Kurzurlaub in Nürnberg (8): Reichsparteitagsgelände

Das Reichsparteitagsgelände, auf dem die Nazis zwischen 1933 und 1938 die jährlichen Reichsparteitage veranstalteten, war ungefähr zehn mal größer als die Nürnberger Altstadt. Das Stadion, das geplant war, sollte einmal über 400.000 Zuschauer aufnehmen können (das zur Zeit größte Stadion, in China, hat 150.000 Sitzplätze), und Platz für Hunderttausende sollte auf den anliegenden Aufmarschplätzen geschaffen werden.

Nach dem 2. WK hat man die Flächen, die nur teilweise fertig bebaut waren, renaturiert, bzw. für eine andere Bebauung und Nutzung freigegeben, einzig das monumentale Kongreßgebäude, daß Hitlers Architekt in seiner Planung an das Colosseum in Rom angelehnt hatte, steht noch und beherbergt ein Dokumentationszentrum, in dem das Luftbild hängt.

39 Meter hoch sind die Wände – 70 Meter sollten es eigentlich werden, außerdem sollte ein riesiges Dach den Innenhof überspannen, was aber der Beginn des Krieges verhinderte.

Die ständige Ausstellung im Dokumentationszentrum ist nicht schlecht gemacht, in der Chronologie der Nazizeit wird man durch die Räume geführt …

… kann sich auf zahlreichen Schautafeln informieren …

… darüber, wie die Reichsparteitage abgelaufen sind. Der (fast schon lächerliche) Monumentalismus der Nazis sollte sich nicht nur in den Gebäuden zeigen, sondern auch in den Aufmärschen, die während der acht Tage dauernden Selbstfeier durchgeführt wurden: Stundenlang standen Hitler und die Parteiführung auf Plätzen und grüßten die verschiedenen vorbeimarschierenden und -fahrenden NS-Organisationen, während das Volk jubelte. Hatte man das hinter sich, wurde gefeiert.

„Die Erfahrungen der Reichsparteitage 1933 und 1934 machten auch beim Reichparteitag 1935 die Absperrung der Nürnberger Dirnenstraße erforderlich. Nach wie vor sind an den Tagen des Reichsparteitages diese Straßen, in denen ungefähr 120 Lohndirnen in einzelnen Häusern beisammen wohnen, das Ziel vieler Reichsparteitagsbesucher. Vor allem mußte beobachtet werden, daß P.O.-Männer [Politische Leiter], die ja am Reichsparteitag die größere Freizügigkeit genießen, immer wieder versuchen, trotz der auffälligen Absperrung durch SS Posten bei Tag und Nacht in diese Straßen einzudringen.“ Sittenpolizei Nürnberg 1935.
„Die Geschlechtskrankenabteilung des städtischen Gesundheitsamtes war während des Reichsparteitages (1937) stark in Anspruch genommen.“ Gesundheitsamt Nürnberg.

Das sieht man natürlich nicht in der Propaganda-Dokumentation „Triumph des Willens“ über die Nürnberger Parteitage von Leni Riefenstahl. Dennoch sollte man sie sich ruhig anschauen (wenn man es erträgt), man sieht ein paar Vorkriegsbilder von Nürnberg, lernt was über den Größenwahn der Nazis und kann dieser aus heutiger Sicht lächerlichen Figur zusehen, wie sie eitel eine Hetzrede herausschreit. Den Film findet man auf youtube.

Ende.

0 Gedanken zu “Kurzurlaub in Nürnberg (8): Reichsparteitagsgelände

  1. danke für den „monumentalen“ einblick.
    als laienpsychologin ist mir spontan dazu eingefallen, dass die damaligen nazis besonders hitler, an minderwertigkeitskomplexen gelitten haben müssen, denn anders kann ich mir diesen monumentalen ausbau nicht vorstellen.
    anderes macht auch keinen sinn.

    in einem buch von alice miller „am anfang war erziehung“ geht miller auch auf die erziehung von hitler ein. sehr autoritär, gewaltvoll und von verzicht geprägt.
    das erklärt einiges wie ich meine.

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  2. Ja, da ist bestimmt was dran.

    Aber es gibt noch eine weitere Seite: Die monumentalen Anlagen und Bauwerke demonstrieren denen, die zu Besuch sind, Macht, Macht der Bauherren und Besitzer. Der kleine Besucher ist dagegen nur ein ganz kleines Licht, ein Wurm, der sich ducken soll. Viele Herrschaftsgebäude erfüllen diese Funktion, Kirchen, Schlösser, die Wirtschaftspaläste der Banken und Versicherungen usw. Die großen Plätze der Nazis, wo Hunterttausende in Reih und Glied stehen können, folgen dem gleichen Prinzip: Der Einzelne ist so gut wie nichts, verschwindet in der Menge, aber als Mitglied der Masse ist er stark und mächtig, und die Masse folgt dem, der gottgleich auf dem Podest, auf dem Altar der Macht steht und die Masse anführt: DER Führer.

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  3. in den letzten jahren habe ich einige dokumentationen über hitler und die nazis im tv gesehen.
    hitler muß gewaltigen haß mit sich getragen haben, denn oft schreit er seine reden nur so raus.
    auch ein zeichen, dass er und die anderen nazis einen an der murmel hatten, um es gelinde auszudrücken.

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  4. Übers Wochenende ist nicht schlecht. Das Doumentationszentrum hat man an einem halben Tag erledigt, kann abends schön essen gehen und hat am nächsten Tag noch Zeit genug, durch die Stadt zu schlendern. Im Sommer wird es allerdings sehr viel angenehmer sein als jetzt.

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