Gamescom (2)

In besonders beliebten Computerspielen wird gemordet und gemetzelt, wie man es sich in seinen kühnsten und widerlichsten Albträumen nicht ausmalen kann: Da werden bevorzugt in dystopischen Landschaften reihenweise Leute mit Maschinenpistolen und -gewehren niedergemäht, die ihrerseits einem nach dem Leben trachten. Es kommen alle Waffen vor, die man sich vorstellen kann, Körperteile fallen ab, Blut spritzt literweise. Was so abschreckend klingt, nehmen die Gamer ganz cool, im Gegenteil, je schrecklicher und ausgefeilter, desto besser. Nun hat sich glücklicherweise nicht bewahrheitet, was zu Beginn der Computerspieleentwicklung befürchtet wurde: Aus den Gamern ist keine Horde brutaler Amokläufer geworden, und das ist auch für die Zukunft nicht zu befürchten. Daß auch Amokläufer diese Spiele auf ihren Computern hatten, läßt einen Umkehrschluß nicht zu. Tausende spielen diese Spiele, ohne je zu vergessen, daß es sich um Spiel handelt, und nicht um die Wirklichkeit – ich lese mit Vergnügen Kriminalromane und vergesse dabei auch nie, daß es Romane, also ausgedachte Geschichten sind. Wie mir Computerspieler glaubhaft versichert haben: Man braucht sich keine Sorgen zu machen, daß sie den Unterschied zwischen Fiktion und Realität eines Tages nicht mehr auseinander halten können. In der Gamerszene ist das eine Selbstverständlichkeit, die sich aber bis zu einer „Firma“, die die ganze Stadt mit Plakaten überschwemmt und sogar einen eigenen Messestand auf der Gamescom hat, noch nicht herumgesprochen hat.

Die Bundeswehr wirbt mit den Sprüchen „Multiplayer at its best!“ und „Mehr Open World geht nicht!“ um Nachwuchs. „Multiplayer“ bedeutet in der Gamerszene, daß mehrere Spieler vernetzt in einem Spiel spielen, und „Open World“ ist ein Trend in der Spieleentwicklung, der den Spielern innerhalb einer Spielwelt mehr Bewegungsfreiheit erlaubt. Die Bundeswehr ist also der Meinung, wer Spaß daran hat, mit Kumpels exotische Gegenden zu erforschen und auf alles zu ballern, was sich bewegt, der kann das doch viel besser in den afghanischen Bergen und Wüsten oder in einem afrikanischen Dschungel tun. Nee, was ist das für ein Spaß in der kämpfenden Truppe, und Bezahlung gibt es noch dazu. Und wenn man abgeschossen wird, gibt’s einen Reset-Button und man kann von vorn anfangen – oder etwa nicht?

Nicht die Gamer sind naiv – die Bundeswehr ist es, die Schein und Sein offenbar nicht unterscheiden kann und ihre Einsätze für spielerischen Zeitvertreib hält. Jedenfalls verkauft sie sich so.

28 Gedanken zu “Gamescom (2)

  1. Es ist Fakt, dass die Militärs Ego-Shooter begrüßen, weil diese die Tötungshemmung senken. Die Kill-Rate in Dunkrichen oder später in Korea oder Vietnam waren vom militärischen Standpunkt aus mies. Verglichen mit der Kill-Rate seit Desert Storm zeigt, wie wichtig den Militärs ist, die natürliche Tötungshemmschwelle durch Computerspiele abzusenken. E wirkt. Das hat nichts mit Amokläufe zu tun, sondern mit kalkuliertem militärischem Kombattantenpotential: „Gewaltlosigkeit“ und „ziviler Widerstand“ waren die Feindbilder der Militärs von China über UDSSR bis USA seit den 70ern. Die Antowrt war die Militarisierung der Zivilgesellschaft. Es hat funktioniert. Außer bei DT: der war sauer, weil er kein solches Spielterrain erhielt wie dieses Jahr Macron in Paris.

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    1. Daß Soldaten mit Ego-Shootern gut üben können, kann ich mir gut vorstellen. Auch der zunehmende Einsatz von Drohnen zeigt, daß Elemente der Spielewelt gern vom Militär benutzt werden: Die Drohnen werden ja über Bildschirm und Joystick gesteuert, und nicht nur die räumliche Entfernung, auch die Trennung von Täter und Opfer durch das ganze technische Equipment senkt die Tötungshemmung bei Soldaten.

