Wanderung auf dem Westweg (2): Hausach – Wilhelmshöhe – Kalte Herberge

Wo geht’s lang, war das nicht irgendwas mit -ach? Zum Glück nicht – unser heutiges Ziel ist die Wilhelmshöhe, unser Wanderzeichen die rote Raute. „-ach“ bedeutet übrigens „Wasser“, wie wir es schon von der berühmten Stadt mit den zwei As (Aachen) wissen, die an warmen Wasserquellen liegt.

„Nur wo man zu Fuß war, war man wirklich“ – da man seine Füße ja immer dabei hat, sollte das nie ein Problem sein. Nein, wir verstehen schon, das ist ein Mutmacherspruch, denn ich würde mich nicht wundern, wenn einige Wanderer aufgeben …

… nachdem sie hier hochgekraxelt sind: Auf einer Länge von ca. 4 Kilometern sind 550 Höhenmeter zu erklimmen. Das kann man sich vielleicht nicht vorstellen, wenn man das so liest, das sind manchmal Steigungen von 45 Grad, man läuft völlig schräg durch die Welt. Sehr sehr anstrengend. Der Hinweis am Gipfel auf die altersgemäß richtige Herfrequenz kommt ein bißchen spät – gut, wenn sich das Herz nicht wieder beruhigt, sollte man das Handy für den Notruf schon mal einschalten …

… Empfang hat man hier bestimmt. Das Gute an dem „Mörderaufstieg“ (ein Wanderer, der kurz nach uns ankommt) – wir haben das Schlimmste hinter uns.

Zwischendurch können wir etwas Musik machen – überall kann man hineinblasen oder draufschlagen, wenn man will. Oder man beißt einfach in sein Butterbrot.

Achtung, Lebensgefahr! Wir sollen den Umweg nehmen? Nichts da, ohne uns. Todesmutig bleiben wir auf unserem Weg …

… und trotzen mutig der Gefahr, von Eisbrocken erschlagen zu werden, die die Windräder um sich werfen. Außerdem ist es über 30 Grad warm. Sehr viele Windräder sind es übrigens nicht, die hier stehen, immer mal wieder ein paar, aber kein Vergleich zu den Windparks in Norddeutschland. Dennoch gibt es immer mal wieder Plakate zu sehen, auf denen steht: „Stoppt den Windradwahn im Schwarzwald!“ In gesamt Süddeutschland möchte man zwar auch erneuerbare Energien haben, aber keine Windräder in der Landschaft, und keine zusätzlichen Überlandleitungen, die die in Offshore-Parks erzeugte Energie zuleiten. Verständlich, wer will das schon. Man nennt das auch das NIMBY-Prinzip – „not in my backyard“, sondern lieber irgendwo anders. Daß da auch Hinterhöfe sind, von anderen Leuten, interessiert dabei nicht.

Man spricht auch viel von „Landschaftsverschandelung“, die es aufzuhalten gelte – klar, das Argument klingt natürlich besser als das egoistische NIMBY. Aber auch das erscheint mir nicht stichhaltig: Nahezu jede Landschaft in Deutschland ist keine Naturlandschaft mehr, alles ist inzwischen kultiviert worden, selbst wenn es nicht so aussieht, weil man z.B. mitten in einem Wald steht. Jede Landschaft in Deutschland ist eine Kulturlandschaft, die so aussieht, wie sie aussieht, weil der Mensch eingegriffen hat. Wenn wir erneut eingreifen dadurch, daß wir ein paar Windräder hinstellen, ist das also keine Verschandelung einer urwüchsigen Landschaft, sondern eine Veränderung einer schon lange von uns gestalteten Landschaft. Daß die nicht komplett zugepflastert werden sollte mit Windrädern, ist auch klar – die sind ganz schön laut, die Dinger, sein Haus möchte man daneben nicht stehen haben. Und unwidersprochen ist natürlich auch, daß die Windradindustrie nicht immer rücksichtsvoll auf die Bedenken von Awohnern reagiert.

Man kommt nur durch sehr wenige Dörfer auf diesem Wanderweg. Ob darum die Kreuze zum Teil um so wuchtiger ausfallen? Bei einer kleinen Bevölkerungszahl kann schnell mal ein Wettbewerb unter den Einwohnern ausbrechen: Wer hat das tollste Kreuz!? Hier sind viele „Arma Christi“ detailliert dargestellt – das sind die Leidenswerkzeuge und anderer Kram, den man mit der Kreuzigung in Verbindung bringt.

Zu Beginn der zweiten Etappe geht es vorbei am Blindensee, der so heißt, weil ein Blinder hier in der Nähe einen Hof hatte …

… durch ein Moorgebiet – mal ganz angenehm zu laufen.

Das Modellprojekt Rohrhardsberg scheint kein Erfolgsmodell zu sein – wer soll sich denn da noch zurechfinden? Egal – wir haben unsere eigenen Karten.

