Im Schnütgen-Museum (2)

Das Mysterium des Todes ist eine der Hauptantriebsfedern für Religion. In der christlichen Religion ist das „memento mori“ eine Warnung an die Lebenden: Bedenke, daß du sterblich bist, soll heißen: Lebe bescheiden und in Demut, denn der leibliche Tod ist der Beginn des eigentlichen Daseins, und je nachdem, wie du gelebt hast, kommst du entweder in den Himmel oder ins Fegefeuer. Und da der Mensch, das „krumme Holz“ (Kant), das alles gerne mal vergißt und den lieben Gott einen guten Mann sein läßt, hat man so kleine Memento-mori-Figuren gebaut, wie diese drastische Darstellung eines verwesenden Körpers, kunstvoll ca. 1520 aus Elfenbein geschnitzt. Die konnte man sich dann anschauen, wenn man der Meinung war, daß es einem eigentlich ganz gut geht, das holte einen dann auf den Boden der sterblichen Tatsachen zurück. Nee, diese Christen, was die sich so einfallen lassen …

Nett auch diese Paternosterkette aus Mexiko (ca. 1580), die ähnlich funktioniert wie ein Rosenkranz: Bei jedem Totenkopf betet man ein Vaterunser (=Paternoster), und wenn einem nach biblischem Trost zumute ist, klappt man einfach den Schädel auf …

… und kann sich Szenen aus dem Leben Jesu ansehen, der ja angeblich für uns gestorben ist, auch wenn ihn keiner darum gebeten hat und was sich darüber hinaus der Logik verschließt, aber darum geht’s ja nicht, es ist einfach schön, wenn man jemandem dankbar sein darf.

Psychologisch betrachtet haben die Figuren aber auch entlastenden Charakter: Seitdem die Menschen das Bewußtsein ihrer Sterblichkeit haben, haben sie Angst davor. Der Tod ist eine Erfahrung, die man nur einmal macht, das aber mit Gewissheit und nur ganz zum Schluß, bis dahin haben wir nur eine ungefähre angsterfüllte Ahnung davon. Dann kommt noch das Horrorszenario der christlichen Kirche hinzu, das sie uns verspricht, wenn wir nicht nach ihren Regeln leben – da kann es hilfreich sein, wenn wir den Tod in ein Bild, in eine kleine Skulptur bannen können.
Übrigens: Daß das heute häufig zu „memento mori“ erwähnte „carpe diem“ (frei übersetzt: Wenn du schon sterben mußt, genieße um so mehr den Augenblick) nicht christlichen Ursprungs ist, versteht sich fast von selbst, oder?

Das Schnütgen-Museum (für mittelalterliche Sakralkunst) ist sehr schön in der säkularisierten Kirche St. Cäcilien untergebracht. Im Chor fand an dem Abend ein kleines Konzert mit mittelalterlicher Musik statt – es ist mir ein Rätsel, wieso man nur knapp 30 Stühle aufgestellt hatte, was zu unschönen Szenen zwischen älteren Herrschaften führte, die sich um die Plätze stritten.

0 Gedanken zu “Im Schnütgen-Museum (2)

  1. 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀

    Salve!

    Beim ersten Foto dachte ich sofort auch an H.R.Giger.
    Seine Bilder find ich klasse!
    Kleine Auswahl hängt gerahmt in der guten AWTchen-Stube.
    (Hab mir deins – mit Verlaub – für’s private Archiv abgestaubt..:-)

    Tja. Deshalb habe ich schon vor mehreren Jahren verfügt,
    dass man mich einäschern soll. Möchte mich nicht dem Gewürm hingeben..;-)
    Wohin würdest du dich aktuell eher „zuordnen“?
    Himmel – Fegefeuer oder Hölle?..;-D

    💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀

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  2. wow, das sind schöne fotos. ja, die christen sind schon merkwürdig. leben bescheiden und in demut um dann in den himmel zu kommen, aber dafür muß man sterben.

    lieber jetzt feiern und dann einen guten abgang hinlegen, oder? 😉

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  3. Äch! Gut daß ich deinen Eintrag nicht zum Frühstück las.
    Das erste Bild ist ja gediegen.

    „Der Tod ist eine Erfahrung, die man nur einmal macht….“-vor dem Hintergrund lebt es sich natürlich ganz anders. Und immer das Damoklesschwert der Hölle, das über einem bammelt. Nee. Nee.

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  4. Ja, das war es, drei Leute, die auf einigen mittelalterlichen Instrumenten perfekt ebensolche Musik spielten, eine dreiviertel Stunde kann man sich das gut anhören und seinen Gedanken nachhängen.

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  5. Der Giger hat mal in einem Interview gesagt, wenn er seine Kunst nicht gehabt hätte, wäre er wahnsinnig geworden und in der Klapse gelandet – ein sehr schönes Beispiel dafür, daß man seine inneren Dämonen bannen kann, wenn man ihnen ein Gesicht gibt.

    Ins Fegefeuer kommen ja nur die Katholen. Und christlicher Himmel, christliche Hölle, das kann sich sehr ähnlich sein, nur mit anderen Tapeten an den Wänden. Eigentlich bin ich so harmlos, daß ich befürchte, automatisch in den Himmel zu kommen, aber wenn ich dann feststelle, daß es in der Hölle besseres Bier gibt, laß ich mir sofort was Böses einfallen.
    Und Du? Landest sofort in der Hölle, bei dem Namen und bei dem Verhalten in *hüstel* gewissen Naßzellen? Das glaubst Du jedenfalls, stimmt’s? In Wirklichkeit kommst Du in den Himmel und mußt ständig Schalmei spielen. Und das ist dann ja auch wieder irgendwie die Hölle. 😉

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  6. Die Christen können einem leid tun – erst versuchen sie sich die ganze Zeit zu bescheiden, schaffen es aber nicht und haben ein schlechtes Gewissen, um dann nach dem Ableben feststellen zu müssen, das gar nichts passiert und die Hölle nur eine Projektion der Pfaffen ist. Welch doppelte Enttäuschung.

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  7. Ja, das haben sie sich gut ausgedacht. Andererseits: Ist der Ruf erst ruiniert … vielleicht haben sie sich deshalb das Beichten einfallen lassen, da hat man erstmal wieder eine weiße Weste und eine neue Chance, Demut gegenüber den Kirchenherren zu zeigen.

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  8. 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀

    Servus!

    Der Teufel pinkelt sicher auch im Stehen! Wetten!!?..;-D
    Tja, Monsieur Videbitis…
    Die vermeintlich harmlosen Leute haben es meist faustdick
    hinter den Ohren. Stimmts!?..;-)

    Ein Meisterwerk von Giger ⏩ http://www.tinyurl.com/ptah6gv
    (Hab einen guten Kunstdruck davon)
    Giger’s „Alien“ (Gleichnamigen Sci-Fi von ’79) lässt
    den Cineasten immer noch erschaudern.

    Himmel ist Hölle und umgekehrt. Sowohl als auch..;-)

    💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀 💀

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  9. wir sind halt auf dem falschen kontinent geboren worden.
    in asien wären wir vielleicht buddhisten und glauben an wiedergeburt als blume oder tierchen.

    meine mutter hat mir früher als kind mit der hölle angst machen wollen.
    ich war als kind ziemlich religiös.
    der glaube an gott war auch mein einziger halt damals.

    tja, wenn mutter ein herz aus stein und papa unterm pantoffel steht, geschehen merkwürdige dinge mit kind.

    heute denk ich mir: soll sie doch zur hölle fahren und schmoren bis zum jüngsten gericht.

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