      Aber die wenigsten Ego-Shooter-Spieler haben den Ehrgeiz oder auch nur den Willen, ihre Fähigkeiten am Computer in die Wirklichkeit zu übertragen. Ego-Shooter-Spieler gleich Killer – das stimmt einfach nicht.

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        1. Dann habe ich Dich falsch verstanden. Du schriebst „… wie wichtig den Militärs ist, die natürliche Tötungshemmschwelle durch Computerspiele abzusenken.“ Das könnte man so verstehen, daß bestimmte Computerspiele die Tötungshemmschwelle absenken, sobald man sie spielt.
          Nichts für ungut.

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          1. Nein, nein. Ich schrieb das Gleiche, wie du schriebst: „Die Drohnen werden ja über Bildschirm und Joystick gesteuert, und nicht nur die räumliche Entfernung, auch die Trennung von Täter und Opfer durch das ganze technische Equipment senkt die Tötungshemmung bei Soldaten.“ Nur schrieb ich „Es ist Fakt, dass die Militärs Ego-Shooter begrüßen, weil diese die Tötungshemmung senken“ und bezog mich auf die Kill-Rate, welche die Militärs als negativ für Kombativhandlungen ansehen. Passt scho.

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  2. Die Bundeswehr wirbt ja für ihren Stand auf der Gamescom und wanzt sich hemmungslos an junge Leute ran, für die solche Ego-Shooter-Spiele die Flucht aus einem weitgehend ereignislosen Leben bedeutet, wo man einen vergleichbaren Adrenalin-Kick wie beim Ego-Shooter nur schwer bekommen kann. Daher sind sie auch für die Verlockungen der BW empfänglich. Man kann sich leicht vorstellen, dass just diese Klientel den besonderen Kick des echten Tötens erleben möchte. Es hat zwar schon vor den Ego-Shootern Soldaten gegeben,die im Krieg alle Hemmungen verloren haben, wie wir von sinnlosen Tötungs-Exzessen im Vietnamkrieg wissen, aber die Bundeswehr ist schlecht beraten, Morden und Töten zu verharmlosen, wie es in echten Kriegen alltäglich werden kann. Schon heute kommen Bundeswehrsoldaten traumartisiert aus Auslandseinsätzen zurück. Junge Menschen anzuwerben, indem man das Kriegshandwerk in die Nähe des Spiels rückt, ist verantwortungslos und erbärmlich.

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    1. Ja, verantwortungslos und erbärmlich, da bin ich ganz Deiner Meinung, und einig sind wir uns auch in der Ansicht, daß Ego-Shooter-Spiele ganz abscheulich sind. Allerdings ist da ein Generationenunterschied: Für die jungen Leute sind Computerspiele Teil ihrer Kultur. Laut Studien spielen inzwischen mehr als 50 Prozent der Jugendlichen regelmäßig am Bildschirm, davon sehr viele auch Ego-Shooter. Die schießen in den Spielen menschliche Spielfiguren ab, wie wir früher das Moorhuhn (ich weiß nicht, ob Du das kennst, das war mal eine zeitlang modern als harmloses Pausenspiel). Wie kann man nur, total verroht, diese Jugend, so denken wir – aber so ist es gar nicht. Die allermeisten Gamer wissen sehr wohl zu unterscheiden zwischen einer Maschinenpistole und einer Computermaus. Echtes Killen ist eine ganz andere Sache, das wollen und können die genau so wenig wie Du und ich. Daher glaube ich auch nicht, daß Computerspieler besonders anfällig sind für die Propaganda der Bundeswehr. Es wäre mal interessant zu erfahren, wieviel Erfolg sie mit ihrem Messestand gehabt haben. Ich vermute fast, zur Zeit wären sie in Chemnitz erfolgreicher.

