Gamescom (1)

Videbitis: „Guten Tag. Bin ich verbunden mit dem Ministerium für unnütze Ausgaben?“
Dr. Gibaus: „Guten Tag. Ministerialdirigent Dr. Gibaus am Apparat. Was kann ich für Sie tun?“
V.: „Ich habe da mal eine Frage zur Gamescom in Köln in der letzten Woche. Da wurden am Rhein an Brücken, Pontons und einigen Häusern blaue Neonröhren angebracht …“
Dr. G.: „Ja, eine sehr schöne Arbeit, das hat viel Spaß gemacht, das für nur fünf Tage umzusetzen.“
V.: „Genau, für nur fünf Tage Neonröhren am Rhein, und der Spaß hat 250.000 Euro gekostet.“
Dr. G: „Wir hätten gern mehr ausgegeben, aber Sie wissen ja, wie das ist.“
V.: „Nein. Woran lag’s? Der Ministerpräsident Erwin Laschet und Oberbürgermeisterin Reker haben sich doch ganz begeistert gezeigt. Und sogar die Staatsministerin für Digitales aus der Hauptstadt war anwesend.“
Dr. G.: „Armin. Armin Laschet. Erwin ist der, der in Wuppertal eine Herrenbutike eröffnen will. Gut, kann man sich für Armin auch gut vorstellen (hehe) … Zu Ihrer Frage: Die Politiker haben natürlich nur die allergeringste Ahnung, worum es da geht, nur irgendwas mit Computern und Spielen. Sie sehen allerdings die steigenden Besucherzahlen: 370.000 in diesem Jahr, mehr als jemals zuvor, über 1.000 Aussteller, 70 Prozent davon aus dem Ausland, und die müssen alle essen und trinken, viele übernachten in der Stadt, alle fahren mit der KVB – was das für Geld in die Stadt spült … sagenhaft! Wie damals mit den Knochen, für die sie den Dom gebaut haben. Und da der Vertrag zwischen der Kölner Messe und den Betreibern demnächst ausläuft und neu verhandelt werden muß, haben die Politiker große Sorge, daß die Gamescom abgeworben wird. Hat Köln ja auch gemacht vor zehn Jahren, vorher war sie in Leipzig.“
V.: „Und die Neonröhren …“
Dr. G.: “ … sind ein Zeichen an alle Besucher, wie gern wir sie haben, und daß wir bereit sind, was für sie zu tun.“
V.: „Ja, aber hätte man das Geld, immerhin eine Viertelmillion, nicht woanders besser … denken Sie doch nur an die vielen maroden Schulen in Köln, wo sogar die sanitären Anlagen dermaßen hinüber sind, daß die Kinder lieber aufs Trinken verzichten oder zum Pinkeln nach Hause gehen.“
Dr. G: „Schlimm. Aber das sollte man nich gegeneinander aufrechnen. Schwimmbäder und Theater werden auch subventioniert, da könnte man auch mit verstopften Klos kommen.“
V.: „Das stimmt, aber Schwimmbäder und Theater dienen der körperlichen und geistigen Ertüchtigung, während die zusätzliche Beleuchtung des Rheinufers reine Dekoration ist.“
Dr. G.: „Und deswegen ist es ja auch eine Aktion unseres Ministeriums. Sonst wäre die Angelegenheit ja bei der Kultur, oder der Gesundheit, oder was weiß ich.“
V.: „Was macht Ihr Ministerium denn sonst noch?“
Dr. G.: „Viel müssen wir nicht machen. Leider erleben wir immer wieder, wie andere Ministerien Ausgaben tätigen, die eigentlich in unser Ressort fallen. Allerdings haben wir einen großen Vorteil: Unsere Vorhandensein rechtfertigt sich durch sich selbst. Oder können Sie mir eine Abteilung nennen, die für uns finanzielle Mittel bereitstellt, außer dem Ministerium für unnütze Ausgaben? Wenn es uns also nicht gäbe, dann gäbe es uns gar nicht. Und das kann ja nun keiner wollen, schließlich verdienen wir unseren Lebensunterhalt hier. Wir fördern den Braunkohleabbau, den Straßen- und Brückenbau durch Naturschutzgebiete, und zur Not haben wir noch ein paar hübsche Autobahnbrücken, die wir anschlußlos in die Gegend stellen können. Und dann müssen wir uns ja wieder Aktionen für die nächste Gamescom ausdenken.“
V.: „Ah ja. Danke für die Auskunft. Auf Wiederhören.“

