Graffiti sind in der Großstadt immer noch ein großes Thema: Als Teil der Jugendkultur greifen Firmen diese Kunst auf, um ihre Sachen zu verkaufen. In Berlin veranstaltet Adidas Stadtführungen zu Streetart und installiert im Netz einen „Urban art guide“ – das Muster kennt man spätestens seit der Entwicklung der Pop-Musik und allem, was damit zusammenhängt: Subkulturelle Erscheinungen werden von der Wirtschaft aufgegriffen, um Geld damit zu verdienen.
Die Gefahr, daß Graffiti-Kunst komplett kommerzialisiert wird, ist allerdings relativ gering. Wenn sie nämlich ohne Erlaubnis angebracht wird, fühlen sich Hauseigentümer in ihrem Recht auf Privateigentum verletzt und reagieren sauer. Aber: Jedes Haus gehört irgendjemandem, die Stadtbewohner sind aber zumeist Mieter. Wem gehört die Stadt: Denen, die die Häuser besitzen, oder denen, die in ihr wohnen? Sind Mieter nur Gäste in ihrer Stadt? Ist Öffentlichkeit und Umwelt in Privatbesitz? Die Häuser, so die Argumentation vieler Streetartisten, mögen in privatem Besitz sein, die öffentliche Umwelt aber, die sie erzeugen, gehört uns genauso. Also gestalten wir sie mit.
Leider nicht immer mit glücklicher Hand, ich kann den Zorn, der sich in dem kleinen Plakat äußert, verstehen, denn es hängt hier:
Nur, weil einer einen Stift halten kann, macht ihn das noch nicht zum Künstler. „Kuck mal, ich kann einen Buchstaben schreiben!“ – oder was soll uns das sagen? Anders natürlich das Klebegraffito unten rechts: Die künstlerische Umsetzung eines Zeitphänomens.
Wer noch mehr küstlerische Graffiti sehen will, empfehle ich mein anderes Blog.
Obgleich es durchaus sehr schöne und künstlerische Graffiti gibt, finde ich das, was da an die Hauswand geschmiert wurde einfach nur noch kriminell.
Ich habe die Ehrenstrasse immer noch als etwas rotlichtig in Erinnerung. Damals, vor mehr als 40 Jahren… 😉
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Man muss schon unterscheiden, ob es sich um Graffiti handelt oder um Tags, die ja nichts Besseres sind als Ich-war-hier- oder Territorilmarken. Wenn jemand so etwas an Hauswände schmiert, dann verschandelt er unsere Umwelt und beleidigt das Auge des Betrachters. Und: wo ein Tag ist, da erscheinen bald auch weitere, wie an deinem Beispiel zu sehen. Das ist schon eine üble Pest, die einen ratlos macht. Aber sie ist so alt wie die Menschheit. Ende der 7oer gerieten Graffiti sogar in Galerien und Museen. Das war die totale Kommerzialiserung eines Straßenphänomens.
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Kriminell ist es juristisch gesehen auf jeden Fall, es gilt als Sachbeschädigung. Ich habe zwar kein Haus, aber ich wäre auch sauer, wenn einfach jemand z.B. mein Fahrrad nach Lust und Laune mit Farbe einsprayen würde. Soziologisch betrachtet ist das Beschmieren von Hauswänden aber ein interessantes Phänomen: Anders als bei anderen Formen von Vandalismus, die Akte sinnloser Gewalt sind (z.B. ist es bei einigen beliebt, Fahrräder so sehr zusammen zu treten, daß sie unbrauchbar sind, oder Autoantennen und-spiegel abzuknicken), geht hier erst jemand in ein Fachgeschäft und kauft sich eine Dose mit Sprayfarbe. Das ist ein sehr merkwürdiges Verhalten, über dessen Motive man nur spekulieren kann.
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Ach – noch ein Wort zur Ehrenstraße: Als ich 1985 nach Köln kam, gab es in der Gegend noch ziemlich viele Pornokinos und -geschäfte, besonders auf den Ringen. Das ist aber auch sehr zurückgegangen, und der Straßenstrich war schon damals verboten.
Für kurze Zeit war die Ehrenstraße dann wirklich liebenswert, inzwischen ist ein neuer Niedergang zu verzeichnen: Das Geld merzt alles Besondere aus. Schade. Schau:
http://koelnbilder.blog.de/2007/11/14/ehrenstr~3292514/
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Eine Pest, da hast Du recht. Aber merkwürdig ist doch, daß da jemand in ein Fachgeschäft geht, sein Taschengeld für eine Spraydose ausgibt und dann durch die Gegend zieht, um überall seine Initialen zu hinterlassen. Ist das einfach nur rücksichtslose Egozentrik, oder auch eine Form des Protests?
Die Kommerzialisierung der Graffiti-Kunst hat ihren Höhepunkt wohl noch nicht erreicht, ist aber auf dem besten Wege: Es gibt kaum einen namhaften Sprayer, der keinen Galeristen hat. Schau, hier ist ein schönes Beispiel:
http://fragenbeantworten.blog.de/2010/03/08/les-enfants-terribles-8135046/
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In der Ehrenstrasse sammelte ich meine ersten „Erfahrungen“. Sie waren damals – für mich – nicht sehr schön. Aber ich denke, das gibt in der nächsten Zeit einmal einen Eintrag. Natürlich mit Trackback auf Deinen Eintrag hier.
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Ich habe in meinem Bekanntenkreis junge Menschen, die süchtig danach waren. Und es waren durchaus Künstler dabei. Der Versuch, sie in die „richtigen Bahnen“ zu lenken, scheiterte ich allerdings. Es hätte genügend Betonmauern, Garagen und Ähnliches gegeben, an denen sie sich hätten austoben können. Mit dem Geld hätten sie sich ihre Jugendstrafen locker finanzieren können. Aber, es fehlte der „Kick“.
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