Christopher Street Day

In Köln war am Wochenende Christopher Street Day (wer nicht weiß, was das ist, klicke bitte hier). Freitagabend ging’s schon los, Samstag war Straßenfest und Veranstaltungen auf drei Bühnen, am Sonntag zusätzlich eine Parade, ein Umzug mit Festwagen, aufgekratzten Menschen und viel lauter Musik.

Ungeachtet der Tatsache, wie wichtig dieser Tag für das schwul-lesbische Selbstverständnis ist, ist es heute vor allem eins: Ein riesiger Rummel. Menschenmassen schieben sich zwischen Freß-, Bier- und Verkaufsbuden durch, und aus allen Richtungen wird man mit Musik bedröhnt. Auf der Hauptbühne trällern Vicky Leandros und Daniel Küblböck (neben vielen anderen) Lieder – wer kann mir den schlechten Musikgeschmack der Community erklären?

Auf einer Bühne wurden die drei Oberbürgermeisterkandidaten zu Schwulenthemen befragt, am 30. August ist Wahl, da will natürlich jeder eine gute Figur machen, und alle finden alles Schwule ganz ganz super. Der Kandidat von der FDP, ein bekennender Schwuler, weiß genau, daß er keine Chance hat, gewählt zu werden, aber wenn man überall mitreden will, muß man sich aufstellen lassen, das war ja bei Guido Westerwelle auch nicht anders. Der Kandidat von der CDU Peter Kurth, ein bekennender Schwuler, kommt eigentlich aus Berlin, war dort maßgeblich am Berliner Bankenskandal beteiligt (laut Wikipedia), hat also gute Voraussetzungen, im Kölschen Klüngel zu bestehen. Falls er nicht gewinnt, will er zurückgehen nach Berlin, das muß man verstehen, der junge Mann möchte Karriere machen und kuckt sich noch um. Nachdem CDU-Oberbürgermeister Schramma wegen des miesen Managements angesichts des Zusammenbruchs des Historischen Archivs zurückgetreten war/wurde, hat man lange nach einem neuen Kandidaten gesucht, aber keinen gefunden – welch seltene Einsicht einer Partei, keine angemessenen Kandidaten zu haben für das höchste Amt der Stadt. Der Kandidat der SPD Jürgen Roters, ein kein bekennender Schwuler … oh je, wie soll man diese Scharte auswetzen? Er erzählt, daß er schon damals, als er noch Polizeipräsident war und zu einer Zeit, als das Rathaus sich noch weigerte, gleiches zu tun, angeordnet hatte, zum CSD die Regenbogenfahne zu hissen. Uiuiui – donnerwetter, eine Fahne! Fast tut er mir Leid angesichts der Peinlichkeit, daß er versucht, mit dieser Uraltgeschichte zu punkten – aber Fremdschämen ist abgeschafft, kein Pardon.

Sind diese Damen Politik-begeistert? Nee …

… es ist der Rhythmus der weltbekannten Trommelgruppe „Queerelas“.

Schön bunt ist es ja, aber …

… nichts für ungut, ich ziehe mich langsam zurück.

Folgendes Fotos verrät, worum es (auch) geht, jedenfalls in Köln:

0 Gedanken zu “Christopher Street Day

  1. Zitat: „wer kann mir den schlechten Musikgeschmack der Community erklären?“

    Beim Lesen deines Textes ging mir doch die Frage durch den Kopf, wer sich wohl hinter dieses Zeilen verbergen mag – wer du eigentlich bist, dass du so einfach festlegen kannst, welche Musik als schlecht anzusehen ist? Musik gehört in keine Schubladen, auf denen „gut“ oder „schlecht“ steht – Musik ist so vielfältig, wie die Menschen und Geschmäcker an sich. Und noch eine Frage drängt sich mir auf: Vicky Leandros und Daniel Küblböck – die hast du hier beide gesehen und gehört?? Ich hoffe doch, du hast hierfür nicht ein ganzes Jahr am Heumarkt zugebracht, das würde deine schlechte Stimmung selbstverständlich erklären – denn so groß war der Abstand zwischen den beiden Auftritten. Ansonsten kann ich dir auch nicht erklären, wie es wohl kommen mag, dass an jenem Wochenende Tausende Menschen ausgelassen feierten, mitsangen, applaudierten und lauthals Zugabe riefen nach Daniel Küblböcks und anderen Auftritten … vielleicht, weil sie einfach fröhlich waren? Und weil viele von ihnen dort nicht nur zum Feiern, Biertrinken und Fressen waren, sondern weil sie Ideale und Ziele haben, für die sie sich einsetzen? Wer weiß…. 😉

    Like

  2. „Für misch persönlisch is dat uninteressant.“ Sacht Jürgen Becker doch immer. Sage ich auch.
    Menschenmassen sind mir immer ein Gräuel, egal, um was es geht.
    Wie beim Weihnachtsmarkt bekommst du von mir den Orden der „Starken Nerven“, du bist wohl als ganz kleines Kind mal in einen Topf mit „Galama“ gefallen, was?

