Wandern auf dem Goldsteig: Ankunft und 1. Etappe

Bayern besteht aus sieben Regierungsbezirken: Niederbayern, Oberbayern, Schwaben, Mittel-, Ober- und Unterfranken und die Oberpfalz. Der Goldsteig führt durch die Oberpfalz, ungefähr parallel zur tschechischen Grenze. Der Startpunkt Marktredwitz liegt aber noch – oh Wunder!- in Franken.

Wieso ‚oh Wunder‘? Unser Hotelgastgeber klärt uns auf: Die da in Bayern hätten nur keinen Ort mit Bahnanschluß gefunden, sonst hätten die eine Stadt in Franken niemals nicht berücksichtigt. Franken und Bayern, das passe einfach nicht zusammen, die einen seien evangelisch, die anderen katholische, die einen wählten SPD und trinken Wein, die anderen CSU und Bier usw.
Ich erinnere mich: Nach der Neuordnung der Länder 1803 durch Napoleon wurde die Region Franken, die heute ungefähr ein Drittel der Fläche von Bayern ausmacht, größtenteils dem Königreich Bayern angegliedert. Die Bewohner wurden natürlich nicht gefragt. Aus dieser Zeit rührt die wechselseitige Antipathie, die allerdings auf fränkischer Seite größer und bitterer ist, vermute ich, denn die Landeshauptstadt München, wo das Geld für Investitionen herkommt (oder eben auch nicht), liegt im alten Bayern.

Der Ort hat nette Ecken, leider Ruhetag. Macht nix, wir müssen eh früh ins Bett.

Am nächsten Morgen geht’s los: Wir müssen dem gelben Zeichen folgen. Allerdings gehen wir nicht bis Passau, sondern ’nur‘ ca. 180 km. Danach gibt es auch keinen Gepäcktransfer mehr, die weitere Strecke ist also eher was für Profis. Goldsteig, die Bezeichnung stammt nicht wie bei Schluchtensteig, Siegsteig, Eifelsteig usw. von einer topografischen Beschreibung, sondern, wie unser leicht boshafter Hotelier weiß, von einer Käserei mit dem Namen „Goldsteig“, die den Wanderweg gesponsert hat. „Ham Sie GPS dabei? Seins bloß vorsichtig, da ham sich schon welche verlaufen“, gibt er uns noch mit auf den Weg – tatsächlich bin ich noch nie auf einem besser ausgeschilderten Weg gewandert.

Der Ort entläßt uns dagegen mit Küßchen in einem kleinen Park …

… und lustig angemalten Häusern.

Das erste von dutzenden Kreuzen, die am Wegesrand stehen, immer in dieser Paarung: Oben der Gekreuzigte, unten drunter seine meist händeringende Mutter. Scheint eine Spezialität der Gegend zu sein.

Gut, daß es nicht regnet.

Nach dem ersten anstrengenden Anstieg ein Ausflugslokal, unser Wanderführer hatte es schon angezeigt, hurra, Kaffee, Kuchen …

… „Mittwoch Ruhetag“ – oh no! – ratet, welcher Tag gerade ist.

Man kann nicht immer Glück haben … nanu, wie kommen die Externsteine hierher?

Natürlich sind sie es gar nicht, auch wenn die Wollsackverwitterung und die steilen Treppen an sie erinnern. Das hier war mal eine Burg, Burg Weißenstein, fast 1.000 Jahre alt, aber bereits seit 500 Jahren dem Verfall überlassen. Erst vor ein paar Jahren hat eine Initiative dafür gesorgt, daß man über steile Treppen wieder auf den Turm steigen kann …

… von dem man einen schönen Ausblick in die Gegend hat. Manchmal werden hier Musik- und Theaterstücke aufgeführt – also jetzt natürlich nicht auf dem Turm …

… sondern auf dem Gelände, wo auch diese imposante, überlebensgroße Bronzeplastik steht, die die Erde verkörpern soll.

Wenn man in Friedenfels, unserem Etappenziel nach moderaten 17 km, auf den Bus wartet, kann man sich auf diese kommunikativen Bänke setzen, um schnell anderen Leuten nahe zu kommen. Allerdings ist niemand zu sehen.

Immerhin, das Restaurant hat geöffnet. Einmal im Monat wird hier sogar Slowfood angeboten. Der Koch, gleichzeitig der Besitzer und Kellner, hat einen etwas eigenen Humor, den man einfach hinnehmen sollte: „Ein Pils wollen Sie? Ja, dann gehen Sie doch nach drüben!“ Gemeint ist die Tschechische Republik ein paar Steinwürfe weiter. Schließlich bringt er doch ein Pils aus der ortseigenen Brauerei, die sich übrigens im selben Haus befindet. Das war nur ein Witz von vielen, die wir über uns ergehen lassen mußten, aber als Koch ist er ein Meister seines Fachs.

Eine saisonale Biersorte heißt „Friedenfelser Karpfentrunk“ – ich bin mir nicht sicher, ob ich das wirklich trinken möchte.

Fortsetzung folgt.

11 Gedanken zu “Wandern auf dem Goldsteig: Ankunft und 1. Etappe

  1. genotypa

    wow, welch schöner wanderweg. die oberpfalz kenne ich auch ein wenig von demos in 1986, ist lange her. seid ihr auch in wackersdorf vorbei gekommen?
    das foto mit dem angemalten reißverschluß ist toll, eine feine idee.

    Like

      1. genotypa

        wow, die 30 km hättest du leichten schrittes bewältigen können. 😉
        dort wurde nach dem aus für die waa eine kartbahn gebaut, habe ich auf youtube gesehen.
        dafür hat man die vielen schönen und alten bäume gefällt. verdammt.

        Like

  2. Es gibt Leute, die wandern (freiwillig) und steigen dann auch noch einen Turm hoch?!- Respekt! Allerdings bei der Aussicht wohl vielleicht auch die Quälerei wert.

    Das Reißverschlußhaus ist ja wirklich der Inbegriff der Scheußlichkeit. Muß aber mit dem Heuballen-Bier um Platz 1 dieser Kategorie kämpfen. Wobei ich auch gleich noch die Erden-Skulptur, die aussieht wie aus einem drittklassigen Fantasygame entstiegen, ins Rennen schicken würde.

    Die Bänke dienen vermutlich weniger der Kommunikation, sondern eher dem Hochlegen von wandermüden Füßen. Vielleicht auch dem in Sichtweise Abstellenkönnen von Gepäck, man weiß ja nie, so nah an „drüben“, verstehn’s?

    Like

    1. Videbitis

      Da wandert man stundenlang durch Wälder und Hügel, steht schließlich vor einem Turm – und geht dann nicht hoch, sondern läßt ihn links liegen? Gib zu, das wäre doch ziemlich dämlich.;-)

      Ich mag den Reißverschluß. Gut, es kann natürlich sein, daß sich dahinter ein Scherzbold verbirgt, den man lieber nicht in seiner Familie haben möchte. Frau Erde hat immerhin die Haare schön (*summ summ* die Haare schön die Haare schön).

      Like

Hinterlasse einen Kommentar