Ausflug nach Basel (1)

Im Anschluß an unsere Schwarzwaldwanderung waren wir ein paar Tage in Basel in der Schweiz – genauer gesagt: In der Altstadt von Basel, denn die Stadt ist viel größer als die Orte, an denen wir Touristen uns aufhielten. Die Stadt ist quirlig – außerhalb der Altstadt ist man nicht weit entfernt von einem Verkehrsinfarkt, und in der Altstadt gibt es zwar viele autofreie Straßen, aber die Straßenbahnen fahren hier fast im Minutentakt, so daß man manchmal Mühe hat, auf die andere Seite zu kommen.

Shoppingmeilen wie überall …

… mit ortstypischen Läden.

Ein Bild, das man immer wieder sieht: Hauptsächlich junge Leute, die die in den gutbestückten „To-go“-Abteilungen der Supermärkte gekauften Speisen auf der Straße essen, wahrscheinlich, weil sie sich einen Café-Besuch nicht leisten können. Die Schweiz ist (nach den Bermudas) das zweitteuerste Land der Erde. Wir aßen in einem Restaurant nichts Besonderes, Cordon bleu mit Fritten, und mußten umgerechnet 31,50 Euro zahlen – pro Person! Und da waren die Getränke noch nicht dabei.

Basel ist eine Stadt der bildenden Kunst: Es gibt nicht nur unzählige Museen, überall im Stadtgebiet trifft man auf Kunstwerke, verspielt und poppig wie oben …

… oder schwer und bedeutungsvoll wie diese Stahlplatten von Richard Serra …

… die in den Abendstunden leider als Pissoir mißbraucht werden, was man auch am Tag deutlich riechen kann.

Gleich nebenan befindet sich der „Fasnachtsbrunnen“ von Jean Tinguely, ein Künstler, der in der Stadt aufgewachsen ist. Einst ein Bürgerschreck, ist er heute ihr ganzer Stolz, dem man sogar ein eigenes Museum eingerichtet hat – ich werde noch davon erzählen. Die „Basler Fasnacht“ ist übrigens die größte Karnevalsfeier der Schweiz – ich vermute, wegen der geographischen Zugehörigkeit zum Bereich der schwäbisch-alemannischen Fastnacht. Interessant finde ich, daß der Rosenmontag in Basel immer auf den Aschermittwoch im Deutschen Karneval folgt – die ganze Besauf  Feierei ist hier um eine Woche verschoben, die Gelegenheit für unermüdliche Karnevalisten, die Zeit um drei Tage zu verlängern. Das kam so: Die normale Fastenzeit zwischen Karneval und Ostern beträgt 40 Tage, zuzüglich der Sonntage, an denen ordentlich geschmaust werden kann – das wußte ich bisher gar nicht, tricky Katholen: In der Woche wird ordentlich Biberfleisch gegessen, da Biber, wie jeder weiß, Fische sind, schließlich leben sie im Wasser, und am Sonntag kann man dann reuelos all die anderen Leckerein essen. In der Schweiz ist man offensichtlich etwas strenger: Das ist doch keine richtige Fastenzeit, wird man sich gesagt haben, wenn wir alle sieben Tage schlemmen können, folglich hat man die Sonntage abgezogen –  was dann natürlich die Fastenzeit insgesamt verkürzt, logisch, also fällt die Fastnacht eine Woche nach hinten. Hm. Wieso kommt mir das jetzt auch wieder wie ein Trick vor?

Rathausplatz mit Markt …

… an dessen Rand man Schweizer Schokolade kaufen kann …

… wenn man es sich leisten kann: Umgerechnet 90 Euro für eine Schachtel Pralinen.

Im Innenhof des Rathauses …

… fehlt auch die Darstellung des Jüngsten Gerichts nicht: Rechts ziehen interessante Horrorwesen die Sünder in die Unterwelt, links geht’s gesittet, aber ein wenig langweilig, nach oben …

… wo dieser Herr sitzt und richtet, ihm ist aber noch kein Licht aufgegangen, wie das eigentlich mit der an anderer Stelle gepredigten Feindesliebe zu vereinbaren ist.

