Urlaub im Schwarzwald (3): 2. Etappe

Am zweiten Tag erscheint unerwünscht ein weiterer Wanderbegleiter: Der Muskelkater. Nützt nichts, wir müssen weiter, als erstes diese steile Treppe hinab. Himmel, ist das ein Test? „Wer diese Leitertreppe nicht schafft, sollte sowieso nicht weitergehen“, lautet der Subtext, denn später geht es wieder in die Wutachschlucht.

Erstmal geht es aber einfach weiter, nicht nach Fützen, sondern durch Achdorf …

… zur Scheffellinde, einer Gaststätte, die zwar noch geschlossen hat …

… aber auf Nachfrage erhalten wir trotzdem Kaffee, wirklich sehr freundlich. Benannt ist der Gasthof übrigens nach dem im 19. Jahrhundert vielgelesenen Schriftsteller Joseph Victor von Scheffel, der hier einige seiner Werke schrieb.

Der Verfasser dieses Prosagedichts, das an einem Pfahl am Wegesrand steht, ist dagegen unbekannt.

Am Eingang der Wutachschlucht wird nochmal gewarnt: Die Natur ist gefährlich und und willkürlich, sie läßt einen abstürzen oder wirft mit Steinen und Ästen. Besser, man reizt sie nicht mit Hunden, Fahrrädern, Feuer oder floristischen Ambitionen. Keine Sorge, haben wir nicht vor.

Außerdem wird uns Beistand versprochen. Den Satz habe ich allerdings schon so oft gehört – vermutlich wird man eher erleben, von erbosten abgepflückten Blumen mit Steinen beworfen zu werden.

Bitteschön: Alles halb so wild. Gut, nachher geht es noch ein bißchen bergauf und -ab, aber estmal …

… lassen wir andere Leute vor und gucken, was passiert.

Die Hitze produziert Dali-Brote.

Ausgerechnet, als wir uns im Dickicht befinden, ein Wolkenbruch, der den Weg in einen reißenden Fluß verwandelt. Gut, ich übertreibe ein bißchen.

Andererseits eine willkommene Abkühlung. Der im Sonnenschein so hilfreiche Schirm zeigt sich im Regen als mittelschwerer Versager, allerdings ist es immer noch so warm, daß ich ihm nicht böse sein kann (das Foto ist von meiner Begleiterin).

Nebel im Sonnenschein – zau-ber-haft!

Der Landgasthof Schattenmühle ist das Ende dieser Etappe, aber noch längst nicht das Ende unserer heutigen Wanderung – das Hotel liegt ein paar Kilometer abseits des Weges. Dummerweise ist der Hauptweg zur Zeit gesperrt, aber es gibt einen Alternativweg. Die Bedienung trägt übrigens jene für diese Gegend typische Tracht, die hier alle Frauen tragen … jedenfalls alle traditionsbewußten, die von Generationen von Urschwarzwäldern abstammen. Als sie uns anspricht, hören wir einen polnischen Akzent.

Wie versprochen, taucht er doch noch auf, allerdings im üblichen desolaten Zustand. „Friede mit Gott“, steht auf dem kleinen Heftchen – so sieht der also aus, der Friede, blutend am Kreuz hängend und an seinen eigenen Körperflüssigkeiten ersaufend?
„Man glaubt, der Wanderer sei ein Sünder, weil er nie so oft zur Kirche geht. Aber ein stiller Blick zum Himmel ist besser als ein falsch Gebet“, steht auf der Tafel. Das kann ich voll und ganz unterschreiben.

Himmel! – wer hat diesen Weg empfohlen? 2 km durch dichtes nasses Gestrüpp, das ist kein Vergnügen.

Kurz vor 8 erreichen wir erschöpft unser Hotel – seit 10 Stunden sind wir unterwegs.

Fortsetzung folgt.

12 Gedanken zu “Urlaub im Schwarzwald (3): 2. Etappe

    1. Videbitis

      Danke, tapfer ist das richtige Wort, so habe ich mich gefühlt. Allerdings blieb uns auch nicht viel anderes übrig als da lang zu gehen.
      Das war ein running gag zwischen uns, wenn wir so ein Dickicht vor uns sahen: Willkommen in Zecken-Country! Tatsächlich hatten wir keine einzige, obwohl meine Begleiterin oft in Wandersandalen unterwegs war.

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  1. christahartwig

    Wie es scheint, war Deine Besorgnis vor Reiseantritt nicht ganz unbegründet. Nebenbei, außer Kuckucksuhren waren eben jene Trachtenhüte mit den dicken roten Pompoms darauf das, womit ich den Schwarzwald seit frühester Kindheit in Verbindung bringe – ohne je dort Urlaub gemacht zu haben.

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    1. Videbitis

      Man mußte schon aufpassen, wohin man seine Schritte setzt, besonders, wenn die Steine naß sind, aber wenn man nicht wackelig auf den Beinen ist, kann den Weg eigentlich jeder bewältigen.
      Ich meine auch, die Trachtenhüte kenne ich seit meiner Kindheit aus irgendeiner Werbung, war es nicht für Gesundheitstrank?

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      1. christahartwig

        Gesundheitstrank, Gesundheitstrank …? Bei „Rotbäckchen“ war ein kleines Mädchen (?) drauf mit sehr roten Bäckchen. Was gab es denn sonst noch für kindliche Gesundheitstränke? Mich würde nicht wundern, wenn die Schwarzwälderinnen für Margarine werben mussten. Bei den Spreewälderinnen dagegen bin ich sicher, dass es Leinöl war/ist.

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  2. Bonjour!

    Mir schwirrt gerade das bekannte Kinderlied „Hänschen klein…“ durch den Kopf.
    (Obwohl du nicht Hänschen heisst, nicht klein bist und mit Begleitung unterwegs
    warst..;-) Deine Fotostrecken inkl. Begleittexte machen Laune.

    Hast du denn nun „Echten Schwarzwälder Schinken“, der aus importierten,
    russischen Schweinen vor Ort gefertigt wurde, während der Wanderung verköstigt?..;-)

    Gruß aus der Schwitzstube!

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    1. Videbitis

      Der Schinken lag tatsächlich manchmal auf dem Frühstücksbuffet, aber ich habe ihn nicht probiert, Schinken mag ich allenfalls gekocht (außer zu Spargel). Vielleicht hat ihn die polnische Saisonhilfe im Trachtenkleid mitgebracht.;-)

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      1. Bonsoir Monsieur!

        Mich wundert in dieser Beziehung nichts mehr..;-)

        +Offtopic+

        Willst du eigentlich dieses Blog optisch so lassen,
        oder kommt da noch was?
        Zumindest könntest den alten Header mit den
        kaskadierten Türmen wieder einbauen und den Titel
        vorgrößern. Purismus hin oder her..;-) Aktuell wirkt es kahl.
        (Es müssen ja keine Blümchen und Engelchen sein..;-D

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        1. Videbitis

          Den Titel kann ich nicht vergrößern, vielleicht, wenn ich CSS-Kenntnisse hätte. Das Headerbild liegt leider hinter dem Titel, da müßte ich also links was aussparen, mal sehen, vielleicht mache ich das noch, ist ein bißchen gefrickel.

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