"TempoRar+Räre ParaDies+Das Reich+T"

Letzte Woche fand wieder einmal das jährliche Architekturfestival „plan“ in Köln statt. An vielen Orten wurden Führungen veranstaltet, Ausstellungen und Gebäude konnten besichtigt, Vorträge und Diskussionsrunden über die Zukunft des Gesichts der Stadt besucht werden. Ein Platz, der seit jüngster Zeit besonders im Fokus der Öffentlichkeit steht, ist der Eifelwall 5, denn hier ist der Neubau des Historischen Archivs geplant. Und hier wohnt Rolf KeTaN Tepel in seinem Reich, das von ihm so genannte „TempoRar+Räre ParaDies+Das Reich+T“.

Rolf KeTaN Tepel ist ein Original: Präsent, penetrant, messianisch, visionär, nach eigener Aussage eine „Nervensäge“, ein leicht größenwahnsinnig anmutender Kämpfer und harter Arbeiter für seine Sache, verbunden mit dem Humor eines Till Eulenspiegel, ein Philosoph in der Tradition des Diogenes und noch vieles mehr – kurz: Ein genialischer Künstler. Seit ca. vier Jahren bearbeitet er einen kleinen Teil der städtischen Brache, um die sich jahrzehntelang niemand gekümmert hat.

Aus Holzabfall und anderen Dingen, die die Wohlstandsgesellschaft wegwirft, hat er ein stabiles zweistöckiges Holzhaus gebaut, das zusammen mit selbstgezimmerten Anbauten und einem kleinen Bauwagen einen Hof abtrennt, der voll steht mit Kunstwerken des Künstlers.

Hier soll noch ein kleiner Teich entstehen – die Teichskulptur ist schon fertig.

Blöderweise ist dieses kleine Paradies (man fühlt sich da wirklich sofort wohl und geborgen, jedenfalls im Sommer) – zumindest aus der Sicht der Stadtverwaltung – illegal. Dabei fühlt sich der Künstler eigentlich im Recht: Als er den Platz besetzte, grub er einen Pflasterstein aus, brachte ihn zum Fundamt und gab an, einen herrenlosen Weg gefunden zu haben. Alles wurde vom Amt gewissenhaft aufgenommen, der Stein und der Vorgang erhielten eine amtliche Nummer, Rolf KeTaN Tepel eine Quittung, und als sich nach ca. drei Jahren immer noch kein Eigentümer gemeldet hatte, erklärte der Künstler sich zum rechtmäßigen Besitzer des Areals (Anm.: Nicht Besitzer des Areals, sondern Eigner der Wegsteine, s. Kommentar).

Zunehmend zeigt die Stadtverwaltung sich allerdings „not amused“ und versucht es nach einer zwischenzeitlichen Duldung nun mit Schikanen, den Besitzer (oder Besetzer?) zu vertreiben: Der Postkasten wurde abgebaut, das Wasser abgestellt und der Wohnsitzeintrag gelöscht. Vor ein paar Tagen, zu Ende des Architekturfestivals, wurde ihm eine Anzeige der Stadt wegen illegalen Bauens zugestellt.

Das alles geht an dem Künstler nicht spurlos vorbei, man merkt ihm die Anspannung und Sorge um die ungewisse Zukunft an, wenn man ihm zuhört. Andererseits sieht er gar nicht ein, sich in seinem Schaffensdrang behindern zu lassen: Sein nächstes Projekt „Einhut=Vielhut=Welthut“ ist geplant: Es sollen die Kölner Bürger die ausrangierten Töpfe und Pfannen, die sich in fast jedem Haushalt finden lassen, bei ihm abgeben. Er und seine Helfer bilden aus diesem Abfall dann einen riesigen Hut von mindestens 13m Durchmesser, der dem Hut von Joseph Beuys nachempfunden sein soll. Der Hut wird dann auf 11 Stützen gestellt, die jeweils tragende Institutionen symbolisieren. Und unter dem Hut trifft man sich dann – Politiker aus der ganzen Welt, Entscheidungsträger und alle anderen – und sorgen für nichts Geringeres als den Weltfrieden (ich hoffe, ich gebe das richtig wieder). Und da das natürlich alles auch mit viel Arbeit und Zeit verbunden ist, bittet Rolf KeTaN Tepel eben jene Stadtverwaltung, die ihn unbedingt möglichst schmerzlos loswerden will, ihn doch bitte mit 30.000 Euro Anschubfinanzierung zu unterstützen. Wie ich bereits sagte: Visionär, messianisch, größenwahnsinnig anmutend – aber nicht jeder, der hoch stapelt, muß auch gleich ein Hochstapler sein.