Egal, die Schweizer nehmen es nicht so genau, wie man auch an dieser Figurengruppe sehen kann. Frage: Welche Figur wird mit einem Schwert und einer Waage dargestellt? Richtig, Justitia, die Göttin der Gerechtigkeit. Aber muß die Figur nicht auch eine Augenbinde tragen? Und wieso hat diese eine Krone auf dem Kopf?  Das kam so:

Während der Reformation wurde die Stadt 1529 protestantisch, und mit der Marienverehrung wollte die neue Religion nichts mehr zu tun haben, also entsorgte man alle Marienstatuen, wo es nur ging. Aber was sollte mit der Maria oben über dem Rathaustor passieren? Das sieht doch nicht aus, da muß dann was anderes hin – das wird nicht billig. Irgendein findiger Kopf hatte dann offenbar die Idee mit dem Schwert und der Waage, schon war das Problem gelöst. Und Augenbinde und Krone? – wer wird denn da so kleinlich sein.

Fortsetzung folgt!

 

19 Gedanken zu “Ausflug nach Basel (1)

  1. Es braucht einiges damit mich Reiseberichte fesseln. Du schaffst es spielend. Die Kombinat von Wissenswertem, schönen Fotos und witzigen Anekdoten gepaart mit eingenen Überlegungen. Top!
    Das an den Sonntagen während der Fadtrnzeit geschlemmt werden darf ist mir allerdings neu. Meine Oma hätte jetzt lautstark protestiert. 😉

    Gefällt 2 Personen

    1. Prima, danke! Genau so, wie Du es ausgedrückt hast, soll es ‚rüberkommen.:-)

      Das hat mich auch gewundert, deswegen habe ich es nochmal überprüft: „Ab dem 5. Jahrhundert wurden die Sonntage (als „kleine“ Auferstehungstage) vom Fasten ausgenommen. Um auf eine 40-tägige Fastenzeit zu kommen, wurde daher der Beginn des Fastens (caput ieiunii) auf den Aschermittwoch vorgezogen und auch die beiden Tage des Trauerfastens (Karfreitag und Karsamstag) noch mitgerechnet.“, steht in Wikipedia.
      Und in einem Zeit-Artikel habe ich folgendes gefunden: „Der Jesuitenpater Charlevoix sagte noch 1754 über den Biber: ‚Bezüglich des [schuppigen] Schwanzes ist er ganz Fisch, und er ist als solcher gerichtlich erklärt durch die Medizinische Fakultät in Paris, und im Verfolg dieser Erklärung hat die Theologische Fakultät entschieden, dass das Fleisch während der Fastenzeit gegessen werden darf.'“

      Gefällt 2 Personen

      1. Dann hat uns die Oma ganz schön an der Nase herum geführt. *lach. Vielleicht ist es uns auch nicht aufgefallen, weil Fastenzeit bei uns nur bedeutete, dass es keine Süßigkeiten und kein Fleisch gab. Ein Verlust der zu verschmerzen war, weil die Mehlspeisen und der Fisch so wunderbar schmeckten das wir nichts vermissten und weit vom Fasten entfernt waren. Das mit dem Bieber habe ich auch schon gehört. Das arme Vieh. 🙂
        Danke für die Aufklärung und die Recherche.

        Gefällt 1 Person

        1. Keine Süßigkeiten! – das ist hart als Kind, oder? Ich bin als Norddeutscher in einer (bigotten) evangelischen Kultur aufgewachsen, da gab es sowas wie Fasten nicht. Wenn aber die Sonntage von der katholischen Enthaltsamkeit ausgenommen sind, dann war meine ganze Kindheit und Jugend eine einzige Fastenzeit – mehr als einmal in der Woche Fleisch konnten sich meine Eltern gar nicht leisten, mit sechs futterneidischen Kindern. Ohne es darauf anzulegen, haben sie genau das richtige gemacht: Wenn überhaupt, mehr als einmal pro Woche ist Fleischessen doch eh nur eine dumme Angewohnheit.

          Gefällt 2 Personen

          1. Eigentlich nicht. Wir waren ja vom ganzen Jahr vollgefressen und außer meiner Oma sahen die anderen das auch nicht so streng. Wir haben das sogar freiwillig gemacht. Ich glaube man hat uns das ganz gut vermittelt. Weniger ein „du darfst nicht“ mehr ein „lass uns die nächsten Wochen langsamer machen, dann können wir es wieder genießen“ gepaart mit dem biblischen Hintergrund. Ohne Zwang waren das für uns interessante Geschichten, deren Sinn und Zweck wir begriffen haben.
            Sechs Kinder…ja, da wird das Fleisch schnell teuer. Wir hatten ja unsere Landwirtschaft, aber Fleisch gab es trotzdem nicht jeden Tag. Meine Mutter, eine wunderbare Köchin, versuchte das Gewicht meines Vaters in Zaum zu halten ;).