      Große Befürchtungen habe ich allerdings angesichts der Entwicklung von Computerbrillen. Neulich hatte ich in einem Museum mal eine aufgesetzt: Ganz harmlos, man schien in einem dunklen Raum zu sein und in der Mitte schwebte ein riesiger glänzender Gekreuzigter – und dennoch, das war sehr unheimlich, weil die Sinne derart davon eingefangen sind, daß man wider besseren Wissens sich nicht davon freimachen kann, all das zu empfinden, was man in einer realen Welt empfindet. Vor einem Bildschirm sieht man immer noch, daß man auf einem Stuhl sitzt, drumherum die Welt, in der man sich körperlich befindet – mit Computerbrille ist fast jede Distanz aufgehoben, Angst, Aufregung, alle Affekte werden genau so empfunden wie in der Wirklichkeit. Und wenn man sich dann (scheinbar) in einem Schlachtfeld befindet – dagegen ist jeder Ego-Shooter Kinderkram.

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      1. „Wie kann man nur, total verroht, diese Jugend, so denken wir – aber so ist es gar nicht.“
        Mifch stört hier das vereinnahmende Wir. Ich habe derlei nicht gesagt. Und sorry, mein Lieber, das hier:
        „Die allermeisten Gamer wissen sehr wohl zu unterscheiden zwischen einer Maschinenpistole und einer Computermaus. Echtes Killen ist eine ganz andere Sache, das wollen und können die genau so wenig wie Du und ich.“
        … ist schlicht behauptet. Du nimmst hier die „allermeisten “ in Schutz gegenüber einem Vorwurf, den ich nicht gemacht habe. Da frage ich mich und jetzt dich, was denn mit denen ist, die nicht zu den allermeisten zählen?
        Meines Wissens verändern auch exessiv gespielte Computerspiele die Hirnstruktur. Ich möchte ehrlich lieber nicht erfahren, wie sich das auswirkt.
        Was du über die Computerbrillen sagst, entkräftet nicht die Bedenken gegenüber realistisch gemachtem digitalem Gemetzel.

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        1. Vielen Dank für Deine klärenden Worte und für Deinen Widerspruch. Offenbar sind da ein paar Mißverständnisse, die ich hoffentlich ausräumen kann, und vermutlich auch unterschiedliche Ansichten.

          Es würde mir im Traum nicht einfallen, jemanden vereinnahmen zu wollen. Das „wir“ ist an dieser Stelle eine mißverständliche Formulierung, gemeint ist ein allgemeines wir, ich hätte besser geschrieben: „wir alle, die solchen Spielen kritisch gegenüber stehen, sind oft allzuschnell bereit, die Jugend als verroht …“ usw. Oder ich hätte eine noch allgemeinere Formulierung mit „man“ wählen sollen, damit sich wirklich niemand vereinnahmt fühlt. Ich werde in Zukunft darauf achten..

          Zum Vorwurf, den Du nicht gemacht hast: Du schriebst: „… junge Leute […], für die solche Ego-Shooter-Spiele die Flucht aus einem weitgehend ereignislosen Leben bedeutet, wo man einen vergleichbaren Adrenalin-Kick wie beim Ego-Shooter nur schwer bekommen kann. Daher sind sie auch für die Verlockungen der BW empfänglich. Man kann sich leicht vorstellen, dass just diese Klientel den besonderen Kick des echten Tötens erleben möchte.“ Daraus habe ich geschlossen, Du seist der Meinung, daß junge Leute, die diese Spiele spielen, den „besonderen Kick des echten Tötens erleben“ möchten. Habe ich da was falsch verstanden?

