Gottesweg

Friede

Die Bäume lauschen dem Regenbogen,
Tauquelle grünt in junge Stille,
Drei Lämmer weiden ihre Weiße,
Sanftbach schlürft Mädchen in sein Bad.

Rotsonne rollt sich abendnieder,
Flaumwolken ihr Traumfeuer sterben.
Dunkel über Flut und Flur.

Frosch-Wanderer springt großen Auges,
Die graue Wiese hüpft leis mit.
Im tiefen Brunnen klingen meine Sterne.
Der Heimwehwind weht gute Nacht.

Albert Ehrenstein
(1886 – 1950)

Grüngürtel

Rosen

Wenn erst die Rosen verrinnen
aus Vasen oder vom Strauch
und ihr Entblättern beginnen,
fallen die Tränen auch.

Traum von der Stunden Dauer,
Wechsel und Wiederbeginn,
Traum – vor der Tiefe der Trauer:
blättern die Rosen hin.

Wahn von der Stunden Steigen
aller ins Auferstehn,
Wahn – vor dem Fallen, dem Schweigen:
wenn die Rosen vergehn.

Gottfried Benn

Aachener Weiher

Unbekümmert vom Großstadtlärm zieht er seine Kreise …

Der Schwan
Diese Mühsal, durch noch Ungetanes
Schwer und wie gebunden hinzugehn,
Gleicht dem ungeschaffnen Gang des Schwanes.

Und das Sterben, dieses Nichtmehrfassen
Jenes Grunds, auf dem wir täglich stehn,
Seinem ängstlichen Sich-Niederlassen – :

In die Wasser, die ihn sanft empfangen
Und die sich, wie glücklich und vergangen,
Unter ihm zurückziehn, Flut um Flut;
Während er unendlich still und sicher
Immer mündiger und königlicher
Und gelassener zu ziehn geruht.

Rainer Maria Rilke, 1906