Glück

Man könne Glücksgefühle nicht kaufen, wird da behauptet, aber wenn man eine neue Brille erwerbe, komme man nah heran. Und was machen Leute, die keine Brille brauchen? Nicht verzagen …

… Kaffee trinken. Tja, wer den auch nicht mag, hat Pech gehabt. Oder er geht in den Baumarkt und kauft sich ein paar Dosen Spray-Farbe:

In korrektem Englisch müßte da stehen: „Graffiti make happy. You don’t!“, aber wir wissen, was gemeint ist. Nun, für den Künstler mag das stimmen. Ich bevorzuge allerdings ein Stück schwäbischen Apfelkuchen von Café Braun, oder ein Stück Zartbitterorangenschokolade von Lindt, oder ein gut gekühltes Pils an einem lauen Sommerabend. Glück ist vielleicht die falsche Bezeichnung für das Gefühl, das sich dann einstellt, es ist eher eine tiefe Zufriedenheit. Glück halte ich für völlig überbewertet: Glück erhält seine eigentliche Qualität dadurch, daß es meistens abwesend ist. Und wer sich das bewußt macht, läuft Gefahr, sich für überwiegend unglücklich zu halten, was ja – rein quantitativ gesehen – auch stimmt. Dauerhaftes Glück ist eine Erfindung der Werbeindustrie, damit wir ständig und ohne Unterlaß das versuchen, was dieses Geschäft schon mit seinem Namen verspricht:

Zufriedenheit ist mir lieber. Außerdem habe ich nicht so viel Platz in meinem Kleiderschrank.

26 Gedanken zu “Glück

  1. Happiness und luck ist vor allem ein Riesenunterschied.
    Luck ist eher das deutsche „Schwein“, das man hat, wenn man z.B. kurz vor dem Gewitter noch nach Hause kommt. Wenn einen dort dann Tee und ein gutes Buch und noch was Leckeres zu futtern erwartet, es außerdem gemütlich ist und man die Nachbarn nicht hört, dann kommt das Glück sehr nahe. Oder Zufriedenheit. Oder wie auch immer…

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    1. Ja, ist doch merkwürdig, daß die englische Sprache mit ihrem schmalen Wortschatz zwei treffende und differenzierende Begriffe dafür hat, während es im Deutschen nur einen dafür gibt. Vielleicht glaubt man hier, daß, wer Glück hat, gefälligst auch glücklich sein soll. Dabei ist es doch eine Binsenweisheit: Wer das Glück hat, reich zu sein, ist deswegen nicht unbedingt glücklicher als die, die es nicht sind.

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      1. Die englische Sprache hat für alles immer mehr Wörter als die deutsche. Alleine das Wort „springen“, das ist wirklich unglaublich, wieviele englische Begriffe da zusammen kommen. Und im Deutschen hüpft es mal und es springt es und das war es dann auch. Im Englisch aber kann es bouncen, jumpen, pancen, leapen, dashen, skipen und springen etc.

        Zum Glück gibt es auch noch bliss. Wo der Unterschied zwischen bliss und happiness ist, hab ich nie in Erfahrung bringen können.
        Dann noch Joy und Serendipity und die Sache wird rund. Ok, Joy ist Freude, aber für den glückhaften Zufall gibt es im Deutschen auch kein Wort, oder?
        Vielleicht liebe ich Englisch deswegen so sehr. Allerdings macht das Ganze Übersetzungen schwierig. Immer auf der Suche nach dem treffenden Wort. Vieles ist aber Gefühlssache.

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  2. schöner beitrag, danke.

    in der amerikanischen verfassung wird sogar das streben nach glückseligkeit verfassungsgemäß garantiert.
    wenn aber bedenkt, dass in den usa ca. 250 millionen waffen in privater hand sind, streben sie noch immer nach glückseligkeit ohne sie je zu finden können.
    ausserdem soll glück ein sehr flüchtiger moment sein, den man nicht festhalten kann.
    jetzt bin ich zufrieden mit meinem kommentar. 😉

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    1. Freut mich!
      Neulich habe ich mir aus Bequemlichkeit ein Stück Kuchen bei „Schmitz & Nittenwilm“ (oder so ähnlich) gekauft, das ist die Bäckereikette, die ganz ordentliche Brötchen hat: Nie wieder! Er war klitschig und nur süß, halb so groß wie ein Kuchen von Café Braun und fast genau so teuer und lag schwer wie ein Stück nasser Torf im Magen. Kuchen ist Menschenrecht und will pfleglich behandelt werden;-)

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      1. Ürgs… stimmt… bei dieser Kette hatte ich auch mal eins gekauft und es war auch mir pappen süss… nicht meins!
        Ich muss mal zu „Deinem Café“ gehen…
        Lach… das ist schön… KUCHEN IST EIN MENSCHENRECHT…😁😁😁😁
        Stimmt aber zu 100%!!!

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    1. In dem Laden war gerade midseason sale, Du verstehst.
      Es wird immer schlimmer mit dem Englischen, in den angesagten Vierteln in Berlin ist die Außenwerbung für Cafés nur noch auf Englisch. Und das schwappt jetzt so langsam in andere Großstädte.

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          1. …natürlich werden positive Beispiele vorgestellt, man will ja den Gedanken bewerben…doch es ist auch in Ordnung, wenn ein Mensch sich vor den Fernseher setzt und erst einmal nichts tut; jahrelange geistige Vergewaltigung durch Schule, Umfeld, Arbeit hinterlassen Spuren, so dass so mancher gar nicht in der Lage sein wird, seine neu gewonnene Freiheit auch schöpferisch zu nutzen. Ich denke, darüber müsste gesprochen werden, wenn man den Gegnern eines Grundeinkommens, die argumentieren, dann wird niemand mehr arbeiten usw. klar machen will, das auch ein solches Verhalten normal ist.
            Es gibt ja die Erfahrungen, die Alexander Neill in Summerhill machte. Die längste Zeit, der ein Kind dem Schulunterricht fern blieb, waren drei Jahre. Das ist ziemlich lange. Die meisten Kinder besuchten nach einer kurzen Auszeit wieder die Schule. Es ist doch ein Grundbedürfnis des Menschen zur Gemeinschaft dazugehören wollen…

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            1. Ganz genau, so sehe ich das auch. Man muß erstmal wegkommen von diesem Kosten-Nutzen-Denken, in dessen Rahmen wir unser Leben verplanen und Termine abhaken. Einfach mal dasein, ohne (langfristig) drohende materielle Not, das ermöglicht doch erst, festzustellen, was man eigentlich will und gut findet.

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