29 Gedanken zu “Gamescom (1)

    1. Die Abteilung für sinnvolle Worte ist dem Ministerium für umfangreiche und sinnfreie Parlamentsreden (MUSP) untergeordnet. Sie besteht aus einer Halbtagsstelle, die zur Zeit allerdings vakant ist – an Bewerbern fehlt es nicht, nur die Besetzungskommission (je ein Vertreter aus den Abteilungen „Füllwörter“ und „Bandsätze“) kann sich nicht einigen, worüber man im Amt allgemein aber nicht unfroh ist, aus irgendeinem Topf muß der Kaffee schließlich bezahlt werden.

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        1. Heute stand es in der Zeitung: Vor ein paar Tagen hat der Bundespräsident und seine Frau (plus der üblichen Politikerentourage) eine Kölner Schule besucht, Schüler führten ein Theaterstück gegen Rassismus auf. Weil man sich schämte, strich man vorher schnell alle Klos neu – wer weiß, ob der hohe Besuch mal pinkeln muß – und lieh für teures Geld eine Mikrophon- und Lautsprecheranlage. Die muß nun natürlich zurück – für das gleiche Geld hätte man eine ausreichende Anlage kaufen können. Nun hat die Schule wieder keine. Immerhin – der Anstrich bleibt.
          Schilda ist ein Ort, der sich ständig unter uns befindet.

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          1. …und die Klos wurden wahrscheinlich von Vätern gestrichen die Farbe vergünstigt über einen Malervater bezogen…so meine Erfahrung aus etlichen Elternabenden
            Schade um die Anlage hoffentlich ging wenigstens nichts kaputt…ohne Versicherungsschutz…

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  1. Also ihr versteht das alle nicht. Blaue Röhren sind doch eine Anspielung! Auf Rattenköder, ja, die sehen auch so aus, blaue kleine Dinger, natürlich nicht so leuchtend. Die Stadt Köln drückt damit aus, daß sie mit solchen Veranstaltungen die Menschen im „hamelnschen Geiste“ anzuziehen wünscht. (War da nicht auch irgendwo ein Flötenspieler dabei?) Das klappt wunderbar. WIe schon oben erwähnt, die Ra…äh Besucher müssen ja alle irgendwo schlafen, essen, kaufen. Und dat jeht doch in Kölle janz jot oder nicht…
    Und die Schulen. Ja, das ist ein anderes Thema. Wo unsere Mäuse zum Pipimachen hingehen, darauf haben wir nun wirklich keinen Einfluß. Das ist ja auch ne ganz andere Tierart…die sind doch viel kleiner, viel unbedeutener.

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    1. Ach soo! Ja, dann sind die natürlich unbedingt notwendig. Vielleicht sollte man das ausweiten, räumlich und zeitlich: Massenhaft blaue Neonröhren über die ganze Stadt verteilt, und das das ganze Jahr über. Da hat man dann auch die Weihnachtsbeleuchtung gespart, und sparen soll man unbedingt, das weiß man inzwischen auch im Ministerium für unnütze Ausgaben. Deshalb kann man sich um die Schulen nun wirklich nicht mehr kümmern. Hat man nicht gerade erst erfolgreich jede Menge Geld dafür verwendet, das System von G9 auf G8 und wieder zurück auf G9 umzuwandeln? Das soll erstmal einer nachmachen. Für Klos kann jetzt mal jemand anderes zuständig sein.

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    1. Danke!
      Die Liebesschlösser hängen ja am feinmaschigen inneren Zaun, die Neonröhren am äußeren. Vor ein paar Wochen hatte die Bahn angekündigt, die Schlösser würden nun entfernt, der Zaun müsse einen neuen Rostschutz bekommen. Ich vermute, das war nur ein Test, wie die Stimmung ist, denn sie sind sofort eingeknickt, als eine Protestwelle drohte. Plötzlich ist ein Rostschutz nicht mehr nötig, jedenfalls noch nicht.

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  2. Bonsoir Monsieur!