          Das „ist schlicht behauptet“ – da hast Du vollkommen recht, das habe ich ja schon im Eintrag getan. Diese Feststellung ist allerdings kein Gegenargument. Ich stelle sehr oft Behauptungen auf. Sie sind Ausdruck meiner Meinung, und man kann gern anderer Meinung sein. Meine Behauptungen sind nie leichtfertig (mündlich vielleicht schon, manchmal, aber schriftlich gebe ich mir viel Mühe). Für einen Eintrag, den man in einer Minute gelesen hat, habe ich manchmal Stunden an Recherche am Computer verbracht. Zu diesem Thema habe ich im Vorfeld viele Artikel gelesen, die sich auf Studien beziehen, deren Aussagen sich widersprechen. Zu der von Dir angesprochenen Veränderung der Hirnstruktur gibt es beispielsweise eine Studie, die besagt, daß das Spielen von Ego-Schootern-Spielen eine Verkümmerung von bestimmten Hirnarealen bewirkt, was zur Folge haben soll, das Depression und Alzheimer-Krankheit entstehen. Eine Studie von 2017 findet angeblich heraus, daß eine Wirkung auf das Hirn nicht feststellbar sei. Eine Studie hat herausgefunden, daß die soziale Kompetenz der Spieler verkümmert, eine andere, daß die soziale Kompetenz durch Multiplayer-Spiele gestärkt wird. Aufgrund der Unübersichtlichkeit entschied ich mich dagegen, mich überhaupt auf irgendeine Studie zu beziehen (außer auf die von der Anzahl der Spieler), es reicht meiner Meinung nach völlig aus, die Evidenz zu betrachten: Wieviele junge Leute rennen schwerbewaffnet los und killen ihre Mitmenschen, seitdem es diese Ego-Shooter-Spiele gibt? Unter zehn weltweit, schätze ich, aber es gibt hunderttausende Gamer. Das beantwortet auch die Frage nach den „Allermeisten“, ein Begriff, den ich aus argumentativer Vorsicht gewählt habe. Die allermeisten Autofahrer fahren nach den Regeln der Straßenverkehrsordung. Auch hier kann man fragen, was denn mit denen ist, die nicht zu den allermeisten gehören. Aber ist das ein Grund, das Autofahren zu verbieten?

          Was ich über die Computerbrillen sage, entkräftet gar nichts, da stimme ich Dir zu, und das soll es auch gar nicht. Ich habe mich gefragt, wie Du darauf kommst – vielleicht ist der letzte Satz wieder mißverständlich formuliert? Ich hätte besser geschrieben: „… dagegen ist jeder Ego-Shooter, egal wie man ihn bewertet, Kinderkram.“

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          1. Es liegt mir fern, den Gamern pauschal zu unterstellen, sie könnten Fiktion schlechter von Realität unterscheiden als alle anderen. Ich hatte mich ehrlich gesagt gewundert, dass du so eindeutig Partei ergreifst, denn dein Urteil schätze ich, wie du hoffentlich weist. Die Bedenken, die einen angesichts dieser Spiele befangen und dass sie eine ziemlich geistlose Freizeitbeschäftigung darstellen, können mir Studien nicht nehmen. Ich finde ja schon Actionfilme geisttötend.
            In der Sache ist es mir so lieber, auf dem Holzweg zu sein. Letztlich ging es ja um die bescheuerte BW-Werbung.

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            1. Genau darum ging es mir auch: Die Bundeswehr glaubt, daß die Spieler das nicht unterscheiden können, sonst würden sie nicht in rattenfängerischer Absicht auf die Messe gehen. Daher meine Parteinahme für die Gamer: So dumm sind die nicht.

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          2. Jeca (Psychologik)

            Hallo zusammen,

            Ich versuche mal, ein paar Gedanken einzuwerfen.

            – @careca: Hast du zu dem, wie du schriebst, Fakt, dass Egoshooter die Tötungshemmung im realen Leben senken, eine Quelle?

            – @Videbetis: Ich bin wirklich erschrocken darüber, dass die BW so wirbt. Ich finde das sehr manipulativ und den Krieg völlig verharmlosend. Schön, dass du das hier kritisch aufgreifst.

            Jetzt sehe ich grade, dass du ja auch Studien recherchiert hast. Habe meinen Beitrag gestern schon geschrieben, aber irgendwie nicht mehr abgeschickt. Ich lasse ihn jetzt einfach trotzdem so und packe die Links rein, vielleicht ist ja noch was Interessantes dabei.
            Bei den Studien muss man immer ein bisschen aufpassen, wo sie veröffentlicht worden sind, da es leider einfach viele „schlechte“ Studien gibt – also methodisch schlecht, nicht korrekt ausgewertet etc. Kommt auch in guten Journals vor, aber seltener.
            Also, weiter mit dem, was ich gestern geschrieben habe:

            @All:

