Seidmacherinnengäßchen

Die Straße in der Altstadt ist nur ca. 65 Meter lang, hatte aber dennoch bis 1986 gleichzeitig zwei Namen: Unter Seidmacher und Seidmachergäßchen. Kurz vorher war dem frisch gegründeten Kölner Frauengeschichtsverein aufgefallen, daß es gar keine Seidmacher gab, sondern nur Seidmacherinnen, die im Mittelalter die Tätigkeit des Seidestickens ausübten.

Das war so: Kurz nach Adam und Eva Nachdem die Bürgerschaft im Jahr 1288 die Herrschaft der Erzbischöfe in Köln endgültig gebrochen hatte (hier habe ich davon erzählt), lag die Macht in den Händen der Ratsherren, die sich aus den Kreisen der Patrizier rekrutierten, also den wohlhabenden Familien, die sich für was Besseres hielten. Man kennt sich, man hilft sich, das war in Köln schon immer so, so blieb man bei den Geschäften unter sich und wurde dabei immer reicher und fetter, zu Lasten aller anderen.

Das paßte den anderen Bürgern natürlich nicht besonders, und so nutzten sie 1396 die Gunst der Stunde, als sich Patrizierfamilien in den Haaren lagen, die alten Machtverhältnisse ganz abzuschaffen. Es wurden sogenannte „Gaffeln“ gebildet (benannt nach einer zweizinkigen Gabel, die bei Festlichkeiten benutzt wurde), insgesamt 22 Verbünde von Handwerkerzünften und Kaufleuten, aus deren Reihen nun die Ratsherren gewählt wurden. Bettler, Henker, Frauen u.a. waren natürlich nicht zugelassen, aber es gab einträchtige Handwerke, die nur von Frauen gemacht wurden – tja, ein Problem. Man löste es einfach, indem man ihnen die Bildung einer eigenen Zunft zugestand, aber nicht die Zugehörigkeit zu einer Gaffel. Und so kam es, daß die Hut- und Seidenstickerinnen eine Zunft mit ausschließlich weiblichen Mitgliedern bildeten, das gab es außer in Paris sonst nirgends. Die Seidmacherinnenzunft war sehr erfolgreich, um 1500 gab es kein erfolgreicheres kölnisches Exportgut als ihre Erzeugnisse.

Wen es interessiert, kann hier beispielhaft die Geschichte der Meisterin Fygen Lutzenkirchen nachlesen.

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