Auf Melaten

Abends ist es extrem dunkel auf dem Friedhof, und normalerweise würde ich mich da um diese Zeit auch nicht aufhalten. Aber ein Freund hat mir erzählt, daß an Allerheiligen viele Leute rote Lichter auf die Gräber ihrer Angehörigen stellen, und da der Melatenfriedhof 55 Tausend Gräber hat, kann das ein schönes Schauspiel sein. Tatsächlich waren es dann doch nicht so viele, wie ich erwartet hatte, was wohl am Wetter lag: Nachmittags stürmischer Regen, da sind vermutlich einige Leute zu Hause geblieben. Am Vortag, dem Reformationstag, war schönstes Wetter, strahlender Sonnenschein … was schließen wir daraus? Der christliche Gott ist evangelisch.

0 Gedanken zu “Auf Melaten

  1. eine wunderbare idee.

    in meiner zeit in bayern sind wir allerheiligen 1985 auf einen katholischen friedhof gegangen. die vielen lichter waren zauberhaft. allerdings hatten wir damals ein wenig „schwarzen“ geraucht, sodaß die szenerie ein wenig gespenstisch wirkte und es mich gruselte. zumal auf dem friedhof auch der toten soldaten aus dem 2. wk mittels gedenksteine gedacht wurde.

    so viel tot war mir damals unheimlich. 😉

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  2. Das kann ich mir vorstellen, schon bei klarem Verstand ist es unheimlich. An einer Stelle sah man die Umrisse von zwei Statuen, als wir daran vorbei gingen, fing eine an zu sprechen – ich habe einen Mordsschreck bekommen. Glücklicherweise war es nur ein junges Pärchen, das sich auch die Lichter ansehen wollte. 😉

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  3. Heute ist in Mexiko „dia de los muertos“, ein riesiger Feiertag. Das muß richtig Spaß machen (ist aber sicher auch sehr laut).
    Die Grablichter sind im Grunde ne schöne Sitte. Ich hab das vor zwei Jahren gemacht, in Friesland, Grablichter auf den Soldatengräbern verteilt. Das fand ich schön und auch unglaublich traurig, weil alle noch so jung waren.
    Wieso aber an Allerheiligen? Ich dachte an Allerseelen gedenkt man den Toten.

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  4. Wärst Du mal besser am Reformationstag gegangen.
    Da gab es auch schon Lichter, tolle Herbstmotive und wunderbarstes Licht für Gegenlichtexperimente. :yes:

    Blogeintrag dazu ist gerade in Arbeit, aber meine Bilder kannst Du hier schon mal schnuppern:

    Friedhof Melaten / Köln

    LG 😉

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  5. Gute Frage. Erst kommen die Chefs, dann der Plebs: Allerseelen ist für die, die noch im Fegefeuer schmoren, während die Heiligen natürlich schon im Himmel sind und Cocktails schlürfen. Nein, bei Wikipedia steht, daß die Kerzen zwar für Allersseelen gedacht sind, aber schon am Nachmittag vorher angezündet werden.
    Und ich zünde jetzt auch eine Kerze an, eine heidnische, denn die ist nur für Dich: Ganz herzlichen Glückwunsch! 🙂

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  6. Ich habe zu Friedhöfen ein recht ungetrübtes Verhältnis, weil ich als Kind immer meine Großmutter begleitete, die sich um die Familiengräber kümmerte, und in denen lagen Angehörige, die ich nicht mehr kennengelernt hatte. Die Friedhöfe gehörten also zu meinen Spielplätzen, zumal einer davon noch erhebliche Kriegsschäden aufwies. Abenteuerspielplätze also, wo man auf Schatzsuche gehen konnte. Und bis heute spaziere ich gerne über einen Friedhof (keine Hunde,keine Radfahrer, keine lärmenden Kinder…) und lese die Inschriften auf den Grabsteinen.

    Über alle die Bräuche, die es um Allerheiligen, Allerseelen und Totensonntag gibt, habe ich vor drei Jahren mal geschrieben. Anlass war ein Schokoladen-Totenkopf, den Plinio Avila, ein mexikanischer Maler, mir aus Mexiko mitgebracht hatte: http://cuentacuentos.blog.de/2009/10/18/mexiko-dia-de-muertos-7195957/

    Deine Köln-Bilder sind wieder toll. Aber das sind sie ja immer. 🙂

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  7. Danke! 🙂

    Ja, die unterschiedlichen Bräuche wirken angesichts unserer nordeuropäischen Gewohnheiten erstmal befremdlich. Ich habe mal im Völkerkundemuseum Fotos von Begräbnisfeiern in den verschiedenen Kulturen gesehen, unglaublich, was da teilweise für ein Pomp veranstaltet wird.

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  8. Jemand sagte mal zu mir, an der Bestattungskultur erkenne man die Kultur eines Volkes. Der das sagte, war ein Kirchhofsverwalter, und er sah wohl auch eher schwarz für seine Zunft. Die „stille Urne“ auf dem Gemeinschaftsfeld – minimaler geht es nicht. Andererseits habe ich mir das Mausoleum angeschaut, das Bourghiba für sich, seine Familie und die treuesten Staatsdiener schon zu Lebzeiten in Monastir hatte errichten lassen. Ein Marmorpalast mit Kristalllystern. Angesichts der Armut eines großen Teils der tunesichen Bevölkerung eine Unverschämtheit. Dennoch glaube ich nicht, dass die pragmatische Herangehensweise, die sich bei uns bezüglich der Beisetzungsformen und der gesetzlichen Fristen, wie lange ein Grab mindestens bestehen muss, nur durch Vernunft, den Wunsch nach Schlichtheit oder gar Bescheidenheit (!) bestimmt sind. Wir verdrängen den Tod.

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