Richmodisstr.

Im 14. Jahrhundert, als immer mal wieder die Pest wucherte, heiratete der wohlhabende Mengis von Aducht die schöne Richmodis. Als sie eine Zeit lang glücklich zusammen gelebt hatten, raffte die Pest Richmodis dahin – ihr Mann war untröstlich, stattete den Leichnam reich mit Gewändern und Schmuck aus, ließ sie begraben und verkroch sich in seinem Turm. Den Herren des Bestattungsinstituts jedoch tat es vor allem um den vergrabenen Schmuck leid, weshalb sie nächtens eine Exhumierung vornahmen. Als sie den Sargdeckel öffneten, ging durch die vermeintlich Tote ein Ruck – zum Schrecken der Totengräber erwachte sie aus dem Scheintod. Schnell eilte sie nach Hause. Als der Diener seinem Herrn Mengis aufgeregt mitteilte, seine Frau stehe vor der Tür, sagte dieser: „Ach was, eher steigen meine beiden Hengste auf den Turm!“ – und sogleich hörte man lautes Pferdegetrappel auf der Treppe.

15 Gedanken zu “Richmodisstr.

  1. „Oh Du lieber Augustin, alles ist hin“, haben wir als Kinder gesungen – ob das derselbe ist?

    Vielleicht ist diese Angst eine Urangst, die wir alle in uns tragen, nur bei einigen kommt sie heraus. Eine Erfahrung, die wir alle gemacht haben, an die wir uns aber nicht bewußt erinnern können, könnte der Grund für die Urangst sein (Achtung! Achtung! – ab hier spricht der Hobbypsychologe): Der kurze Moment zwischen Abnabelung und zum ersten Mal Luftholen mit den eigenen Lungen muß ein beängstigendes Erlebnis gewesen sein: Erwachen im Sinne von da sein und im ersten Augenblick keine Luft kriegen – das Leben beginnt mit einem mittelschweren Schock, der glimpflich ausgeht und in der Folge jeweils unterschiedlich verarbeitet wird, zum Beispiel als die Vorstellung, eine zeitlang nicht zu atmen und dennoch am Leben zu sein. (Ende der Hobbypsychologentheorie).

    Die Vorstellung, in einem kleinen vergrabenen Kasten aufzuwachen finde ich auch beängstigend, manchmal sieht man sowas in gemeinen Krimis.

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  2. zweiter Hobbypsychologe am Werk …
    Ich weiß jetzt gar nicht, ob der Stress während der Geburt für ein Kind nicht größer ist, als die Abnabelung.
    Ich finde es übrigens etwas eigenartig, wenn Väter die Abnabelung ihres Kindes vornehmen. Das ist so gekünstelt und ich würde es als Mutter selbst nicht tun wollen. Noch dazu wo junge Väter in ihrem Vaterglück ja nichts wie eifersüchtig auf den neuen Eindringling sind. Aber das ist ein anderes Thema.

    Lebendig begraben zu werden? Ach, wenn ich einmal so schlecht aussehe, als wäre ich tot, dann könnte ich auch gleich sterben, denk ich mir.
    Das Lied vom Augustin ist wieder österr. Liedgut, das als deutsches gesehen wird. Mit dir bekomme ich noch die Krise! :))
    Lies da nach: http://www.wvlw.at/archiv/wienerlied.html

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  3. Auf 3sat gab es vor wenigen Tagen einen Thementag über den Tod und da gab es dann um 20.15 Uhr eine Kabarettvorstellung aus Bonn, in einer Leichenhalle und danach um 21.00 Uhr einen Bericht über die besonderheiten des österreichischen Todes und das drumherum halt. War sehr interessant, ich mag ja Wien sowiso sehr gern und das kultivierte Österreich im besonderen, aber das Verhältnis zum Tod ist charmant, morbid einmalig.
    Ich schwafele, entschuldigt bitte, aber da wurde auch über den lieben Augustin berichtet, der auch zur Zeit der Pest für tot gehalten wurde.

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  4. Die Verwechslungen kommen vielleicht daher, weil ihr – von eigenwilligen Ausnahmen abgesehen – keine eigene Sprache habt und stattdessen unsere benutzt :>>

    Ja, der Geburtsstreß, ich erinnere mich, da fing das ganze Elend an: Erst ist es furchtbar eng, man sieht nichts, weil die Augen noch zu sind, dann die plötzliche Kälte – und am Ende des Vorgangs, in dem man fast erstickt, wird man auch noch geschlagen, damit man tief Luft holt (was man, wie ich hörte, heute übrigens nicht mehr macht). Kein Wunder, daß man zukünftig allen Schwierigkeiten aus dem Weg gehen und nur noch die angenehmen Seiten des Lebens genießen will.
    Wieso Väter freiwillig dieser Operation beiwohnen ist mir auch schleierhaft. Ob sie dem Arzt auch die Zange halten, wenn es um eine Blinddarmoperation geht?

