Urlaub an der Küste (1)

Stimmt natürlich gar nicht, daß die Möwen in St. Peter-Ording blaue Mützen tragen, in Wirklichkeit sind sie schwarz. Aber woher sollen die Chinesen, die diese Figuren herstellen, das auch wissen?

St. Peter-Ording liegt auf der Halbinsel Eiderstedt an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste und besteht aus fünf ursprünglich eigenständigen Teilen, die man im Laufe der Zeit zusammengefaßt hat. Unsere Ferienwohnung ist im Teil „Dorf“, in dem die namensgebende Kirche St. Peter steht. Und es stimmt, es ist dörflich.

Die Restaurants, Cafés und Geschäfte knubbeln sich an einer Straße, aber es sind nicht sehr viele, zum Bummeln sehr angenehm.

Die Restaurants heißen „Kiek in“, „Wendt’s goode Döns“ oder „Spökenkieker“ – oder auch einfach „Da Giggi“, wenn es eine Pizza sein soll. Die Begrüßung ist allerdings überall gleich: „Moin Moin“ sagt man hier zu jeder Tageszeit, das kenne ich noch aus meiner Kindheit.

Ob das „Café Diem“ der Familie Diem gehört oder auf carpe diem anspielt, war nicht zu erfahren, allerdings kann ich mir gut vorstellen, da einen genußvollen Tag zu verbringen.

Eine Familie mit acht Jungs und zwei Mädchen braucht bei kühlem Wetter nicht weiterzusuchen nach wärmenden Fleecejacken.

Auf einer Tafel steht: „Jan und Gret waren ‚lütte Lüüd‘, die sich aus dem Meer ihr Zubrot holten. Jan stach den ‚Bütt‘ mit der ‚Prigg‘ und Gret fischte die ‚Porrn‘ mit der ‚Gliep‘.“ Aha. Überrascht war ich über die Namen der beiden, denn in Köln läutet das Nachspielen einer Sage um Jan und Griet jedes Jahr den Straßenkarneval ein (wieso habe ich diese Geschichte noch nicht erzählt? Werde ich demnächst mal nachholen).

So weit, so beschaulich. Nähert man sich nach ca. einer halben Stunde Fußmarsch dem Ortsteil „Bad“, ist Schluß mit lustig. Hier soll Geld verdient werden – das ist in „Dorf“ natürlich auch nicht anders, aber hier wird es einem auf Tritt und Schritt gezeigt.

Uralte friesische Architekturkunst …

… sieht anders aus. Der Fußgängerzonencharme soll vielleicht verhindern, daß die Besucher Heimweh bekommen …

… weshalb man auch auf die kulinarischen Spezialitäten nicht zu verzichten braucht, die man von zu Hause gewohnt ist: Schnitzel, Currywurst und Burger.

Fortsetzung folgt.

0 Gedanken zu “Urlaub an der Küste (1)

  1. Witzig! Du schaffst es immer noch die betulichsten Orte so zu beschreiben, als könnte man sich dort amüsieren. Aber das ist eben der Vorteil des Fotografierens. Man kann immer noch unfreiwillige Komik festhalten und damit Leute unterhalten.

    Gret und Jan allerdings sind wirklich sehenswert. Wie so eingefrorene Märchenfiguren. „Und die Zeit verging und um ihren Salzgarten ward ein Parkplatz gebaut…“
    Irgendwann werden sie von ihrem Zauber erlöst werden. Vielleicht wenn 8 wilde Schwäne in blauen Jacken mit je einer blaubemützten Möwe unter dem Arm ein Nesselhemd weben oder so.

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  2. Man kann sich ja fast überall amüsieren, wenn man die richtige Begleitung hat. 🙂

    Wenn 2 blaubemützte Störche 8 Jungs und 2 Mädchen gleichzeitig ins Dorf bringen und bei Café Diem jeweils ein Schnitzel bestellen – dann, ja dann erfüllt sich die Prophezeiung: Eines fernen Tages, wenn Mond, Sonne und Sterne gleichzeitig am Himmel erscheinen und ein gar wunderbares Licht verbreiten – sollte man sich nicht mehr um Jan und Gret Gedanken machen, sondern schnell noch einen guten Cognac trinken, denn kurz darauf geht die Welt unter. Tja, manche Märchen enden böse.

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  3. Sehr wahr! 🙂

    Oh! Wie unerquicklich! Ich dachte echt Jan & Gret fliegen blaugemützt ins Land der Dämmerung, auf neu gefundenen Flügeln und das wird dann die Befreiung Chinas aus dem Joch der Möwenmützenbemalung und anderer Unbillen des Lebens.

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  4. Wenn Du von Jan und Griet erzählst, vergiss bitte nicht mitzuteilen, wie sie es von der Waterkant nach Köln geschafft haben. Was aber die Massenware in China bemalter Möwen betrifft, so ist es doch bemerkenswert, dass der Gesichtsausdruck jeweils leicht variiert. Also ich bräuchte Stunden, um mich zu entscheiden, welche das jeweils passende Mitbringsel für Kreti, Pleti, Hinz und Kunz wären. Sind eben doch große Künstler, die Chinesen.

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  5. Wahrscheinlich echte Handarbeit. In Köln werden diese Mitbringsel ja wieder von den Chinesen abgeholt und zurückgebracht, das ist doch ein recht sinnvolles Recycling, an der Küste habe ich allerdings kaum asiatische Touristen gesehen.

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  6. Ein Spökenkieker (Spuk-Seher) ist übrigens jemand, der unangenehme Sachen vorhersehen kann, wird aber heutzutage eher spöttisch verwendet für schlecht gelaunte Leute. Ich weiß auch nicht, waum die ihr Restaurant so genannt haben („Hier werden sie nur von den schlechtest gelaunten Leuten bedient, die man hier auftreiben kann“), wahrscheinlich, weil es so schön plattdeutsch klingt und die Gäste sowieso nicht verstehen, was das heißt.

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  7. Letzteres wird wohl der Grund sein, ja.
    Danke, für Deine Erklärung.

    Ich hätte es jetzt FAST vom kölschen „spökes“ abgeleitet… :))
    Also Blödsinn machen…
    Vielleicht gibt es in dem Restaurant besonders lustige Kellner… ;D

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  8. Ja. Im 19. Jahrhundert konnten Reisende froh sein, wenn sie einen Teller Eintopf bekamen in der Pension, in der sie wohnten, jedenfalls wenn sie in ländliche Gegenden reisten.

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