Mediapark

… und „Kölle, do bes e Jeföhl“, das sind so Sprüche, die der Einheimische braucht, …

… um darüber hinwegzusehen, daß Stadtplanung in dieser Stadt mit kaltem Herz und dicker Brieftasche durchgeführt wird.

Der Mediapark ist seit Anfang der 90er Jahre auf dem Gelände eines ehemaligen Güterbahnhofs entstanden. Die ursprüngliche Idee war, hier eine Art Mediengewerbezentrum anzusiedeln, und zu Anfang – ich nehme stark an, gepusht durch entsprechende Subventionierung – schien der Plan auch aufzugehen. Inzwischen sind die meisten wieder weg: Der Fernsehsender VOX, „1live“ (der Radiosender, der früher WDR 1 hieß), das Plattenlabel EMI – um die größten zu nennen – sind woanders hingezogen, oder es gibt sie nicht mehr (EMI). Ein paar Institutionen mit öffentlichem Charakter halten sich, etwa die „SK Stiftung Kultur“ mit ihrer bedeutenden photographischen Sammlung und dem „Deutschen Tanzarchiv“.

Wäre ein Gebäude nicht der Cinedom mit seinen 14 Sälen, der viele Kinobesucher auch aus dem Umland anlockt, ich glaube, hier würde sich kaum jemand aufhalten. Früher hat man sich bemüht, den Platz etwas lebendiger zu gestalten, indem man Konzerte veranstaltete, mit Bier- und Bratwurstbuden, und seit ein paar Jahren findet hier auch die Bierbörse statt. Allein – es nützt alles nichts, was man auch tut, der Platz will einfach keine Lebens- und Aufenthaltsqualität gewinnen. „Dat Jeföhl“ – das muß man schon mitbringen, und dann schnell ein paar Gläser Kölsch trinken, damit es nicht wieder verschwindet.

22 Gedanken zu “Mediapark

  1. Genau: Dat Jeföhl dat sächt:
    hier bliewste nich, hier jehste wäch….

    Ja, was nutzen einem riesige Plätze, wenn man dort nicht verweilen kann (Bänke? Sitzgelegenheiten?) und auch gar nicht möchte (Grünfläche? Bäume? Cafés?)? Auch wenn vintage „in“ ist, man muß sich ja wirklich nicht an den Stadtplanungen der 70er Jahre in der DDR orientieren.

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    1. Videbitis

      Rundherum gibt es Steinbänke, und auch ein paar Restaurants sind in den Erdgeschossen vorhanden – die wohl alle hauptsächlich von den Kinogängern leben, und in der Mittagszeit von den Angstellten in den unzähligen Büros,die es hier gibt. Und in den Rabatten sieht man kleine, fitzelige Bäume stehen. Ist doch alles da, ich weiß gar nicht, was ihr wollt, könnte jetzt ein Stadtplaner sagen (der hier natürlich nicht wohnt). Daß der Platz null Ausstrahlung hat, interessiert den nicht.

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  2. christahartwig

    Es gibt da ja den schönen (oder auch nicht so schönen) Begriff „Wohnfolgeeinrichtungen“. Was damit gemeint ist, erklärt sich ausnahmsweise mal schon durch das Wort. Diese Folgeeinrichtungen entstehen durch Bedürfnisse, von denen eines das Bedürfnis der Begegnung ist. Da man sich in Supermärkten, auf Postämtern usw. inzwischen weniger begegnet, höchsten noch aufeinander stößt, erfinden Stadtplaner nun Orte der Begegnung, die alle einen gemeinsamen Nachteil haben: Man muss da extra hin. Das Konzept ist also (meistens) zum Scheitern verurteilt. Dabei könnten oft schon kleinste Maßnahmen „an Ort und Stelle“ die Lebensqualität deutlich verbessern. Aber mit kleinsten Maßnahmen gewinnt man keine Preise, und den Kommunen sind sie nicht einmal eine Ausschreibung wert.

