Am Neumarkt

Erichs Lampenladen am Neumarkt? Könnte man meinen, besonders, wenn man hört, daß es hier ab und zu Bestrebungen gibt, Kapital zu sozialisieren: Gleich zweimal wurde die Hauptstelle der Kreissparkasse Köln in den letzten Monaten überfallen, soviel ich weiß, sind die Täter noch flüchtig.

Der Kölnisch-Wasser-Brunnen im Vordergrund wirkt fast etwas verloren in der 1.800 m² großen Halle.

„Veranschaulicht werden grundlegende Prinzipien der am Wohl der Kölner Region orientierten Tätigkeit der Kreissparkasse Köln. Jung und Alt legen ihr Erspartes in einen Bienenkorb, das traditionelle Sinnbild der Sparsamkeit … Das aus vielen Einzelposten kommende Geld fließt in eine breite Schale, das Kapitalsammelbecken, um von dort die im Sockel des Brunnens dargestellten Berufsgruppen des Handels, des Handwerks, des Gewerbes und der Landwirtschaft, d. h. die Säulen der regionalen Wirtschaft, mit Darlehen und Krediten zu versorgen,“ steht in einer Broschüre.

Die Bank, dein Freund und Helfer. Hier fließt tatsächlich nur Wasser aus dem öffentlichen Netz, ein kleiner Seitenhahn soll Duftwasser geben.

0 Antworten zu “Am Neumarkt

  1. Herrlich wie du voraussetzt, daß deine Leser umseitig gebildet sind und auf Anhieb wissen, was Erichs Lampenladen ist.
    Das war mein erster Gedanke: Führt der Brunnen das berühmte 4711?

    Immer wieder schön, Euphemismen von Firmen, “ der am Wohl der Kölner Region orientierten Tätigkeit der Kreissparkasse Köln….“: „when ordinary becomes beauty“ und „we all are one“. Ich stelle mir immer die Menschen vor, die diese Texte formulieren.
    Am meisten amüsieren mich immer diese Reiseprospekte „aufstrebender Urlaubsort“ (Baulärm ohne Ende), „interessantes Nachtleben“ (Discomucke all night long), „bezauberne Ursprünglichkeit“ (keinerlei Zivilisation) usw..

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  2. Das ist nun aber auch selten häßlich, ich möchte gar nicht im einzelnen aufzählen, was am schlimmsten ist, aber gefühlsmäßig katapultiert mich das weit zurück. In die siebziger Jahre gehören ja eigentlich die schlimmsten Scheußlichkeiten, also siedeln wir die Innenraumgestaltung mal dort an. Ich hoffe nur, diese Gestaltung mit dem entsprechenden Lebensgefühl greift nicht weiter um sich.
    🙂

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  3. Also, die Decke ist erst in den siebzigern hinzu gekommen. Aber der Saal an sich, der ist schon sensationell. War übrigens kurz nach der Fertigstellung (ich bin mir nicht mehr 100 Prozent sicher, meine aber 1951) kurzzeitig der einzige Saal, in dem große Karnevalssitzungen gefeiert werden konnten.
    Früher hatte die Halle eine Glasdecke und mir wurde erzählt, dass damals der Hausmeister mit der Flitsch (eine Art Wasserpistole) immer das 4711 im Saal verteilt habe, weil es so unerträglich heiß geworden war.
    Also: nicht von der siebziger-Jahre-Decke täuschen lassen: das Ganze ist wunderschöne 50er-Ästhetik

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  4. Was wird Erichs Lampenladen genannt: Bei „Wer wird Millionär“ nicht mehr als eine 100-Euro-Frage, oder? 🙂

    Banken sind rein karitative Unternehmen, weiß doch jeder.
    „Unterbringung in rustikalem Ambiente“ – der Wind pfeift durch alle Ritzen und das Klo ist auf dem Hof. „Meeresblick“ – wenn man sich weit über die Balkonbrüstung lehnt, erhascht man einen schmalen Streifen Blau zwischen den anderen Hotelburgen. „Strandnähe“ – nach einer halben Stunde Fahrt im eigenen Auto und leere Straßen vorausgesetzt ist man schon da.

