Sommer in Berlin (3)

Als wir morgens mit dem Bus von Kreuzberg zu einer einer weiteren Berliner Attraktion fahren wollten, war der Zugang zur Haltestelle abgesperrt, und wie wir dann merkten, nicht nur der, sondern ganze Straßenzüge, Hunderte von Polizisten verwehrten den Zutritt zu einem großen Gebiet. War hier vielleicht eine Gasleitung geplatzt? Die erste Polizistin verwies uns auf Nachfrage an die Pressestelle, erst der zweite gab Auskunft: Wegen der Räumung der besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule (die nicht mehr betrieben wird) sei die Gegend aus Sicherheitsgründen abgesperrt.

So leer habe ich die Wiener Str. noch nie gesehen.

Seit Dezember 2012 hielten sich in dem Schulgebäude mit Duldung des grünen Bezierksrates Asylbewerber auf, die Gruppe war in der Zwischenzeit auf 200 bis 300 Personen angewachsen, und forderten Bleiberecht in Deutschland, was ihnen aber natürlich nicht von den Grünen gewährt werden konnte, zuständig dafür ist der CDU-Innensenator. Die Verhältnisse in der alten Schule sind alles andere als lebbar: Nur eine Dusche für so viele Leute, miserable Wohnbedingungen, dazu die Unsicherheit, das führte immer wieder zu Streit, in einem Fall sogar zu einer Messerstecherei und einem Toten – unhaltbare Zustände.

Die grünen Bezirkspolitiker bemühten sich monatelang um eine einigermaßen verträgliche Lösung und erreichten, daß viele der Besetzer sich bereiterklärten, besser geeigneten Unterkünften zuzustimmen. Um diesen Umzug reibungslos über die Bühne zu bringen, forderte der Bezirksrat die Hilfe der Polizei an, die dann, wie gesagt, in einer Stärke von ca. 1.000 Beamten gleich weiträumig den Straßenverkehr lahmlegte, Personenkontrollen durchführte und für schlechte Stimmung sorgte – ein Zustand, der über eine Woche so blieb, da sich 40 bis 80 Asylanten weigerten, das Gebäude zu verlassen.

Inzwischen hat man sich geeinigt – ein grüner Bezirkspolitiker hatte eigenmächtig die Polizei zu gewaltsamen Räumung aufgefordert, was im letzten Moment von seinen KollegInnen abgewendet werden konnte. Die restlichen Besetzer können weiterhin in einem Flügel des Gebäudes bleiben, während die anderen Gebäudeteile saniert und zu einem Flüchtlingszentrum ausgebaut werden.

In meinen Augen war die Besetzung – ich meine die der Polizei – völlig unverhältnismäßig: Muß man wirklich über eine Woche ein halbes Viertel absperren, um ein (1) Haus zu sichern? Dem CDU-Innensenator paßt das vermutlich ganz gut: Den ganzen Ärger, also die ungeklärte Asylantenfrage und die umfangreichen Behinderungen der letzten Tage, kann man wunderbar dem grünen Bezirksrat in die Schuhe schieben, dabei haben nur die Grünen intensiv versucht, den Spagat zu schaffen zwischen der rigiden Asylgesetzgebung auf der einen Seite und den Schutzbedürfnissen der Asylanten auf der anderen. Wie gesagt, der, der ein Bleiberecht zu- und absprechen kann, ist der CDU-Innensenator Frank Henkel (der übrigens, wie man hier sehr schön nachlesen kann, selbst ein Flüchtlingskind ist).

0 Gedanken zu “Sommer in Berlin (3)

  1. Genau das will man wahrscheinlich erreichen in der Partei, die ein C für „christlich“ im Namen führt. Und die Partei mit dem S für „sozial“ sieht die Afrikaner auch lieber in Afrika, es sei denn, sie sind reich.

    Like

Hinterlasse einen Kommentar