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  5. Wieso, bist du Bayer? Meine unsere Sprache stammt aus dem bayrischen Sprachraum.
    Das Problem ist ein hinlänglich bekanntes: Der Österreicher ist eher ein ruhiger und unterwürfiger Mensch. Er ordnet sich gerne jedem größeren Machtverhältnis unter und denkt sich dabei „Nur kane Wellen“, was so viel bedeutet – nur kein Aufhebens.
    Noch dazu kommt diese verdammte Bescheidenheit, die wir wirklich alle haben. Wir haben, wir können, wir tun, aber reden nicht viel darüber, was die anderen genau entgegengesetzt praktizieren.
    Ich habe letztens mit einem Unternehmensberater gesprochen (ich mag ja keine, aber der war nett und witzig). Er hat bestätigt, wenn sich ein Österreicher und ein Deutscher mit der gleichen Qualifikation um einen Job bewirbt, dann erzählt der Deutsche darüber Romane, was er nicht alles kann und wie gut er es macht. Für den Österreicher ist das selbstverständlich und nicht beredenswert, bringt ihm aber in diesem Falle leider recht wenig, denn in da gilt noch immer mehr Schein als Sein.

    So hammas?
    Ach ja Geburtsstress. Jetzt fahren sie den Kindern mit einem Röhrl in die Luftröhre, damit sie das Fruchtwasser absaugen können. Ich weiß ehrlich gestanden nicht, was mir lieber wäre, eine ordentliche am Hintern, oder ein Röhrl im Hals. Und? Es ist aus uns allen etwas geworden, ob der Papa bei der Geburt dabei war, oder nicht. Keine Garantie dafür, ob er sich nicht im Laufe der Zeit auf die Socken macht. Da ist jede Innigkeit bei der Geburt für die Würste, wenn er auf und davon ist.
    Oder?

    Die Pferdeköpfe finde ich cool. Wären etwas für’s Vorzimmer, um die Hüte darauf abzulegen – auch wenn mir keine Hüte passen, würde ich gerne mehr besitzen. *LillY weired* (du warst schon lange nicht mehr im Wörterbuch! :>>)

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  6. Aber das ist jetzt Englisch, oder? Eine mir bekannte Neuseeländerin nannte mich immer mal „Weirdo“, daher kenn ich das. Oder ist das auch ein österreichischer Begriff – mein Wörterbuch gibt keine Auskunft.

    Bei Vorstellungsgesprächen wird man immer gefragt, was für Fehler man habe, die einzig mögliche Antwort darauf ist natürlich: Keine! Wenn man Fehler zugäbe, könnte man noch gleich den hinzufügen: Daß man in Vorstellungsgesprächen ehrlich Antwort gibt. Zum Schluß soll man noch mal richtig Werbung für sich machen, also weshalb man der Meinung sei, der einzig Richtige für den Job zu sein. Wenn man das ein paar mal mitgemacht hat, glaubt man vielleicht irgendwann selbst daran. Man wird also richtiggehend darauf getrimmt, sich groß zu sprechen. Bescheidenheit ist natürlich viel sympathischer, und in Unterwürfigkeit sind die Hiesigen auch sehr gut geübt. :-/

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  7. Meine besten Jobs habe ich noch immer bekommen, wo ich unter der Tischkante den Mittelfinger hochkant hielt.
    Man ist so lässig und scheißt sich um nichts. Je mehr man einen Job unbedingt will, desto weniger bekommt man ihn.
    Sag mir, warum können wir nicht mit dieser und vielen anderen Erfahrungen bereits auf die Welt kommen? Muss man sich das alles über Jahre und Jahrzehnte hart erarbeiten und dann hupft man schon in die Grube, wenn man die göttliche Weisheit erlangt.
    Merde!
    (Ja, das vorhin war englisch, das andere französisch!)

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  8. Ja, der war das. Ich fand die Idee nicht schlecht, auch mal über den Tod zu lachen. Wie sonst, kann man ihm denn Paroli bieten.
    In seinem Angesicht vergeht uns ja sonst alles.

    Kennst Du den englischen Autor Terry Pratchett, den Erfinder der Scheibenwelt? Bei ihm hat „Tod“ ein Gesicht bekommen, ist Gestalt geworden und spricht: „IMMER IN VERSALIEN“. Ich finde Terry Pratchett genial, ist aber natürlich Ansichtssache.

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  9. Pingback: Richmodis (891) – Streetart

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