            – Es gibt tatsächlich Studien, die nahelegen, dass Egoshooter etwas in der Emotionsverarbeitung verändern, was sich z.B. hier nachlesen lässt:
            https://www.uni-bonn.de/neues/278-2011
            Da in einem guten Journal veröffentlicht (peer-reviewed), darf man das zweifelsohne nicht außer Acht lassen. Heißt umgekehrt aber auch nicht, dass dadurch eine Hemmschwelle, andere zu verletzen oder gar zu töten, sinkt. (Ja, das hast du auch nicht gesagt! Nur ein genereller Einwurf)

            – Lesenswert fand ich aber auch diesen Artikel:
            http://www.wn.de/Freizeit/Ratgeber/Digitales/2013/02/1108672-Multimedia-Ego-Shooter-sind-besser-als-ihr-Ruf
            Hier werden zum Einen Studien angerissen, die verbesserte Reflexe und Entscheidungsgeschwindigkeiten feststellten, als auch nochmal das Thema „Egoshooter und Gewalt“ aufgreifen.

            Was leider in den Medien auch häufig nicht rezipiert wird, ist, dass die Spiele auch mit mehr und mehr „Tiefgang“ ausgestattet werden. Hierzu noch ein letzter Link:

            https://www.zdf.de/nachrichten/heute/far-cry-5-spiel-mit-anspielungen-100.html

            … und aus meiner eigenen psychotherapeutischen Erfahrung mit jungen Egoshooter-Spielern kann ich sagen, dass ich bisher keinen behandelt habe, dem es um einen Blutrausch oder Ähnliches ging. Da stand bei allen bisher Taktik, der Reiz der Überraschung, das Teamplay, … im Vordergrund. Dass es häufig auch ein Versuch ist, Emotionen zu verarbeiten, steht außer Frage.

            Und dass es natürlich auch die hoch gewaltbereiten Spieler gibt, schließt das natürlich nicht aus. Die sehe ich in meiner Praxis logischerweise auch eher nicht. Dennoch ist die häufige Auffassung, dass es den Spielern bei Egoshootern hauptsächlich ums Blut und die brutale Tötung geht, meines Erachtens für einen Großteil der Spieler nicht haltbar.

            Soweit mal.

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            1. Ich danke Dir! Besonders aufschlußreich finde ich Deine psychotherapeutischen Erfahrungen.
              Studien mit ihren oft mechanisch wirkenden Versuchsabläufen wecken inzwischen sofort den Widerspruchsgeist in mir. In der Bonner Studie, die Du anführst, hat man also festgestellt, daß es bei Ego-Shooting-Spielern zu einem gewissen Abstumpfungseffekt angesichts von normalerweise angsteinflößenden Bildern kommt. Das wird als „problematisch“ angesehen. Worin das Problematische besteht, wird nicht ausgeführt. Abstumpfungseffekte können ja auch positiv sein: Ein Erste-Hilfe-Sanitäter könnte ohne ihn seinen Beruf gewiß nicht dauerhaft ausüben. Darüber hinaus ist unklar, wie lange die Abstumpfungseffekte vorhalten, ob sie vielleicht mit Spielenthaltsamkeit wieder abklingen. Fragen über Fragen.

              Studien, ein Thema für sich. Inzwischen kann man sich nicht einmal mehr auf peer-reviewed Studien verlassen, vielleicht hast Du die Diskussion um ‚predatory journals‘ verfolgt, denen leider auch seriöse Wissenschaftler auf den Leim gehen:
              https://www.zeit.de/2017/11/fachzeitschriften-fake-forschung-wissenschaft-betrug-publikationen

              Und hier noch ein interessanter Artikel über eine Studie über Studien: Über ein Drittel von 21 Studien war nicht reproduzierbar:
              https://science.apa.at/rubrik/kultur_und_gesellschaft/Neue_Studie_Wie_reproduzierbar_sind_wissenschaftliche_Ergebnisse/SCI_20180827_SCI39431352644068112

              Viele Grüße!