Da geht’s hoch, damit man gucken kann – irgendein Karl war mal hier und hat 1770 angeblich eigenhändig zwei Bäume gepflanzt. Seitdem hat man die Treppenanlage sich selbst überlassen, so sieht sie jedenfalls aus. Gut, daß es nicht naß ist.

An der Donauquelle begrüßt einen als erstes das sogenannte „Quellheiligtum Martinskapelle“. Wieso Quellheiligtum?

Dieses Bronzeschild soll zur Erklärung dienen. Mir erschließt sich der Zusammenhang allerdings nicht: Weil die Kreuzigung unter Tiberius stattfand und der gleichzeitig nach der Donauquelle forschte, steht hier eine Kapelle? Und was, wenn der Kaiser gern Kartoffelpuffer gegessen hätte? Würde man dann an jedem Kartoffelacker auch eine Kapelle finden? Merkwürdig.

Die Donauquelle hat man touristisch mächtig aufgemotzt: Ein Hinkelstein (?), ein Büdchen, ein Hotel (nicht auf dem Foto), ein Tor, ein neu angelegter Weg …

… der nach unten führt …

… und da ist sie schließlich. Ein paar Stunden vorher haben wir die Quelle der Elz im Wald gesehen, ganz unspektakulär kam das Wasser aus dem Waldboden.

Eindrucksvoller sind da diese großen Felsen, die plötzlich im Wald herumliegen (Wollsackverwitterung – der aufmerksame Leser dieses Blogs denkt sofort an die Externsteine). Wir witzeln herum: Die Steinansammlung hat doch bestimmt wieder irgendeinen Namen, Norbert vielleicht, oder Heiko, vielleicht gar Schantall? – und sind verblüfft, als das tatsächlich zutrifft: Die Felsen heißen …

… Günter.

Auf dem Berg Brend kann man alles kaufen, was man so braucht. Neben dem Kiosk steht ein 17 Meter hoher Turm …

… von dem aus man schön nach unten schauen kann. Der Brend ist eine Wasserscheide: Westlich fließt alles Gewässer in den Rhein, östlich in die Donau.

10 recht moderate Kilometer haben wir noch vor uns, die jedoch nicht immer ungefährlich sind, gewarnt wird hier vor kreuzenden Loipenläufern. Wir haben aber keine gesehen, vielleicht liegt es daran, daß kein Schnee liegt.

Da unten rechts ist unser Hotel „Kalte Herberge“ – wie auch schon die letzte Unterkunft kein Dorf, nur ein Haus an einer Straße (über die Hotels mache ich einen extra Eintrag).

Fortsetzung folgt.

11 Gedanken zu “Wanderung auf dem Westweg (2): Hausach – Wilhelmshöhe – Kalte Herberge

  1. Schön ist das schon, was du uns da zeigst. Und der Widerstand gegen Windkraftanlagen findet sich auch in Ostfriesland. Überall, wo die Dinger hin sollen, ist Landschaft. Man könnte ja zu Abstimmungen aufrufen, nicht für oder gegen die Windkraftanlagen, sondern für eine konkrete Art der Energiegewinnung, die dort stattfinden soll. Also Kohlekraftwerk, Gaskraftwerk , was auch immer möglich ist. Irgendwas werden die Leute ja schon wollen.

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    1. Ja, landschaftlich wohl der schönste Wanderweg von denen, die wir bisher gegangen sind. Und das trotz der Windräder. Besser können die eigentlich gar nicht stehen, einsam im Wald sollten sie niemanden stören. Wer jetzt Tiere ins Feld führt – die gewöhnen sich an sowas, das sieht man ja auch an den Wildtieren, die die Städte besiedeln.
      Wenn man den Leuten die Wahl läßt, wo die Windräder stehen sollen, sind sie alles für diese Art der Energiegewinnung – merkwürdiger Weise soll der Standort überall besser sein als da, wo man gerade wohnt.

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  2. …statt noch mehr Energie zu gewinnen, würde ich vorschlagen, weniger elektrische Geräte einzuschalten und beispielsweise Fernseher zu reduzieren…das täte nicht nur der Umwelt gut, sondern auch dem Familienleben…

    …schöne Landschaft mit feinen kleinen Eigenheiten, man kann da schon Lust bekommen loszuwandern…Günter hieß übrigens mein Vater…

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    1. Da hast Du natürlich recht, Energiesparen ist immer gut. Aber erneuerbare Energien sollen die alten, umweltverschmutzenden aus fossilen Bennstoffen gewonnen Energien eher ersetzen, als zusätzlich dazuzukommen.

