Theodor-Heuss-Ring

Achtung! Nase zuhalten! Gut, daß es noch kein Geruchsinternet gibt. Im Kronleuchtersaal riecht es wie in einer sehr gut besuchten Toilette, was auch nicht weiter verwunderlich ist, denn er gehört zur Kölner Kanalisation.

Da links kann man genau untersuchen, was die Leute so gegessen haben, wenn man will, bevor die braune Brühe Richtung Klärwerk verschwindet. Für den Fall, daß es so stark regnet, daß die Röhre die Massen nicht mehr fassen kann, hat man eine Art Überlaufkanal gebaut, der direkt in den Rhein führt (rechts im Bild). Gut, besser in den Rhein, als daß die ganze Scheiße in die Wohnungen zurückgedrückt wird.
Und wieso hängt da ein Kronleuchter? Als die Kölner Kanalisation im Jahr 1890 fertiggebaut wurde, war man – zu recht! – so stolz, daß man Kaiser Wilhelm II. zu einer Besichtigung einlud, Köln stand ja damals unter preußischer Herrschaft, und zur Ausgestaltung dieses feierlichen Akts hängte man schon mal zwei Kronleuchter auf. Der Kaiser hatte aber Besseres zu tun, was ich durchaus verstehen kann.

Inzwischen werden hier wegen der hervorragenden Akustik mehrere Male im Jahr kleine Konzerte aufgeführt, aber ganz ehrlich: Selbst, wenn mir jemand eine Eintrittskarte dafür spendieren würde, müßte ich dankend ablehnen.

So sah das aus vor 250 Jahren: Köln in den Grenzen der mittelalterlichen Stadtmauer, die Bebauung war noch recht übersichtlich. Die dicken roten Striche sind sogenannte Pfuhle oder Kaule (in den Straßennamen von findet man sie noch heute: Rinkenpfuhl, Sandkaul), offene Sammelstätten für Exkremente und andere Abfälle, die dann irgendwann in den Rhein geleitet wurden – wozu hat man so einen Fluß. Ca. 44.000 Menschen lebten hier, das waren nur 4.000 mehr als um 1600, hundert Jahre später jedoch, also 1850, war die Zahl der Einwohner durch die fortschreitende Industrialisierung auf über 100.000 geklettert. Und man hatte immer noch keine Kanalisation, geschweige denn das Wissen darum, wie gefährlich das war. Noch im Jahr 1892 bestritt der anerkannte Chemiker Max von Pettenkofer (dem wir u.a. den Suppenwürfel und die Amalgamzahnfüllung verdanken), daß sich die Cholera über verunreinigtes Wasser verbreitete. Aber die Bevölkerung ahnte zumindest, daß soviel Unrat nicht gut sein kann: Das Wasser wurde nur „verdünnt“ getrunken – mit Wein.

So, mir reicht’s. Wo ist der Ausgang? Ich brauche jetzt erstmal ein Bier.

0 Gedanken zu “Theodor-Heuss-Ring

  1. Hi Videbitis,

    woooooooooooooooooooow… was für ein abgefahrenes, hammerhartes Foto das Dritte doch ist!!!
    Das ist echt der Wahnsinn!!!Gefällt mir super… 😀

    Das Du da wieder raus musstest, kann ich mir gut vorstellen… 😉
    LG mosi

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  2. Witzig, wenn man den Geruch dazu nicht hat, hat das was!
    Rubrik: Wat et all jivt!
    Besonders schön auch der Rettungsring. So etwas zu benutzen gehört sowieso nicht zu den populärsten Handlungen, aber dort noch viel weniger, schätze ich.
    Und Konzert, vielleicht Flötentöne, die haben den Ratten in Hameln doch damals auch schon so gefallen. :))

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  3. Freut mich. 🙂
    Ja, das hält man nicht lange aus da unten. Es war sogar ein Sicherheitsmann dabei mit einem Gasmeßgerät, damit man bei einem temporären Pup-Anstieg nicht erstickt und rechtzeitig flüchten kann.

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  4. Falls sich jemand zu tief hinunterbeugt, um ganz genau zu untersuchen, was da schwimmt, und dann hineinfällt, dann kann ein Rettungsring hilfreich sein, um den Kopf oben zu halten auf dem Weg zur Kläranlage.
    Genau, die Boomtown Rats spielen „This Shit Will Fuck You Up“ und „Shitty Shitty Bang Bang“.

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  5. Servus!

    Schade dass du dich nicht zu einem Makro von einem Köttelchen
    hinreissen hast lassen!..;-D
    Hast wirklich schön (und amüsant) dokumentiert!
    Irgendwie muss ich jetzt noch an das alte Plumpsklo bei meiner
    (verstorbenen) Oma denken. Ländliche Gegend. Altes Wohnhaus mit großem
    Garten und mehreren Schuppen. Dazwischen das „Kackhäuschen“.
    (Natürlich war im Haus auch eine „normale“ Toilette“ vorhanden.)
    Als junger Bub hat es mich aber gereizt, auch mal ins Plumpsklo zu pieseln..;-)

    Ein Kronleuchter über dem heimischen „Thron“ – das hätte schon was.
    Halte mir das mal im Hinterkopf..;-)

    Gruß aus der guten Stube!

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  6. So genau wollte ich es dann doch nicht wissen. 😉
    Ja, an Plumpsklo im Garten erinnere ich mich noch, meine Großeltern hatten das auch. Als Kind fand ich das sehr unheimlich, die Vorstellung, da hineinzufallen … und dazu gehörte natürlich der Pißpott unterm Bett, wenn man nachts mal mußte. Heute nahezu undenkbar.
    Bücherregale im Gästeklo, das habe ich schon gesehen, Lesestoff für längere Sitzungen. Kronleuchter – warum nicht? Was ist mit Minibar und Musikanlage mit ausgesuchten Titeln?

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  7. Ich kann mich daran erinnern: Als ich morgens mein Fahrrad vom Hinterhof holte, wunderte ich mich darüber, daß im Haus schon gekocht wird. Maggie ist aber um einiges erträglicher als Abort. 😉
    Eine Freundin hat mir erzählt, daß zu einem Konzert im Kronleuchtersaal tatsächlich kleine Pfefferminzsträußchen ausgegeben werden.

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