Die historische Altstadt von Rothenburg ist noch vollkommen von der intakten mittelalterlichen Mauer umgeben – toll, das hätte man in Köln auch haben können.
Innen kann man fast lückenlos einmal drumherum laufen und nach seinen Feinden Ausschau halten, um sie mit der Armbrust zu bedrohen, Hunnen, Mongolen und was da sonst noch so aus dem Osten kommt.
Früher jedenfalls. Heute sind die zahlenden Gäste aus dem Osten hochwillkommen, sie bestimmen fast das Straßenbild …
… und stehen an jeder Ecke. Rothenburg liegt an der sogenannten „Romantischen Straße“, eine Strecke von Würzburg bis Füssen (413 km), an der viele Sehenswürdigkeiten besichtigt werden können, die mit einem „alten“ Deutschland assoziiert werden, z.B. die Fuggerei Augsburg, das Schloß Neuschwanstein, und eben auch die Altstadt von Rothenburg. Wikipedia weiß, daß Mitte der 90er Jahre 93 Prozent der reisefähigen Japaner den Begriff „Romantische Straße“ kannten. Die sind nun alle hier.
Das macht aber nichts, die Stadt ist groß genug. Am Marktplatz wird gebaut, wie überall zu jeder Zeit, der deutschen Baubranche muß es eigentlich sehr gut gehen. Durch die Gebäudekulissen fühlt man sich noch mehr wie in einer Inszenierung.
Merkwürdigerweise gibt es kaum autofreie Straßen, was damit entschuldigt wird, daß die Anlieferung für die Betriebe gewährleistet bleiben muß, außerdem will man es den Gästen der innerstädtischen Hotels nicht zumuten, zu Fuß gehen zu müssen. Wozu hat man einen extra teures vierradangetriebenes Luxus-SUV, wenn man es vor der Stadt stehen lassen muß!
Außerdem schadet zu viel Bewegung der Figur, jedenfall der, die man sich mit Lust angefr erworben hat, z.B. durch Schneeballen, einer Spezialität des Ortes oder der Region: Ein irgendwie zusammengekrüseltes Gebäck, mit Zucker bestreut, oder in Schokolade getunkt, manchmal auch innen mit Marzipan verfeinert – mächtig und lecker!
Das Bäckereihandwerk hatte es nicht immer so leicht wie heute: Dieser Schandkäfig ist eine sogenannte Bäckertaufe: Wenn im Mittelalter ein Bäcker dabei erwischt wurde, daß seine Halbkilobrote nur 450 Gramm wogen, wurde er nicht nur in den Käfig gesteckt, sondern mitsamt diesem Gestell zum Gaudium der Zuschauer in den örtlichen Brunnen getunkt.
Durch dieses Tor geht’s zum Burggarten (oben auf dem Stadtplan links, die Nase). Ich sage sowas nicht oft: Dieser kleine Park ist wirklich herrlich!
Im 2. WK ist die Altstadt von Rothenburg „nur“ zu ca. 40 Prozent zerstört worden, durch einen blöden Zufall: Die amerikanischen Bomber wollten eigentlich ein Öllager südlich von Würzburg bombardieren, aber da war gerade Nebel. Also haben sie sich ein anderes Ziel gesucht, nicht allzu weit weg und mit klarer Sicht. Hinterher gaben die Amerikaner sich zerknirscht: Man habe ja nicht gewußt, was man da zerstört hätte, man hatte doch nur Menschen treffen wollen … Deshalb haben sie sich brav am Wiederaufbau finanziell beteiligt.
In einer kleinen Kapelle neben einem Rosengarten kann man sich abkühlen.
Essen und Trinken in so einem Museumsdorf ist natürlich immer so eine Sache: Bei den Touristenströmen aus der ganzen Welt ist man nicht auf Stammgäste angewiesen, die Leute kommen sowieso, unabhängig von der Qualität der Speisen. Empfehlen kann ich diesen gemütlichen Biergarten am Rödertor: Hauptsächlich Kartoffelgerichte in allen Variationen, sehr lecker.
Wie es dagegen in diesem schön gelegenen Restaurant schmeckt, kann ich nicht sagen, da haben wir nur was getrunken. Ein Japaner an unserem Tisch fragte nach einer deutschen Spezialität, über die ihn offenbar sein Reiseführer aufgeklärt hatte: Currywurst. Darüber kann man hier nur die Nase rümpfen, der Kellner versuchte (glücklicherweise vergebens), seine Rostbratwürstl an den Mann zu bringen. Tja, wir sind eben in Bayern.
„Ob“ der Tauber, das heißt: Oberhalb des Flusses, der Tauber heißt. Tatsächlich muß man einige Kilometer hinabsteigen aus der Stadt, um an dieses Wässerchen zu gelangen. Die Tauber entspringt ganz in der Nähe und mündet ca. 110 km weiter in den Main. Und diese Strecke werden wir in den nächsten Tagen ablaufen, Wandern über den Panoramaweg Taubertal.
Fortsetzung folgt.