Wanderung auf dem Westweg (1): Ankunft in Hausach

In diesem Jahr wanderten wir auf dem sogenannten „Westweg“, ein 285 km langer Wanderweg längs durch den Schwarzwald zwischen Pforzheim und Basel.

Da wir nicht so viel Zeit hatten, starteten wir in Hausach, sieben Etappen à ca. 20 km reichten uns völlig aus. Alle Hotels waren gebucht, und wie immer wurde unser Hauptgepäck mit dem Auto von Unterkunft zu Unterkunft gebracht, so daß wir jeweils nur mit dem Tagesrucksack unterwegs waren.

Eigentlich muß man von Hausach-Dorf sprechen, wo wir waren: Die Stadt hat immerhin über 5.700 Einwohner, allerdings verteilt auf 32 „Dörfer, Zinken, Höfe und Wohnplätze“ (wie es bei Wikipedia heißt – ein Zinken ist eine kleine Ansammlung von Höfen oder Häusern). Wahrscheinlich ist das der Grund, warum man hier oft geballt riesige Supermarktfilialen sieht – im Örtchen vorher sah man vom Zug aus ebenso große Edeka-, Rewe- und Aldimärkte wie hier.

Aber es gibt auch eine Art Stadtzentrum an der Hauptdurchgangsstraße …

… mit Abkühlungsmöglichkeit für die Kleinen …

… und für die Großen. Hosenträger, damit verdient man heute nichts mehr, aber ein Kneipenrestaurant läuft immer, wenn nur genügend Leute in der Gegend wohnen. Heute im Angebot: Wurstsalat und Brägle – mußte ich auch erst nachsehen: Das sind Bratkartoffeln.

Ja, das waren noch Zeiten, als aus aller Herren Länder die Bewohner nach Hausach kamen, um bei Uhren Dieterle die leeren Batterien ihrer Digitaluhren auswechseln zu lassen. Heute kann man kein Geschäft mehr damit machen.

Ein fein herausgeputzes Fachwerkrathaus neben Café Waidele …

… aber auch neuer Architektur gegenüber ist man hier aufgeschlossen – leider ohne jegliches stadtgestalterische Feingefühl, aber das muß man sich natürlich auch erstmal leisten können. In dem modernen Gebäude befindet sich übrigens „Alles was Frau will! Frauen-Figurencenter – Figur & Beauty“. Und da sagt man immer, Männer seien einfach gestrickt …

So, wir müssen los. Zum Abschied noch ein von „Drum & Dran Mode GmbH“ ermöglichtes Gedicht von Enzensberger über Wochenendfreizeitvergnügen und Lebenszeitverschwendung – gar nicht schlecht.

Knapp oberhalb der Stadt eine Burgruine … puh, ist das anstrengend, können wir nicht mal Pause machen? Nein, können wir nicht – wir sind kaum einen Kilometer gelaufen, über 20 haben wir noch vor uns, und was für welche, weiß unser Wanderführer: „Die Strecke von Hausach zur Wilhelmshöhe zählt zu den anstrengendsten Etappen des gesamten Westwegs. Steile, sich lang hinziehende Steigungen zehren an den Kräften des Wanderers.“

Fortsetzung folgt.

 

 

 

14 Gedanken zu “Wanderung auf dem Westweg (1): Ankunft in Hausach

  1. Oha, das Gedicht läßt vermutlich tief blicken um was für eine Gegend es sich handelt. Mähen oder gemäht werden.
    Bei Gelegenheit mußt du der geneigten Leserin mal erklären, was der Reiz am Durchwandern solcher spieß…äh…spielerischen Gegenden ist.
    Oder ist es nur die Wonne eines Großstädters sich mal in frischer Luft ausreichend zu bewegen?

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    1. Heinrich Böll soll aus Müngersdorf weggezogen sein, weil er den Rasenmäherlärm nicht mehr ertragen konnte, und Müngersdorf ist ein Stadtteil von Köln, sowas gibt es überall.
      Du hast ganz recht mit Deiner zweiten Annahme: Endlich mal raus aus der Großstadt, die Luft, die Natur, die Bewegung, wenig Leute, all das läßt uns die Anstrengungen, die das Wandern auch mit sich bringt, gern in Kauf nehmen. Die Orte nehmen wir, wie sie kommen. Sie machen manchmal einen spießigen Eindruck, was man aber von den Leuten gar nicht mehr sagen kann, man hat hier (auf den oberflächlichen Eindruck, den wir wegen der Kürze der Kontakte natürlich nur haben können) keine andere Mischung als in der Großstadt: Die meisten Leute sind offen, freundlich und hilfsbereit. Selten trifft man auch andere, aber es wäre ja merkwürdig, wenn nicht. Ich habe den Eindruck, der Dünkel, den man früher in der Provinz gegen Fremde und Großstädter hatte, ist stark zurückgegangen, was zum einen daran liegt, daß die Einheimischen wissen, wie wichtig der Tourismus für sie ist, zum anderen, weil die Leute alle selbst reisen. Dorf- und Kleinstadtbewohner, die ihr Leben lang von ihrem Ort nicht wegkommen, gibt es wohl kaum noch.

