Gladbacher Str.

Angesichts der Tatsache, daß kaum ein öffentliches Bauvorhaben durch die ursprünglich kalkulierten Kosten zu haben ist – eine Verzehnfachung ist keine Seltenheit – , ist es nicht verwunderlich, daß Stadtverwaltungen sich nach neuen Einnahmequellen umsehen. 2010 ließ die Stadt Köln sich als erste Stadt Deutschlands die sogenannte Bettensteuer einfallen und benannte sie um in „Kulturförderabgabe“: Jeder, der in Köln in einem Hotel übernachtete, sollte 5 % des Preises zusätzlich an die Stadt bezahlen. Begründet wurde das damit, daß die Besucher ja schließlich alle Angebote der Stadt nutzten, also Straßen, öffentliche Verkehrsmittel, Museen, Geschäfte usw., und das bisher völlig umsonst.

Das hatte man sich wohl von den in Küsten- und Kurorten üblichen Kurtaxen abgeschaut, z.B. auf Rügen oder in Baden-Baden ist es schon lange üblich, für die Dauer des Aufenthaltes eine kleine Abgabe an die Stadt zu zahlen. Allerdings bekommt man dort auch etwas dafür: Auf Rügen darf man mit einer Kurkarte, die man für die Kurtaxe erhält, Busse und den „Rasenden Roland“ (eine kleine Inseleisenbahn) benutzen und zahlt weniger Eintritt beim Besuch von Museen. In Köln erhält man für die Bettensteuer lediglich die Elaubnis, sich in der Stadt aufhalten, überall den normalen Eintritt zahlen und viel Geld beim Shoppen ausgeben zu dürfen – also nichts, was er nicht auch schon vorher hatte.

Die Hoteliers klagten gegen die Abgabe und bekamen Recht, denn die Verordnung unterschied nicht zwischen Privat- und Geschäftsreisenden – da davon auszugehen ist, daß letztere die Kultur kaum nutzen, brauchen sie sie auch nicht zu fördern. Die Stadt Köln setzte nach mehreren kostspieligen Gerichtsverfahren offenbar einen Praktikanten an die Textkorrektur. Mit der neuen Verordnung sollten die Hoteliers nur noch von den Privatgästen die Gebühr einziehen. Die Hoteliers klagten wieder durch mehrere Instanzen und bekamen erneut Recht: Die Hoteliers sind keine Steuereintreiber bei der Erhebung von städtischen Steuern.

„Laßt es sein!“, hätte man verzweifelt ausrufen mögen, aber diesmal stellte die Stadt einen Rechtanwalt ein: Die Gäste in Kölner Hotels müssen nun nachweisen und in einem Formular bestätigen, daß Sie auf Geschäftsreise sind, wenn sie die Abgabe nicht bezahlen wollen. Die Angaben sind freiwillig, aber wer sie nicht macht, muß halt den höheren Satz zahlen, der von den Hotels an die Stadt weitergereicht wird.

Nach ersten Meldungen nach der Einführung 2010 sprach man von einem Rückgang der Übernachtungszahlen, aber inzwischen hat sich die Lage normalisiert: Es interessiert keinen Gast, ob er 80 Euro oder 84,35 Euro für eine Übernachtung zahlen muß, und da Kongreßreisende oder Messebeteiligte ausgenommen sind, herrscht auch von dieser Seite Ruhe.
Nun wäre es natürlich noch schön zu wissen, welche kulturellen Einrichtungen gefördert werden von der „Kulturförderungsabgabe“, es handelt sich immerhin um ca. 7 Mio.€ im Jahr? Das kann man leider nicht genau sagen – das Geld fließt in den allgemeinen Haushalt.

5 Gedanken zu “Gladbacher Str.

  1. Hotels sind für mich vollkommen out, seit ich airbnb kenne. Warum soll ich 100 Euro für die Übernachtung in einer Zelle bezahlen, die nur ein Bett und einen Schrank hat, wenn ich für 50 Euro eine Wohnung haben kann?! Meistens noch mit dem Bonus nette, freundliche, neue Menschen kennen zu lernen.
    Das paßt natürlich den Hotels gar nicht. Deswegen gibt es in einigen Städten auch schon Wehgeschrei. Mal sehen, wie es ausgeht. Bis dahin, weiter airbnb.

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    1. Videbitis

      Ich mag eher Hotels aus dem gleichen Grund: Ich will keine neuen Leute kennenlernen und begrüße die geschäftsmäßige Anonymität. Allerdings sollte natürlich ein Mindeststandard immer da sein, Ruhe, Sauberkeit und keine durchgelegenen Matratzen – und das ist leider oft nicht ganz billig. Ferienwohnungen finde ich auch okay, die sind etwas günstiger. Allerdings muß man z.B. in Berlin auch für die die sogenannte City Tax bezahlen, was nichts anderes ist als die Kölner Bettensteuer. Wird die bei airbnb auch erhoben?

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      1. Anonymität kann man bei airbnb auch haben. Es entspricht nicht ganz dem Konzept, aber wenn man die normalen „Formalitäten“ hinter sich hat, bekommt man den Wohnungsschlüssel und ist für sich. Bisher hatte ich allerdings immer das Glück, mit meinen Hosts noch für eine gute Zeit (zuweilen 3 Stunden) in der Küche zu sitzen und zu erzählen.

        Ich bin nicht sicher, kommt auf die Wohnung an in Berlin, wer vermietet das usw.. Aber es soll kommen…

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    1. Videbitis

      Nur indirekt. Das war so: Besonders auf Betreiben der FDP und der CSU wurde 2009 die Umsatzsteuer von Hotelübernachtungen von 19 auf 7 Prozent gesenkt, pikanterweise nach einer millionenschweren Wahlkampfhilfe der Hotelkette von Mövenpick. Wahrscheinlich um den Verlust wenigstens ein bißchen auszugleichen, ließ man (SPD) sich in Köln die Bettensteuer einfallen, und andere Städte folgten. Zur Zeit werden diese Zusatzabgaben in 19 Städten erhoben.

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