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    1. Videbitis

      Stimmt, die eingereichten Konzepte müssen fertig sein und dem vorgegebenen Kostenplan entsprechen, mit Sitzzonen und möglichst ohne Folgekosten. Deswegen gibt es hier wahrscheinlich auch nur wo wenig Bäume, die Pflege, das Laub im Herbst, was das kostet!

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      1. christahartwig

        Sitzzonen? Du meinst doch nicht etwa Sitzgelegenheiten, die dann „von den falschen Leuten“ genutzt werden. Da lassen wir die „richtigen Leute“ doch lieber wegen des Mangels an Annehmlichkeiten fernbleibe, als dass wir ihnen möglicherweise den Anblick von Obdachlosen, Schulschwänzern und sonstigen Tagedieben zumuten.

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    1. Videbitis

      Mitten in der Nacht? Da liege ich im Bett.;-) Ca. 12 Stunden später, an einem Samstag. Insofern gibt das ein schiefes Bild, denn in der Woche ist hier noch weniger los, weil nicht so viele Leute ins Kino gehen.

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  3. she_core

    Wow, die Perspektive des letzten Bildes ist großartig. Sie gibt dem Platz dann doch tatsächlich eine gewisse Schönheit, die ich so noch nie sah.

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    1. Videbitis

      Da läßt Du das Bier vorher aber lieber weg, oder?;-) Und hinterher, wenn man die Mediapark-Klinik erleichtert darüber, daß einem nichts fehlt, wieder verläßt – geht man lieber woanders hin.

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  4. Das letzte Foto ist wirklich grandios. Es zeigt den durchaus stylisch geplanten Platz und wie verloren der Mensch in solcher Art Stadtarchitektur ist. Weil du eingangs auf die Gefühlsduseligkeit der kölschen Mentalität anspielst: Diese total verkitschte Haltung, die sich besonders im Liedgut des Karnevals zeigt, steht im seltsamen Kontrast zu der menschenfeindlichen Stadtarchitektur, die du in deinem Blog immer mal wieder exemplarisch zeigst. Der Verdacht drängt sich auf, dass der ganze Gefühlskitsch eine brutale, gefühlsarme Haltung nur oberflächig kaschiert.

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    1. Videbitis

      Ja, ich bin sicher, der Architekt war stolz auf sich, nachdem er das zu Papier gebracht hatte. Wenn so ein großes Gelände wie der ehemalige Güterbahnhof zu bebauen ist, müßte eigentlich immer ein großer Bereich an prominenter Stelle frei bleiben, der sich mit Hilfe der Anwohner entwickeln kann. Aber so ungeregelt darf es bei uns natürlich nicht zugehen, nachher kommen ein paar Anarchos und verkaufen Kaffee aus einem Bauwagen, oder jemand pflanzt Tomaten an, das darf nicht sein!
      Wahrscheinlich hast Du recht: Je oller, je doller: Je unwirtlicher die Stadt wird mit ihren Großprojekten und Luxuswohnungen, um so mehr lullen sich die ‚Normalbürger‘ ein in eine kölsche Selbstbesoffenheit, die ich schon immer befremdlich fand.

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    1. Videbitis

      Die, die ihn geplant und gebaut haben, vermutlich auch nicht, und müssen sie auch nicht, denn sie wohnen wahrscheinlich schön in einer Altbauvilla in einem wald- und parkreichen Viertel in Rheinnähe, wo sie auch ihr Atelier haben, in dem sie solche Orte planen.

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      1. So wird es wahrscheinlich sein…
        Aber Frankfurt hat auch jede Menge solcher Un-orte.
        Dem Mensch ist das Maß verloren gegangen. Unsere
        Altvorderen wussten noch, wie man proportional baut.
        Deshalb mag ich die kleinen italienischen Städte so. Da
        stimmen die Größenverhältnisse und man fühlt sich wohl.

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    1. Videbitis

      Meinst Du hinter den Gebäuden, wo man Richtung Saturn gehen kann, und wo im Sommer Open-Air-Kino läuft? Ich geh da oft spazieren, aber hingesetzt haben ich mich da noch nie, dafür ist es mir ein bißchen zu kahl. Aber der Biergarten beim „maybach“ ist natürlich super (das Essen oft allerdings nicht).

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