Dom

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In letzter Zeit wird mir unwillkürlich ein wenig blümerant, wenn ich in der Domgegend unterwegs bin, oh je, ist es der Kreislauf, ist es das Alter, geht es jetzt los mit den Gebrechen? Weit gefehlt: Nicht ich bin es, der wankt, es ist der Dom!

Seit Mitte Dezember ist die Ubahn-Linie 5 auf der neuen Strecke in Betrieb, und schon kurze Zeit später stellte man im Dom und Umgebung Vibrationen fest, die da vorher nicht waren. Schnellstens ordnete man eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 20 statt 30 km/h an, außerdem eine Untersuchung, ob die Tunnelröhre, die schon vor über 40 Jahren gebaut, aber erst jetzt in Betrieb genommen wurde, irgendwie mit dem Fundament der Kirche verbunden ist, und konsultiert die alten Pläne. Die Frage, ob das nicht sowieso ratsam gewesen wäre, nur so, für alle Fälle, bleibt unbeantwortet. Wahrscheinlich fehlte Personal, der Polier war auch krank, der Fahrradkurier hatte einen Platten, was weiß ich.

Dabei hat es schon beim Bau des Tunnels Schwierigkeiten gegeben, wie der „Kölner Stadtanzeiger“ recherchiert hat. Ich zitiere: „Doch schon 1966, im ersten Jahr des Baus, wurde festgestellt, dass der Dom durch die Arbeiten in der offenen Grube zum ‚Zittern‘ gebracht wurde. Im Norden reichte die offene Baugrube bis auf sechs Meter an das Querschiff und bis auf drei Meter an die Sakristei heran. […] Ständige Messungen führten kaum ein Jahr später, im Sommer 1967, zu der Feststellung, dass sich die Nordfront des Doms um zwei Millimeter gehoben hatte. Von der Veränderung zeigten sich die U-Bahn-Bauer überrascht. Sie hatten sie zwar als ‚theoretisch möglich‘ errechnet. ‚Aber dass sie dann wirklich auftrat‘, erläuterte damals ein Verantwortlicher, ‚das hat keiner von uns geglaubt.‘ […] 13 Jahre später sprach die Dombauverwaltung von ’schweren Schädigungen‘ der Sakristei infolge des U-Bahn-Baus. Ein Netz von bis zu drei Zentimetern breiten Rissen bedecke alle verputzten Wandflächen. Durch das Dach dringe Wasser ein, und ‚durch breite Spalten konnte man von unten das Licht sehen‘. Besonders erschreckend: Die Gewölbe waren ‚zerrissen und hielten nur durch die Schwerkraft der Steine zusammen‘. 1979 wurden die Schäden beseitigt.“ (10.01.13)

So so, das hat also keiner von den Spezialisten geglaubt, genau so wenig, wie daran, daß das Stadtarchiv in sich zusammenfallen könnte, wobei zwei Menschen ihr Leben lassen mußten. Der Dom hat im Jahr 6 Millionen Besucher, pro Tag also durchschnittlich 16.438 (Zahlen: Kölner Stadtanzeiger. Dom-Homepage: 3,65 Mio, tägl. 10.000). Wenn der zusammenfällt …

„Et hätt noch immer joot jejangen“, sagt der Kölner gern gemütlich, soll heißen: Wird schon nicht so schlimm werden. Und solange man nicht zu den Betroffenen gehört, stimmt das ja auch.

0 Gedanken zu “Dom

  1. …nur gut, dass ich schon drin war…das muss ich also nicht mehr nachholen…besser, einen weiten Bogen drum machen, aber der Bahnhof steht ja auch gleich daneben…also lieber nicht nach Köln fahren…ich hoffe, Du wohnst nicht im Bereich des Domes…

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  2. ach, wie schön und ruhig wäre doch unser leben und das drumherum, wenn es nach dem von dir zitierten kölschen sprech funktionieren würde. doch damit keine langweile aufkommt, gibts ab und zu ’ne kleine katastrophe. muss ja nicht gleich der ganze dom umfallen. ein turm wäre schon genug. schönen gruß – auch an eure hochqualifizierten vorturner des bauwesens

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  3. Ja, großartiger Film, schon ein paarmal gesehen.
    „Video konvertiert für handys“, steht da, ist ja witzig, wer kuckt sich einen anderthalbstündigen Spielfilm auf dem Handy an?

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  4. Du sagst es. Aber immerhin bringt die neue Ubahn die Fahrgäste 4 Minuten schneller ans Ziel – wenn sie denn mal fertig ist in sechs Jahren. Und wenn man dann noch seinen Coffee-togo im Laufen trinkt, hat man nochmal 5 Minuten gewonnen, wahnsinn, wie reich wir werden an Zeit, das können wir dann am Ende unseres Lebenszeitkontos alles hintendran hängen. Oder nicht? Man müßte mal den Dom-Pfarrer fragen – solange es ihn noch gibt.

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  5. Tut uns leid, das haben wir nicht gewollt, heißt es dann hinterher. Ja, das wäre ja auch wohl noch schöner! „Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens.“ (Schiller)

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  6. das klingt unglaublich, aber wieso soll köln nicht auch sein loserprojekt haben wie die anderen großen städte …. es hat sich dann halt nur ein paar hundert jahre länger hingezogen, bis der dom sich als letztendlich nicht realisierbar erwies *g*

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  7. Ich habe mal einen Beitrag aus dem Lokalfernsehen aus den 60ern gesehen, wo man Leute (scherzhaft) fragte, wie sie es fänden, wenn man den Dom wegen der Ubahn auf die andere Rheinseite verlegte. Die meisten waren damit einverstanden. Ich finde, das könnte man auch jetzt noch machen. Am Hauptbahnhof, da könnte doch ein schönes Einkaufszentrum mit Tiefgarage entstehen und die Ubahn fährt dann mittendurch.

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