Berrenrather Str.

Und was, bitte, ist das? Eine Skulptur? Ein Gebäude? Gut geraten – es ist beides: Eine Kirche, in den 60ern des letzten Jahrhunderts entworfen vom Bildhauer Josef Rikus. Der Stil ist angelehnt am Betonstil der damaligen Zeit und sollte durch das Material mit den Neubauten der nahen Universität korrespondieren, denn die „Kirche Johannes XXIII.“ gehört zur katholischen Hochschulgemeinde.

Das verschachtelte Gebäude erinnerst an den frühen Kubismus 50 Jahre zuvor und wirkt deplaziert zwischen all den Zweckbauten, jedesmal wenn ich daran vorbeifahre, denke ich: Oh Gott! – und vielleicht ist ja genau das beabsichtigt. Schön finde ich es nicht, aber interessant.

Im Netz habe ich folgendes Zitat gefunden vom damaligen Hochschulpfarrer und Professor Wilhelm Nyssen: „Bau als Zeichen der Andersheit gegenüber den alltäglichen Lebensvorgängen ist zugleich Zeichen der Zwecklosigkeit des reinen Spiels. Dieser Gedanke alarmiert die Künste und läßt sie bis zum Äußersten an Strenge und Eindeutigkeit, eben an Umsetzung ins Zeichen gewinnen. Aber „Ort der Andersheit“ bezeichnet keinen willkürlichen Akt des Menschen, etwa einen vom Alltag reservierten Bau, der nur für Gebete und geistliche Konzerte bestimmt ist. Ort der Andersheit heißt Ort, an dem die Feier der Mysterien, der Auftrag Jesu vollzogen wird, durch dessen Erfüllung sich erst Kirche in allem Wandel der Verhältnisse konstituiert.“ Mit anderen Worten: Mir gefällt’s auch nicht, aber egal, Hauptsache Jesus und das ganze Pipapo.

0 Gedanken zu “Berrenrather Str.

  1. Boah, das ist sooooo schön!

    Ich meine die Ansprache – ich habe sie mir ausgedruckt und werde sie mir heute statt Anatomie reinziehen.

    Solche Wortgebäude kann man immer mal wieder gebrauchen:
    Klingen beeindruckend, keiner versteht sie und widersprechen kann man auch nicht.

    Die Kirche ist echt gruselig. Kein Wunder, dass Jesus lieber draußen gepredigt hat.

    Ganz lieben Gruss und Dank für diese beeindruckenden Eindrücke.

    Regina

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  2. Das Zitat ist echt der Hammer *lach* Rhetorik-Akrobaten sind nicht grundsätzlich gefährlich, sondern häufig auch einfach nur sehr amüsant :DD

    Der Bau ist nicht so mein Ding, aber zum Fotografieren durchaus interessant. Ich müsste, glaube ich, davorstehen, um mir ein genaues Urteil zu bilden. Es sieht jedenfalls ziemlich verwahrlost aus.

    Viele liebe Grüße
    Vonne

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  3. Die von der Zwecklosigkeit des Spiels alamierten Künste – tatüütataa, da kommt mit Blaulicht die Architektur daher und baut Burgen im Sandkasten, weil es so schön zwecklos ist, mysteriöse Zeichen der Andersheit. 😉

    Schönes Wochenende,

    lG

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  4. Die Kirche ist aber noch in Betrieb und auch eigentlich recht gepflegt – der verwahrloste Eindruck entsteht durch die für Sichtbetonbauten typische Erosion des Materials: Der Beton ist rau, das Regenwasser kann nicht richtig abfließen, und wenn da nicht regelmäßig mit Sandstrahl gereinigt wird sieht es so aus: Dreckig.

    Ich werde demnächst mal hineingehen, ich kann nur hoffen, daß ich dafür nicht auch noch am Wochenende früh aufstehen muß. 😉

    Sonnige Grüße in den Norden und ein schönes Wochenende

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  5. dafür, dass du sie so hässlich findest, hast du sie aber sehr schön fotografiert — auf dem ersten foto zumindest, das echt was sakrales hat. die kirche von ihrer besten seite. in diese kirche würde ich gerne hineingehen, ganz im gegensatz zu den andere — was licht alles ausmachen kann — über deine vermutung, dass dein „o gott“ vielleicht gewollt ist, musste ich sehr schmunzeln — auch deine übersetzung des wortschwalls finde ich sehr gelungen 🙂

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  6. Ich gebe zu: Ich bin extra von meinem Moped abgestiegen und dachte: In diesem Licht – das gibt ein super Foto! LWT hatte die richtige Assoziation mit ihrem Verweis auf die Dogon-Architektur, beides wirkt sehr archaisch, diese verschachtelten Formen lassen mich an eher heidnische Ritenplätze denken und vielleicht hatte der Herr Professor auch diesen Eindruck, weshalb er von „Feier der Mysterien“ sprach, denn das machten uralte Gesellschaften aus vergangener mittelamerikanischer Vorzeit ja auch.

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  7. stimmt, den verweis Lawendulas auf die dogon-architektur fand ich auch total erhellend. und „ort der andersheit“ ist eine passende wortkonstruktion des professors dazu, denn „das andere“ (wie ich es aus der literaturwissenschaft kenne) hat sehr viel mit archaischem zu tun — denke ich mir grad so, in der klarheit das erste mal, was wieder zeigt, wie inspirierend es sein kann, hier mit den richtign leutchen ein bisschen zu konferieren —- jawohl!

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