            Gefällt 1 Person

  2. Vielleicht erinnerst du dich, dass ich mal wegen einer sogenannten Klassenfahrt am Bodensee weilte. Als ich in Stein am Rhein großzügig die Rechnung für das Frühstück übernahm, wurde ich eindringlich gewarnt: „Sei vorsichtig, wir sind hier in der Schweiz.“ Das wunderbare Schokoladengeschäft hat mich dann so überfordert, dass ich schließlich und endlich gar nichts gekauft habe.
    Und unsere Schwarzwaldtour endetet seinerzeit schon in und bei der Fondation Beyeler, bis zur Baseler Innenstadt haben wir es nicht mehr geschafft.

    😀

    Gefällt 1 Person

    1. Wir sind wirklich nicht geizig, aber man fühlt sich geradezu dekadent, wenn man ständig so viel Geld bezahlen soll für ganz normale Dinge. Daher haben wir uns bei der Schokolade auch zurückgehalten.
      Stimmt, die Fondation Beyeler liegt ganz nah an der deutschen Grenze, wir waren auch da, ich werde noch davon erzählen.

      Gefällt 1 Person

  3. Wow… vielen Dank fürs Mitnehmen,immer wieder!
    Lese Deine Reiseberichte sehr sehr gerne… 🙂

    Läden mit unaussprechlichen Namen,tolles Wetter…

    Hat das sau teure Essen denn geschmeckt?!

    Und ein BISSCHEN Schokolade MUSS man doch gekostet haben,oder?!

    Gefällt 1 Person

    1. Super, freut mich!

      Das Essen war okay, aber nichts, weshalb man dafür extra hinreisen würde. Meine Begleiterin meinte, ich müsse auch darauf hinweisen, daß wir uns da mitten im Auge des Touristentaifuns befanden, was es vielleicht nochmal teurer macht. Kann sein, daß es in den umliegenden Vierteln etwas billiger ist, aber viel wird es nicht sein.

      Meine Begleiterin konnte nicht widerstehen, aber ich mache mir nicht soo viel aus Schokolade.

      Gefällt 1 Person

  4. wow, du stellst mein biologiewissen auf eine harte probe, denn mir ist nicht bekannt, dass biber fische sein sollen. aber so einen mist können nur katholiken verzapfen, weil sie gierige fleischfresser sind und auf nix verzichten wollen, bigotterie in reinkultur!

    das erste bunte kunstwerk auf den bildern erinnert an niki de saint phalle, ist das richtig?
    danke für die reise durch basel.

    Gefällt 1 Person

    1. Du hast recht, könnte von ihr sein, so bunt, wie das ist, zumal sie mit Jean Tinguely verheiratet war. Die Skulptur ist allerdings von Michael Grossert, 1976 entstanden und heißt „Lieu-dit“ (ein Lieu-dit ist ein kleiner, benannter geographischer Ort, z.B. benannt nach seiner Bestimmung – der Platz, auf dem die Skulptur steht, heißt „Heuwaage“).

      Gefällt 1 Person

  5. In der Wallonie, habe ich gelesen, lebten an allen Flüssen und Bächen Biber. Aber nachdem die Bischöfe ihn zum Fisch erklärt hatten, wurde er komplett ausgerottet, sprich verspeist. Und noch eine Anmerkung zu deiner wie immer erbaulichen Fotoreportage: Im Rheinland hat man die aus der gallo-römisch-germanischen Zeit überall aufzufindenden Dreiergruppe der Matronen kurzerhand in Maria, Sara und Anna, die heiligen drei Jungfrauen umbenannt. Ob Katholiken oder Protestanten, die Deutung bestimmen immer die Sieger. Übrigens hat die Alemannische Fasenacht andere Wurzeln als der Rheinische Karneval.

    Like

    1. Danke für die Ergänzungen. Inzwischen habe ich gelesen, daß Mönche auch schon mal ein Schwein in den Brunnen geworfen haben, damit es da ertrinkt. Sie konnten es dann wieder herausfischen und zubereiten – es kam ja aus dem Wasser. Aber kann man das wirklich glauben?

      Ja, es ist ja überhaupt merkwürdig, daß viele christlichen Feste auf Daten fallen, wo vorher heidnische Ereignisse gefeiert wurden – die Kirche hat sie einfach mit eigenen Feierlichkeiten besetzt.

      Like

Hinterlasse einen Kommentar