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  5. Göttlich!
    Genau bei „Meeresblick“ muß man besonders aufpassen. Wenn es wirklich zur See liegen soll, muß irgendwas stehen von „zur See hin gelegen“ oder? Meeresblick genügt nicht. Oder wie in einem schwedischen Prospekt gelesen „gehender Abstand zu die Strand“ und „fahrender Abstand zu die Strand“.
    „Horizontally challenged“ (so dick, daß man zwei draus machen kann)
    „Moralisch flexibel“ (korrupt)
    „suboptimal“ (scheiße)

    Ohaho! Frage Leute um die 20 und die wissen nicht mal, daß es die DDR gab! :>>
    (Mal sehen, ob Anfragen kommen, aber vermutlich traut sich nun keiner)

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  6. Der Saal ist schon beeindruckend, das stimmt, und sogar die Decke in ihrer abstoßenden Pracht. Allerdings legt die Verbindung mit der Funktion „Öffentliches Bankgebäude“ den Verdacht nahe, daß hier Herrschaftsarchitektur gebildet wurde: Wenn der potentielle Kreditnehmer durch die Eingangstür schreitet, soll er gleich wissen, wie klein und unbedeutend er ist. Bürger können in einem Palast nur Bittsteller sein, und nur, wer selbst von (Geld-)Adel ist, kann sich hier wie zu Hause fühlen.

    Danke für die Ergänzung. Folgendes ist in der Broschüre zu finden, aus der ich schon zitiert habe: „Ende 1949 war die Kundenhalle wieder so weit hergestellt, dass sie zwar noch nicht für Kassenzwecke, jedoch im Frühjahr 1950 als Ersatzräumlichkeit für den noch nicht hinreichend instand gesetzten „Gürzenich“, d.h. insbesondere für Karnevals- und Varieté-Veranstaltungen, genutzt werden konnte. Im Volksmund bürgerte sich für die Kundenhalle alsbald die Bezeichnung „kleiner Gürzenich“ ein.“
    Die Quelle ist hier zu finden:
    https://www.ksk-koeln.de/Kunst_bei_der_Kreissparkasse_Koeln_am_Neumarkt.pdfx

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  7. Die Holzwände sind aus den 50ern, die Decke tatsächlich aus den 70ern.

    Das hoffe ich auch, aber eigentlich glaube ich auch nicht, daß das Schule macht, so große, einschüchternde Hallen sind doch im Bankgewerbe eigentlich out. Schließlich will man an die Kröten des kleinen Mannes, da ist es gar nicht gut, wenn der aus bloßer Ehrfurcht schon an der Türe kehrtmacht.

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  8. „Moralisch flexibel“ gefällt mir besonders, das kann man auch auf andere Lebensbereiche ausweiten. „Hervorragende Verkehrsanbindung“ fällt mir noch ein – der Tag- und Nacht-Flughafen ist in direkter Nachbarschaft. Und bei „Wellness-Hotel“ muß man auch vorsichtig sein, ein versiffter Pool von fünf Meter Länge und ein kaputtes Trimm-Rad in der Garage reicht ja schon für so eine Bezeichnung.

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  9. Ja, das ist aus dem Film „Thank you for smoking“, den ich hiermit wärmstens empfehle, falls du ihn noch nicht kennst.

    Hihi, in diesem Sinne könnte auch „hot stone massage“ bedeuten, der (Weg zum) Steinstrand wird über mittags sehr heiß. Oder das berüchtigte „mit fließend Wasser (an den Wänden)“. Denkbar wäre auch: „In erlesener Nachbarschaft“ (erlesene Prolls mit Sangria-Eimern, „Heute allet eschte Wanne-Eikler!“) oder „top geschultes Personal“ (fragt sich nur wodrin, kann ja auch Taschendiebstahl sein ;)).

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  10. Es sind zwar beide Kreditinstitute, aber Sparkassen sind keine Banken. Banken sind privat oder gehören einer Genossenschaft, die Sparkasse untersteht irgendwie der Stadt deren Namen sie trägt. Außerdem haben die deutschen Sparkassen den Einlagensicherungsfond, der dein Geld vor einem Bankrott schützt. Aber das kennst du sicher alles.

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