    Geheimtipp, um den alltäglichen Ärger abzustreifen.
    Mach es einfach wie viele Frauen:
    Zuerst ein paar Yoga-Übungen und danach eine Folge
    „Sturm der Liebe“. (Telenovela / ARD)
    Entzünde dabei eine Duftkerze und lass den „Heile-Welt-Effekt“
    auf dich wirken. (Eine Salzkristalllampe ist dabei auch hilfreich,
    um schlechte Energien aufzulösen.)

    Tja. Manchmal hilft auch Gerhard Polt:
    https://tinyurl.com/y9e9dtbm
    (Um die Mundwinkel nach oben zu bringen..;-)

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      1. Ich wollte es eben kurz halten. (Akustischer Satire-Scherz..;-)

        Man kann sich über tausend Dinge ärgern. Wenn ein Zehennagel einreisst, wenn das Nudelwasser überkocht, wenn man einen liebevoll gerollten Popel im Flokatiteppich verliert, wenn Steuergelder verschwendet werden, wenn sich beim Anzünden eines Streichholzes ein Teil des Schwefels verselbstständigt und ein Loch in die Hose kokelt und und und…
        Bestes Beispiel war seinerzeit das HB-Männchen. Jeder wird doch auch mal zu „Bruno“..;-) Ich hätte an sich ein Youtube-Video dazu verlinkt,
        wenn YouTube nicht kürzlich verschlimmbessert worden wäre. (Skalierung / Aspect Ratio) Das Ergebnis ist, das fasst alle Videos automatisch
        optisch verhunzt werden. (Falsche Bildformate) Ärgerlich.
        Bergdoktor-Romane von Bastei Lübbe sorgen auch ganz gut für Entspannung..;-D

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        1. Flokatit – ich erinnere mich, das gab es mal, der als Teppich getarnte Brutkasten für Kleinstlebewesen (und in Deinem Haushalt für gut gerollte Popel;-).
          Neulich ist mir ein Stück Zigarettenglut auf das neue Hemd gefallen und hat en Loch reingebrannt. DAS war ärgerlich. Aber ich habe normal weitergeatmet, dann wars schon wieder okay, auch ohne Yoga.
          Ich vermute, in den Softwarefirmen sitzen Leute, die müssen ständig was verändern, auch wenn das Produkt eigentlich perfekt ist. Die haben sonst nichts zu tun und fürchten ihren Rausschmiß. Die Nutzer haben das Nachsehen.
          In meiner frühen Jugend habe ich sehr gern Jerry-Cotton- und Lassiter-Romane gelesen. Ich weiß aber nicht genau, ob ich sie heute auch noch gut finden würde, daher empfehle ich sie nur sehr zurückhaltend.;-)

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          1. wow, jerry cotton habe ich auch in der kindheit gern gelesen.
            immer, wenn meine schwester und ich am we bei dem großeltern übernachten durften haben wir bei oma im bett jerry cotton gelesen.
            lassiter war eher was für den papa im kleingarten.
            fein, dass wir etwas gemeinsam haben. 😉
            im übrigen freue ich mich für dich dass durch weniger arbeit ein mehr an entspannung bei dir eingetreten ist.

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    1. Vielleicht ist es eine Zwischennutzung, denn eine neue U-Bahn ist schon in Planung, diesmal in Ost-West-Richtung. Auf dem Weg liegen mehrere Kirchen und ein mittelalterliches Stadttor …

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  3. Ha, blaue Röhren…das können die Hamburger besser…als Tor zur Welt (dessen Hauptstadt bekanntermassen Hamburg ist) gibt es einmal im Jahr überall in der Stadt gleich 4 blaue Röhren…genau, in Form eines Quadrates, also Tores , also…alles klar ? Kosten ? Äh, etwas günstiger als der Elbmusiktempel aber dafür dürfen auch Hinz und Kunz und alle Elbvorortler sich die leuchtenden Röhren…pardon…Tore…anschauen….Auf ein neues blaues Wunder !
    LG Jürgen

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    1. Hier waren es 7.000 Stück. Vielleicht sind es die selben wie bei euch und reisen hin und her. Ha – ein Hauch von der Welthauptstadt Hamburg in der Kölnischen Provinz, und keiner hat’s gemerkt. Nur wir. Wundert mich nicht, ich bin öfter mal der einzige, der mich für ein Genie hält.;-)

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