Arm das Land, das glaubt, sich solche „verrückten“ Künstler nicht leisten zu können. Ich hoffe jedenfalls, er kann noch lange in und an seinem kleinen Paradies herumwerkeln und Projekte für den Weltfrieden anstoßen.

PS: Ein kleiner Sonnenkollektor sorgt für gerade genug Strom, um ein Laptop betreiben zu können: http://stein-des-anstosses.de , die Homepage des Künstlers.

0 Gedanken zu “"TempoRar+Räre ParaDies+Das Reich+T"

  1. Danke für den im großen ganZen gelungenen ARTikel über meine Person und WIRken. Und die Fotos sind sehr schön.

    Die Rechtsfragen im Verhältnis zur Stadt sind jedoch, was wegen der Komplexität kein Wunder ist, nicht korrekt.

    KeTaN ist hier nie als „Besetzer“ aufgetreten, sondern schlicht und Ergreifend auf seiner elfjährigen Odyssee durch Köln auf der Suche nach einem Ort zum Ankommen „gestrandet“, nachdem er auf dem Weltjugendtag übel beraubt wurde.

    Meine tätige Anwesenheit auf verwahrlostem öffentlichen Grund könnte eher als „Befreiung“ bezeichnet werden. Dies wurde von dem Leiter der Gebäudewirtschaft Herrn Engelbert Rummel entsprechend gewürdigt, in dem er mir für die Dauer bis zu den Bauarbeiten eine Duldung (man könnte es auch Gastfrendschaft nennen) für diesen kulturellen Lebensausdruck gewährt hat.

    Der beim Fundamt am 1.9.2006 abgegebene, von KeTaN mit einer goldenen Sonne versehene Pflasterstein, ist einer von ca. 1400 Pflastersteinen einer hier ausgegrabenen „lost road“. Einem ca. 30 Meter langen gepflasterten Weg von 4 m Breite, der nicht mehr and das übrige Straßennetz angebunden ist.
    Das Fundamt der Stadt Köln hat auf Nachfrage in diesem August erklärt, sie habe den Stein „entsorgt“ und damit das Desinteresse der Stadt an diesem Weg dokumentiert.
    Deshalb betrachtet KeTaN sich nun als Eigner dieser Steine, und nicht wie oben beschrieben, als Besitzer des Grundes. Mit einer feierlichen Zeremonie und einem Abendmahl auf dem Weg wurde dieser neu benannt und heißt nun „WandelWagenWeg“

    Was es damit und dem ganZEN Rest seiner Kunst auf sich hat, das hofft KeTaN in diesem Winter endlich einmal erzählen zu dürfen………

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  2. ketan ..
    du bist ein ungewöhnliches beispiel
    tätiger nächsten liebe
    indem du einen ort geschaffen hast
    der auch anderen zugänglich ist
    die sonst in ihrer wohn-haft verkümmern

    und hast einen ort
    des schaffens
    der kreativität und
    des zusammenseins
    ins leben gerufen

    dieser ort hat so viele möglichkeiten mehr menschen den zugang zu eröffnen
    um am vollen leben teilzunehmen
    statt in dem grosstadtjungel zu verloren zu gehen..
    immer auf der suche .. ohne jemals anzukommen..
    dieser ort ist eine heimat für alle
    die das multikulturelle leben lieben..
    das einfache dasein..
    das schöpferische dasein und
    das liebevolle teilen mit anderen…

    dieser ort kann ein beispiel werden
    für viele
    wie leben in unserer
    unwirtlichen
    vom konsumterror
    besonders dem alkoholmissbrauch verzeuchten grosstadt..
    eine lebensinsel entsteht
    die schule macht..
    die menschen zusammen führt…
    wo sich netzwerke bilden ,
    wo hilfe zur selbsthilfe entstehen kann…

    wünsche mir tatkräftige unterstützung
    für dieses selbstlose unterfangen…

    mögen sich andere menschen
    dieses ortes annehmen
    und zu ihrem eigenen machen
    indem sie ihre visionen
    und fähigkeiten miteinbringen
    und so transparent werden
    für die öffentlichkeit
    ..die sich mit rat und tat
    an der entwicklung beteiligt…

    mögen alle wesen glücklich sein…

    meera

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