Altstadtkneipe am Rhein

Ein Touristenrestaurant / -kneipe am Altstadtufer des Rheins, in dem es kaum einen Platz an der Wand gibt, wo kein Politikerfoto hängt, mag dem einen oder anderen – besonders Jüngeren – merkwürdig vorkommen. Und dann dieser Name: „Ständige Vertretung“ …

Das kam so: Anfang der 70er Jahre bemühten sich die Politiker der beiden deutschen Staaten DDR und BRD um eine entspanntere Beziehung und fanden es gut, Botschaften in den jeweiligen Hauptstädten einzurichten, also in Bonn und in Berlin (Ost). Eine Botschaft darf aber nur in einem souveränen Staat installiert werden, die DDR war in den Augen der BRD-Politiker und nach den Buchstaben des Grundgesetzes alles andere als souverän. Was tun? Ganz einfach: Man nennt die Einrichtung einfach um, die Botschaft heißt nicht mehr Botschaft, sondern „Ständige Vertretung“. Nach 1990 brauchte man die natürlich nicht mehr, die „Ständigen Vertretungen“ in Berlin (Ost) und Bonn waren überflüssig geworden, und der größte Teil der Bundesregierung samt anhängender Behörden zog um nach Berlin (West). Das paßte den Bonnern gar nicht, allein die Kaufkraft, die da wegzieht, vom Bedeutungsverlust und der Staatsknete mal ganz zu schweigen, aber es half alles nichts. Einer der Kämpfer gegen den Umzug machte aus der Not eine Tugend: Wenn nun die vielen verbeamteten Rheinländer nach Berlin ziehen, so dachte er, wollen die doch bestimmt nicht auf die einzigartigen rheinischen Spezialitäten („Blootworsch, Kölsch un lecker Mädsche“) verzichten, und machte dort im Regierungsviertel eine Kneipe auf, die er sinnigerweise „Ständige Vertretung“ nannte – eine Botschaft rheinischer Lebensweise im preußisch-protestantischem Berlin. Das hatte und hat so viel Erfolg, daß inzwischen quasi eine Kette (mit Lizenznehmern) daraus geworden ist: Es gibt nun auch eine „Ständige Vertretung“ in Hamburg, Hannover, Bremen – und in Köln. Das ist natürlich ein wenig merkwürdig, eine Botschaft für die rheinische Lebensart in der größten Stadt des Rheinlandes zu eröffnen, aber egal, hauptsache, der Rubel rollt.
Außerhalb der Hochsaison kann man da ganz gemütlich sitzen, das Essen ist das Übliche, wie in allen anderen Gaststätten der Altstadt – erträglich und zu teuer. Daran ändert auch ein Gebet zum Heiligen Joschka nichts.

0 Gedanken zu “Altstadtkneipe am Rhein

  1. Ich weiß gar nicht, ob dieses Foto von vor seinem „langen Lauf zu mir selbst“ (so heißt ja sein Schlankheitsbuch) oder danach gemacht wurde. Inzwischen hat er sich selbst wieder verlassen, hat nicht nur die alte Körperform wieder angenommen, sondern berät auch einen Energie- und einen Supermarktkonzern.

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