, also am Ende der Weimarer Republik und am Vorabend der Machtergreifung durch die Nazis. Jakob Fabian versucht, inmitten der Unübersichtlichkeit der gesellschaftlichen Situation ein moralisch integerer Mensch zu bleiben: Auf der einen Seite die durch die Weltwirtschaftskrise ausgelöste Not vieler Leute, eine hohe Arbeitslosigkeit, gesellschaftliche Verwahrlosung und Hunger, auf der anderen das vergnügungssüchtige Treiben der roaring twenties, und dazwischen die ausufernden Straßenkämpfe zwischen Kommunisten und Nazis. Man kann sich vorstellen, wie das für Fabian ausgeht, besonders, wenn man weiß, wie Kästner den Roman eigentlich nennen wollte: „Der Gang vor die Hunde“. Dem Verlag klang das zu pessimistisch, außerdem wurde ein Kapitel wegen angebliche zu sexueller Freizügigkeit gestrichen. Das hinderte die Nazis zwei Jahre später nicht daran, den Roman als entartet und pornographisch zu bezeichnen und ihn während der Bücherverbrennung auf den Scheiterhaufen zu werfen.
Ein gutes Buch, sehr zu empfehlen. Erst seit diesem Jahr gibt es eine vollständige Ausgabe im Atrium-Verlag unter dem Originaltitel.