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    1. Warte ab, es wird noch angenehmer für die Leser, gemessen an unseren Anstrengungen;-).
      Stimmt, das ist schade, daß immer mehr Handwerk von der Bildfläche verschwindet. Gestern habe ich die Prognose gehört, daß aufgrund der zunehmenden Digitalisierung in allen Bereichen nicht nur die Handwerksberufe abnehmen, sondern allgemein Erwerbsarbeit zurückgeht. Langfristig wird die Anzahl der berufsausübenden Menschen geringer sein als die Zahl der Arbeitslosen. Diese Entwicklung ist nicht an sich schlecht, es kommt darauf an, wie man damit umgeht. Ich bin angesichts der unternehmerfreundlichen Politik eher skeptisch.

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      1. Industrie 4.0 wird auch hochqualifizierte Berufe verschwinden lassen, beispielsweise Rechtsanwalt, Journalist und dergl. Das bedingungslose Grundeinkommen ist in Augen von Politik und Unternehmern die Lösung, weshalb es gut ist, skeptisch zu bleiben.

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  2. fein, dass du uns mit auf reisen nimmst.

    zum wort „zinken“ für bewohntes gebiet fällt mir etwas anderes ein.
    hier im hochdeutschen sagt man zur nase auch zinken.
    und aus dem tv von edgar wallace verfilmungen kennen ich „der zinker“, jemand der karten zinkt also falsch spielt.
    und ein zinken ist ein bettlerzeichen für nachfolgende.
    zinken wurde auch die sprache des fahrenden volkes genannt.
    (meine suchmaschine hat dem wissen etwas nachgeholfen 😉 )

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    1. Ah – danke für die Aufzählung. Es wäre also möglich, daß ein Zinker mit einem großen Zinken durch ein Zinken geht, auf Zinkisch versucht, die Leute zu einem Spiel mit gezinkten Karten zu überreden, und für seine Nachfolger Zinken an den Türen hinterläßt. Versuch das mal einem zu erklären, der gerade Deutsch lernt.;-)

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  3. Ja, schön, wieder mit dabei zu sein. Eine Gegend, die ich nicht kenne. Mir gefällt besonders, dass du dich nicht auf die typischen Touristenfotos beschränkst, sondern einen Ort so zeigst, wie du ihn erlebst, also mit Lidl und Dieterle.

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  4. Bonsoir!

    Wurde ja langsam Zeit, dass du endlich loslegst!..;-)
    Ich habe mir mal die Mühe gemacht, deine vermutliche
    Position per Google-Maps/Satellit herauszufinden. (Erstes Foto)
    Siehe hier: … http://tinyurl.com/y8v6nv2a … Individuell erweitert.
    Sogar mit eigens erstelltem Piktogramm..:-)

    Ich hätte mir übrigens ein paar heimlich gemachte Schnappschüsse
    im Frauen-Figurencenter von dir gewünscht.
    (Pure Neugier..;-D

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    1. Leider verzögere ich schon wieder – oder besser: Die Lebensumstände verzögern …
      Das ist fast genau meine Position. Wir waren in der dm-Drogerie, die so groß ist wie ein Outlet-Center, aber das, was ich haben wollte – Aufsteckteile für meine elektrische Zahnbürste, die ich in Köln vergessen hatte – hatten sie nicht. Freundliche Bewohner schickten uns zu einem Elektroladen im „Stadtzentrum“ – mit Erfolg!

      Was im Frauen-Figurencenter los ist, kannst Du Dir selbst vorstellen, oder? Dazu gehört nicht viel: Normal aussehende Frauen mit den üblichen „Problem“-Zonen stehen schwitzend an Geräten, in der Hoffnung, irgendwann so auszusehen, wie sie aufgrund von Illustriertenlektüre glauben, daß ihre Männer sie so haben wollen. Dabei mögen die meisten Männer mollige Frauen. Tragisch!

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