Spaziergänge in Zeiten von Corona (6)

Ruhig, zuversichtlich und hoffnungsvoll – so sollen wir das Virus stoppen. Zur Sicherheit sollen wir aber 1,50 Meter voneinander Abstand halten, wenn wir dieses Geschäft betreten.

Was für eine Zumutung! – findet man auf dieser Demo letzten Samstag am Aachener Weiher. Ungefähr 30 Leute demonstrieren gegen die Einschränkungen unserer Grundrechte. Vorneweg ein Wagen mit Lautsprechern: „Für Liebe, gegen Gewalt!“ – das kann ich unterschreiben. „Wir fordern einen Coronauntersuchungsausschuß!“ Hm, wer soll da untersucht werden?

„Name, Herkunft, Wohnort, bitte!“ – „Meine Name, Herrr Vorsitzender, ist Corona, manchmal nennt man mich auch Covid 19. Ursprünglich komme ich aus einem chinesischen Wald, aber mein Wohnort ist international.“ – „Ahaa, also obdachlos!“ – „Aber nein, ich wohne überall, ‚wherever I lay my hat, I’m at home‘, hehe.“ – „Sie werden beschuldigt, die ganze Menschheit zu vergiften und den Tod von Hunderttausenden billigend in Kauf zu nehmen.“ – „Aber Herr Vorsitzender, ich bin unschuldig, es geht nur ums Überleben meiner Art. Ich wäre gern im chinesischen Wald geblieben, aber der Mensch hat mich unter seinesgleichen getragen, ohne mich zu fragen, mich trifft keine Schuld …“. – „Ausflüchte! Sie verbreiten sich rücksichtslos, gehen dabei über Leichen, und was haben Sie am Ende gewonnen, wenn kein Opfer mehr übrig bleibt? Sie rotten sich doch selbst aus!“ – „Ja, blöd, das stimmt, Herr Vorsitzender, aber das können Sie mir nicht vorwerfen, der Mensch macht das doch auch …“.

„Schluß mit dem Lockdown!“ – ist eine weiter Forderung der Demonstranten. Welcher Lockdown? Im Park versammeln sich die Leute, als wäre nie was gewesen.

Hier wird getanzt und gegrillt, von „neuer“ Normalität kann nicht die Rede sein. Das ist zwar nicht der Ballermann, aber es gibt Orte in Köln, wo es so ähnlich aussieht, besonders am Wochenende. Selbst, wenn die Polizei Hotspots mit hunderten Feiernden (d.h. Saufenden) auflöst, treffen sie sich kurz darauf an einem anderen Platz. Also ist jemand darauf gekommen, von freitags bis sonntags eine der Ausfallstraßen, die Vogelsanger Str., auf Höhe des Grüngürtelparks für den Verkehr zu sperren, Bierbuden mit Bänken und Tischen aufzustellen und somit Platz für 1.000 Leute zu schaffen, damit sich die Zusammenballungen in der Innenstadt entzerren. Ich bin gespannt, ob das funktioniert. Man hat das schon einmal versucht in der Vergangenheit, wegen Lärmbelästigung, aber da hat es nicht geklappt. Die Leute feiern, wo sie wollen, und ein weiterer Feierort ist eventuell eine zusätzliche Attraktion, die noch mehr Leute anlockt.

Was fällt hier auf? Nein, nicht, daß da keiner sitzt, der Laden ist halt noch geschlossen.

Hier sieht man es besser: Die Tische und Stühle stehen auf der Straße, da, wo normalerweise Parkplätze sind. Die Verwaltung hat den Kneipen und Restaurants erlaubt, ihre Außenbereiche um ein paar Parkplatzflächen zu erweitern, um den Umsatzeinbruch einzudämmen. Die Gäste wollen möglichst draußen sitzen, nicht nur wegen des schönen Wetters – das sowieso – sondern aus Angst vor Ansteckung. Die Angst ist berechtigt: Wie durch Studien inzwischen eindeutig belegt ist, verbreitet sich das Virus besonders gern durch das Aerosol, also durch die normale Atemluft mit all ihren Schwebeteilchen. Wenn man beispielsweise zu zweit für längere Zeit in einem schlechtdurchlüftetem Büroraum sitzt, und einer ist infiziert, wird der andere sich anstecken, völlig egal, ob beide eine Maske tragen oder nicht. In Kneipen und Restaurants ist die Gefahr natürlich noch höher, da sitzen unter Umständen mehr Leute als nur zwei, die dazu alle keine Maske tragen.
Autofahrer, die hier wohnen, haben das Nachsehen.

Am Rhein, auf Altstadthöhe, ist inzwischen wieder soviel los wie schon immer. Am Fuße des Museums Ludwig – ein besonders lukrativer Ort für Straßenkünstler – kann man aber doch sehen, daß die Leute Abstand halten, eine so aufgelockerte ‚Besetzung‘ der Treppen habe ich noch nie gesehen.

Das Café am Wallrafplatz hat auch wieder geöffnet – noch vor ein paar Wochen sah es so aus, als würde es endgültig geschlossen sein.

Die Tierschutzgruppe „Animal Rebellion“ protestiert gegen den profitorientierten Umgang mit Tieren, der uns letztlich die Coronakrise eingetragen habe.

Das Wasser von zwölf Brunnen in der Innenstadt ist rot eingefärbt, „Animals bleed for human greed“ (Tiere bluten für die Gier des Menschen) ist an die Umrandung gesprüht. Die Volksseele schäumt. Leute, beruhigt euch. Das ist doch harmlos, und in der Aussage berechtigt. Wir haben wirklich andere Probleme als gefärbtes Wasser.

6 Gedanken zu “Spaziergänge in Zeiten von Corona (6)

  1. wäre die menschheit nicht so gierig nach fleisch und würde nicht auch noch der wildtierbestand zum decken der fleischgier herangezogen, hätten wir das cornonaproblem nicht.
    alles im konjunktiv, doch die gier nach fleisch ist real.

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  2. Mit großem Interesse gelesen. Schon sehr verquer, die heutige Zeit.
    Mal sehen, wie lange das noch so andauern wird …
    vielleicht lauert ja im chinesischen Wald schon Covid 20,
    wer weiss …

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