    Like

  3. Ich war mittendrin, wäre aber gerne vor dem Gesang von Herrn Küblböck geflüchtet. Kam aber leider nicht raus. In meiner Umgebung hat jedenfalls keiner Zugabe gerufen, ganz im Gegenteil :)))

    Der schlechte Geschmack der Community ist ganz einfach erklärt: es ist kein Geld da und die Veranstalter sind dankbar um jeden, der sich da kostenlos produziert.

    Also: danke Herr Küblböck! Nächstes Jahr nehmen Sie aber bitte Abstand von Köln!

    Like

  4. Ich habe keinen von beiden gesehen, aber im Programm gelesen, daß sie auftreten sollen. „Gute“ oder „schlechte“ Musik sind natürlich ganz subjektive Begriffe, und wenn die schwul-lesbische Community zu einem großen Teil gern nach Schlagermusik abtanzt und feiert, dann habe ich dagegen so wenig einzuwenden wie gegen die Karnevalsmusik der Karnevalisten. Daß aber eine so heterogene Masse von Menschen ausgerechnet solche Musik favourisiert, verwundert mich.

    Like

  5. Als Alltagsethnologe kann man sich natürlich nicht nur die Rosinen herauspicken, sondern muß auch für Opfer bereit sein. 😉 Außerdem habe ich eine Portion aus einer ganz leckeren asiatischen Gemüsepfanne gegessen, sowas versöhnt mich immer ein wenig.

    Like

  6. Stimmt, du bist ja der Mann, der mit gutem Essen leidensfähig wird. :>>
    Vermutlich würdest du nach dem Genuß MEINER Gemüsepfanne bereit sein, mein Haus zu putzen.
    Alltagsethnologe ist ja herrlich. „Die seltsamen Riten des Urvolkes zu Köln.“ (Teil 1: Was ist Bützen? Teil 2: Was heißt Alaf? Teil 3: Eine Sammlung abgeschnittener Kravatten….eine Kostbarkeit!)
    Übrigens ich hab dir mit meinem heutigen Eintrag ein wenig Konkurrenz gemacht, oder?

    Like

  7. Leidensfähig (sonst könnte ich gar nicht arbeiten gehen) – aber in Grenzen. Putzen übersteigt die Grenze bei Weitem!

    Konkurrenz? – belebt das Geschäft. 😉 Wenn ich Dich inspiriert haben sollte, würde mich das freuen. Ich schau gleich noch mal.

    Like

  8. der csd in köln ist für mich zu 90% eine nur leidlich zu ertragende melange aus techno-parade und karnevals-umzug, kombiniert mit dem ausleben ultra-exhibitionistischem verhaltens. ich muß nicht unbedingt bis in die rosetten diverser hintern hinein schauen.
    eigentlich schade, daß diese ursprünglich als gedenk- und -demonstrationstag für die rechte von homosexuellen sowie gegen deren diskriminierung und ausgrenzung gedachte veranstaltung zu einer „ballermann-veranstaltung“ verkommen ist.

    Like

  9. Ich weiß nicht, wie es auf der Parade war, aber auf dem Straßenfest am Heumarkt und Alter Markt war trotz des Wetters auffallend wenig nackte Haut zu sehen, aber Du hast recht, das war schon mal anders.

    Like

  10. Mir wars zu voll in der Stadt, so freue ich mich über die Fotos des CSD, vor allem die des Auftritts der Quereelas, den ich somit leider auch verpasst habe.
    Der Bericht über das Storchenmuseum gefällt mir
    und jetzt weiss ich auch, wie der Ausflug nach Oberhausen ausgegangen ist.
    Prima Blog, da gibt sich jemand viel Mühe…

    Lieben Gruß von Frau Seidenfisch

    Like

Hinterlasse eine Antwort zu ich-bin-es Antwort abbrechen