      Ja, wirklich schön. Aber was schöne Landschaften betrifft, hast Du ja wahrscheinlich keinen Mangel, oder?:-)

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      1. …stimmt…hier ist es wild schön, bei Euch dagegen gepflegt schön und so aus der Wildnis betrachtet, gefällt mir das Gepflegte gut…

        …verstehe ich schon, das mit den erneuerbaren Energien, aber solche Windräder müssen auch produziert werden und gewartet und sie gehen kaputt und verschleißen…ich würde das Energiesparen in den Vordergrund stellen und darüber höre ich heute niemanden mehr sprechen, aber vielleicht bin ich nur nicht gut informiert…

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  3. Ui, eine abwechslungreiche Etappe. Hab einges gelernt und gestaunt habe ich auch über die Sache mit Tiberius. Der Glaube treibt da kuriose Blüten. Auch die fast perverse Lust, mit der die Marterwerkzeuge gezeigt werden und die ungwollte Komik des Männleins auf dem Pferd, wie er den Herrgott mit der Lanze sticht.
    45 Grad Steigung ist wohl extrem für einen Wanderweg. Ist Grad gleich Prozent?

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    1. Nein, ich habe mir das so gedacht: 90 Grad ist senkrecht nach oben (das sind dann wohl 100 Prozent?), 0 Grad ist waagerecht. 45 Grad ist also genau die Mitte. Die Gradzahl ist nur geschätzt – wenn mir ein Fachmann sagen würde, das geht gar nicht, da würde man ja ständig rutschen, würde ich sofort einlenken und zugeben, daß ich vielleicht etwas übertrieben habe, aber nicht viel und nur aus Gründen der Anschaulichkeit.

      Schön finde ich auch die Darstellung der drei Würfel, mit denen die römischen Soldaten um die Klamotten des Gekreuzigten gespielt haben sollen, das ist ja soo gemein, und das Schweißtuch der Veronika, die dem noch Lebenden auf dem Weg nach Golgatha den Schweiß abgewischt haben soll, worauf das Antlitz des Schwitzenden auf dem Tuch zu sehen war – die reinste Zirkusnummer. Das Tuch befindet sich angeblich noch heute im Petersdom.

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  4. wilhelmshöhe? gehört doch zu kassel bzw. wer in kassel mit dem zug ankommt bekommt dies zu hören.
    aber vielleicht war der wilhelm nicht nur in kassel sondern auch im schwarzwald.
    wunderschöne natur, dort würde ich auch gern wandern wollen, aber nicht allein, ich hab angst vorm bösen wolf. 😉

    zum den kreuzen im blackwoodforrest kommen erinnerungen an meine zeit in bayern, dort hängn sie auch überall.

    vor monaten hatte ich eine unterhaltung mit einem christenmenschen, der ein jesusbild in der wohnung hängen hat.
    und zwar ging es darum ob der stoß mit der lanze am jeus am kreuz rechts oder links erfolgte.
    dein foto zeigt die rechte seite jesu`. nicht die linke herzseite.
    der gläubige senior wollte mir nämlich sagen, der lanzenstoß wäre ein gnadenstoß gewesen, damit der christus nicht allzu lange am kreuze leiden müsse.
    wie siehst du das?
    und… danke fürs mitnehmen an einem langweiligen sonntag. :-))

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    1. Wilhelmshöhen gibt es recht viele, Wikipedia führt einige auf. Deutsche Adlige mit dem Namen Wilhelm – da weiß man ja kaum, wo man anfangen soll. Vielleicht ist hier der Türkenlouis gemeint, von dem im nächsten Eintrag die Rede ist.

      Soweit ich weiß, hielt man Jesus für tot, was er auch war. Um sicher zu gehen, piekste der römische Soldat ihn an und durchbohrte sicherheitshalber sein Herz – nicht aus Gnade, man machte das damals einfach so. Für die Kirche ist das ziemlich wichtig: Er sollte ja wirklich gestorben sein. Die Auferstehung wäre keine, hätte da nur ein Scheintoter gehangen.
      Als Gnadenakt wird allerdings das Essigwasser angesehen, das man ihm mit einem Schwamm an den Mund hielt, und nicht als weitere Folter: Wasser galt zu der Zeit nicht als sicheres Lebensmittel (übrigens für die nächsten fast zweitausend Jahre nicht), wenn es mit etwas Essig vermischt war, war es gesünder.
      Ich habe mal gelesen, Gekreuzigte seien quasi ertrunken, da sich durch die Haltung das körpereigene Wasser in der Lunge ansammelt. Ein grauenvoller Tod.

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      1. danke für die aufklärung.
        bis auf einen punkt nämlich den stoß ins herz kann es so nicht gegeben haben, denn mir sind viele jesus darstellungen im kopf wonach jesus in die rechte seite gepiekt wurde, das herz sitzt aber links.
        wahrscheinlich könnte auch die kirche dahinter stecken, die sich wahrheiten ja selber zusammenschustert.
        man denke an galileo und koperniks.
        ich freue mich schon auf weitere berichte.

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        1. Rechts gepiekt, das ist schon richtig, dann so weit reingestochen, die Lunge touschiert, bis es ins Herz ging – so haben die sich das vorgestellt.
          Daß die Kirche sich ihre „Wahrheiten“ so zurechtschustert, wie es ihr paßt, stimmt natürlich trotzdem.;-)

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