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              1. Jeca (Psychologik)

                Huhu,

                Danke für deine tolle Antwort! Ja, die predatory journals-Geschichte habe ich in der Tat verfolgt! Wirklich erschreckend… aber leider nicht verwunderlich. Da gab es kürzlich auch beim ZDF (?) eine interessante Reportage, leider kann ich sie gerade nicht finden… Seit ich selbst Studien durchgeführt habe und Papers geschrieben habe, weiß ich, wie schnell und einfach man da auch Dinge manipulieren könnte, wenn man das möchte. (Hatte selbst glücklicherweise keinen Grund dazu und hätte es auch dann nicht getan)

                Diese Tabelle der Academia Obscura ist bestimmt lustig gemeint, aber ich bin mir sehr sicher, dass die Autoren sehr genau wussten, dass das ziemlich genau so hinkommt:

                (Quelle: facebook; Einfügung: Videbitis; zum Vergrößern draufklicken)

                Irgendwie muss ich gestern Abend schon nicht mehr ganz bei Sinnen gewesen sein. Die von mir verlinkte Studie sagt ja nur aus, dass es einen Unterschied in der Emotionsverarbeitung von Shooter-Spielern und nicht-Shooter-Spielern gibt. Ob die durch die Spiele ausgelöst wird oder ob Leute mit „abgestumpfterer“ Verarbeitung eher diese Spiele spielen, kann man ja anhand dieser Studie überhaupt nicht feststellen. Wäre aber mal ein interessantes Forschungsdesign!

                Deinen Einwurf fand ich aber ungeachtet dessen sehr interessant: in einigen Jobs ist man sogar darauf angewiesen, emotionale Reize nicht so intensiv zu verarbeiten. Toller Punkt!

                Viele Grüße zurück! 🙂

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                1. Lustig! Da wordpress offensichtlich facebook nicht mag, habe ich einen Screenshot in Deinen Kommentar eingebettet, Dein Einverständnis vorausgesetzt.
                  Die Fernsehreportage habe ich auch gesehen. Das ist doch ungeheuerlich, diese kriminellen Verlage diskreditieren die ganze open-access-Bewegung im Wissenschaftsbereich, die ja eigentlich eine sehr gute Sache ist: Freie Information für alle.

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  3. die bundeswehr ist nicht mehr das was sie einmal war, eine armee zum schutz.
    dass sie mit egoshootern auf der gamescom werben finde ich echt krass.
    abballern und abgeballert werden, die realität der modernen armee.
    ich könnte kübeln…

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    1. Ob die da mit eigenen Ego-Shootern aufgetreten sind, weiß ich gar nicht, aber ich glaube, eher nicht. Die wollen sich nur anhängen an den Spiele-Hype, mit dem zynischen Angebot, bei ihnen sei es noch schöner als in einem Ballerspiel. Und vielleicht glauben die das sogar selbst, was das Ganze noch schlimmer macht.

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    1. Man muß sich auch nicht unbedingt damit beschäftigen – es geht hauptsächlich um ein gutes Geschäft für die Entwicklerfirmen. Welche Wirkung die Spiele auf die Gesellschaft hat, ist ein weites Feld, aber nach meiner Einschätzung nicht besorgniserregender als anderer Blödsinn.
      Daß die Bundeswehr versucht, sich an die Gamer heranzuwanzen, ist wirklich erbärmlich – und (hoffentlich) einfach lächerlich.

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      1. Es war natürlich schon wichtiges Thema als unser Sohn so 16 war.
        Ich habe den Berichten getraut, dass Imfeld entscheidend sei für die Auswirkungen. Es klang sinnvoll dass Jungs die keine Fürsorge erfahren dadurch den letzten Kick bekamen…Sonnenschei junior hat allen nervendeLehrerÄrger sich von der Seele geballert und gut wars. Trotzdem find ichs angenehmer dass wie ich jetzt bei einem Besuch in München feststellen konnte turismo sein Spiel ist ☺

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        1. Turismo – mußte ich erstmal nachschauen, ein Rennfahrerspiel, ah ja. Ich habe selbst, nach der Anschaffung meines ersten Computers Lara Croft Tomb Raider geschenkt bekommen und gespielt. Das war schon faszinierend und hat auch Spaß gemacht – für eine Weile, ziemlich schnell habe ich aber gemerkt, was für ein Zeitfresser das ist, und wenn ich ein zeitlang gespielt hatte, fühlte ich mich völlig ausgelaugt, ohne auch nur einen Schritt gegangen zu sein.

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