Der Josef-Haubrich-Hof (der Namensgeber hat der Stadt nach dem 2. WK seine umfangreiche Sammlung von Bildern der Klassischen Moderne geschenkt) ist, so das Zitat einer Freundin, „ein Platz, der nur sich selbst gehört“ – oder, anders ausgedrückt, ein Beispiel städtebaulicher Fehlplanung. In den späten 80ern noch eine unbebaute häßliche Brache (ich kann mich noch daran erinnern), wurde mit dem Bau des Ärztehauses an südöstlicher Ecke des Neumarktes (hier links im Bild) auch die Gestaltung des Platzes geplant, der außerdem von der Volkshochschule (im Bild rechts) und der städtischen Zentralbibliothek eingerahmt wird – eine belebte Atmosphäre schien garantiert. Aber es kam anders: Die Bänke wurden schnell wieder abgebaut, da sie alkoholselige Penner anzogen, die die vielen Passanten anbettelten. Dann wurde er einer der Haupttreffpunkte der hiesigen Drogenszene, das mobile Betreuungsbüro für Abhängige stand hier eine Zeitlang, und in den Toiletten der Bibliothek wurden die Glühbirnen gegen blau-strahlende ausgetauscht, damit die Fixer dort ihre Venen nicht finden konnten. Jetzt ist der Platz nur noch einer, der überquert wird, öde und traurig. Dabei würde sich doch eine mobile Außengastronomie ganz gut machen, ich würde hier Milchkaffee trinken … seltsam.
Schön, wie du dem Platz noch eine Chance gibst. Mir gefällt er gar nicht, mit und ohne Gastroszene.
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Es gibt noch so ein paar nichtsnutzige Plätze, an denen kein Mensch verweilen mag, aber die geben wenigstens Sichtachsen frei, Raum zum Schauen – nicht einmal das ist hier der Fall, hier gibt es außer viele Leute, die in die Bibliothek wollen, nichts zu sehen. Nicht, daß ich etwas gegen verschenkten Raum hätte (wenn wer was zu verschenken hat: Nehm‘ ich, auch wenn’s nur Raum ist für die Augen zum schweifen lassen), aber hier – ohjee.
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Dabei ist es ja schade, wenn durch die Bibliothek eine gewisse Frequenz gegeben ist und diese nicht positiv aufgegriffen wird. Da könnte man sich doch etwas einfallen lassen.
Was die Sichteinschränkung von Plätzen anbelangt, wirst du das schon im Mittelalter vorfinden: Dunkle und schmale Gassen. Es gibt aber enge Plätze, die noch immer Raum zum Atmen lassen und es gibt wiederum weite Plätze, die Beklemmungen hervorrufen können. Das ist die bestimmte Stimmung und Schwingung, die rüberkommt und die die Seele jedes Platzes zeigt und transportiert.
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Das hast Du gut gesagt: Die Seele jeden Platzes. Auf dem grünen Tisch geplante Plätze sind oft seelenlos, ordnen sich irgendwelchen ökonomischen Interessen der Bauherren der umliegenden Häuser unter und können, wenn sie Glück haben, mit der Zeit etwas Patina ansetzen und ein wenig Charakter gewinnen.
Plätze und ihre Seele, ihre Ausstrahlung, das ist wirklich ein interessantes Thema. In den nächsten Tagen stelle ich einen Platz vor, dessen Vernichtung (durch Bebauung) gerade geplant wird, mein Urteil ist ambivalent.
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Ich freue mich darauf.
Das wird sicherlich interessant, denn oftmals ist es schwierig, diese Schwingungen auch bildlich festhalten zu können. Bin schon neugierig! Schönes Wochenende für dich!
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