Weihnachtsbesuch an der Küste

Immer, wenn ich sage, mein Geburtsort Varel sei am Jadebusen, stutzen die Leute: Ein Ort an einem grünen Edelstein in Form einer weiblichen Brust – wie jetzt? Die Jade ist aber auch ein kleiner Fluß, der in eine Bucht an der deutschen Nordseeküste mündet, eben dem Jadebusen. Links oben, am Eingang der Bucht, liegt übrigens Wilhelmshaven. Varel ist die Siedlung am unteren Bildrand.

Im Hafen liegen nicht nur Boote für Freizeit und Vergnügen …

… und zum Wohnen …

… sondern auch Kutter für den Fisch- und Granatfang.

Wer im Supermarkt gepulte Granat (kleine, von der Schale befreite Krabben) kauft, sollte wissen, daß die in der Regel schon einen weiten Weg hinter sich haben: In der Nordsee gefangen, werden sie in großen Lastern durch Frankreich und Spanien gefahren und bei Gibraltar auf Schiffe verladen, um dann in der marokkanischen Wüste in eigens errichteten Kühlhäusern von billigen Arbeitskräften gepult zu werden. Retour geht es auf dem gleichen Weg – ein ökologisches Desaster, aber ökonomisch lukrativ. Hier kann man allerdings die Granat frisch gefangen und noch auf dem Kutter gekocht kaufen und am Besten gleich in den Mund pulen – lecker!

Diese Weite! Diese Luft!

… gibt es natürlich auch in Grau.

Der Jadebusen ist ziemlich flach, d.h., meistens ist kein Wasser zu sehen, sondern nur schwarzer knöcheltiefer Schlick. Sechs Stunden lang zieht sich das Wasser zurück, und weitere sechs Stunden braucht es, um wieder da zu sein – das fand ich als Kind nicht so toll:

Da hat man einen Strand, aber Schwimmen ist nicht.

Aber schön ist es trotzdem – finde ich besonders jetzt, wo ich nicht mehr hier wohne.

In der Mühlenstr., die deswegen so heißt:

… habe ich diesen Laden entdeckt:

„Hier entstehen die Friesen-Kids“. Hier also? Ich wußte gleich, das mit dieser Gegend was nicht stimmt: Die Kinder werden hier nicht selbst gezeugt, sondern in Läden bestellt und ausgeliefert. Da ich das als Jugendlicher nicht wußte, bin ich nach einer frustreichen Zeit schließlich weggezogen.

Immer mal wieder zu Besuch hier zu sein, ist ganz nett, aber – ehrlich gesagt: Hier möchte ich nicht begraben sein.

0 Gedanken zu “Weihnachtsbesuch an der Küste

  1. Wirklich nicht?

    Ich könnte mir vorstellen, dass es eben doch genau das ist: Dort begraben zu sein.

    Deine Fotos und Deine Worte sprechen eine Sprache, die von Sehnsucht und Liebe durchleuchtet ist – liest sich ein bisschen esoterisch *grins* Aber mich packte sofort die Sehnsucht, als ich „Diese Weite“ in bunt sah – in „Grau“ löst sie aber dieselbe Sehnsucht in mir aus 😉

    Das Meer lässt einen nicht mehr los, oder? Egal, was man macht 😉

    Lieben Gruß.

    Ada Dragonfly

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  2. Esoterisch? Was meinst Du? Daß die Kinder hier in einer Werkstatt zusammengeklöppelt oder sonstwie hergestellt werden? Finde ich auch dubios. Das Meer, da hast Du völlig recht, läßt einen nicht mehr los. Lieber ist mir allerdings die holländische Küste, noch lieber die cornische in Südengland – da hat das Meer mehr Kraft als in dem doch meist eher seichten Jadetümpelbusen.

    Liebe Grüße 🙂

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  3. Nicht begraben sein….weiß nicht…
    Ich liebe Varel! Und zwar von Anfang an. Ich vermisse es sehr. Und meine Erinnerungen daran sind schön. Es ist so schmerzlich, die Bilder zu sehen. Ganz schlimm. Aber ich setz noch einen drauf!

    Mit Cornwall, da hast du allerdings recht, DAS ist ja nun das Highend aller Träume!

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  4. Ja, ich weiß, versteh ich auch. Aber wenn man in den 60/70ern Kindheit und Jugend da verbracht hat – diese spießige Miefigkeit verjagt einen dauerhaft, jedenfalls mich. Aber vielleicht ist es inzwischen ganz nett, die Leute sind ja inzwischen andere. Aber ob sie auch anders sind, wer weiß, ich werde es jedenfalls nicht ausprobieren. 😉 Aber wenn Du da in der Gegend eines Tages wohnst, komme ich Dich bestimmt besuchen.

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  5. Sieh an! Das scheint ja schon ein etwas älteres Gerät zu sein, vielleicht funktioniert’s ganz gut und schafft bloß nicht die erforderlichen Mengen. In Cuxhaven hat man versucht, in großem Stil maschinell zu pulen, hat sich aber wohl verhoben:
    http://www.ndr.de/regional/niedersachsen/oldenburg/krabbenschaelzentrum101.html

    Ich eß sowieso am liebsten selbst gepulte Granat – auf Schwarzbrot, und darüber noch ein Spiegelei. Lecker!

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  6. Ich verwendete das Wort „esoterisch“, weil ich eine Wortwahl hatte, die auf den ersten Blick irgendwie abgespaced ankommen könnte und ich bin zwar so, wie meine Wortwahl ankommen könnte, wollte aber nicht beim ersten Kontakt abschreckend wirken.

    Ach egal *grins*

    Dass dort in der Werkstatt die Kinder geklöppelt werden, brachte mich (auch) sehr zum Lachen 🙂

    Und die holländische Küste? Seit ich sie vor 3einhalb Jahren das erste Mal sah, bin ich verloren. Ich komme von der Küste, von der Ostee und kenne auch die deutsche Nordsee. Aber Holland… wow… Ich war auf Texel und ich erfuhr die Küste bei Kijkduin. Und Renesse ging nicht spurlos an mir vorbei.

    England´s Küste dagegen kenn ich nur vom zweimaligen Überfliegen – ein Mal hin nach London und dann auch wieder zurück *grins*

    Lieben Gruß zurück.

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  7. *schallendlach* gar kein meer :-)))) Ok :-)))

    und: die raue See sagt mir mehr zu. Die Strohballen auf der ruhigen Seebilderseite kenn ich aus der alten Heimat. Dafür nach England? Nöö. Aber die Cottages sehen schon arg gut aus.

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